6.5.06 - Es weht der Wind ein Blatt vom Baum

Nightwind

Erzketzer
#StandWithUkraine
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11. September 2003
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Vom entnervenden Piepsen des Weckers geweckt werden. Sich unter die Decke verkriechen. Einsehen, dass das die falsche Strategie ist und blind nach dem Wecker tasten. Ihn abschalten und/oder in irgendeine Ecke werfen. Zehn Minuten später wieder von einer der zahlreichen großen Schwestern geweckt werden. Sich strecken und gähnen. Willkommen zum üblichen morgendlichen Ablauf von Meyye, so wie er einmal war.

Das ist schon lange nicht mehr. Jetzt ist sie diejenige, die als erstes aufwacht, präzise wie ein Uhrwerk zu dem Zeitpunkt, da die Sonne untergeht. Der vorherige Morgen vor Sonnenaufgang hat gerade noch für eine Dusche gereicht, und leider war noch keine neue Nachricht von Julian oder Tatjana da... oder gar sie selbst. Wenn Meyye es nicht besser wüßte, hätte sie gesagt, ihr Schlaf war unruhig.

Aber jetzt schlägt sie die Augen auf, in die vertraute Stille und Dunkelheit ihres Zimmers. Nur, dass etwas anders ist... jemand ist da, direkt neben ihr sitzt er auf dem Bett, und sie würde seine Silhouette sowie seinen Atem unter Tausenden erkennen. "Julian." stößt sie hervor, und im Nu hat sie ihn umarmt und an sich gedrückt.
 
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Julian hatte zuvor lange am Bett gesessen und sie beobachtet ... sie lag tot da ... aber er wusste, dass sie wieder aufwachen würde. Den Tag über hatte er wo anders genauso gesessen. Aber Tatjana war nicht aufgewacht. Würde sie auch nie wieder tun.

Er umarmte seine große Liebe innig und drückte sie an sich. Nach ein paar Augenblicken streichelte er sanft über ihre Haare. Der gebürtige Ire wirkte auf den ersten Blick unverletzt, aber etwas stimmt nicht mit ihm nicht. Die Umarmung schien ewig anzuhalten und er genoss jede Sekunde. Dann küsste er sie.

Nach einem langen Kuss lächelte er sie sanft an. "Es tut mir leid, dass wir uns nicht gemeldet haben ... aber die Umstände ... die Kämpfe ... und soviel anderes, haben es nicht erlaubt. Ich hoffe, du kannst mir das jemals verzeihen. Ich liebe dich!" Sanft streichelte er erneut über ihre Haare und die Wangen.

Sein Herz war schwer ... er musste es sagen, aber er wagte es nicht. Er wollte die Zeit einfach nur anhalten ... oder zurückdrehen ... Dinge verändern ... Seine Augen schimmerten feucht und er lächelte schwach.
 
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Meyye schmiegt sich an ihn, hält ihre Arme um ihn geschlungen und vergräbt das Gesicht an seiner Schulter. Sie hat es nicht verdient, denn sie ist eine Mörderin, und irgendwann wird sie ihm das sagen müssen, aber nicht jetzt, jetzt ist sie einfach nur froh, dass er da ist. Sie ignoriert das leise Zupfen ihres Hungers, der die Gedanken auf die Frische und Köstlichkeit seines Blutes lenken will. Sie hat viel Blut verbraucht, da unten im Labor, aber sie hat noch ein paar Nächte Zeit, bevor sie sich Sorgen machen muß.

Der Krieg verändert die Menschen. So hat sie es einmal gelernt, und so weiß sie es auch von sich selbst, denn der Krieg gegen ihr eigenes Tier dauert schon lange an. Darum denkt sie an die Schrecken des Kampfes gegen die Fomorer, als sie spürt, dass etwas anders ist an Julian. Sie wird ihn trösten, wenn sie kann, und ihre eigenen Sorgen spielen dabei keine Rolle. Der Kuß kann schonmal als guter Anfang gelten.

"Vergeben und vergessen." flüstert sie ihm zu und streichelt ihn vorsichtig über die Wange, als wäre er zerbrechlich und sieht ihm in die Augen. "Ich liebe dich mehr als mein Leben..." Was für ein schaler Spruch; sie lebt doch nicht mehr. Aber vielleicht auch schätzt person erst das richtig, was sie verloren hat. "Ich bin nur froh, dass es dir gutgeht. Ist Tatjana auch da?"
 
