… bis etwas auf ihn zuschoss. Eine kleines Etwas, kaum der Rede wert für einen Brocken wie den Duke. Das Etwas sprang ihn an und hängte sich an seinen Hals. Uiuiui, was war denn das? Fast wäre es zu einer Katastrophe gekommen. Einen Kainiten so anzugehen war (un)lebensgefährlich.
Aber der Duke war der Duke und bekanntlich nicht der Hellste, ähm, Schnellste und so hatte das schwarzhaarige Mädel Zeit ihm einen Kuss auf die Backe zu geben, bevor Baggerschaufeln sie zerquetschten.
„Mensch Mark, DU hier. Toll. Geil. Komm setz dich zu uns. Erzähl. Was machste. Wo kommste her? Und warum biste hier?“
Erkennen machte sich langsam breit. Keine Bedrohung wurde erkannt, sondern … naja, so genau wußte der Duke es noch nicht. Aber keine Bedrohung!
Das junge Ding zog den Riesen in eine Sitzecke in der noch eine weitere Chica saß. Zugehackt und durchlöchert, geil-provozieren gekleidet. Ganz nach dem Geschmack des Dukes, aber auch ne Hand um die Schulter von einem ihm unbekannten Kleiderschrank.
„Leute, schaut mal wen ich hier dabei hab. Is´ der Duke. Der beste Kumpel von Tobse. Aus Berlin!“ Beim Namen des Kumpels fiel es wie Schuppen von den vernebelten Sinnesorganen. DAS war die kleine Ronya. Wobei klein? Hmhmhmmmm, wie lange war das her? Keine Ahnung. Achtung Maskerade! Ging eine Alarmlampe an. So war das eben wenn man Bekannte von früher traf. Naja, war ja nicht zu ändern. Also setzte er sich.
„Tach, …“ brummte er dem unbekannten Pärchen zu und steckte IHM die Pranke hin. Er schaute sich um, ob er seinen Kumpel auch irgendwo sehen konnte.
„Sach ma Ronya, wo is´ den Tobse? Is´ er auch da?“
BOING!
Die Zimmertemperatur fiel irgendwie und die Stimmung kippte von quirrlig-hibbelig auf Trübsal-Tiefetraurigkeit.
„Du weißt es nicht? Oder? Tobse is´ gestorben. Vor drei Tagen. Angeblich an ner Lebensmittelvergiftung durch schlechtes Wasser. Hat sich die Seele aus dem Leib gekotzt und als keine Galle mehr über war, kam das Blut, …“.
Ronya stockte und Tränen verwischten ihr Make-up. Oh Duke, volle Kanne mit beiden Füssen ins Fettnäpfchen, …
Er konnte sie nur tröstend in die Arme nehmen. Er spürte, dass da noch mehr war. Etwas was er nun angestossen hatte und was raus wollte. Ihm entging aber auch die Reaktion der beiden anderen nicht. Sie war in sich zusammengesunken und hatte ebenso einen traurigen Blick bekommen, während er zu Stein wurde. Eine aggressiv-defensive Stimmung ging plötzlich von ihm aus. Auch er hatte Probleme mit diesem Thema. Gleich würde er was kaputt machen. Oder er würde platzen. Dieses Gefühl kannte der Duke. Aber er war auch neugierig, wie es weitergehen würde.
„FUCK! Wasn das für ne Scheiße!“ sein heftiger Ausruf war das krasse Gegenteil von seiner Körperhaltung. Sanft, fast zärtlich hatte er Ronya umschlungen, gab ihr sowas wie Geborgenheit. Wie zwei mächtige Rettungsringe hatte er seine Arme um sie herumgelegt und bildete einen Kokon des Schutzes.
