@blut_und_glas: Hattet ihr dann aber auch feststellen können, daß sich die hohen Karten auf der Hand sammelten, wenn man mal so 5-6 Aktionen gemacht hatte?
Bei uns war das wirklich auffällig. Die Gastgeberin mußte, um im Verlauf des Spielabends überhaupt noch eine Herausforderung bieten zu können, massiv nachkarten.
Ich finde, daß vom Spannungsbogen die schweren, WIRKLICH heldenhaften Aktionen eher ziemlich nahe dem Finale kommen sollten. Was ja bedeutet, daß es schwer und gefährlich ist und man schon etwas Probleme bekommen sollte, die Schwierigkeiten zu meistern. Nicht umgekehrt, daß das Geplänkel mit den groben Unterstlingen des Superverbrechers schwierig ist, aber das Finale gegen den Oberschurken mit zwei, drei Jokern und Assen in der ersten Aktion entschieden wird. Das sind meine Erwartungen an solche Geschichten.
Generell kommen mir die Gewichtungen "Fähigkeit" vs. "Kartenwerte" unausgewogen vor, da die Kartenwerte und damit ein Zufallsfaktor enorm bestimmend sind.
Ich habe vor "Castle Falkenstein" eine ganze Menge "Deadlands: The weird West" gespielt (und spiele es natürlich noch, Hombre!). Das ist ein weniger erzählorientiertes Setting, da hier doch im Regelwerk ein hohes Gewicht auf Simulation und Taktik bei Shootouts gelegt wurde. Und doch hat es durch den Einsatz der Poker-Chips eine "heroische Note". Die Chips werden bei wichtigen(!) Aktionen ausgegeben um (Deadlands ist würfelbasiert) Aktionen nachwürfeln oder höherwürfeln zu können, sowie um Wunden zu vermeiden (der berühmte Blechstern, der die Kugel abfing

). Hier müssen die Spieler mit ihren Chips haushalten. Wenn etwas für die Story wichtig ist, dann werden die Chips gerne und frei eingesetzt. Bei notwendigen, aber nicht potentiell storybeendenden Aktionen reichen normale Würfelwürfe meist aus. Chips können aber NIEMALS bei kritischen Fehlern, Patzern etc. eingesetzt werden, so daß ein Restrisiko trotz Chips immer bleibt. Chips bekommt man nur eher selten zurück, so daß hier ein Mißbrauch sich von selbst reguliert. So erhält man Showdown-Szenen, in denen die Chips nur so fliegen (von Seiten des Spielleiters natürlich auch), weil es hier so richtig wüst zur Sache geht, und man hat bei den nicht so kritischen Szenen nur die "normale" Wahrscheinlichkeit mit einer Aktion Erfolg zu haben.
So etwas in der Art, nur ausschließlich mit Karten, könnte ich mir für "Castle Falkenstein" auch vorstellen. Nur eben nicht so simulationsorientiert.
Der Falkenstein-Hintergrund sollte nach meinem Geschmack eher erzählerisch und mit wenig Interferenz der Regelmechanismen ins (Rollenspiel-)Leben gerufen werden. Die Karten an sich finde ich schon sehr stimmig. Mich stört nur die Zufälligkeit und die hinter dem Kartensystem stets notwendige Rechnerei, die Hitpoints (nein, Gesundheitspunkte) und die anderen eher simulationsorientiert vorgenommenen Angaben insbesondere für das Kampfsystem. Das Duellsystem, welches ja ein zweites, nebengestelltes Kampfsystem darstellt, konnte mich sogar noch weniger begeistern, da ich von Deadlands-Duellen wesentlich coolere Sachen gewohnt bin als ein "Papier, Schere, Stein"-Spielchen, auf das es im Wesentlichen hinausläuft. Kein Einschüchtern des Gegners, kein Verspotten, daß er die Fassung verliert und vorschnell angreift, kein am Leuchter herumschwingen, Trepp-auf-Trepp-ab-Fechten, keine Mäntel dem Gegner über den Kopf werfen, nichts von den schönen und aus einschlägigen Filmen und Büchern so gewohnten Sachen. Also das Duellsystem ist einfach mies, weil es in so gar keiner Beziehung das Flair von rasselnden Säbeln im Morgengrauen oder von Degenduellen in alten ruritanischen Verliesen einfangen kann.
Ich kann nur bekräftigen: die Spielwelt ist sehr interessant und es ist eine pure Freude darin zu spielen. Das System, so wie es im Regelbuch steht, ist ein glatter Mißgriff. "What a good idea, but what a lousy execution!" stimmt in diesem Falle voll und ganz. Aber: mit ein paar eigenen Handgriffen klappt es ganz gut. Ganz im Sinne von "Some Assembly required".