blut_und_glas
Fixer
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- 23. Februar 2003
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Ein Wort um Interesse zu generieren: Pulp!
Schrecklich lange und langweilige Vorrede:
1000 Jahre ist ein Projekt bei dem ich immer gezögert habe, es in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dafür gab (und gibt) es eine ganze Reihe von Gründen. Der offensichtlichste ist der, dass Nazis eine prominente Rolle spielen. Die Nazis, und nicht einfach einen der unzähligen Gegner, die sich in so vielen Rollenspielen tummeln, und die irgendwie an das Dritte Reich oder seine Organisationen angelehnt sind. Nazis sind (und das sieht man nicht zuletzt an der gerade erwähnten Schwemme von Pseudonaziantagonisten) in meinen Augen ein extrem dankbares Element in Rollenspielen, aber auch immer ein schwieriges, und eines, das umso schwieriger wird, je weiter es in den Mittelpunkt gerückt wird. Bei 1000 Jahre stehen sie nicht ganz, aber ziemlich weit im Mittelpunkt. Dieses Problem der Öffentlichkeitswirkung hat dazu beigetragen mich über Jahre hinweg davor zurück schrecken zu lassen 1000 Jahre vorzustellen.
Wo wir bei Öffentlichkeit sind, kommen wir auch gleich zum nächsten Punkt, der mich ein wenig als Utopisten dastehen lässt. 1000 Jahre gehörte (und gehört noch) zu dieser kleinen Auswahl von Ideen, bei denen ich nicht nur immer davon geträumt habe, sie eines Tages zu vollenden, sondern bei denen ich auch immer wieder über die Möglichkeit einer "ernsthaften" (will heissen ordentlich aufbereiteten) Veröffentlichung nachgesonnen habe (trotz der Nazibedenken). Und einer solchen wollte ich nichts vorwegnehmen.
Zu guter letzt sind wir mit der gerade schon erwähnten Vollendung beim letzten Themenkomplex angekommen, dem mein langes Stillschweigen über 1000 Jahre geschuldet ist: 1000 Jahre ist nicht fertig, und das obwohl ich seit 1000 Jahren (na gut... 10) daran arbeite. Nicht kontinuierlich, aber doch wieder und wieder und wieder. Und auch das war ein Hemmschuh für eine Offenlegung. Einmal weil ich - wenn ich nicht quasi von grund auf "öffentlich" arbeite (so wie bei einigen anderen der Projekte hier im Forum) - mich schwer damit tue Halbfertiges zu präsentieren. Dann aber auch, wegen der schieren Masse des mittlerweile aufgestauten - und sich nicht in verwertbarer Form befindenden - Materials. Und auch wegen den vielen Änderungen, die 1000 Jahre in seiner knapp zehnjährigen Entstehungsgeschichte im dunklen Kämmerlein durchgemacht hat.
Apropos Entstehungsgeschichte: Angefangen hat 1000 Jahre nicht etwa als Rollenspiel, sondern als Do-it-yourself Tabletop. Aus einem Fokus auf einzelne Charaktere hat sich so zunächst die parallele Idee eines Rollenspiels und dann letztendlich (in den letzten Jahren) der Verzicht Tabletop zu Gunsten des Rollenspiels ergeben. Während seiner "Tabletop Ära" war 1000 Jahre natürlich überhaupt noch viel weniger zur Präsentation geeignet, und wurde einfach im engeren Bekanntenkreis so ein wenig vor sich hingespielt.
Weshalb "präsentiere" (eine etwas übertrieben Bezeichnung) ich 1000 Jahre aber jetzt nun doch?
Auch das hat mehrere Gründe. Den ersten Davon habe ich gerade schon angesprochen: Dadurch, dass sich das Projekt vom Tabletop zum Rollenspiel gewandelt hat, ist eine Grundlage vorhanden, um es überhaupt anständig präsentieren zu können.
Dann hat sich mein eigener Umgang mit dem Thema "Nazis im Rollenspiel" in der Öffentlichkeit gewandelt. Ich war schon früher gerne bereit dazu dieses Thema in der Diskussion aufzugreifen, meist aber in einem eher theoretischen Zusammenhang, und auf der Ebene von Diskussionen wie "Darf man das denn überhaupt?". Mittlerweile geben sich aber auch die praxis bezogeneren Diskussionen immer öfter die Klinke in die Hand, und das hat die Nazithematik als Hinderungsgrund für eine Präsentation für mich unwesentlicher gemacht als früher.
