29.3.04 - Sleepless in Finstertal

Nightwind

Erzketzer
#StandWithUkraine
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11. September 2003
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"Hallo Meyye! Hier ist Viktor!
Tut mir leid, aber ich muss für heute leider absagen!
Mein Vorgesetzter hat mich überraschend zu sich zitiert und möchte, das ich für ihn etwas erledige.
Das kann auch noch morgen Nacht dauern.
Ach ja, der Laden von dem Wagenaufkleber ist mit ziemlicher Sicherheit 'Zieges Boxbude' und liegt in der Nähe des Doms.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, da steckt auch ein Vampir dahinter...
Wir sollten also am besten vorsichtig sein...vielleicht fällt Alexander ja was dazu ein."

Seine tiefe Stimme klingt eindringlicher, besorgter:

"Ganz im Ernst. Pass auf dich auf. Beachte die Domäne!
Am besten gehen wir da mal gemeinsam vorbei, wenn wir nix rausfinden.
Wir hören uns!
Oder sehen uns auf dem Ball...
Ciao!?"



Das ist es. Darum drehen sich ihre Gedanken, als sie aufgewacht ist, so dass sie minutenlang nicht aus dem Bett steigt sondern nur unschlüssig dasitzt. Der auf ihrer Mailbox gespeicherte Anruf von vor mittlerweile zwei Tagen, als sie vermutlich gerade im Mexican beim Tanzen war und deswegen nichts gehört oder gespürt hat (normalerweise ist ihr Handy auf Vibration, sie kann dem Geklingel nichts abgewinnen).

Was bei Legba sollte denn der letzte Teil bedeuten? Beachte die Domäne. Wenn sie konsequent wäre, sollte sie jetzt ihre Sachen packen und aus der Stadt verschwinden, da anscheinend schon jeder weiß, dass sie sich im Mexican herumgetrieben hat. Aber auch wenn nicht... warum so eine Warnung? Darüber wird sie tatsächlich mal mit ihm reden müssen.

Der Ball... Masken... Maskenball. Das wäre vielleicht eine Gelegenheit, aber was soll sie auf einem Maskenball? Hat sie vielleicht irgendein Kostüm? Will sie mal wieder die Häme der Bonzen auf sich ziehen? Und möglicherweise die besondere, ärgerliche Aufmerksamkeit des Prinzen oder anderer Großkotze, wegen Mißachtung oder was auch immer ihnen diesmal einfällt? Nein, es müßten schon Buchets insistierende Ghule oder Aschenputtels Fee vorbeikommen, damit sie sich da blicken läßt.

Nein, am Besten ist, sie schaut sich heute einfach mal bei Zieges Boxbude um. Allein, so wie sie bisher noch immer am besten zurechtgekommen ist. Sollen die anderen ihre intriganten Spielchen treiben, sie schaut was Sache ist bei dieser Bude und dann geht sie in den Wald. Yup, das ist ein Plan.

Mit einiger Verspätung zieht sie sich an und macht sich daran, ihre Wohnung zu verlassen...
 
Es ist schon relativ spät, als sich mal wieder ein Bike ohne Lichter oder lästige Reflektoren über die Straßen der Stadt bewegt und eine dunkelhäutige junge Frau (die deswegen wohl noch schlechter zu sehen ist) mit Argusaugen ganz auf auf sich selbst aufpassen muß, wenn sie es den Autofahrern und allen anderen schon so schwermacht.

Aber nicht etwa ins Stadtinnere führt sie ihr Weg, denn sie hat sich anders entschieden. Heute nicht mehr, Ziege, du hast nochmal Schonfrist. Erstmal muß ich mit Viktor reden, der mehr zu wissen scheint, über gewisse Dinge... und außerdem will sie lieber so weit wie möglich weg sein von diesem Maskenball oder irgendeiner möglichen Erreichbarkeit. Auch das Handy ist aus.

Und so steht sie schließlich wieder im Wald. Allein. Stille. Dunkelheit. Eine Welt für sich. Tod? Nein... dafür ist es immer noch zu laut. Eher das Gegenteil, Leben, eine Welt für sich. Sie mochte sie schon, als sie noch lebte, und jetzt, da ihr die Tagwelt genommen ist, spürt sie hier die Gegensätze und zugleich die Nähe noch mehr.