Sein wilder Blick, den er jedem und allem zuwarf, besagte nichts anderes, als ´Kommt nicht zu nahe. Die Kleine steht unter dem Schutz des Duke!´
„Nich´ auch der Tobse! Nienicht, … verdammt. ….!“ Abstrakte Gesprächsfetzen über eine hohe Sterberate in der Bevölkerung und schlechtem Wasser wurden aus der Anonymität des vor sich hin brabbelnden Nachrichtensprechers irgendeines Senders direkt in das Bewusstsein gezerrt. Plötzlich waren die Worte des Ox, es habe Tode innerhalb der Familie gegeben nicht mehr irgendwelcher Tode, nichts was ihn berührte. Jetzt war es persönlich. Jetzt hatte einer der Toten einen Namen. Einen der er kannte. Wenn er sich nicht sicher gewesen wäre, dass der Verursacher schon vernichtet worden war, er wäre sofort losgestürmt. So blieb nur die dumpfe Wut und Trauer.
„Der Tobse, der Bär, Wanze und Lila! Alle wegen vergiftetem Wasser!“ ließ der andere Riese vernehmen. „Das ich nicht lach, mindestens Bär hat nie Wasser getrunken, der hat sich noch nicht mal mit Wasser gewaschen! Alles Scheiße was die Bullen erzählen. Der wurde vergiftet! Basta. Da sind wir uns sicher. Den Beweis finden wir auch noch. Hab da so meine Quellen. War bestimmt die Stasi!“
Was der ehem. DDR-Abhörgeheimdienstverein damit zu tun haben sollte war dem Duke schleierhaft. Ihm wurde nur bewußt, dass man hier sehr behutsam mal nachforschen sollte, ob und wer denn hier noch alles rumzuschnüffeln begann, weil ein Freund oder Verwandter den Löffel abgegeben hatte. Er würde es Malik sagen. Der war für so was zuständig. Sofern er es nicht vergaß. Ein weiteres Gefühl hatte sich aber in seinem Kopf eingenistet. Ein kleiner Samen, noch zu winzig um von ihm wirklich bemerkt zu werden. Aber er würde wachsen. Die Menschen durften nicht leiden, nur weil irdenwelche Ahnen meinten sich streiten zu müssen. Es kotzte ihn schon an dass er wie ein Bauer auf einem Schachbrett behandelt wurde, …. nicht dass er Schach spielen könnte, … aber trotzdem. Er konnte sich wenigstens wehren. Aber Menschen? Nein, das konnte er nicht zulassen. Nicht so! Da würde er einen Riegel vorschieben! … Jaja, träum weiter.
Als er das leise Wimmern von Ronya vernahm, rollte auch dem harten DUKE eine blutige Träne über die Wange. Er streichelte ihr Haar. Er versuchte Trost zu spenden.
„Und jetzt? Was machste jetzt? Brauchst Hilfe?“ mehr konnte er ihr spontan nicht anbieten. Etwas Geld noch, aber das erschien ihm zu plump.
Sie schniefte, „Willst du seinen Sarg mittragen?“ – „JA!“ spontan und ehrlich und verdammt gefährlich, dummer Brujah! Wann ist denn so ne Beerdigung? Uiuiui, komm da mal wieder raus!
Den kann ich ja auch alleine tragen, … dachte er zu Glück nur. Nun schalt mal dein bisschen Gehirn ein und denk an die Maskerade!
„Wann isn die?“ – eine kleine Hoffnung, …
„Das is´es ja. Noch kein Termin. Die Arschlöcher haben die Leiche noch nicht freigegeben. Wollen den noch weiter untersuchen! Und warum? Tot ist doch tot!“ – Wenn du wüsstest, Kleine.
„Naja, ….“ sagte der Duke ein wenig entspannter und bezog auch Mr. X und Ms. Y mit ein. „Lasst uns ne Nachtzeremonie machen. Mit Fackelmarsch und so. Alle Brüder mit ihren Bikes. Wir donnern sternförmig Richtung Freidhof! Sollen die Spießer doch aus ihren Betten fallen. DAS hätte deinem Bruder gefallen! Ich red mit Ox. Vielleicht können wir das richtig groß aufziehen und so den Spießer zeigen was es heißt ein 1% zu sein. Wir stehen zusammen, auch im TOD!“ und darüber hinaus, … „Der Tobse wird nicht vergessen werden. Die Finstertaler werden sich an ihn erinnern.“
Ja, das gefiel ihm.