Das Material ist zwar ungeordnet und unaufbereitet wie eh und je, aber ich habe festgestellt, dass ich mittlerweile endgültig weiss in welche Richtung 1000 Jahre geht, die Zeit der gröbsten Schwankungen, des radikalen Umwerfens von Grundkonzepten, der totalen Änderungen ist vorbei, und auch das schafft eine bessere Grundlage um die Ideen anderen darzulegen.
Und dann wäre da auch noch das Forum und seine User hier:
Die positiven Erfahrungen (was Kritik, Mitarbeit, Interesse &c. angeht) bei der Präsentation von eigenen Ideen, ganz besonders zuletzt mit den Sonnenlanden, ebenfalls so einem jahrelange im stillen ausgebrüteten Spiel, haben mich zu diesem Schritt bewogen, ebenso wie die gerade kürzlich geführte Diskussion um deutsche Pulprollenspiele (denn 1000 Jahre hat seine ordentliche Portion Pulp), die mich davon überzeugt hat, 1000 Jahre könnte hier vielleicht auf fruchtbaren Boden fallen.
(Und dann gibt es noch einen ein wenig kleinlichen Grund: Die (angeblich) näherrückende Veröffentlichung von Frostzone - ich möchte mir ungerne sagen lassen, ich hätte dort abgeschrieben. Dass ich abgeschrieben habe, das weiss ich selber, aber eben nicht dort! Die Furcht vor solchen Vorwürfen setzt mich unter Zeitdruck.)
(Und weiter in Sachen Abschreiben: Wichtige (und weniger wichtige) Inspirationsquellen, sowie Dinge, die mich zwar nicht inspiriert haben, die aber dennoch gewisse Parallelen (manchmal nur in Details) aufweisen: 666 & 6666 (Comics), Lexx (die Miniserie), Engel (das grässliche Spiel), Rifts (das geniale Spiel), Landser & Maddrax (die Heftromane), die Bibel (das gute Buch), Urotsukidoji (Anime), Indiana Jones (alle drei und die Computerspiele), Command & Conquer (nur echt mit der Bruderschaft von Nod), Sin Eater (Film), Mutant Chronicles (das Gesamtwerk), KULT (Rollenspiel), und bestimmt noch mehr, was mir gerade nicht einfällt)
Nach all diesen ungeordneten Gedanken auf der Metaebene, ein wenig mehr ungeordnete Gedanken zum eigentlichen Spiel:
Vorrede Ende.
1000 Jahre
Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan losgelassen werden aus seinem Gefängnis und wird ausziehen, zu verführen die Völker an den vier Enden der Erde, Gog und Magog, und sie zum Kampf zu versammeln; deren Zahl ist wie der Sand am Meer.
-Offenbarung 20, 7-8
Cyberpulp Apokalypse
Ich hoffe es nimmt mir niemand übel, wenn ich vorerst bei diesem Stream of Consciousness Geschreibe bleibe? Später gibt es bestimmt auch noch einmal eine anständigere Fassung.
Ich gestehe: Ich mag es wenn sich Rollenspiele ihr eigenes "Genre" zusammendichten. Cyberpulp Apokalypse ist dabei meine Kreation für 1000 Jahre (und ich konnte sogar auf "Dark" verzichten!), und ich möchte versuchen an Hand dieser einige der Grundzüge des Spiels zu erläutern.
1000 Jahre ist eines dieser... hm... Mischhackrollenspiele. Es bedient sich aus jeder Menge Töpfen und quirlt dann alles zusammen. Die prominentesten - und daher namensgebenden - Zutaten sind dabei cyberpunkige Zukunftsvisionen - was hier vor allem dystopische Stadtmoloche, technisierte aber immer noch auf der Erde verhaftete Menschheit, unmenschliche (und teils feindliche) Technik, hochgerüstete Einzelkämpfer, und polierte Chrom- und Neonbombastfassaden bedeutet -, Apokalypse - im engeren, biblischen Sinne, verbunden mit der Drohung der atomaren (oder sonstigen) menschengemachten Apokalypse (insofern vielleicht eher ein wenig preapokalyptisch) - und Pulp - manifest in der überzogenen Action, den überlebensgrossen (und doch menschlichen) Heldenfiguren, der so ganz und gar nicht dem "Realismus" (oder der nüchternen Spielart der "Glaubwürdigkeit") geschuldeten Technologie (und sonstigen Entwicklungen), und den Feindbildern (Dämonen, finstere Maharajas, Todesroboter, und (natürlich) Nazis! (mit Todesrobotern und Dämonen)).