Sie erlaubt sich ein Seufzen, nur um es zu hören. Es klingt so künstlich wie es ist. Die Hände in den Taschen geht sie los, wandert einfach in den Wald hinein. Heute kein Rennen. Und keine übernatürliche Stärkung ihrer Sinne. Ihr ist nicht danach.
 
Der Wald ist ruhig und beschaulich. Wenige Tierstimmen lassen auf ein geringes Nachteben der Waldbewohner um dich herum schliessen.

Die Geräusche der Stadt verblassen zunhemend, je tiefer du in den Wald hineingehst. Es ist ein gutes Gefühl den federnden Waldboden unter den Füßen zu spüren. Du fühlst dich wohl und würdest in deiner Selbstsicherheit fast behaupten wollen, dass der Wald dich akzeptiert und wie die Arme einer treusorgenden Mutte rumschliesst. Doch das kann ja wohl nur ein Trugschluss sein. Was gibt es unnatürliches als einen Vampir - du lebst ja nicht einmal...
 
... Dafür lebte aber etwas anderes ... Der Wald war dunkel, je tiefer Meyye in den Wald hinein ging und je mehr sie auf ihre innere Stimme hörte, desto sicherer war sie sich, dass sie nicht alleine war. Natürlich es gab noch die ganz "natürlichen" Bewohner im Wald ... aber die meisten davon schliefen ... Nicht alle. Das konnte sie spüren.

Ohne dass es ihr bisher wirklich bewusst war, lief sie auf einem kleinen, wirklich kaum sehen ... aber sie lief auf einem Pfad. Einige Ästchen waren abgebrochen. Wahrscheinlich war das hier ein Weg, den sich Wildschweine oder etwas ähnliches gebahnt hatten.
 
Oh, Meyye ist sich sicher, dass der Wald sie akzeptiert. Er würde sie auch gern in die Arme schließen, am besten noch ins Erdreich, sie kompostieren, damit sie in den Kreislauf des Lebens zurückgeführt wird. Das ist die Natur... aber das kann sie ihr noch nicht erlauben. Sie hängt eben doch an ihrer Existenz, bei allen Widrigkeiten. Aufgeben ist einfach nicht ihre Sache.

Während sie da so zwischen Bäumen und Sträuchern einherschlendert und sich Mühe gibt, so leise wie möglich zu sein, muß sie an etwas denken das ihr irgendwer mal gesagt hat: Die Existenz der Kainskinder als unnatürlich anzusehen, kann nur einem Sethskind mit seiner beschränkten Wahrnehmung der Natur passieren. Es verwirrt sie immer noch, nach all dieser Zeit. Sie kann nicht glauben, dass Tod und Leben nur philosophische Konzepte sind, die im Endeffekt nichts bedeuten weil sie so leicht gebrochen werden können - und das auch noch so vorgesehen ist. Etwas stimmt nicht an dieser Aussage, aber sie kann nicht den Finger drauf legen... wahrscheinlich ist sie dazu nicht schlau genug.

Darum hält sie sich vielleicht auch so gern an die Natur. Hier sind Instinkte wertvoller als der Verstand, Wahrnehmung stärker als Verstehen. Sie mag kein Teil der Natur mehr sein, aber sie kann so tun als ob. Mimikry. Viele guten Jäger verwenden das. Die Natur mag sie ablehnen, aber sie ist stärker... sie kann sie zwingen, auf sie zu hören. Und wenn das alles ist, was sie bekommt, dann will sie wenigstens darin gut sein.

Sie bleibt stehen. So ein Unsinn, blind in der absoluten Finsternis herumzustolpern, wenn es auch anders ginge. Beobachter, die es überhaupt noch in der Sichtweite dieses Unwesens ausgehalten haben, könnten ihre Augen aufflammen sehen. Viel sicherer und schneller nun bewegt sie sich weiter auf dem Wildwechsel...
 
Meyye war in ihren Gedanken versunken und folgte weiter dem Pfad, dann sah sie besser. Teilweise in der weichen Erde hinein gedrückt waren Tierspuren ... aber nicht von Wildschweinen ...

