[17.05.2008] Unangenehmes bringt man am Besten früh hinter sich

Tarma

Fianna Galliard
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18. Oktober 2005
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Die Sonne war noch keine halbe Stunde untergegangen, als vor der Akademie ein Mercedes Sprinter hielt. Der Fahrer, ein mittelgroßer Mann im tadellosen Anzug, der schon von weitem nach Mafia aussah, stieg aus und öffnete die Seitentür. Das Innere des Ladebereichs war wie ein luxuriöses Wohnzimmer der 20 Jahre eingerichtet und so wollte die junge Frau, die sich gerade von einer Chaiselongue erhob, so gar nicht zu ihrer Umgebung passen. Sie war groß, hatte lange blonde Haare und war im Geiste unverkennbar ein Kind der späten 60er Jahre. Der Mafiosi beschied ihr, mit einer leichten Verbeugung und einer Geste aus zusteigen. "Madame, wir sind in Finstertal angekommen. Ich hoffe, sie hatten einen ruhigen Schlaf." Dann richtete er sich auf und sprach in gesetztem Ton weiter, als rezitiere er eine Formel. "Der Don lässt fragen, ob der Gefallen zur Gänze beglichen ist?"
Man konnte der jungen Frau ansehen, dass sie sich bemühte ernst zu bleiben, als sie eine Silbermünze aus der Tasche zog und die rituelle Antwort gab. "Der Gefallen ist beglichen. Keine Schuld steht mehr zwischen meinem Haus und dem deines Herrn. Unsere Wege trennen sich."
Der Mann steckte die Münze mit einer weiteren kleinen Verbeugung ein, stieg ohne ein weiteres Wort in sein Auto und fuhr sofort los.
Tjara schulterte ihren Rucksack und drehte sich aufseufzend zur Akademie herum. Der Aufenthalt in Neapel war eine schöne Zeit gewesen, aber das ritualisierte System aus Gefallen und Gegengefallen das die dortigen Vampire pflegten, wäre ihr auf die Dauer zu anstrengend. Doch mit der Reise im persönlichen Wagen des Don, war sie nun mit allen quitt und konnte unbelastet in einer neuen Stadt neu anfangen.

Als sie jedoch ohne nachzudenken auf den unauffälligen Eingang zusteuerte, den Uneingeweihte normalerweise länger suchen mussten, musste sie sich eingestehen, das das dieses Mal nicht so ganz stimmte. Zwar hatte sie Finstertal noch nie betreten, doch ihre Erzeugerin hatte lange hier gelebt. 'Was soll's, ich habe nicht vor, irgendwem wegen Geschichten der alten Lady auf die Füße zu steigen. Eher im Gegenteil, schließlich hat die Alte oft einen unterirdischen Geschmack was ihre Freunde angeht.'
Mit diesen Gedanken betrat sie das Gebäude und klopfte höflich an die Tür, hinter der den Erzählungen nach, Romero der Sekretär des Prinzen sein Büro hatte.
 
Moishe war ebenfalls sehr früh an der Akademie angekommen. Er bemerkte die protzige Limousine natürlich und sah gerade noch eine weibliche Sihloutette auf dem Weg verschwinden der zum Büro führte. Schon wieder ein Neuankömmling oder Zufall? Wo steckt die Sicherheit die die Dame höflich aber bestimmt abweist?
Moishe beschleunigte seine Schritte um nachzusehen wer da gerade ankam und die Sache selbst zu regeln. Mit Aaron im Schlepptau marschierte er der Frau hinterher und behielt sie im Auge für den Fall das die noch einmal einen anderen Weg einschlug und sah das sie an die Tür der Akademie klopfte, also stimmte es und sie schien sich auch auszukennen.
"Guten Abend die Dame. Hier werden Sie heute Nacht kein Glück haben, das Büro ist geschlossen. Kann ich Ihnen behilflich sein Frau...?"
Die Stimme des Ventrue war höflich und strahlte Selbstbewusstsein aus. Was sollte auch passieren? Das war ein Kainskind das sich der tradition gemäß vorstellen wollte, also eigentlich kein Problem.
 
Tjara hatte sich schon als die Herren ihr nachgingen unauffällig umgesehn, war dann aber weitergegangen. Das Aussehen und Auftreten der Männer sah nicht nach einem Angriff aus. Als der vordere der Beiden sie ansprach, drehte sie sich um und antwortete höflich, wenn auch mit nordischem Akzent.
"Catsdottir. Tjara Catsdottir. Das Büro ist heute zu? Damit hatte ich nicht gerechnet. Gehören sie zur Akademie, Herr ...? Oder können sie mir dann eine Telefonnummer geben, unter der ich einen Termin mit Herrn Romero ausmachen kann."
 