Der Kern der Geschichte (im Sinne von Weltgeschichte) von 1000 Jahre ist eigentlich schnell erzählt:
Die biblische Apokalypse kommt über uns (hier merkt man wohl, dass dieses Spiel ein Kind der Endneunziger ist). Allerdings tut sie das ein wenig anders - und vor allem ein wenig später! - als erwartet. Die Welt schlummert seelig in unser aktuelles Jahrtausend hinein, die technische Entwicklung macht begeisterte Bocksprünge, und bald wuchern die Konzernwolkenkratzer Tausende von Stockwerken in den Himmel, die Leute lassen sich Computer ins Hirn verpflanzen, und die niedrigen Arbeiten werden von einem Heer billiger Klonsklaven ausgeführt. Im Hintergrund bereiten sich die Weil die Wissenden und Eingeweihten auf das Ende der Zeiten vor, das dann auch schlussendlich doch noch eintritt. Die Tore der Hölle öffnen sich und die finsteren Legionen der Verdammnis strömen daraus hervor. Das lassen die himmlischen Heerscharen so natürlich nicht gerne auf sich sitzen, und machen sich ebenfalls schleunigst auf den Weg zur Erde. Fertig ist 1000 Jahre.
Und was ist jetzt mit den Nazis?
Berechtigte Frage, nachdem ich die ganze Zeit auf ihnen herumgehüpft bin, aber ich werde sie trotzdem noch nicht direkt beantworten.
Pulp und Krieg gehen zusammen, keine Frage (da können wir alle bestimmt genug Beispiele benennen). Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die "besseren" Pulpgeschichten nicht im Krieg spielen, sondern vor dem Krieg. Wenigstens aber nicht (ausschließlich) auf dem Kriegsschauplatz. Amerikanische Spione in Hitlerdeutschland 1943 sind gut und schön (exzellent sogar), aber amerikanische Urlauber cum Spione in Hitlerdeutschland 1936 sind noch besser in meinen Augen. Bezogen auf 1000 Jahre heisst das - und das war, bedingt durch den Ursprung der Idee im Kriegsspiel, eine der schwierigsten Klippen und grössten Änderungen - dass es eine politische Landkarte geben sollte, die über eine quer über den Globus verlaufende Frontlinie zwischen Flammenschwertern auf der einen Seite und Dreizacken auf der anderen hinausgehen sollte. Das bedeutete mehr Fraktionen, ganz besonders auch menschliche Fraktionen. Das war auch nicht weiter schwer, denn ein ganzer Sack voll Staaten und Organisationen (vom durch ein Schisma gespaltenen Templerorden bis zu vercyberten Voodoozombiedrogenbaronen) war noch aus Kriegsspielzeiten überliefert. Schwierig war es das Ganze zu deeskalieren. Aber eben auch nur so weit, dass man zwar über die Strasse gehen konnte, ohne Angst vor Heckenschützen zu haben, aber trotzdem ein Maximum an Spannung auch auf globaler Ebene erhalten blieb. Vorkriegsstimmung. Ganz klassische Vorkriegsstimmung. Und jetzt kommen die Nazis: Das Dritte Reich spielte eigentlich schon seit den frühesten Entwürfen eine zentrale Rolle als eine der Konfliktparteien in diesem apokalyptischen Eintopfgericht, einer der frühen (und sich lange, lange haltenden) Arbeitstitel von 1000 Jahre lautete um genau zu sein sogar timetravelling Spacenazis from Hell. Um eine lange Geschichte kurz zu machen, statt irgendeinem "Kunstgriff" der die Deutschen der Zukunft wieder zu strammen Nazis umdeklariert (Hallo, Armageddon!), sind es in der Zukunft von 1000 Jahre die Nazis der Vergangenheit, die ein weiteres Mal als Bösewichte herhalten dürfen: Durch irgendein entsetzlich finsteres Ritual bewirken ein paar mit dem Teufel im Bunde stehende rechte Schwarzmagier (bestimmt mit solchen Namen wie von Klemperwitz oder so) einen Zeitsprung, der die Nazis aus der Vergangenheit in die Gegenwart (Zukunft) holt (praktischerweise ist das Ritual ein wenig unkontrolliert und beschwört auch gleich noch grosse Teile Sowjetrusslands (inklusive Väterchen Stalin) mit). "Pulp, Vorkrieg und Nazis, dreieinig sind sie, nicht zu trennen", um Goethe ein wenig zu verunstalten. Tatsächlich glaube ich mittlerweile, dass die Nazis, die ursprünglich natürlich als Kriegspartei gedacht waren, ein ideales Werkzeug sind, um Vorkriegsstimmung zu verbreiten, ganz einfach weil - nicht zuletzt dank einem gewissen Archäologen mit Hut und Peitsche - das Verprügeln von Nazis ausserhalb des Weltkrieges zu so einem soliden Pulpelement geworden ist, und die Atmosphäre des aufziehenden, aber eben noch nicht losgelassenen Bösen durch diese mehr als direkte Anlehnung an den Vorkrieg der Dreissiger einfach zu provozieren ist.