(OOC: Wahrnehmung + Aufmerksamkeit und eine Probe bitte auf Wahrnehmung + Überleben )
 
Oh, Fremdspuren auf dem Wildschweinpfad... an sich nichts Ungewöhnliches, natürlich benutzen andere Tiere solche rudimentären Pfade, warum auch sich durch Gebüsch und fußangelähnliches Gestrüpp quälen, wenn es einen einfacheren Weg gibt? So entstehen Wildwechsel schließlich.

Trotzdem geht sie in die Hocke, um sich die Spuren genauer anzusehen... es ist immer nützlich, zu wissen, was sich so alles in diesem Wald herumtreibt, den sie als soetwas wie ihr Revier ansieht... dabei nicht unbedingt im Sinne eines Gebietes, das sie gegen Rivalen verteidigen muß, eher als bevorzugten Aufenthaltsort, den sie gern ungestört durchstreift. Also tastet sie die Eindrücke vorsichtig mit den Fingerspitzen ein wenig ab, um das was sie erfühlt mit dem zu ergänzen was sie sieht... Huf oder Pfote, Kralle oder nicht, wie groß oder klein, wie tief oder flach... alles Dinge, die ihr etwas über die Wesen sagen können, das hier entlanggelaufen sind, so wie sie es tut.

[dice]

Out of Character
Wahrnehmung+Aufmerksamkeit
 
Meyye wusste, worauf sie achten musste ... Sie erkannte eindeutige ... Pfotenabdrücke. Nicht zu tief ... könnte von einem Wolf stammen, einem nicht allzuschweren Wolf ... oder von mehreren, so wie die Spuren aussahen.

Sie folgte den Spuren mit den Augen weiter in den Wald hinein. Täuschte es sie? Oder schien dort vorne tatsächlich etwas heller zu werden? Sicher war sie sich nicht. Wenn sie dies herausfinden wollte, musste sie dem Pfad weiter folgen ...
 
Wölfe! Ja, das sind Wolfsspuren, sie hat schonmal welche gesehen... aber im Finsterwald sind ihr, soweit sie sich erinnern kann, noch keine untergekommen. Füchse, Dachse, Hunde, Wildkatzen, die ganze Palette... bis auf Wölfe halt. Na gut, Bärenspuren hat sie auch noch keine gefunden...

Mehr als einer. Sollte es hier ein Rudel geben, ohne dass sie es bisher bemerkt hat. Unwillkürlich lächelt sie. Nunja, bis heute jedenfalls. Die Entdeckung hebt ihre Stimmung, und bis zum Entschluß, den Spuren zu folgen braucht sie keinen Lidschlag mehr.

Dann stutzt sie. So sehr kann sie die Zeit gar nicht vergessen haben, dass es schon wieder dämmern würde. Und Glühwürmchen werden auch nicht so hell wie das, was sie da vorne erahnt. Vorsichtig geht sie weiter, schaut sich jetzt aber nach Deckung um, falls sich außer ihr noch jemand hier aufhalten sollte...
 
Meyye schleicht sich also weiter (*hüstel* Geschick + Heimlichkeit bitte ... patz blos nicht ...) Es dämmerte nicht und es waren auch noch so einige Stunden vor dem Sonnenenaufgang. Sie konnte einen eindeutigen Geruch wahrnehmen. Etwas brannte. Durch die Zweige konnte sie die "Helligkeit" vor ihr als ein kleines Lagerfeuer erkennen. Die Wolfsspuren führten genau in diese Richtung. Dann hörte sie Stimmen ... nein eher eine Art Sing-Sang in einer Sprache ... die sie nicht verstand. Die Stimme klang warm, freundlich und wunderschön. Sie war fast etwas ... anziehend. Als sie sich vorsichtig weiter näherte und von Deckung zu Deckung huschte (*g* hoff ich doch mal ... *g*) konnte sie zwei Gestalten am Lagerfeuer erkennen.
 
Ein Lagerfeuer im Wald... also wenn sie Försterin wäre, würde sie denen jetzt was erzählen. Sie lacht leise in sich hinein. Wehe die brennen ihren Wald ab, dann kommt sie als die Rache der Natur. Aber vorerst legt sie Wert darauf, unbemerkt zu bleiben und erstmal zu sehen, mit wem sie es zu tun hat. Der Singsang... Neuheiden, Wicca? Esoterik-Spinner? Immerhin, hübsche Stimme. Vielleicht kann sie mitmachen, esoterisch genug ist sie ja... und die Wolfsspuren, hm. Vielleicht hat sie sich doch getäuscht. Vielleicht haben die Huskies dabei. Na, sie wirds ja gleich sehen. Vorsichtshalber aber achtet sie auch auf die Windrichtung und umgeht im Fall des Falles den Lichtschein weiträumig, um aus der richtigen Richtung zu kommen... nicht dass die Biester ihre Herrchen noch warnen...