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Julian schließt die Augen und konzentriert sich auf seinen Atem. Seine Stimme musste ruhig bleiben. Er hatte viele Tränen vergossen und jetzt musste er es ihr sagen. Er löst sich etwas aus der innigen Umarmung, setzt sich ihr gegenüber und hält ihre Hände fest. Julian sieht Meyye in die Augen, als er zu sprechen beginnt.

"Tatjana ist nicht hier und sie wird auch nie wieder kommen." Dann war es aus. Er konnte nicht länger seiner Liebe in die Augen sehen. Er sah auf ihre zarten Hände und erzählte weiter ...

"Wir haben zusammen gekämpft. Es sah eigentlich ganz gut aus ... aber es kamen immer mehr Fomorer. Die Situation wurde brenzlig ... ich kann mich nicht an alles erinnern. Allerdings weiß ich, dass sie mein Leben gerettet hat ... und gleichzeitig hat sie ihres dafür gegeben ...

Es tut mir sehr leid." Beim letzten Satz sah er sie wieder traurig an.

Er hatte sich Vorwürfe gemacht ... wollte schon gestern zu Meyye und er fühlte sich schuldig. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte sie es vielleicht überlebt.
 
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Wie jeden Abend wachte auch heute Nikita wieder auf die gleiche weise auf, nur dass sie diesmal noch ihre komplette Kleidung anhatte. Sich auszuziehen war gestern keine Zeit mehr geblieben. Sogar die Scheide mit dem Katana des Caitiff hatte sie noch im die Hüfte gebunden. Es hinderte sie etwas beim aufstehen und so war das erste was sie machte, es abschnallen und auf ihr Bett legen.
Nachdem sie heute getrunken hatte war das erste was sie machte diese wundervolle Waffe zurückgeben. Oder es zumindest versuchen, denn eine Telefonnummer hatte sie von ihm nicht bekommen...
Ein weiteres Ritual, das sich jeden Abend abspielte war, dass sie in die Küche ging um zu sehen wer schon alles wach war und meistens traf sie dort Meyye, die immer vor ihr erwachte und Tatjana an.
Heute jedoch sass dort Sylvia. Doch warum Sylvia? Warum nicht Tatjana?
Gut Tatjana hatte vielleicht noch irgendwas zu tun....
...Aber irgendwie seltsam war es schon. Sie sah so traurig aus.
"Hallo." Sie wagte es kaum die Garou anzusprechen, denn sie hatte sie bisher nur in der Anwesenheit Meyyes gesehen und wollte sich nicht 'dazwischendrängen'.
Ob ich wie wohl fragen kann was sie hat? Oder wäre das unhöflich?
"Wo ist denn Tatjana?"
 
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Sylvia stand auf, als Nikita in die Küche kam. Sie lächelte etwas entschuldigend. Eigentlich platzte sie ungern in fremde Territorien rein ... und das hier war ja wirklich nicht ihre Wohnung ...

"Hallo ... ähm ... entschuldige bitte, dass ich hier bin. Setz dich doch bitte." Sie wartete noch einen Augenblick, bis sich Nikita gesetzt hatte.

"Ich bin nicht gern Überbringerin von schlechten Nachrichten ... und wenn ich es hätte verhindern können ... dann hätte ich es auch getan. Tatjana wird nicht wiederkommen. Sie ist im Kampf gefallen. Es tut mir sehr leid ...

Julian ist gerade bei Meyye, um es ihr zu sagen ..." Sie wusste nicht, ob die Gangrel gleich zu ihrer "Mutter" gehen wollte, oder nicht ... aber sie hielt es für besser, wenn Nikita die beiden noch für einen Moment alleine lassen würde ... Meyye würde bestimmt früher oder später aus dem Zimmer kommen. Es gab für morgen Nacht noch einiges zu besprechen.
 
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Nachdem sie Sylvia begrüsst hatte, setzte Nikita sich und hörte die bedauerliche Nachricht.
Sie schaute Sylvia noch einen Moment an, dann sank ihr Blick auf den Tisch... und verblieb dort.
Julian ist noch bei Meyye. Gut, er lebt. Sie nickte nur. Schaute weiter traurig vor sich.
 
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Sylvia war es deutlich unwohl und sie rutschte etwas auf ihrem Stuhl herum. "Ähm ... Nikita ... ich weiß ja, dass ihr hier zu dritt gewohnt habt ... ich weiß nicht, wieviel dir Tatjana bedeutet hat ... aber morgen wäre die Bestattungsfeier ... Wenn du möchtest, kannst du gerne kommen. Viktor wird wohl auch dabei sein ... wenn er es möchte ..."
 