Jetzt hat man also eine Welt voller Nazischergen, Dämonen, Inquisitoren, Tempelrittern mit Sturmgewehren, Cyberpunks, britischen Militärzauberern vom Orden des Merlin, amerikanischen Reporterinnen, Voodoozombies, Engeln und peitschenschwingenden Archäologen, die man vielleicht auch als Rifts (das erwähnte ich doch bei den Inspirationen, gell?) mit weniger Fantasy aber dafür umso mehr Religious Horror Getier und vor allem ohne die ganze postapokalyptische Wildnis beschreiben könnte, und in der jeder auf den Startschuss zum allgemeinen Gemetzel lauert, aber was spielt man jetzt eigentlich überhaupt?
Helden.
Und das heisst?
Erst einmal heisst es, dass die Charaktere aussergewöhnliche Individuen sind. Ob sich das nun darin äusserst, dass sie einfach besonders neugierige Reporterinnen mit einem glücklichen Händchen für die richtigen Stories sind, oder der einzige wieder zum Licht bekehrte Schwarzmagier des 13. Zirkels, oder oder (sucht euch was aus der Liste im letzten Absatz aus) sind, ist herzlich egal. Eine grosse Einschränkung was den Einzelnen zum Helden macht wird es vorraussichtlich nicht geben, wer will soll auch gerne einen Engel, Dämonen oder (vielleicht von russischen Spionen umprogrammierten) Nazitodesroboter spielen.
Ja aber was machen diese Kerle?
Weichenstellen. Das ist es worum es geht. Die Welt steht direkt vor dem grossen Knall. Alle wissen es. Es ist noch nicht so weit, noch nicht, aber es könnte jeden Moment so weit sein. Keiner weiss, wie das Zeichen aussehen wird, aber alle sind sich sicher, dass sie es erkennen werden wenn es kommt. Ob es nun ein Finger ist, der einen roten Knopf drückt, oder ob sich unter Fanfaren der Himmel auftun wird. In den Händen der Charaktere liegt es, zu beeinflussen, wie es ausgehen wird, wenn das Zeichen kommt. Egal ob es gerade konkret darum geht, den Nazis die Bundeslade unter der Nase wegzustehlen, den bösen Geist zu exorzieren, der in den amerikanischen Präsidenten gefahren ist, eine Kommandoaktion gegen ein südamerikanisches Zombiedrogenlabor durchzuführen, oder einem asiatischen Verbrechergenie, das Militärgeheimnisse der Inquisition an die Dämonen verkauft, das Handwerk zu legen, es geht immer um Dinge, die die Balance der Kräfte entweder in die eine, oder in die andere Richtung kippen könnten. Die Helden schlagen vielleicht nicht die eigentlichen Schlachten (die ja erst noch bevorstehen), aber sie sind es, die den Grundstein dafür legen, ob diese Schlachten gewonnen oder verloren werden werden. Die Welt steht auf dem Spiel - liegt in den Händen der Charaktere -, und das ohne, dass es jedes Mal Bomben und Flammenschwerter regnen muss und alles in Schwefel und Asche versinkt (dafür ist später - beim grossen Finale - immernoch Zeit genug).
Was diese Kerle machen ist die Welt retten. Immer und immer wieder, in heroischen, begrenzten (abgegrenzten) Einzelaktionen.
Das war der grobe Überblick. Die Sicht auf die Grundideen. Jenseits davon liegen die Details. Der Welt, ihrer Geschichte, Fraktionen, Bewohner &c. pp, und der Regeln (auch wenn diese noch reichlich unfixiert sind, hier gibt es mehr als ein konkurrierendes Modell, teils abgeleitet aus den ursprünglichen Tabletopregeln, teils vollkommen losgelöst davon, und teils auch einfach nur als Gedanke, welche bestehenden System man verwenden könnte). Aber für die Details ist später auch noch Zeit - zumal diesen eine strukturiertere Herangehensweise wohl in jedem Fall noch sehr viel mehr nützen dürfte, als es auch schon bei diesem Erguss hierder Fall gewesen wäre.