Romero, sieh mal einer an. Kommt da die Kavallerie für Buchet auf den letzten Drücker. Manieren scheint sie ja zu haben, hoffentlich wird das später nicht noch unerfreulich. Moishe lächelte Tjara unverbindlich an. " Mein Name ist ben Levy, nett Sie kennen zu lernen. Ihre Informationen scheinen nicht ganz auf dem neuesten Stand zu sein Frau Catsdottir" Catsdottir heisst doch soviel wie Tochter von Cat, da ist doch was, aber ich weiss nicht wo ich den Namen hinstecken soll.
"Herr Romero arbeitet im Augenblick nicht hier und das Büro ist heute Nacht nicht besetzt. Was möchten Sie denn von Ihm?"
Moishe war vorsichtig, noch konnte er nicht sagen ob die junge Frau zu Ihrer Art gehörte. Er verfluchte schon lange innerlich das er noch keine Gelegenheit gehabt hatte die Disziplin des Auspex zu erlernen. Es fehlte gerade noch eine Unbefugte mit den falschen Fragen auf die Gemeinschaft der Vampire aufmerksam zu machen.
 
Tjara zuckte die Schultern 'Arbeitet im Augenblick nicht hier', was ist denn das für ne scheiß unverbindliche Aussage. Ghule nehmen doch keinen Urlaub, also ist er entweder tot oder es hat sich hier einiges geändert, seit die Alte hier gelebt hat. Einen 'ben Levi' hat sie jedenfalls nie erwähnt, wobei bei der antisemitischen Haltung muss das gar nichts heißen. Mist, ich hasse dieses um den heißen Brei herumgeschleiche. Wobei, er sagte das Büro wäre 'heute Nacht' nicht besetzt, das lässt darauf hindeuten, dass er zumindest eingeweiht ist. Ich werde es einfach riskieren - und wenn ich falsch liege kann ich immer noch so tun als sei ich besoffen oder bekifft.
"Es kann sein, das meine Informationen etwas out of Date sind, ich habe sie nur aus zweiter Hand. Jedenfalls wollte ich mich hier in der Stadt anmelden, wie es den Traditionen entspricht. Können sie mir eine Nummer geben, unter der ich für morgen einen Termin machen kann?"
 
Moishe gefiel es das Tjara selbst zur Sache kam und er machte ihr auch keinen Vorwurf daraus das sie hier einen kleinen Maskeradebruch riskierte, immerhin war er ja einer von Ihrer Art.
"Ja, es gab in den letzten Nächten viele Veränderungen in der Domäne. Ich bin der Sheriff von Finstertal und selbst auch erst wenige Nächte in diesem Amt. Die Domäne stand lange unter einer Art Belagerung eines mächtigen Tzimisceahnen, die vor einigen Nächten durch dessen Vernichtung beendet wurde, seither steht Finstertal unter der Aufsicht zweier Archonten der Justicarin der Toreador. Heute Nacht wird nun darüber entschieden werden wie es mit Finstertal weitergeht und morgen Nacht sollte es eine neue Stadtführung geben. Ich würde Ihnen daher empfehlen einfach morgen Nacht noch einmal hier vorzusprechen, ein fester termin wird nicht erforderlich sein. Haben Sie die Mappe schon die Sie für die Anmeldung benötigen und wissen Sie wo sie bis morgen übertagen können?"
 
Oha ein Jude als dein Nachfolger, Cat das erzähl ich dir besser erstmal nicht. Es sei denn, ich will dich mal richtig ärgern.
Bei der Erwähnung des Tzimisce-Ahns zog Tjara erstaunt die Augenbrauen nach oben. Alter, davon hat Cat aber nichts gesagt als sie mir die Stadt als Reiseziel empfohlen hat. Andererseits: 'Die Stadt kann immer Hilfe von schlagkräftiger Seite gebrauchen' das kann man als Hinweis verstehen.
Den Rest der Erklärung nahm sie mit einem ungerührten Nicken zur Kenntnis, sie hatte keine Verbindung zur aktuellen Stadtführung und wenn Cat entweder während so eines Problems die Stadt verlassen hatte, oder zumindest nicht zurückgekehrt war um zu helfen, dann wäre eine Verbindung zu ihr eher ein Stolperstein bei der Aufnahme in die Stadt. Nein insgesamt war es wohl besser für sie, wenn die Stadt eine neue Führung bekam und sie unvoreingenommen nach ihren Taten beurteilt wurde.
Beim letzten Satz horchte sie wieder auf.
"Eine Mappe - ich wusste gar nicht das man hier so etwas benötigt. Wo kann ich diese Mappe bekommen? Das Übertagen ist kein Problem, ich gehöre zum Clan des Tieres und bin es gewohnt auf Reisen ohne Dach über dem Kopf aus zukommen."
 
