[16.10. - 13.11.2015] Berliner Verteidigung (Sg8-f6)

Ob der direkten Äußerung von Kauwells Seite gönnte sich von Bredow ein seltenes Lächeln und entblößte seine makellos weißen Zähne. Doch nur flüchtige Betrachter könnten hinter dem Gesichtsausdruck herzliche Freude vermuten, denn die Augen blieben kalt, wie bei einem Hai, der Blut gewittert hatte.
„Ich weiß, dass sämtliche Hotels der gehobenen Preisklasse seit dem 13. Oktober keine Reservierungen mehr annehmen und alle freien Zimmer, sowie das gesamte Personal im Dienste der Flüchtlingsversorgung stehen. Vermutlich muss sogar zusätzliches Personal beschäftigt werden, um den Andrang zu bewältigen. Natürlich steht es jedem Unternehmer frei sich zu ruinieren, aber es sorgt mich, was diese wohl gutgemeint, aber fehlgeleitete Botschaft bewirken wird. Der DEHOGA, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hatte letzte Woche dazu eine Pressemitteilung rausgegeben, die ich Ihnen weiterleiten kann. Da müssten alle Details enthalten sein.“
 
"Wie die Zimmer wohl nach einer Woche aussehen...vielleicht sollte die Presse da mal nachforschen."
 
„Wichtiger ist es, den korrekten Ton zu treffen. Wir können den Hoteliers nicht Hilfsbereitschaft vorwerfen oder dass sie den Steuerzahler entlasten, wenn sie staatliche Aufgaben übernehmen. Wir können das Regierungsversagen anprangern oder die Ungerechtigkeit der Gesellschaft, die lieber Fremden hilft als den eigenen Bürgern. Davon unabhängig kann man natürlich versuchen, das Bild der nicht-integrierbaren Horden aus der Parallelgesellschaft zu zeichnen, die innerhalb von wenigen Tagen blühende Landschaften in Müllkippen verwandeln.

Kennen Sie jemanden, der objektiv auch über die Missstände berichten würde? Momentan scheinen mir die von der Lügenpresse nämlich alle noch die rosa Sonnenbrille aufzuhaben und im wahnsinnigen Rausch alle aufkommenden Probleme zu ignorieren. Spätestens in den Redaktionen fallen die kritischen Stimmen der Selbstzensur zum Opfer. Aber Sie haben Recht. Wir müssen auf die Missstände aufmerksam machen und sie zwingen die Wahrheit zu sehen.“
 
"Wie Sie sich das vorstellen funktioniert das nicht. Wir spielen mit Populismus und da sind Argumente und gar Fakten eher wurscht. Wir müssen die Leute bei der Stange halten und das funktioniert nicht wenn man brav auf Missstände Aufmerksam macht."
 
„Dann machen Sie es so. Sie kennen Ihr Publikum natürlich am besten. Langfristig werden wir aber eine Strategie brauchen, mit der man mehr als nur die Randgruppen erreicht, um in die Mitte der Gesellschaft vorzustoßen. Aber ich denke, für den Moment haben wir genug zu tun, uns dafür in die richtige Ausgangslage zu bringen. Gut. Ich werde dann mal anfangen hinter den Kulissen ein paar Räder in Bewegung setzen, um den Weg zu ebnen.“

„Ich weiß,...“ begann von Bredow unverbindlich, doch dann bekam seine Stimme etwas eindringliches, hypnotisches und sein Blick gewann eine physische Kraft, als würde jemand Kauwell mit dem Daumen auf die Augen drücken.
„Sie werden unser Gespräch vertraulich behandeln und mich über alle wichtigen Entwicklungen auf dem Laufenden halten...“
Für einen kurzen Moment verstummten für Kauwell alle Hintergrundgeräusche. Das einzige, was er hörte, waren von Bredows Worte und ihr Widerhall in seinem Kopf und das einzige, was er sah waren von Bredows Augen. Der Druck stieg kurz noch etwas an, als würde er tief unter Wasser gedrückt und dann war es vorbei, als wäre nie etwas gewesen.
„... und ich freue mich schon sehr auf das nächste Mal,“ endete der Ventrue wieder im Plauderton.
„Hoffentlich habe ich dann auch wieder neue Munition und Ziele für Sie. Bitte genießen Sie noch den ausgezeichneten Service des Restaurants. Der Abend geht natürlich auf mich. Leider muss ich mich jetzt noch einigen anderen Dingen widmen.“

Wenn Kauwell nicht noch etwas anderes Wichtiges ansprechen wollte, würde sich von Bredow dann nach einer höflichen Verabschiedung wieder auf den Weg machen.

Den Erfolg der Beherrschung kannst du auswürfeln oder einfach festlegen, wenn du möchtest. Ich muss es nicht so genau wissen.
 
Der Gustaf nur zu vertraute leere und ergebene Blick schob sich über Kauwells Miene. Er flüsterte ein leeres "Ja" als Antwort und wartete dann bis der Ventrue gegangen war. Erst allmählich kehrte der eigene Wille des Mannes wieder.
 
Gustav von Bredow war froh, dass das erledigt war. Es bereitete ihm kein Vergnügen Menschen so zu benutzen, aber es war eine Notwendigkeit ein paar Bauern im Spiel zu haben. Und wer weiß, vielleicht würde Kauwell es bis zur Grundlinie schaffen und die Partie entscheiden? Dann würden Sie beide von den Arrangement profitieren. Wahrscheinlicher war aber, dass er früher oder später das Bauernopfer bringen musste.
Wie dem auch sei. Bevor von Bredow sich mit würdigeren Gegnern messen konnte, musste erst das Brett aufgebaut werden. Kauwell könnte sich durchaus als nützlich erweisen, wenn er ihn in die richtige Position brachte.

