AW: Cthulhu Matrix und Railroading - Abenteuer nach Schema F
Agroschim schrieb:
Zu dem habe ich darüber nach gedacht, ob Railroding eigentlich so schlimm ist.
Railroading durch den Spielleiter ist nicht schlimm. STÄNDIGES Railroading KANN von manchen Spielern als schlimm empfunden werden.
Manchmal mag man sich eben in eine Achterbahn setzen und die spannende Fahrt genießen. Und manchmal mag man selbst bestimmen wo es lang gehen soll. - Manchmal mag ich eben einen Doppelwhopper, aber nicht ständig. Manchmal mag ich selbst was kochen, aber auch nicht ständig. Vorlieben wechseln. Schlimm ist das nicht. Nur wenn ich ständig Fast Food essen MUSS, weil man mich nicht meine eigenen Lieblingsgerichte kochen läßt, dann nervt das eventuell.
Was für eine ART Railroading kann denn überhaupt als schlimm empfunden werden?
Der Klassische Dungeon (tm) stellt ein "räumliches Railroading" dar, jedoch läßt er den Spielern jede Freiheit die Geschichte, den zeitlichen Ablauf zu gestalten. Es liegt nur die Örtlichkeit fest, die Interaktion mit der Örtlichkeit ist dem freien Willen der Spieler offengestellt.
Die Anspruchsvolle Geschichtenerzählung (tm) stellt den (vorgezeichneten) Plot in den Vordergrund. Abweichungen, die nicht mehr den Anschluß des nächsten, vorbestimmten Kapitels erlauben würden, werden durch den "Erzähler" übergebügelt, bis sie passen. Dabei wird den Spielern die Ausschmückung des vorgenerierten Plots durch das Ausspielen der Charakterzüge ihrer SCs ermöglicht. Darin und in der genauen Ausgestaltung der Orte sind sie solange frei, bis sie eine plotrelevante Stelle erreichen, wo bei Inanspruchnahme (allzu) freier Entscheidungen der Spielleiter ggf. wieder auf die Fertiggeschichte zurücksteuert.
Die Markante Charakter (tm) stellt eine feste Vorbelegung dieses SCs bezüglich seiner Verhaltensweisen, seiner Antriebe, seiner Interaktionsmittel mit den anderen Bewohnern der Spielwelt dar. Wenn sich der Spieler anders verhalten möchte, als es auf dem Charakterbogen steht, dann "regelt" der Spielleiter nach ("Da steht aber: 'attackiert jeden Elfen, dem er begegnet, weil er Nachteil 'Elfenhaß +20' hat. - Also dann, Initiativwürfe bitteschön ..."). Der Charakter ist räumlich frei, kann sich seine eigene Plotrichtung aussuchen, nur "kann er nicht aus seiner Haut". - Diese Form des "charakterlichen Railroadings" kommt oft bei vorgenerierten Charakteren vor, die in einem bestimmten Szenario stark vordefinierte SC-Beziehungskonstellationen aufweisen müssen, damit das vom Autor beabsichtigte "Spannungsfeld" zwischen den SCs überhaupt vorkommt. Aber auch selbstgebastelte Charaktere können mit soviel - bewußt oder unbewußt gewählter - Einschränkung der möglichen/plausiblen Verhaltensweisen daherkommen, daß hier die Möglichkeit zum freien Spiel eingeschränkt ist.
Man findet bisweilen alle drei Arten von Railroading zusammen vor. Dann ist das Korsett doch recht eng für den Spieler. - Und doch: es gibt Spieler, die genau das wollen! Sie wollen eben stärker geführt werden, sie wollen die Reise mitmachen, eine spannende Geschichte erleben, einen Charakter ausspielen - und hierbei helfen solchen, nicht-do-it-yourself-Spielern eben solche Formen des Railroadings.
Railroading an sich ist nicht schlimm, sondern nur Railroading, welches gegen die Wünsche der Spielenden geht (ja, es soll auch Spielleiter geben, die gerne WENIGER Railroaden würden, aber z.B. durch so manche Fertigszenarien nicht so recht dazu kommen - "Szenario-Autoren-Railroading" ist hier eher das Problem als das "klassische" Spielleiter-Railroading.).