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Weiterhin mit unbewegter Mine antwortete sie auf die Einladung: "Danke."
Dann hob sie den Kopf und sah Sylvia an. Sie wollte nicht dass diese sich unwohl fühlte und lächelte daher leicht. "Ich weis nicht. Ich hab nie direkt drüber nachgedacht. So unterbewusst war sie mir wichtig.... ich weis gar nicht wie ich das ausdrücken soll... sie war irgendwie Teil meiner kleinen Familie... mit Meyye zusammen... Ich hab das nie so direkt gesagt. Weis nicht, ich wollte dass es ihr gut geht und hab mich gewundert wenn sie abens nicht da war.... tut mir Leid... ich kann es grade nicht beschreiben...."
Ihre Augen wurden feucht, als würde sie gleich losweinen, doch statt der klaren Tränenflüssigkeit stand ihr nun Blut in den Augen. Der anblick sah etwas seltsam aus. Doch an ihrem zitternden, in Falten liegnen Kinn konnte man erkennen dass die Kainitin nicht vorhatte auf Sylvia loszugehen, sondern kurz vor den Weinen war.
 
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Sylvia rechnete nicht mit einem Angriff. Sie hatte auch vermutet, dass diese Nachricht aufs Gemüt der beiden Gangrels schlugen. Wie Meyye diese Nachricht verkraften würde ... wusste sie nicht. Im Augenblick war es noch sehr leise in der Richtung von Meyyes Zimmer.

Sie hatte auch mit Tränen gerechnet, aber warum sie jetzt verblüfft auf das Blut sah, dass sich in Nikitas Augen sammelte ... das wusste sie im ersten Moment nicht. Sie hatte nicht mit Blut gerechnet ... sie hatte auch bisher noch nie einen Vampir weinen sehen. Die Ritenmeisterin befeuchtete ihre Lippen und griff vorsichtig nach Nikitas Hand. Es war eine Geste, die Trost spenden sollte ...

"Du musst jetzt nichts beschreiben. Du selber wirst eine Antwort darauf bestimmt in dir finden. Die letzten Nächte waren wohl auch für dich sehr anstrengend."
 
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Da sass sie. Blutige Tränen liefen ihr die Wangen runter. Und ihr gegenüber sass eine Werwölfin, vor der sie so viel Respekt hatte. Respekt vor dem Fremden, der fremden Welt der Garou.
Sie kam sich vor 'wie im falschen Film', doch sie war froh um den Trost, den ihr Sylvia anbot. Sie erbriff die angebotene Hand und nickte als Antwort auf das was Sylvia gesagt hat.

Es brauchte etwas, doch schliesslich hatte Nikita sich wieder beruhigt. Sie blickte auf und löste ihre Hand von der Sylvias. "Danke."
Der Tisch hatte mitlerweile ein paar Blutstropfen abbekommen und ihren Ärmeln, mit denen sie sich die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte auch aber daran dachte Nikita nicht wirklich. "Ich werd mal duschen gehen, ich muss heute dringend noch..... trinken und ... das Schwert zurückgeben, das mir für den Kampf geliehen wurde."
Sie wollte Sylvia nicht mit diesem hässlichen kleinen Detail ihrer Existenz belasten.
 
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Meyye starrt ihn an, als hätte er ihr gerade völlig überraschend eine schallende Ohrfeige gegeben, als er den einen Satz sagt. Erstaunen, Unglauben, Entsetzen wechseln sich ab und fangen von vorn an, mehrere Male bis er nichts mehr sagt. Einige Zeit bleibt es still. "Was?" flüstert sie dann eine Frage, als hätte sie kein Wort verstanden. Derweil überlegt ein Teil von ihr, dass das durchaus sein kann... nur weil sie sie vorgestern noch unversehrt gesehen hat, weil Sylvia ihr vor dem Laborangriff noch sagte, dass es ihr gutgeht, muß das nicht den Rest der Nacht so geblieben sein. Wenn sie könnte, würde sie dieses verdammte logische Denkvermögen am liebsten herausreißen und an die nächste Wand klatschen.

Nein, es ist auch kein grausamer Scherz. Julian würde soetwas nicht tun, so sehr sie sich jetzt auch wünscht, dass er einmal eine solche Ader durchscheinen hätte lassen. "Tatjana... ist tot?" spricht sie die Befürchtung aus und wünscht sich gleich, sie hätte es nicht getan. Am liebsten würde sie aufspringen, zu Tatis Zimmer laufen und nachsehen. Und dann den ganzen Wald durchsuchen. Und erst wenn sie im gesamten Umbra ihre Freundin nicht gefunden hätte, wäre sie überzeugt.
 