So, und jetzt würde ich mich freuen erste Reaktionen zu hören. Liebesbezeugungen und Lobeshymnen wären natürlich nicht schlecht, aber mit niederschmetternder Kritik gebe ich mich auch zufrieden. (Und das dieser Beitrag schlecht geschrieben ist, weiss ich selbst. Verbucht es unter Logorrhoe.)
mfG
bdd
Schrecklich lange und langweilige Vorrede:
1000 Jahre ist ein Projekt bei dem ich immer gezögert habe, es in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dafür gab (und gibt) es eine ganze Reihe von Gründen. Der offensichtlichste ist der, dass Nazis eine prominente Rolle spielen. Die Nazis, und nicht einfach einen der unzähligen Gegner, die sich in so vielen Rollenspielen tummeln, und die irgendwie an das Dritte Reich oder seine Organisationen angelehnt sind. Nazis sind (und das sieht man nicht zuletzt an der gerade erwähnten Schwemme von Pseudonaziantagonisten) in meinen Augen ein extrem dankbares Element in Rollenspielen, aber auch immer ein schwieriges, und eines, das umso schwieriger wird, je weiter es in den Mittelpunkt gerückt wird. Bei 1000 Jahre stehen sie nicht ganz, aber ziemlich weit im Mittelpunkt. Dieses Problem der Öffentlichkeitswirkung hat dazu beigetragen mich über Jahre hinweg davor zurück schrecken zu lassen 1000 Jahre vorzustellen.
Wo wir bei Öffentlichkeit sind, kommen wir auch gleich zum nächsten Punkt, der mich ein wenig als Utopisten dastehen lässt. 1000 Jahre gehörte (und gehört noch) zu dieser kleinen Auswahl von Ideen, bei denen ich nicht nur immer davon geträumt habe, sie eines Tages zu vollenden, sondern bei denen ich auch immer wieder über die Möglichkeit einer "ernsthaften" (will heissen ordentlich aufbereiteten) Veröffentlichung nachgesonnen habe (trotz der Nazibedenken). Und einer solchen wollte ich nichts vorwegnehmen.
Zu guter letzt sind wir mit der gerade schon erwähnten Vollendung beim letzten Themenkomplex angekommen, dem mein langes Stillschweigen über 1000 Jahre geschuldet ist: 1000 Jahre ist nicht fertig, und das obwohl ich seit 1000 Jahren (na gut... 10) daran arbeite. Nicht kontinuierlich, aber doch wieder und wieder und wieder. Und auch das war ein Hemmschuh für eine Offenlegung. Einmal weil ich - wenn ich nicht quasi von grund auf "öffentlich" arbeite (so wie bei einigen anderen der Projekte hier im Forum) - mich schwer damit tue Halbfertiges zu präsentieren. Dann aber auch, wegen der schieren Masse des mittlerweile aufgestauten - und sich nicht in verwertbarer Form befindenden - Materials. Und auch wegen den vielen Änderungen, die 1000 Jahre in seiner knapp zehnjährigen Entstehungsgeschichte im dunklen Kämmerlein durchgemacht hat.
Apropos Entstehungsgeschichte: Angefangen hat 1000 Jahre nicht etwa als Rollenspiel, sondern als Do-it-yourself Tabletop. Aus einem Fokus auf einzelne Charaktere hat sich so zunächst die parallele Idee eines Rollenspiels und dann letztendlich (in den letzten Jahren) der Verzicht Tabletop zu Gunsten des Rollenspiels ergeben. Während seiner "Tabletop Ära" war 1000 Jahre natürlich überhaupt noch viel weniger zur Präsentation geeignet, und wurde einfach im engeren Bekanntenkreis so ein wenig vor sich hingespielt.
Weshalb "präsentiere" (eine etwas übertrieben Bezeichnung) ich 1000 Jahre aber jetzt nun doch?
Auch das hat mehrere Gründe. Den ersten Davon habe ich gerade schon angesprochen: Dadurch, dass sich das Projekt vom Tabletop zum Rollenspiel gewandelt hat, ist eine Grundlage vorhanden, um es überhaupt anständig präsentieren zu können.
Dann hat sich mein eigener Umgang mit dem Thema "Nazis im Rollenspiel" in der Öffentlichkeit gewandelt. Ich war schon früher gerne bereit dazu dieses Thema in der Diskussion aufzugreifen, meist aber in einem eher theoretischen Zusammenhang, und auf der Ebene von Diskussionen wie "Darf man das denn überhaupt?". Mittlerweile geben sich aber auch die praxis bezogeneren Diskussionen immer öfter die Klinke in die Hand, und das hat die Nazithematik als Hinderungsgrund für eine Präsentation für mich unwesentlicher gemacht als früher.
Das Material ist zwar ungeordnet und unaufbereitet wie eh und je, aber ich habe festgestellt, dass ich mittlerweile endgültig weiss in welche Richtung 1000 Jahre geht, die Zeit der gröbsten Schwankungen, des radikalen Umwerfens von Grundkonzepten, der totalen Änderungen ist vorbei, und auch das schafft eine bessere Grundlage um die Ideen anderen darzulegen.
