AW: [7.5.2008] Mit Anarchen flüstern?
Abgesehen von Barbie scheinen wir auch nen Weg gefunden zu haben, wo ich mit dir reden kann, ohne dich gleich immer auf die Palme zu bringen. Obwohl ich wohl so was wie Verkörperung von Etikette oder so bin. Wenn ich Glück habe, komme ich bei Jenny um das Einstandstänzchen herum, weil wir zusammen auf dem Friedhof waren. Körperlich ständen für mich bei euch beiden wohl meine Chancen denkbar schlecht. Da das Telefon bereits klingelte, blieb es in Annas Gedanken, aber Max sah unter Umständen etwas, was ihn überraschen konnte. Ihr Mund zog sich leicht zusammen und der linke Mundwinkel hob sich leicht, während sich gleichzeitig ihre Stirn krauste. Besonders gelungen war das Lächeln bestimmt nicht nicht, aber so mißlungen es sich in ihrem Gesicht dar stellte, weil sie es einfach nicht mehr gewohnt war, so klar funkelte dieses Mal das verschmitzte Lächeln in ihren Augen auf. Und das, trotz all der Sorgen und Gedanken, die sie sich machte.
Die Nummer hatte sie sich nicht aufgeschrieben. Das brauchte sie auch gar nicht. Der Blick hatte ihr gereicht. Aber natürlich wählte sie nicht sogleich die Nummer von Jenny. So etwas war unhöflich und nervig, Stimmengemurmel aus dem Hintergrund, wenn man telefonierte.
Die Tremere hörte sogar direkt den genervten, zickigen Tonfall der Brujah und es war ihr so herrlich egal, was die Frau wollte. Dabei hing Anna dem Brujah alles andere als am Hörer, sondern hatte durchaus einen gewissen Abstand zu ihm. Freiwilliges Kuscheln gehörte nicht unbedingt zu ihrer normalen Freizeitbeschäftigung, wenn man von der Jagd absah.
Wenn Lillian nicht wollte, das Jenny etwas erfuhr, dann sollte sie wohl weniger mit Gott und der Welt reden und sich so lächerlich machen. Anna war noch sehr neu in der Stadt und konnte sich noch lange nicht zu den 'Alteingesessenen' zählen, aber glaubte diese Brujah wirklich, jeder würde 'Juhuuuu' und 'Du hast ja so recht!' schreien, nur weil sie so unglaublich toll aussah? Wenn überhaupt funktionierte so etwas oft nur bei Männern und selbst da schienen einige kainitischen Exemplare durchaus eine gewisse Resistenz entwickelt zu haben.
Wie immer war Annas Mimik undurchdringlich. Ob sie etwas hörte oder nicht, war nicht zu erkennen. Natürlich begann sie jetzt erst recht kein eigenes Telefonat mit Jenny, so lange Max jemand anderen am Apparat hatte. Vor allem nicht diese Person. Es stand ausser Frage, das Anna Lillian kein Wort glaubte. Wenn Jenny nachher in das Café kam und nicht vollkommen unsensibel war, dann würde sie merken, dass etwas nicht stimmte. Unvorbereitet würde sie wahrscheinlich offen in die Falle der Brujah tappen.
Genau so wenig, wie sie Max in den Fängen der Gräfin sehen wollte, wollte sie Jenny in den Fängen von Lillian sehen. Mit Annas Loyalitäten verhielt es sich seltsam und hätte noch vor zehn Tagen jemand in Hamburg mit ihr darüber gesprochen, sie hätte nie und nimmer eine derartige Entwicklung voraus gesehen. Finstertal war wirklich verdammt seltsam und ihr momentaner Umgang war eine der Merkwürdigkeiten, die diese Stadt an die Oberfläche brachte. Wenn man sie gefragt hätte, sie hätte vermutet am meisten Kontakt mit Toreador und Ventrue ausserhalb des Clans zu haben, eventuell noch Nosferatu. Aber ausgerechnet Brujah? Und nun unter Umständen eine Caitiff?
Sie begriff ja selbst noch nicht so richtig, was hier mit ihr geschah. War es die Stadt, die ungewöhnliche Regentin? Seltsame Zufälle? Gab es so etwas wie Zufall überhaupt? Es war wirklich seltsam. Die Stadt und ihre Bewohner stellten sie auf die Probe und das Pendel konnte noch in die eine oder andere Richtung ausschwingen. Und für beide gab es Kräfte, die am Werk waren. Und für Anna war es eine schiere Zerreißprobe.