Also verband von Bredow das Angenehme mit dem Nützlichen und begann damit seinen Teil der Vereinbarung einzuhalten und die Ausländer dazu zu bringen ihr wahres Gesicht zu zeigen, sprich in Finstertal etwas Unruhe zu stiften.
Um die Stadt besser kennen zu lernen, unternahm von Bredow in den nächsten Nächten immer wieder ausgedehnte Spaziergänge. Er hatte dabei vielleicht nicht immer seine besten Anzüge und Mäntel an, aber trotzdem würde ihn niemand für jemanden aus der Unterschicht halten.

Immer wieder würde er dabei bei Begegnungen mit fremdländische anmutenden Bürgern diesen Nadelstiche der Provokation verpassen, so er sich denn mit ihnen verständigen konnte. Er beherrschte zwar einige Sprachen, aber Türkisch, Arabisch, Afghanisch oder ähnliches war nicht darunter.

So wurden Obdachlose und Bettler ermuntert, erheblich aufdringlicher nach Spenden zu fragen und auch mit 20 Euro von von Bredow belohnt, wenn Sie den Eindruck machten, sie hätten verstanden, dass man mit der „indischen Methode“ und viel ausdauernder Hartnäckigkeit auch in Deutschland erfolgreicher sein konnte.
Vor Gruppen gelangweilter Jugendlicher spielte er den arroganten und überheblichen Wohlstandsdeutschen (diese Rolle fiel ihm besonders leicht). Lediglich der Teil, wo er sich als leichtes Oper darstelle und suggerierte, dass die Deutschen niemals etwas von ihrem Reichtum teilen würden und die Jungs sich schon nehmen müssten, was sie wollten, fiel ihm etwas schwerer.
Den Männern mit den dicken Bärten gab er deutlich zu verstehen, dass Deutschland ein Land der Christen war und es hier keinen Platz für den Islam gibt. „Jeder muss früher oder später den einzig wahren Glauben annehmen und lediglich diese unbeugsamen Salafisten da hinten würden sich dagegen auflehnen, aber mit den wird man auch noch fertig. Ja ja, die haben da hinten ihren Stand, fragt sie doch selbst, wie es um den Untergang des Islam hier bestellt ist.“

Für andere religiöse Männer konnte von Bredow aber auch viel Verständnis aufbringen: „Nein, Deutschland ist sehr tolerant. Schließlich gibt es hier Religionsfreiheit. Es ist deine Pflicht als gläubiger Muslim dich laut und deutlich zu deinem Glauben zu bekennen und hier hast du auch das Recht dazu. Und wenn dies in aller Öffentlichkeit geschieht, dann ermunterst du auch andere deinen Vorbild zu folgen. Schließlich war ja auch nicht alles schlecht in Syrien und man muss auch die Traditionen bewahren (wovon von Bredow absolut überzeugt ist. Er folgte lediglich anderen Traditionen.)“

Er hoffte sehr, dass er auch einigen der überpriviligierten Hotelbewohnern der Asylsuchenden begegnen würde und schaute daher auch gelegentlich bei den anderen Hotels (nicht am El Privilegio) rein, um diesen über den Weg zu laufen. Vielleicht konnte er sie trotz aller Dankbarkeit für ihre Lage überzeugen, dass noch nicht alles optimal war und dass man diesen Unmut, dann auch mal äußern muss. „Ja, wie soll es denn sonst zu Verbesserungen kommen? Ich weiß auch nicht, warum du dir als einziger Syrer dein Zimmer mit vier stinkenden Afghanen teilen musst, die auch noch so ein verdrehtes Islamverständnis haben? Nee, die anderen haben alle nur 2 oder 3 Leute auf ihren Zimmer und das sind die Doppelzimmer, also deutlich größere Räume. Vielleicht kannst du ja mal einen der Reporter fragen, ob man da nicht was machen kann.“

Für andere wieder hatte er auch ein offenes Ohr für die Bedrohung durch Rechtsextremisten. „Ich finde die ja auch unheimlich. Aber ich bin schon zu alt, um mich gegen die zu wehren. Die respektieren nur Stärke und werden auch noch heimlich von der Kirche unterstützt. Ja, die treffen sich doch immer da in dieser Kirche für ihre Demonstrationen. Wenn ihr denen nur zeigen könntet, dass ihr keinen leichten Opfer seid, dann lassen die euch auch schnell wieder in Ruhe und wenden sich wieder den Juden zu. Und ohne Versammlungsort finden die sich auch nicht zu großen Gruppen zusammen und als einzelne verlässt sie schnell der Mut.“

Auf diesen Streifzügen spielte von Bredow gerne den arglosen Alten, aber als Meister der Manipulation wusste er genau, welche Knöpfe er drücken musste. Sicherlich, nicht jeder würde sich gleich einen Sprengstoffgürtel umbinden, aber die Saat war gesät und je länger die Asylanten untätig auf ihren Zimmern saßen, umso wahrscheinlicher würde bei dem einen oder anderen die Saat aufgehen und Kauwell hatte seinen nächsten Skandal zum Ausschlachten.

Elende Bauern.
 
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