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Julian nickt traurig. Er rutscht näher zu Meyye heran und streicht ihr über die Wangen. "Morgen ... ist die Bestattung. Wenn du möchtest, kannst du gerne kommen und dich ... verabschieden. Viktor ist auch dabei ... wenn er es möchte." Er spricht stockend und hat einen riesen Klos im Hals. Julian schluckte trocken. "Es tut mir leid ... ich gebe mir selber die Schuld an ihrem Tod ... wenn ich ... gehen soll ... dann tu ich es." In seinem Blick konnte sie sehen, dass er sich wirklich die Schuld für Tatjanas Tod gab.
 
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Wie in Trance senkt sie den Blick und starrt durch Julian hindurch. Hundert Bilder schießen ihr durch den Kopf, von ihrer Freundin, fröhlich, verlegen, niedergeschlagen, wütend, in Crinos, in Wolfsform, vor und nach dem Kampf gegen den Tänzer, ihr Grinsen bei der ersten Begegnung... das alles soll jetzt vorbei sein? Sie will es nicht glauben. Aber Julian sagt es. Und er sagt auch, wo sie sich selbst davon überzeugen kann. "Ich werde kommen." antwortet sie nur.

Die Bilder und Stimmen verschwinden und hinterlassen eine Leere, von der Meyye erst nachträglich wußte, dass sie vor Tatjanas Auftauchen eigentlich immer da war. Aber dann fällt ihr auf, dass das nicht stimmt; es gäbe noch etwas Schlimmeres als Tatjanas Tod, das passieren könnte: Wenn Julian sie auch noch verläßt. "Nein!" sagt sie daher schnell und klammert sich an ihn. "Geh nicht..."
 
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Julian zuckte bei ihrem Nein etwas zusammen. Sein Herz hämmerte und er wusste nicht, was er sagen sollte. Deswegen rutschte er näher zu ihr und legte ihr einen Zeigefinger auf die Lippen. Er schüttelte den Kopf. "Ich bleibe." Er drückt sie sanft zurück in die Kissen zurück. Über den beiden der gemalte Sternenhimmel. Julian schmiegt sich an Meyye und streichelt ihr beruhigend über die Haare und das Gesicht. Es schien eine Ewigkeit, wo er nur ruhig neben ihr lag. Sie konnte sein Herz schlagen hören.

Nach dieser Ewigkeit sprach er sie in sehr ruhigem Ton an. "Sylvia sitzt in der Küche ... und wollte dich auch noch ... kurz sprechen. Wenn du es kannst."
 
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Lange Zeit liegt Meyye einfach nur da, an ihren Geliebten geschmiegt, sein Herzschlag das einzige was zwischen ihr und völliger Stille steht. Das Leben geht weiter, könnte das heißen. Es schlägt gleichmäßig, pulsiert durch seine Adern und wärmt auch ihren Körper. Das Leben geht weiter. Nur halt nicht für eine Vampirin. Und für Tatjana auch nicht mehr.

Warum bin ich so ruhig? Sie würde über sich selbst den Kopf schütteln, wenn sie könnte. Müßte sie nicht schreien, weinen, irgendwas zerschlagen? Das würde besser zu ihr passen. Stattdessen fühlt sie sich wie betäubt und hat ständig Tatjana vor Augen, in allen Variationen und gemeinsamen Erlebnissen.

"Ja." sagt sie nur, als Julian ihr von Sylvia erzählt. Sie löst sich sacht von ihm und zieht sich an. Danach nimmt sie seine Hand und sie machen sich in die Küche auf.
 
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Nikita sitzt mit blutigen Tränen am Tisch. Sylvia hält ihre Hand. Als Meyye mit Julian kommt, sieht sie Nikita entschuldigend an und steht auf. Die Theurgin ist etwas nervös und eigentlich hatte sie mit einer Reaktion von Meyye gerechnet. Aber die Gangrel wirkte sehr ruhig.

"Hallo Meyye ... Ich möchte mich zuerst entschuldigen, dass wir hier einfach hineingegangen sind. Das ist eure Wohnung und ... ich mach das normalerweise wirklich nicht ...

Was passiert ist, tut mir sehr leid ... aber ich denke, dass kannst du dir vorstellen." Sie wartete, bis sich Meyye gesetzt hatte ... erst dann setzte sie sich ebenfalls wieder hin. Sie schien immernoch sehr nervös zu sein.

"Ich habe dich gestern angelogen. Beim Telefonat. Zu diesem Zeitpunkt war Tatjana schon tot. Auch das tut mir leid ... ich habe es gestern nicht fertig gebracht ... dir zu sagen. Nicht über das Telefon." Wenn doch Meyye nur eine Regung zeigen würde ... sie wirkte so ... gefühlskalt ... und das wirkte auf Sylvia sehr unheimlich. Julian hielt die ganze Zeit Meyyes Hand.
 