Und dann wäre da auch noch das Forum und seine User hier:
Die positiven Erfahrungen (was Kritik, Mitarbeit, Interesse &c. angeht) bei der Präsentation von eigenen Ideen, ganz besonders zuletzt mit den Sonnenlanden, ebenfalls so einem jahrelange im stillen ausgebrüteten Spiel, haben mich zu diesem Schritt bewogen, ebenso wie die gerade kürzlich geführte Diskussion um deutsche Pulprollenspiele (denn 1000 Jahre hat seine ordentliche Portion Pulp), die mich davon überzeugt hat, 1000 Jahre könnte hier vielleicht auf fruchtbaren Boden fallen.
(Und dann gibt es noch einen ein wenig kleinlichen Grund: Die (angeblich) näherrückende Veröffentlichung von Frostzone - ich möchte mir ungerne sagen lassen, ich hätte dort abgeschrieben. Dass ich abgeschrieben habe, das weiss ich selber, aber eben nicht dort! Die Furcht vor solchen Vorwürfen setzt mich unter Zeitdruck.)
(Und weiter in Sachen Abschreiben: Wichtige (und weniger wichtige) Inspirationsquellen, sowie Dinge, die mich zwar nicht inspiriert haben, die aber dennoch gewisse Parallelen (manchmal nur in Details) aufweisen: 666 & 6666 (Comics), Lexx (die Miniserie), Engel (das grässliche Spiel), Rifts (das geniale Spiel), Landser & Maddrax (die Heftromane), die Bibel (das gute Buch), Urotsukidoji (Anime), Indiana Jones (alle drei und die Computerspiele), Command & Conquer (nur echt mit der Bruderschaft von Nod), Sin Eater (Film), Mutant Chronicles (das Gesamtwerk), KULT (Rollenspiel), und bestimmt noch mehr, was mir gerade nicht einfällt)
Nach all diesen ungeordneten Gedanken auf der Metaebene, ein wenig mehr ungeordnete Gedanken zum eigentlichen Spiel:
Vorrede Ende.
1000 Jahre
Und wenn die tausend Jahre vollendet sind, wird der Satan losgelassen werden aus seinem Gefängnis und wird ausziehen, zu verführen die Völker an den vier Enden der Erde, Gog und Magog, und sie zum Kampf zu versammeln; deren Zahl ist wie der Sand am Meer.
-Offenbarung 20, 7-8
Cyberpulp Apokalypse
Ich hoffe es nimmt mir niemand übel, wenn ich vorerst bei diesem Stream of Consciousness Geschreibe bleibe? Später gibt es bestimmt auch noch einmal eine anständigere Fassung.
Ich gestehe: Ich mag es wenn sich Rollenspiele ihr eigenes "Genre" zusammendichten. Cyberpulp Apokalypse ist dabei meine Kreation für 1000 Jahre (und ich konnte sogar auf "Dark" verzichten!), und ich möchte versuchen an Hand dieser einige der Grundzüge des Spiels zu erläutern.
1000 Jahre ist eines dieser... hm... Mischhackrollenspiele. Es bedient sich aus jeder Menge Töpfen und quirlt dann alles zusammen. Die prominentesten - und daher namensgebenden - Zutaten sind dabei cyberpunkige Zukunftsvisionen - was hier vor allem dystopische Stadtmoloche, technisierte aber immer noch auf der Erde verhaftete Menschheit, unmenschliche (und teils feindliche) Technik, hochgerüstete Einzelkämpfer, und polierte Chrom- und Neonbombastfassaden bedeutet -, Apokalypse - im engeren, biblischen Sinne, verbunden mit der Drohung der atomaren (oder sonstigen) menschengemachten Apokalypse (insofern vielleicht eher ein wenig preapokalyptisch) - und Pulp - manifest in der überzogenen Action, den überlebensgrossen (und doch menschlichen) Heldenfiguren, der so ganz und gar nicht dem "Realismus" (oder der nüchternen Spielart der "Glaubwürdigkeit") geschuldeten Technologie (und sonstigen Entwicklungen), und den Feindbildern (Dämonen, finstere Maharajas, Todesroboter, und (natürlich) Nazis! (mit Todesrobotern und Dämonen)).