[dice]

Out of Character
Geschick+Heimlichkeit *zitter* *g*
 
Vorsichtig trat sie näher. Sie hatte gar nicht mal so unrecht. Dort waren zwei Frauen am Feuer und ein ... ein sehr groß aussehender, etwas zerzauster, schäbiger Hund? Der Gesang kam von einem ca. 20 jährigen jungen Mann. Klar und rein. Er hatte trotz der Nacht eine schwarze Sonnenbrille auf. Eigentlich dürfte er dadurch gar nichts sehen.

Eine Frau, Anfang 30, wunderschöne lockige rote Haare fielen ihr bis in ihre Taile. Sie warf seltsame ... aber doch sehr gut riechende Kräuter ins Feuer. Der Mann sang weiter. Der Hund sah so aus, als würde er sich mächtig konzentrieren und er fing mit einem leisen Gejaule in den Gesang mit ein. Die Frau sprach wörter in einer seltsamen Sprache.
 
Also doch Neuheiden. Inzwischen hat Meyye eine Position im Schatten alter Bäume und dichter Büsche erreicht, die einen guten heimlichen Beobachtungsposten abgibt... der Wind zieht in ihre Richtung, sie kann den Rauch des Feuers riechen und die Kräuter, welche die Frau hineinwirft. Immerhin, es ist professionell angelegt und das richtige Holz verwenden sie auch... es wird keinen Funkenflug und auch keinen Waldbrand geben.

Die Nacht wird wieder zur Nacht für ihre Augen; sie will nicht, dass jemand zufällig ein seltsames rotes Glühen im Gebüsch entdeckt, darum läßt sie es verlöschen. Im Schein des Lagerfeuers sieht sie alles Wichtige auch so. Der Sänger könnte blind sein. Aber das war Ray Charles auch, und die Stimme kann sich hören lassen. Die Frau, der Prototyp einer Hexe, jedenfalls einer europäischen, soweit sie nach dem gehen kann was sie darüber gehört und gelesen hat. Alles paßt: Die Haarfarbe, ein nächtliches Ritual im Wald, Kräuter und seltsamer Singsang. In den jetzt auch noch der Hund einstimmen will. Ist das ein Huskie? Oder vielleicht doch ein Wolf? Zahme Wölfe, gibts sowas überhaupt? Und warum nur einer, es waren doch mehrere Spuren...

Na, es wird sich wohl mehr erfahren lassen, wenn du zusiehst. Genieße das unerwartete Show-Programm des heutigen Abends und versuche, daraus schlau zu werden. Sie lächelt leicht... für einen so bescheuerten Anfang wird die Nacht ja noch richtig interessant.
 
Der Gesang wechselte immer wieder ab, wurde schwächer ... um dann aber mit voller Wucht und Kraft wieder aufzulodern ... und damit auch das Feuer. Die rothaarige Frau begann um das Feuer nun zu tanzen. Es sah so aus, als wenn sie ... leicht unter dem Einfluss der Kräuter stand. Ihr Tanz wurd immer heftiger. Der "Hund" am Lagerfeuer heulte nun eindeutig wie ein Wolf, das ganze wurde immer schneller. Das Feuer loderte immer höher und Meyye traute ihren Augen nicht ... eine Gestalt aus züngelnden Flammen bildete sich darin. Diese Gestalt war fast 2 Meter hoch und hatte die Form eines kräftigen Mannes.

Nun bemerkte sie auch, das schlagartig die Frau, der Sänger und der Hund ... verstummt waren und sich ehrfürchtig vor dem ... Feuerwesen verbeugten. Die Frau nahm einen roten Rubin in die Hand. Das Wesen nickte langsam, berührte diesen Stein und wurde von ihm aufgesogen.

