Brainstorming Bajuwaren & Bergziegen

"Todesrennen in der Nordwand"

In einem idyllischen bayerischen Dörfchen am Fuße eines großen, majestätischen Berges taucht überraschend eine Bergsteigergruppe auf. Alles Preußen! Angeführt wird die "Seilschaft" von Friederich von Streitnitz, einem bekannten adeligen Abenteuerer, der schon im Pamir und auf dem Kilimandscharo gewesen ist. Der Bergführer dieser preußischen Kletterer ist der ortsbekannte, berüchtigte fränkische Bergführer Bernhard "Beni" Graber, der all sein Wissen um die Berge nur durch übele Machenschaften, Betrug, Erpressung und - eventuell - auch Mord erlangt hat (so munkelt man zumindest - vor allem, seit er von einer Zwei-Mann-Kletterpartie mit "dem Steinbock", Xaver Karglhuber, dem berühmtesten Bergführer der Region, einem stattlichen Mannsbild, gutem Vater, gläubigem Katholiken und allseits beliebten Mitbürger allein(!) zurückgekommen ist; "Der Steinbock" ist "in der Wand" geblieben, so behauptete "Beni", doch die Stelle ist an der als unersteigbar geltenden Nordwand - die "Todeswand" genannt - so daß man die Leiche nie bergen konnte).

Die Preußen kommen mit lauter teurem Gerät, Kletterzeug aus neuestem Kruppstahl, Seilen aus seltenen Pflanzen der Kolonien des schwarzen Kontinents, einem Doktor der Medizin, der die Kletterer besonders "betreuen" soll, damit sie keine Schwächen in der Wand erleben.

Diese Preußen posaunen, wie zu erwarten, lautstark herum, daß sie die Nordwand ersteigen wollen ("Wat sajense da? Unersteigbar? Unmöjchlich! - Da hamse wohl noch nich'n richtijen Berchsteijer jesehen, wa? - Na, det hamwa jleich. Sehnse nur zu, da konnense mal wat lernen. - Übrijens: wo bekomme ick denn noch'ne 'Maß' Bier her und'n paar Schrippen?").

Das kann der hiesige Bürgermeister und Ökonomierat Josef Schmalzler nicht länger mitansehen. - Er ist mit von Streitnitz beim Frühschoppen so in Streit geraten, daß er eine Wette ausgesprochen hat: Es geht um die Ehre, zuerst die Nordwand erstiegen zu haben und einen entsprechenden Wimpel auf dem Gipfel aufgepflanzt zu haben: Bayern oder Preußen. Jetzt gilt es!

Die lokale Seilschaft wird angeführt von Maximilian Karglhuber, dem Sohn "des Steinbocks", der in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist. Er ist ein Bild von einem Mann, groß, stark, stramme Waden, der lauteste Jodler der Region, mit einem prächtigen Bart gesegnet und der Schwarm aller Frauen und Mädchen der Region. Er ist für seine jungen Jahre sehr erfahren, förmlich in der Wand aufgewachsen. Der Ruf des Berges ist in seinem Blute. - Das weiß auch die schöne Marianne, die Tochter des Ökonomierates, die sich seit ein paar Wochen heimlich mit Maximilian im Jagertobel trifft. Sie hat sein Herz erobert, aber ihr Vater würde einer Hochzeit mit einem "Mann der Berge" nie zustimmen - außer vielleicht, Max würde diese Wette für ihren Vater gewinnen.

Die lokalen Kletterer sind rauhe Burschen, sie haben zwar nicht die hochtechnologischen Erzeugnisse norddeutscher Gründlichkeit zur Verfügung, aber sie haben ein As im Ärmel: Christoph "Blechle" Schlüpflinger, einen schwäbischen Tüftler, den es die Donau hinauf und hinab verschlagen hat, und der nun hier hängen geblieben ist und seine Uhren nach "verbessertem" Schwarzwälder Bauplan baschdeld. Seinen Spitznamen hat er für sein ewiges "Heilig's Blechle!"-rufen, wenn mal irgendetwas nicht geklappt haben sollte. Seine neueste Erfindung: er hat aus einem natürlichen Harz eine Art Ummantelung für Kletterhaken erfunden, die einen sichereren Halt im Fels bieten sollen. Er nennt sie wegen der Tiefe der Verankerung "Dobel".

An einem grauen, kühlen Novembertag brechen beide Teams auf. Alle Einheimischen wissen welch Wahnsinn es ist, zu dieser Jahreszeit in die Nordwand einzusteigen, da das Wetter rasant umschlagen kann und schon manch ein Kletterer erfroren bis zum Frühjahr in der Wand hing, bis man seine Leiche bergen konnte.

Beide Seilschaften haben ihre Routen wohl überlegt.

Sie steigen in die Wand und das Drama nimmt seinen Lauf...


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