"Die Mappe erhalten Sie bei Ihrem Antrittsbesuch in der Akademie und dann haben Sie drei Nächte Zeit sie auszufüllen und wieder abzugeben, danach wird darüber entschieden ob man Ihnen Aufenthalt gewähren wird. Wenn Sie zum Clan des Tieres gehören muss ich Sie dringend darauf hinweisen das die Beziehungen zwischen der kainitischen Gesellschaft und den Wolflingen von Finstertal massiv angespannt sind. Bitte kommen Sie kurz mit zu meinem Wagen, dann kann ich Ihnen das Gebiet der Wolflinge auf einer Karte zeigen. Dies zu betreten ist jedem Vampir verboten, man würde sich in Todesgefahr begeben und die Kämpfe mit den Wölfen die gerade erst abgeflaut sind würden sich höchstwahrscheinlich zu einem ausgewachsenen Krieg auswachsen. Dabei hat die Primogena ihres Clans leider einen sehr unrühmlichen Anteil."
Moishe deutete an zu seinem Wagen vorgehen zu wollen um Tjara die Karte auszuhändigen und um ihr zu zeigen wo das Jagdgebiet ihres Clans und der Gäste war.
"Darf ich annehmen das Sie sich im Rang eines Neugeborenen befinden oder täusche ich mich in dieser Annahme?"
 
[Tjarma ist ein hübscher Freudscher, aber die Dame heißt Tjara(isländisch für Engel der Zukunft)]
"Ich danke Ihnen vielmals, mit den Wölfen will ich mich ganz bestimmt nicht anlegen." Tjara folgte Moishe zu seinem Wagen. In ihrer Stimme lag Ehrlichkeit und echte Dankbarkeit. Sie reiste jetzt seit fast 30 Jahren durch Europa, die Gefahr der Wolflinge war ihr wohlbekannt, obwohl sie in ihrer Heimat Island so gut wie unbekannt waren.
"Können sie mir auch die Nummer der Primogena geben? Und ja, ich bin vom Rang einer Neugeborenen, verzeihen Sie, dass ich das noch nicht erwähnt habe."
 
"Spielt keine Rolle, wir kannten einander ja nicht, ich bin da nicht kleinlich. Es gibt wichtigere Dinge als das man sich über so etwas aufregen muss."
Moishes Wagen war ein neues silbergraues Modell der Marke Jaguar, der aber durchaus benutzt wirkte. Im Innenraum lag eine halb zusammengelegte Karte von Finstertal die er auf die Kühlerhaube ausbreitete und der Gangrel kurz die verschiedenen Jagdgebiete aufzeigte und dann einen Überblick über das Gebiet der Garou gab.
Anschließend holte er einen Notizblock heraus und notierte aus dem Kopf die Rufnummer von Meyye, deren Namen er auch daneben notierte. "Hier erreichen Sie Ihre Primogena, wobei ich nicht weiss ob sie momentan Lust auf Gesellschaft hat."
Dann deutete Moishe noch einmal auf einen Punkt der Stadtkarte. "Das hier ist ebenfalls gesperrtes Gebiet - in dieser Mine geht ein böser Geist um, bitte halten Sie sich auch von dort fern, es könnte sonst sehr gefährlich für Sie sein. Ansonsten lege ich Ihnen als Treffpunkt das Hauptelysium, das Cafe de Trois als Anlaufstelle ans Herz. Man kann dort immer andere unserer Art treffen und auch die Damen hinter dem Tresen können Ihnen die ein oder andere Frage beantworten."
Auch diese Adresse nannte Moishe der Gangrel bevor er sich verabschiedete.
"Sie müssen mich nun entschuldigen - ich habe im Vorfeld der heutigen Zusammenkunft noch einiges zu tun. Es war mir ein vergnügen Sie kennenzulernen und freue mich schon darauf unsere Bekanntschaft in den kommenden Nächten zu vertiefen. Wenn Sie in den nächsten Nächten Probbleme haben und noch keinen Kontakt zu Ihrer Primogena herstellen konnten rufen Sie mich an."
Moishe reichte eine goldgeprägte Visitenkarte auf teurem Papier weiter an Tjara.
"Ich werde der neuen Stadtführung von Ihrer Ankunft berichten und Ihren Besuch morgen Nacht avisieren. Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Finstertal."
 
Tjara nahm Meyyes Nummer und die Visitenkarte dankend entgegen. Sie prägte sich die verbotenen Gebiete und den Standort des Cafe de Trois gut ein.
"Vielen Dank für ihre Hilfe. Dann werde ich mich jetzt zum Cafe aufmachen und hier morgen wieder vorbeischauen. Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Nacht. Auf Wiedersehen."
Dann machte sie sich zu Fuß auf den Weg. Währenddessen zückte sie ihr Handy und schrieb ihrer Primogena eine Nachricht.
"Hallo, bin gerade in der Stadt angekommen und du wurdest mir vom Sheriff als Primogena genannt. Zeit auf ein Schwätzchen? Gruß Tjara"
Ihren Nachnamen behielt sie erst einmal für sich. Wenn diese Meyye sich mit isländischen Traditionen auskannte, wäre es sonst möglich, das sie ihr allein deshalb nicht antwortete. Und ich möchte sie selber kennenlernen und nicht nur als das Child ihrer Rivalin, oder wie auch immer man das Verhältnis charakterisieren soll.
 
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