(OOC: Wahrnehmung und Aufmerksamkeit ... du bist wohl etwas abgelenkt ... also Schwierigkeit 7. Du brauchst 4 Erfolge ...)
 
Was die da wohl alles reingeschmissen hat? Es muß jedenfalls gut sein... der Tanz gefällt Meyye, denn sie tanzt selbst gern, genau solche Ausdruckstänze... so jedenfalls wirkt das auf sie, auch wenn es einen höheren Zweck haben mag für die Rothaarige. Nur flüchtig kann sie ihre Blicke von der Tänzerin wenden, um festzustellen dass sie es wohl doch mit einem echten Wolf zu tun hat... der Sänger hat wohl seinen Part erfüllt. Was mag wohl passieren, wenn der Tanz zuende ist?

Das Aufflammen des Feuers beantwortet ihre Frage. Die Gestalt, deren Schein sich flackernd und von den tarnenden Ästen und Blättern zerschnippelt auf ihrem Gesicht widerspiegelt, kann sie nur mit großen Augen anstarren. Auch dann noch, als dieses Wesen schon von dem roten Stein eingesogen wird.
"Wow..." kann sie nur hauchen und schaut gebannt weiter zu, während alle möglichen Gedanken in ihrem Kopf wirbeln. Wer sind diese Leute?

Ihre Aufmerksamkeit gegenüber der Umgebung läßt zu wünschen übrig, aber das ist wohl kaum verwunderlich...

[dice]

Out of Character
Wahrnehmung+Aufmerksamkeit
 
Meyye sah gebannt zu dem Feuer, das auch fast zu brennen aufhörte, als das Wesen in den Stein hineingezogen wurde. Es war faszinierend! Ihre Nackenhaare stellten sich auf, aber sie achtete nicht sonderlich darauf.

Völlig überraschend und doch seh plötzlich trat jemand von hinten an sie heran. Dies bemerkte sie zuerst nicht. Doch eine sehr starke Hand legte sich plötzlich um ihren Mund. Sie konnte fast schon klauenartige Fingernägel spüren, die in ihre Backe kratzten. Ihr rechter Arm wurde stark auf ihren Rücken gedreht. Ebenfalls konnte sie dort entweder Klauen ... oder doch etwas ähnliches spüren ... Eine weibliche Stimme ... die sie schon einmal gehört hatte, knurrte ihr leise ins Ohr. "Du kannst es dir aussuchen ... Entweder du machst das, was ich sage und kommst mit ... oder du wirst größere Schwierigkeiten bekommen, als du dir vorstellen kannst." Sie machte einen Ruck nach hinten. In dem Arm war wirklich sehr viel Kraft. "Komm mit!"
 
In etwa eine Millisekunde zuvor beschließt ein kleiner Teil ihres untoten Gehirns doch noch, dass sie sich vielleicht mal umdrehen sollte weil irgendwas nicht stimmt, aber da ist es schon zu spät. Eine Krallenhand verschließt ihren Mund und jemand dreht ruckartig ihren Arm auf den Rücken. Schmerz! Verdammt... das ist eines der Dinge, die sie vom Leben wirklich nicht vermißt hätte, und ausgerechnet das ist geblieben.

Unwillkürlich bäumt sie sich auf, was aber zaghaft bleibt dank der Griffe, die sie unter Kontrolle halten. Und dank eines anderen Gedankens. Sie ist ja eigentlich weit genug von dem Feuer, um keinem Rötschreck zu unterliegen, aber wenn sie sich zu vehement wehrt werden die vielleicht noch aufmerksam und schicken den Feuerburschen, um ihr mal eine warme Umarmung zu bereiten. Also verharrt sie, ohne der Unbekannten hinter ihr zu zeigen, dass sie auch Krallenhände haben kann, sondern nickt nur, wehrt sich nicht nur und kommt brav mit.

Derweil hat sie ja ein anderes Rätsel, über das sie sich das Köpfchen zerbrechen kann. Woher kennt sie die Stimme? Sie ist eigentlich sicher, dass sie eine knurrende Bekannte mit Klauen und Kraft wie ein Ochse auf Anhieb erkennen würde. Und nein, Cat ist es nicht.
 
