Natürlich ist Meyye frech. Sie hat die Unverfrorenheit gepachtet, frag doch nur mal Cat. Und Frechheit siegt, wenn sie noch ein bißchen (oder auch mal ne Wagenladung) Glück mit an Bord hat, da können noch soviele Eisberge kommen. Und irgendwie ist immer irgendwo ihre Frechheit dabei, Neugier ist da natürlich ein sehr fruchtbarer Nährboden. Darum hält sie jetzt dieses Tuch in der Hand und betrachtet ihr gemaltes Selbst.
Zuerst wundert sie sich nur, wenn sie so auf ihren Handrücken schaut und dann zum Bild, wie er ihre Farbe so gut hat treffen können. Schließlich haben sie sich vorher nur im Halbdunkel des Waldes und flackerndem Feuerschein gesehen, nicht gerade die beste Beleuchtung für präzise Einschätzung der Farben. Dann betrachtet sie ihr Gegenüber eingehender, legt leicht den Kopf schief, beugt sich vor um die Fellhärchen zu entdecken, schmunzelt leicht... bemerkt die roten Pünktchen in den Augen und ahmt den gezeichneten Gesichtsausdruck nach. Danach kommt er ihr umso glaubhafter vor.
Mit einem Ohr hört sie Julian zu, während ihrer Betrachtung. "So siehst du mich also..." sagt sie, leise lächelnd. Weiche, runde Formen, blutrot als Hintergrund, Zeichen ihrer tierischen Natur in den Fenstern zur Seele und ausgestrahltes Selbstbewußtsein, das sie immer vortäuscht, innerlich bezweifelt und dann doch hervorbringt. Ein ganz seltsames Gefühl schleicht sich bei ihr ein. Ist sie geschmeichelt? Gerührt? Erfreut? Letzteres auf jeden Fall. Vielleicht versteht er sie besser als sie gedacht hätte. Und das nach nur einer Nacht.
"Ich sehe schon, du brauchst mich gar nicht als Modell." meint sie und wendet sich wieder ihm zu. "Dann kann ich ja wieder gehen." Tut sie auch... sie läßt das Tuch einfach fallen und geht, aber auf ihn zu. Ihr Blick ähnelt dem auf dem Bild, nur ein wenig erweitert. 'Du kannst mir nix, aber ich kann dir was, und das wird dir gefallen.' Sie schlingt die Arme um seinen Hals und haucht ihm einen sanften Kuß auf die Lippen. "Das ist wirklich toll. Und das sag ich jetzt nicht nur so." sagt sie leise. Himmel, sie hört sich an wie so eine Torrie-Möchtegernprinzessin! Zeit, das Thema zu wechseln. "Und? Wieviele kleine Garous gehen denn schon auf deine.. Kappe?" Sie grinst so plötzlich wie der Umschwung in den Worten kam.