Der Kern der Geschichte (im Sinne von Weltgeschichte) von 1000 Jahre ist eigentlich schnell erzählt:
Die biblische Apokalypse kommt über uns (hier merkt man wohl, dass dieses Spiel ein Kind der Endneunziger ist). Allerdings tut sie das ein wenig anders - und vor allem ein wenig später! - als erwartet. Die Welt schlummert seelig in unser aktuelles Jahrtausend hinein, die technische Entwicklung macht begeisterte Bocksprünge, und bald wuchern die Konzernwolkenkratzer Tausende von Stockwerken in den Himmel, die Leute lassen sich Computer ins Hirn verpflanzen, und die niedrigen Arbeiten werden von einem Heer billiger Klonsklaven ausgeführt. Im Hintergrund bereiten sich die Weil die Wissenden und Eingeweihten auf das Ende der Zeiten vor, das dann auch schlussendlich doch noch eintritt. Die Tore der Hölle öffnen sich und die finsteren Legionen der Verdammnis strömen daraus hervor. Das lassen die himmlischen Heerscharen so natürlich nicht gerne auf sich sitzen, und machen sich ebenfalls schleunigst auf den Weg zur Erde. Fertig ist 1000 Jahre.
Und was ist jetzt mit den Nazis?
Berechtigte Frage, nachdem ich die ganze Zeit auf ihnen herumgehüpft bin, aber ich werde sie trotzdem noch nicht direkt beantworten.
Pulp und Krieg gehen zusammen, keine Frage (da können wir alle bestimmt genug Beispiele benennen). Dennoch bin ich davon überzeugt, dass die "besseren" Pulpgeschichten nicht im Krieg spielen, sondern vor dem Krieg. Wenigstens aber nicht (ausschließlich) auf dem Kriegsschauplatz. Amerikanische Spione in Hitlerdeutschland 1943 sind gut und schön (exzellent sogar), aber amerikanische Urlauber cum Spione in Hitlerdeutschland 1936 sind noch besser in meinen Augen. Bezogen auf 1000 Jahre heisst das - und das war, bedingt durch den Ursprung der Idee im Kriegsspiel, eine der schwierigsten Klippen und grössten Änderungen - dass es eine politische Landkarte geben sollte, die über eine quer über den Globus verlaufende Frontlinie zwischen Flammenschwertern auf der einen Seite und Dreizacken auf der anderen hinausgehen sollte. Das bedeutete mehr Fraktionen, ganz besonders auch menschliche Fraktionen. Das war auch nicht weiter schwer, denn ein ganzer Sack voll Staaten und Organisationen (vom durch ein Schisma gespaltenen Templerorden bis zu vercyberten Voodoozombiedrogenbaronen) war noch aus Kriegsspielzeiten überliefert. Schwierig war es das Ganze zu deeskalieren. Aber eben auch nur so weit, dass man zwar über die Strasse gehen konnte, ohne Angst vor Heckenschützen zu haben, aber trotzdem ein Maximum an Spannung auch auf globaler Ebene erhalten blieb. Vorkriegsstimmung. Ganz klassische Vorkriegsstimmung. Und jetzt kommen die Nazis: Das Dritte Reich spielte eigentlich schon seit den frühesten Entwürfen eine zentrale Rolle als eine der Konfliktparteien in diesem apokalyptischen Eintopfgericht, einer der frühen (und sich lange, lange haltenden) Arbeitstitel von 1000 Jahre lautete um genau zu sein sogar timetravelling Spacenazis from Hell. Um eine lange Geschichte kurz zu machen, statt irgendeinem "Kunstgriff" der die Deutschen der Zukunft wieder zu strammen Nazis umdeklariert (Hallo, Armageddon!), sind es in der Zukunft von 1000 Jahre die Nazis der Vergangenheit, die ein weiteres Mal als Bösewichte herhalten dürfen: Durch irgendein entsetzlich finsteres Ritual bewirken ein paar mit dem Teufel im Bunde stehende rechte Schwarzmagier (bestimmt mit solchen Namen wie von Klemperwitz oder so) einen Zeitsprung, der die Nazis aus der Vergangenheit in die Gegenwart (Zukunft) holt (praktischerweise ist das Ritual ein wenig unkontrolliert und beschwört auch gleich noch grosse Teile Sowjetrusslands (inklusive Väterchen Stalin) mit). "Pulp, Vorkrieg und Nazis, dreieinig sind sie, nicht zu trennen", um Goethe ein wenig zu verunstalten. Tatsächlich glaube ich mittlerweile, dass die Nazis, die ursprünglich natürlich als Kriegspartei gedacht waren, ein ideales Werkzeug sind, um Vorkriegsstimmung zu verbreiten, ganz einfach weil - nicht zuletzt dank einem gewissen Archäologen mit Hut und Peitsche - das Verprügeln von Nazis ausserhalb des Weltkrieges zu so einem soliden Pulpelement geworden ist, und die Atmosphäre des aufziehenden, aber eben noch nicht losgelassenen Bösen durch diese mehr als direkte Anlehnung an den Vorkrieg der Dreissiger einfach zu provozieren ist.
