Rezension [A!-Rezi] Paranoia: Verrat in Wort und Tat. Drei Abenteuer für Paranoia

Caninus

heiliges Caninchen!
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Paranoia: Verrat in Wort und Tat



Eine Abenteuer-[A!-Rezi] von Orakel


Achtung, Achtung: Diese Rezension hat die Freigabe Utraviolett. Bürger der Sicherheitsstufen Violett und tiefer begehen Verrat am Computer und werden daher vollständig mit sofortiger Exekution sämtlicher Klone bestraft...

… oder anders ausgedrückt: Solltet ihr in eurer Paranoia-Runde nur als Spieler unterwegs sein drückt jetzt auf den „Zurück“-Button eures Browsers und sucht euch eine andere Rezension hier auf A!. Ich kann diese Rezension einfach nicht Spoiler-frei halten. (Und will es ehrlich gesagt auch nicht, denn dann würde vermutlich keiner mein Urteil am Ende dieser Rezension auch nur am Rande nachvollziehen können.)

Also, nachdem wir damit die Spieler aus dem Bereich hier vertrieben haben können wir uns ja jetzt offen Reden, werte Bürger der Sicherheitsstufe Ultraviolett.

Paranoia: Verrat in Wort und Tat ist der bislang zweite Abenteuerband für die bei Mantikore Verlag erscheinende Edition des satirischen Rollenspiels Paranoia. Im Band enthalten sind das Namengebende Abenteuer „Verrat in Wort und Tat“, „Helden des Alpha Komplex“ sowie das Abenteuer „Vermisster, kleiner Spähbot“. Hauptmotto bei allen drei Abenteuerbänden ist natürlich wieder einmal die Frage: Wie kriege ich auf möglichst kuriose Weise die meisten NSCs wiederholt um die Ecke gebracht?

Doch was dient dabei im einzelnen als Ausred.... äh, ich meine natürlich als mit Spannung zu erwartender Plot?

Verrat in Wort und Tat: Grundannahme dieses Abenteuers ist, dass alle Bürger des Alpha Komplexes früher oder später zu Verrätern werden. Und da die Regeln des Computers natürlich diesen Umstand eher in Richtung Früher als in Richtung Später tendieren lassen ist es letzten Endes egal, wann man sie beschuldigt. Irgendeine Person wird schon sich schon als Schuldig herausstellen lassen. Fakt ist jedenfalls, dass die Charaktere sich gerade eben noch bei ihrer normalen Tagesroutine befunden haben und anschließend in einer Geständniszelle wieder zu sich kommen. Es gibt hier genug Betten für die einzelnen Troubleshooter. Es gibt hier einen großen Bildschirm mit den üblichen Sicherheitsmaßnahmen, einem großen Schild mit der Aufschrift „Gesteht“ und zu wenig Stühlen. (Exakt ein Stuhl weniger als Troubleshooter. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.) Außerdem gibt es natürlich noch eine Kabine für private Gespräche mit deinem Freund dem Computer. Alles was sich hier anfinden lässt ist auf eine sehr lange Wartezeit ausgerichtet.

Als SL erhält man außerdem Informationen zu drei Ereignissen, die den Troubleshootern zu Last gelegt werden, einen gewieften Anwalt, der Bald das zeitliche segnen soll und ein paar wenige Hinweise, wie er die Charaktere gegeneinander aufhetzen soll. Ach ja: Und als Handout noch ein psychologisches Bewertungsformular auf insgesamt fünf Seiten.

Man hat also alle Freiheiten, die man haben will. Und braucht verdammt viel Eigeninitiative, um aus dem Ding was zu machen. Andererseits... der SL soll ja laut Grundregelwerk langweilig sein und die Spieler müssen für das Amüsement sorgen. Von daher sind hier wohl eher Tatsächlich sämtliche Ideen gefragt, die man von Spielerseite haben kann um sich gegenseitig in den Wahnsinn zu treiben, damit man aus der verzwickten Situation wieder herauskommt.

Helden des Alpha Komplex: Mel-G-BSN, Held einer der Erfolgreichsten Fernsehsendungen von WEA&BK, der Propagandamaschine des Computer, ist eigentlich ein völlig verwirrter Volltrottel, der nicht mehr zwischen Fiktion und Realität unterscheiden kann. Dummerweise hat er neuerdings eine eigene Meinung und kann diese nicht für sich behalten. Und diese Meinung steht gegen alles, für das der Computer steht. Wirklich alles! Und leider kann man Mel-G nicht einfach so terminieren. Aber wozu gibt es Aufträge für Troubleshooter? Und die Gruppe von Troubleshootern, die du als SL gerade überwachst ist doch ideal dafür geeignet zu überwachen wie alle 15 Klone von Mel-G (oder so ähnlich) heroisch im Kampf für den Alpha Komplex das zeitliche Segnen. Und sie können danach sogar Zeugnis davon ablegen. Jedenfalls besteht das Abenteuer darin, dass sich die Troubleshoot in Begleitung von Mel-G durch den Komplex putzende Kriegsroboter und den Komplex angreifende Putzroboter kämpfen, unzählige Massen von kreischenden, gewalltbereiten Fans die alle ihr Stück Mel-G haben wollen bewältigen. Den Sektor Draußen überleben, in dem man eigentlich nichts verloren hat, aber in dem gerade ein Gewitter stattfindet und der einzige Weg zurück durch ein Feld Blitzableiter führt... und was dem Computer sonst noch an Dingen einfällt, wie man Klone umbringt.