Nein ... Cat ist es wirklich nicht. Die Frau zieht sie weiter in den Wald hinein. Ab und zu knacken ein paar Zweige, aber eigentlich sind die beiden relativ ruhig. "Gut ... Rückwärts und vorsichtig ... mach nicht zuviel Lärm, oder ich kann dir für nichts garantieren ... " Der Griff wurde etwas lockerer ... aber Meyye war sich sicher, dass die gute Frau jederzeit wieder hart zugreifen konnte. Sie bewegten sich immer weiter von der kleinen Lichtung weg.

Als sie niemanden mehr erkennen konnte, wurde Meyye aus dem Griff gedreht und mit recht viel Wucht von sich weg geschleudert. Sie musste aufpassen, dass sie nicht stolperte. Als sich Meyye zu der "Frau" umdrehte ... konnte sie ihren Augen kaum trauen ...

Tatjana stand vor ihr ... das konnte sie an dem Gesicht und an den Klamotten erkennen, die wohl wie sie selber auch gewachsen waren. Sie war um ca. 30 cm größer, hatte nun spitze behaarte Ohren ... ihre Augen hatten einen kleinen Gelbstich und ihre Arme hatten doch um einiges mehr Haare als am gestrigen Abend. Sie war um einiges muskelbepackter.

Was ihrem Mund entkam war ein Fauchen und Knurren: "Weißt du eigentlich, dass ich dir gerade deinen verdammten Arsch gerettet hab?!?" Sie war wütend und Meyye konnte spitze Zähne funkeln sehen. "Wenn sie dich entdeckt hätten, würdest du als Lametta an dem nächsten Baum kleben ... ist dir das klar?!? WAS machst du hier!! Und vor allem ... sag mir, WAS du bist!! Du bist kein normaler Mensch ... das weiß ich ..."
 
Meyye ist ein braves Kind... ganz lieb und folgsam. Jetzt jedenfalls. Ihre Mutter hat halt den Trick mit den Klauen, dem Knurren und der Ochsenkraft nicht gekannt, sonst hätte sie wohl auch so eine artige Meyye gehabt. Was sie wohl darum gegeben hätte? Einerlei... jetzt jedenfalls folgt sie den Anweisungen der Fremden, in deren Gewalt sie sich befindt, auf Punkt und Komma. Vorerst jedenfalls... sie muß ja nicht unbedingt aufmucken, solange sie in der denkbar ungünstigsten Position ist.

Die Lockerung des Griffs macht ihr Gewissensnöte. Jetzt zuschlagen? Oder einen noch besseren Moment abwarten? Während sie noch überlegt und die Lichtung im Dunkel des Waldes verschwindet, wird ihr die Entscheidung abgenommen und sie mal so lässig davongeschubst - danke auch. Nur ihrer katzengleichen Balance ist es vermutlich zu verdanken, dass sie auf den Beinen bleibt und zu der Fremden herumwirbeln kann. Rot brennt ihr Blick, dunkler und düsterer als das Feuer, als sie... Tatjana ansieht.

"Tatjana?!" entfährt es ihr auch unwillkürlich, denn die hatte sie doch anders in Erinnerung... aber kein Zweifel, sie ist es... die Stimme, die Kleidung, und wenn wir uns jetzt noch vorstellen dass das zierliche Mädchen sich in ein ziemlich großes Pelzwesen mit Raubtierzähnen und monströsen Krallen verwandeln kann, ja, sie ist es. Eindeutig.

Hauptsächlich die Verblüffung ist schuld daran, dass sie die Standpauke über sich ergehen läßt ohne etwa dazwischenzuquatschen und irgendeine Trotzreaktion zu zeigen. Sie starrt ihr Gegenüber nur an. Die Zähne fallen ihr auf. Wie... hübsch.

würdest du als Lametta an dem nächsten Baum kleben ... ist dir das klar?!?
"Jetzt wo du's sagst..." murmelt sie und es ist ihre erste Äußerung... wenigstens ein bißchen sarkastisch, um ihrem Stil treu zu bleiben. "Ich... bin nur gewandert und den Wolfsspuren gefolgt... so kam ich zum Feuer... du... du bist ein Werwolf." Ja, nachdem jetzt schon genügend Zeit damit vergangen ist, nur der Kinnlade beim Knallen auf den Boden zuzusehen und dem Echo zu lauschen, wäre es mal angebracht, das Offensichtliche festzustellen.
 

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