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Meyye blickt von Sylvia zu Nikita und der Schmerz, den sie eigentlich fühlen müßte und der dann wohl im Geheimen in ihren Eingeweiden frißt, blitzt einen Moment durch ihre Augen. Gefolgt von Mitleid und einem seltsamen Trost. Nikita vermißt ihre dritte Mitbewohnerin auch und zeigt es so, wie es sein sollte.

Sie winkt nur ab, das Eindringen war nun wirklich kein Delikt... außerdem wäre sonst wohl kaum Julian bei ihr gewesen, als sie aufwachte. Das rechtfertigt vieles. Sie nickt nur, streicht sich die Haare zurück und setzt sich hin. Läßt sich zusammensacken, würde vielleicht eher passen. Ruhig und wortlos wartet sie, was Sylvia ihr sagen will.

Und als die Theurgin das tut, ist ihr als gefriere sie innerlich zu Eis. Zu dem Zeitpunkt war Tatjana schon tot. Und Sylvia hat es ihr nicht gesagt. Wenn sie das gewußt hätte... sie hätte... oh, sie kann sich gut vorstellen, dass sie dann in einem Zustand wie dem jetzigen gewesen wäre, alle Energie und Wut die sich angesammelt hatte verpufft, zu Nichts geworden. Keine Hilfe für niemanden. Nicht, dass ich so viel geholfen hätte... der Wachmann würde noch leben, es wäre besser gewesen...

Ihre Hände ballen sich zu Fäusten und sie sieht Sylvia an. Sowieso gerade anfällig dafür, lodert bittere Wut in ihr auf. "Du hättest es mir sagen müssen." zischt sie leise, zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und steht abrupt auf. "Du hättest es mir sagen müssen." Damit dreht sie sich um, hält nochmal kurz inne und sieht Nikita an, und für kurze Zeit schimmern ihre Augen dunkelrot, als wären auch hier Tränen im Entstehen.. dann geht sie aus der Küche. "Ich muß jagen gehen."

Alles war falsch, alles... die Hoffnung sie zu retten, in das Labor zu stürmen, ich habe den Wachmann getötet, den verdammten Wyrmdiener entkommen lassen und nichts, rein gar nichts getan das irgendwem geholfen hätte. Warum Tatjana? Warum nicht ich, verdammt nochmal?
Das denkt sie, während sie in die Schuhe schlüpft und rasch zur Tür geht, um aus der Wohnung zu fliehen.
 
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Sylvia sah schuldbewusst zur Seite und wich Meyyes Blick aus. "Es tut mir leid! Und du hast ja recht ... aber ich konnte nicht ..." Als Meyye aus der Küche eilte, standen Julian und Sylvia auf. "Meyye ... wegen morgen ... " Julian schüttelte den Kopf und machte eine Geste, dass sie lieber ruhig sein sollte ... dann ging er Meyye hinterher.

An der Haustür hielt er sie mit kräftigem Griff fest. "Ich lass dich jetzt nicht alleine! Wenn du jagen willst ... dann geh ich mit!" Seine Stimme war stark und bestimmend. Meyye wusste, dass es ihm ernst war. Sein Griff wurde wieder sanft und wurde zu einem Streicheln. "Bitte ... ich will dich jetzt nicht alleine lassen ..."
 
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Tatsächlich hört Meyye noch, was ihr Sylvia nachruft. Ja, morgen... da wird sie zu dieser gottverdammten Waldlichtung gehen, wo sie schoneinmal dabei war wie tote Garou verbrannt werden, in Rauch aufgehen und dann für immer fort sind. Sie kann sich nicht vorstellen, zuzusehen wie Tatjana von den Flammen verzehrt wird, leblos, mit Augen die geschlossen sind oder blicklos ins Leere starren. Sie kann es nicht.

Eigentlich will sie gleich hinausstürmen, aber sie wird zurückgehalten. Zuerst wütend dreht sie sich um und will sich dem Griff entwinden, was aber gar nicht so einfach ist. Schließlich entspannt sie sich, nachdem sie das auf der Zunge liegende 'Lass mich allein!' hinuntergeschluckt hat, weil er darauf antwortet bevor sie es sagt. Sie blickt ihn an, denn senkt sie den Kopf. Ein sachtes Nicken ist ihr Antwort, ehe sie die Tür öffnet und wirklich hinausgeht, in der Erwartung, dass er ihr folgt. Draussen scheint sie den Weg stadteinwärts einzuschlagen.
 
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