15.05.04 - Love is my only crime

Es war genau so, wie es sich Meyye ausgemalt hat. Sie ist eine gute Liebhaberin, er ein rücksichtsvoller Geliebter... und sie schaukeln sich gegenseitig auf während er ihr jeden ihrer lustvollen Laute glaubt und selbst die Erfüllung findet, die sie nur vortäuscht - zu einem gewissen Grad. Es gibt ja noch ihn und seinen Körper, und Meyye bemüht sich nicht nur deshalb ihn zu lesen, weil sie ihm möglichst gut entgegenkommen will... in gewisser Weise kann sie sich doch in dem Rausch aus zweiter Hand verlieren, wenn sie seinem Atem zuhört, sein Herz schlagen spürt, sich mit ihm bewegt, leidenschaftlicher und schneller, und ihm dann eine andere Art von Ekstase schenkt als die des Bisses. Sie lächelt zufrieden, umschlingt ihn mit Armen und Beinen und schmiegt sich an ihn.

Ebenso bereitwillig läßt sie sich wieder heranziehen, streicht sanft über seine Haut und lächelt ihn an. "Oh ja, für mich auch..." antwortet sie zweideutig, im Bewußtsein dass er mißverstehen wird, welche Höhepunkte sie nun meint. Sie hat sich schließlich genug Mühe gegeben. Dann erlischt ihr Lächeln und sie schaut zu ihm auf, geheimnisvoll und dunkel ihre Augen. Er könnte fünf seiner Herzschläge zählen, ehe sie leise sagt: "Ich.. liebe dich auch, Julian." Noch immer fallen ihr solche Worte schwer, sich an jemanden zu binden, erst an Tatjana als Schwester, jetzt an ihn... andererseits, wenn sie ehrlich ist, drücken diese Worte nur etwas aus, das schon längst besteht und es auch getan hätte, ohne gesagt zu werden...

Sie lächelt sacht und streicht ihm übers Haar, ehe sie ihn ebenfalls auf die Wange küßt. "Du siehst aus, als müßtest du dich ausruhen." sagt sie leise. "Ich hab dir viel abverlangt. Wenn du schlafen möchtest..."
 
Julian streichelte ihre Haare zurück und sah sie an. Sie liebte ihn also auch ... das machte ihn mehr als glücklich. "Ich danke dir für diesen wunderschönen Abend. Aber ich möchte nicht, dass du jetzt schon gehst ... Oder hast du heute noch etwas vor?" Er küsste sie nachmal kurz.

Er wollte sich nicht eingestehen, dass er tatsächlich müde war. Und er wollte einfach noch soviel Zeit, wie möglich mit ihr verbringen. Sie musste sowieso bald gehen ... es waren zwar noch ein paar Stunden, aber dann würde bereits die Sonne aufgehen. Hier waren eindeutig zu viele Fenster ... um hierbleiben zu können.

Julian zog eine Decke über sich und Meyye. Gut ... sie wird wahrscheinlich nicht frieren, aber nach dem Biss und gerade der Hitze merkte er doch, dass sich seine Körpertemperatur etwas hinunterschraubte. Er zitterte kurz und schmiegt sich dann an Meyye. Er flüsterte ... "Bleib bitte noch etwas ..."
 
Leicht fragend sieht Meyye ihn an. Natürlich, ihre Worte könnte er so verstehen dass sie schon wieder abhauen will. Aber das wollte sie gar nicht... es wäre nicht richtig, nicht angemessen (und ja, das ist das erstemal dass sie in solchen Bahnen denkt. Wenn das die Torrie wüßten). "Nein, ich habe nichts mehr vor." sagt sie und es stimmt... den Rest des Blutes das sie zur Sattheit braucht kann sie sich auch morgen erjagen. Fast überrascht er sie mit dem Kuß, dann schmunzelt sie. "Sind das deine Argumente um mich zu überreden?"

Sie geht jedenfalls auf sie ein.. und schlüpft mit ihm unter die Decke, um sich an ihn zu kuscheln. "Dir ist kalt..." flüstert sie, als er zittert und sie umarmt ihn fester. Einmal mehr ist sie froh darüber, selbst noch über Körperwärme zu verfügen.. sonst wäre es eher schlecht damit, ihn aufwärmen zu wollen. "Keine Angst. Ich geh nicht weg." sagt sie. Jedenfalls nicht bevor die Sonne aufzugehen droht.
 
Julian lächelte. "Danke!" Er kuschelte sich in ihre fülligen Haare und roch wie so oft in dieser Nacht daran. Es war etwas schönes und er liebte einfach ihren Geruch. Er war unendlich froh, dass sie bei ihm blieb. "Wann kommst du denn wieder?" Die Frage stellte er sehr zaghaft und irgendwie hatte er auch etwas Angst davor. Wahrscheinlich würde ihm die Antwort nicht gefallen ... aber er wollte es trotz allem wissen.
 