Vermisster, kleiner Spähbot: Der Spähbot R39 wird irgendwo im Sektor draußen vermisst. Eigentlich ist das nicht weiter verwunderlich: Nur irgendwie wollen mit einem mal alle möglichen Gruppen etwas davon haben. Er ist Teil eines militärischen Einsatzes, die Computerfreakz wollen wissen, was er an Daten hat, die Frankensteinzerstörer wollen ihn zerstören, die Innere Sicherheit vermutet eine Verschwörung und jeder andere Verein ist darüber auch irgendwie in die ganze Angelegenheit verwickelt. Aber das heißt noch lange nicht, dass irgendeine Fraktion auch nur am Rande ihr Ziel mit der einer Anderen verbinden kann. Und deswegen versuchen auch alle Gruppen einander zwischen die Beine zu grätschen. Und die Troubleshooter sind inmitten diesem Chaos und versuchen mit einem nur unzureichend funktionierendem Botdetektor ihren Autrag zu erledigen. Und das alles indem sie sich zwischen die Fronten von verräterischen Sierra Club Mitgliedern, Agenten eines verfeindeten Komplexes, mutierten Eichhörnchen begeben. (Ihr wisst schon: Diese kleinen, plüschigen Monster, die Sicherheitsstufe Braun haben und ehrbare Troubleshooter im Auftrag des Computers fressen.)

Fazit

Ich stehe gerade vor einem Problem: Ich liebe durchgeknallte Szenarien. Ich habe eigentlich auch keine Probleme mit der Idee so viel wie nur eben möglich zu improvisieren. Und trotzdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich genug Informationen habe, um alle Abenteuer vernünftig zu leiten.

Das Betrifft aber in erster Linie „Verrat in Wort und Tat“. Versteht mich nicht falsch: Ich liebe die Idee dahinter, dass die Spieler der einzelnen Charakteren sich Gegenseitig den Ort zur Hölle machen. (Was auch ein anderes „Die Hölle, dass sind die Anderen.“ sein kann. Um jetzt Sartre mal wieder fehlerhaft zu zitieren. Und da die anderen jeweils noch einmal 6 Klone von sich haben werden es immer mehr Andere.) Das Problem bei diesem Szenario ist weniger, dass man erfahrene Paranoia-Spieler bräuchte. (Paranoia ist vom Grundgedanken jedem zugänglich, der nur ein wenig Humor hat.) Das Problem bei „Verrat in Wort und Tat“ ist meiner Einschätzung nach, dass man extrem extrovertierte Spieler braucht. Und das könnte eventuell nach hinten los gehen und aus einem amüsanten One-Shot eine kleine Zwangsveranstaltung werden.

Zum Glück gibt es dafür dann aber die beiden anderen Abenteuer, die zwar ebenfalls „nur“ grobe Gerüste einer Handlung sind, aber dadurch das sie mehr Struktur und Abwechslung in der Abfolge der Handlungen vorweisen, hat man als SL durchaus mehr Möglichkeiten die Spieler dazu zu zwingen amüsant zu sein. Je mehr Monster (oh Pardon: Ich meinte natürlich Bürger des Alpha Komplexes) man zur Verfügung hat, desto mehr Möglichkeiten bestehen, um aus dem Abenteuer einen „Highway to Hell“ zu machen. Das wird durchaus durch die deutlich stärker von Außen kommenden Möglichkeiten an Ablenkungen geliefert, welche die Spieler dazu zwingen irgendwie aktiver zu reagieren.

Das dabei der Hang zum Chaos als wichtigstes Element von Paranoia aufrecht erhalten werden muss sollte jedem klar sein. In diesem Sinne ist das Chaos also vorprogrammiert, damit jeder seinen Spaß haben sollte. (Respektive die Lachtränen vorprogrammiert sein sollten, wenn schon wieder ein Klon über die Wupper geht.)Den Artikel im Blog lesen
 
Sobald ich in den Rezis annfange den illokutionären Akt anzuzweifeln sollte ich aber für eine kurze Zeit pausieren. ^^
 
Hallo zusammen,

ich bin der Meinung das die ersten beiden Szenarien für ein ausgearbeitetes Kaufabenteuer einfach zu wenig Unterstützung für den Spielleiter bieten.
Es fehlen Karten, Informationen, NPC Werte, interessante Gegenstände und Werte von Bots.
Das letzte Szenario bietet immerhin NPC Werte und nur bei einem Ort vermisse ich tatsächlich eine Karte.
Gerade im direkten Vergleich mit dem ersten Abenteuer kann der Band trotz höheren Preises nicht überzeugen.

Gruß Jochen
 
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