Jetzt hat man also eine Welt voller Nazischergen, Dämonen, Inquisitoren, Tempelrittern mit Sturmgewehren, Cyberpunks, britischen Militärzauberern vom Orden des Merlin, amerikanischen Reporterinnen, Voodoozombies, Engeln und peitschenschwingenden Archäologen, die man vielleicht auch als Rifts (das erwähnte ich doch bei den Inspirationen, gell?) mit weniger Fantasy aber dafür umso mehr Religious Horror Getier und vor allem ohne die ganze postapokalyptische Wildnis beschreiben könnte, und in der jeder auf den Startschuss zum allgemeinen Gemetzel lauert, aber was spielt man jetzt eigentlich überhaupt?
Helden.
Und das heisst?
Erst einmal heisst es, dass die Charaktere aussergewöhnliche Individuen sind. Ob sich das nun darin äusserst, dass sie einfach besonders neugierige Reporterinnen mit einem glücklichen Händchen für die richtigen Stories sind, oder der einzige wieder zum Licht bekehrte Schwarzmagier des 13. Zirkels, oder oder (sucht euch was aus der Liste im letzten Absatz aus) sind, ist herzlich egal. Eine grosse Einschränkung was den Einzelnen zum Helden macht wird es vorraussichtlich nicht geben, wer will soll auch gerne einen Engel, Dämonen oder (vielleicht von russischen Spionen umprogrammierten) Nazitodesroboter spielen.
Ja aber was machen diese Kerle?
Weichenstellen. Das ist es worum es geht. Die Welt steht direkt vor dem grossen Knall. Alle wissen es. Es ist noch nicht so weit, noch nicht, aber es könnte jeden Moment so weit sein. Keiner weiss, wie das Zeichen aussehen wird, aber alle sind sich sicher, dass sie es erkennen werden wenn es kommt. Ob es nun ein Finger ist, der einen roten Knopf drückt, oder ob sich unter Fanfaren der Himmel auftun wird. In den Händen der Charaktere liegt es, zu beeinflussen, wie es ausgehen wird, wenn das Zeichen kommt. Egal ob es gerade konkret darum geht, den Nazis die Bundeslade unter der Nase wegzustehlen, den bösen Geist zu exorzieren, der in den amerikanischen Präsidenten gefahren ist, eine Kommandoaktion gegen ein südamerikanisches Zombiedrogenlabor durchzuführen, oder einem asiatischen Verbrechergenie, das Militärgeheimnisse der Inquisition an die Dämonen verkauft, das Handwerk zu legen, es geht immer um Dinge, die die Balance der Kräfte entweder in die eine, oder in die andere Richtung kippen könnten. Die Helden schlagen vielleicht nicht die eigentlichen Schlachten (die ja erst noch bevorstehen), aber sie sind es, die den Grundstein dafür legen, ob diese Schlachten gewonnen oder verloren werden werden. Die Welt steht auf dem Spiel - liegt in den Händen der Charaktere -, und das ohne, dass es jedes Mal Bomben und Flammenschwerter regnen muss und alles in Schwefel und Asche versinkt (dafür ist später - beim grossen Finale - immernoch Zeit genug).
Was diese Kerle machen ist die Welt retten. Immer und immer wieder, in heroischen, begrenzten (abgegrenzten) Einzelaktionen.
Das war der grobe Überblick. Die Sicht auf die Grundideen. Jenseits davon liegen die Details. Der Welt, ihrer Geschichte, Fraktionen, Bewohner &c. pp, und der Regeln (auch wenn diese noch reichlich unfixiert sind, hier gibt es mehr als ein konkurrierendes Modell, teils abgeleitet aus den ursprünglichen Tabletopregeln, teils vollkommen losgelöst davon, und teils auch einfach nur als Gedanke, welche bestehenden System man verwenden könnte). Aber für die Details ist später auch noch Zeit - zumal diesen eine strukturiertere Herangehensweise wohl in jedem Fall noch sehr viel mehr nützen dürfte, als es auch schon bei diesem Erguss hierder Fall gewesen wäre.
So, und jetzt würde ich mich freuen erste Reaktionen zu hören. Liebesbezeugungen und Lobeshymnen wären natürlich nicht schlecht, aber mit niederschmetternder Kritik gebe ich mich auch zufrieden. (Und das dieser Beitrag schlecht geschrieben ist, weiss ich selbst. Verbucht es unter Logorrhoe.)
mfG
bdd