Zuerst schweigt sie nur und führt die sachten Streicheleinheiten über sein Haar fort, die sie sich angefangen hat ohne es zu wissen. Am liebsten wäre ihr ja die Antwort 'Gleich wenn die Sonne untergeht.' Aber das ist natürlich nicht so einfach. Einmal, weil sie (ausgerechnet sie, die nie viel mit der Außenwelt zu tun haben wollte..) noch einiges zu tun hat, Tatjana etwas versprochen hat und sie allgemein nicht vernachlässigen will und auch irgendwann wieder jagen muß; zum zweiten, weil es gefährlich wäre, ihn zu oft hintereinander zu besuchen und von ihm zu trinken (natürlich könnte sie auch eine Weile verzichten, aber dahingehend hat sie kein Vertrauen in sich). Und drittens, weil sie weit weniger Zeit hat, nur die nächtlichen der 24 Stunden eines Tages nutzen kann und damit den Lebenden unterlegen ist. Alles was sie tun will muß sie des Nachts tun.

"Kann ich nicht so genau sagen." gibt sie ehrlich zu. "Ich hab noch einiges vor." Oh ja. Erstmal eine Nacht mit Tatjana verbringen... einen Pfandleiher oder Hehler im Rotlichtviertel suchen, wo sie sich nicht wirklich gut auskennt, jagen gehen, trainieren um sich auf den Kampf gegen Lost Shadow vorzubereiten, vielleicht auch mit Lurker sich in Unsichtbarkeit üben... wenn sie einen Terminkalender hätte, wäre der proppenvoll. Aber für Julian muß Zeit sein. "Ich werd dich anrufen, wenn ich mal wieder kann... ich versprech dir, dass ich so bald wie möglich anrufe."
 
Mit so einer ähnlichen Antwort hatte Julian gerechnet. Sie hatte ja im Vergleich zu einem Menschen kaum Zeit ... Er nickte und lächelte. In seinen Augen war Traurigkeit zu erkennen. "Das hoffe ich Meyye ... ich werde für dich da sein, wenn du mich brauchst ... immer ... und solange ich lebe. Glaub mir!" Er kuschelte sich wieder in ihre Haare. "Danke, dass du diesen Abend mit mir verbracht hast ... " Er wurde langsam müde, streichelte sie aber weiter, bis seine Bewegungen immer langsamer wurden und sein Herzschlag und der Atem gleichmäßiger.
 
Solange ich lebe. Nein, Meyye glaubt nicht an die Unsterblichkeit... sie ist immer irgendwie am Rand, in Sichtweite des Abgrunds, auch als Untote. Sie rechnet damit, dass es sie weit vorher erwischt als Julian. Dennoch ist es eine lange Zeit, die längste die ihm zur Verfügung steht, die er ihr da schenken will. "Ich glaube dir." flüstert sie und schmiegt sich an ihn, schließt die Augen. "Ich... weiß gar nich, wie ich dir danken soll..."

Sie spürt, wie ihn die Müdigkeit langsam übermannt, hält ihn eng umschlungen und streichelt langsam und sanft, fragt sich einmal kurz woher sie das eigentlich kann? Einerlei... irgendwann schläft er und sie liegt an seinem warmen Körper, lauscht dem ruhigen Herzschlag und den gleichmäßigen Atemzügen und ist mit ihren Gedanken allein.

Stunden mögen vergehen, aber sie bleibt bei ihm liegen, bis es Zeit wird, wie sie es versprochen hat. Vorsichtig löst sie sich von ihm, sammelt ihre Klamotten auf und geht ins Bad, wo sie sich noch ein Weilchen beschäftigt, bevor sie leise die Wohnung verläßt. Das Rad steht noch da wo sie es hingetan hatte, und die Luft kommt ihr merklich kühler vor. Das hat ihr noch nie etwas ausgemacht, aber diesmal ist es, als würde etwas sie von innen erwärmen und leuchten. Kann ein untotes Herz Glück empfinden? Sie lächelt.. dann macht sie sich auf den Heimweg.

Angekommen schaut sie als erstes aufs Bett, aber Tatjana ist nicht da. Sie ist überhaupt nicht in der Wohnung. Kurz denkt die Vampirin nach... ihre Freundin hatte nichts gesagt und auch keine Nachricht hinterlassen. Was mag sie aus der Wohnung getrieben haben? Sie wird es sie heute abend fragen müssen, es ist zu spät um noch Nachfragen zu starten. Also zieht sie sich wie gewohnt aus und macht es sich auf der Couch (relativ) bequem. Auch wenn es den regenprasselnden Geräuschen nach nicht viel Sonnenlicht gibt, der Tag ist ihr Feind... ein recht einfacher Feind, denn sie kann ihn einfach verschlafen...
 
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