Regine
Tremere
- Registriert
- 23. Juli 2009
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Anna Lisa saß auf ihrem Platz in der ersten Klasse in einem Großraumabteil. Sie musste sich immer wieder daran erinnern, sich zwischendurch leicht zu bewegen. So viele Stunden hintereinander war sie lange nicht mehr mit fremden Menschen zusammen gewesen und ihr Erzeuger hatte es gehasst, wenn sie sich unnötig bewegte. Dadurch wirkte sie oft sehr steif. Sie saß aufrecht in ihrem Sitz, nutzte die Lehne nicht für ihre Bequemlichkeit. Ihre Knie waren geschlossen, die Unterschenkel ein wenig schräg nach hinten gestellt, so wie man Frauen häufiger in engen Röcken sitzen sah. Sie jedoch trug einen klassischen, anthrazitfarbenen Hosenanzug mit einer weissen Bluse. Ihre Schuhe hatten eher kleine Absätze. Der größte Farbtupfer an ihr waren ihre roten Haare. Es war ungewohnt, sie wieder lose über die Schultern fallen zu lassen. Es fühlte sich nicht mehr richtig an. Trotzdem hatte sie ihre strenge Frisur gelöst, so bald sie im Zug gewesen war, heimlich fast auf der Zugtoilette. Ob sie jetzt in die Freiheit fuhr? Oder doch nur ihrem Tod entgegen? Sie wusste es nicht. Aber sie wollte nicht mehr die Kreatur Güldens sein. Das Öffnen der Haare war ihre Form des Protestes, den sie erst jetzt wagte, als er sie nicht mehr sehen konnte. Sie hätte es schon vor zwei Jahren tun können, aber sie hatte sich nicht getraut. Sie hatte nicht mehr Probleme als nötig haben wollen.
Auf der Zugtoilette hatte sie auch ein dezentes Make Up aufgelegt. Auch das hatte Gülden nicht gemocht. Hier im Zug mochte es ihr helfen nicht so auffällig zu sein. Es wäre gut, wenn ihre Haut ein wenig rosig war, weniger totenbleich. Sie schminkte dezent ihre Augen, deren blaues Strahlen jetzt mehr unterstrichen wurde. Ein wenig Rouge färbte ihre Wangen und ein zarter, fast natürlich wirkender Ton schmückte ihre Lippen. Sie hatte sich informiert, welche Art von Make Up heute getragen wurde. Sie konnte schlecht im Stil der Achtziger durch die Gegend laufen. Lange brauchte sie nicht.
Jetzt hielt sie ein Buch in den Händen und die einzige Bewegung außer dem Ausgleichen der Fahrbewegungen, war ein regelmäßiges Umblättern der Seiten. Sie las zügig einen Band der Inscriptiones Graecae. Die Zugfahrt dauerte fast vier Stunden. Ihre Mitreisenden sprachen sie nicht an. Sie wirkte nicht unbedingt offen für ein Gespräch. Nach einer kleinen Weile schnarchte ihr Sitznachbar. Nur der Schaffner störte sie kurz beim Lesen, als er ihre Karte wollte. Sie sah ihn ausdruckslos an, während er ihre Karte entwerte und wechselte kein Wort. Die Sammlung der griechischen Schriften und ihre Übersetzung beschäftigte ihren Geist. Wirklich wertvolles Wissen war es nicht, aber es verhinderte erfolgreich das Grübeln über ihre Situation, der Ungewissheit, der sie entgegen fuhr.
Zwei Minuten, bevor der Zug im Bahnhof von Finstertal einfuhr, stand sie auf. Sie streckte sich nicht. Sie nahm lediglich ihre beiden großen Koffer aus den Ablagen und verstaute das Buch vorsichtig in einer Seitentasche. Zwei weitere Kartons würden ihr in einer Woche nach gesendet werden. Das waren dann auch schon ihre ganzen materiellen Besitztümer, wenn man von ihrem Geld absah. Ihre Handtasche hängte sie über die Schulter und wartete geduldig, bis die meisten Menschen den Zug verlassen hatten, bevor sie selbst aus stieg. Das Gildenhaus war über ihre Ankunft informiert worden. Man hatte sie jedoch nicht darüber in Kenntnis gesetzt, ob sie nun am Bahnhof oder im Gildenhaus selbst erwartet werden würde. Der Zug hatte keine nennenswerte Verspätung.
Sie stand ruhig auf dem Bahnsteig und sah sich mit unbewegtem Gesicht um, ob einer der wartenden jemanden suchte. Jemanden, den er nicht kannte.
Auf der Zugtoilette hatte sie auch ein dezentes Make Up aufgelegt. Auch das hatte Gülden nicht gemocht. Hier im Zug mochte es ihr helfen nicht so auffällig zu sein. Es wäre gut, wenn ihre Haut ein wenig rosig war, weniger totenbleich. Sie schminkte dezent ihre Augen, deren blaues Strahlen jetzt mehr unterstrichen wurde. Ein wenig Rouge färbte ihre Wangen und ein zarter, fast natürlich wirkender Ton schmückte ihre Lippen. Sie hatte sich informiert, welche Art von Make Up heute getragen wurde. Sie konnte schlecht im Stil der Achtziger durch die Gegend laufen. Lange brauchte sie nicht.
Jetzt hielt sie ein Buch in den Händen und die einzige Bewegung außer dem Ausgleichen der Fahrbewegungen, war ein regelmäßiges Umblättern der Seiten. Sie las zügig einen Band der Inscriptiones Graecae. Die Zugfahrt dauerte fast vier Stunden. Ihre Mitreisenden sprachen sie nicht an. Sie wirkte nicht unbedingt offen für ein Gespräch. Nach einer kleinen Weile schnarchte ihr Sitznachbar. Nur der Schaffner störte sie kurz beim Lesen, als er ihre Karte wollte. Sie sah ihn ausdruckslos an, während er ihre Karte entwerte und wechselte kein Wort. Die Sammlung der griechischen Schriften und ihre Übersetzung beschäftigte ihren Geist. Wirklich wertvolles Wissen war es nicht, aber es verhinderte erfolgreich das Grübeln über ihre Situation, der Ungewissheit, der sie entgegen fuhr.
Zwei Minuten, bevor der Zug im Bahnhof von Finstertal einfuhr, stand sie auf. Sie streckte sich nicht. Sie nahm lediglich ihre beiden großen Koffer aus den Ablagen und verstaute das Buch vorsichtig in einer Seitentasche. Zwei weitere Kartons würden ihr in einer Woche nach gesendet werden. Das waren dann auch schon ihre ganzen materiellen Besitztümer, wenn man von ihrem Geld absah. Ihre Handtasche hängte sie über die Schulter und wartete geduldig, bis die meisten Menschen den Zug verlassen hatten, bevor sie selbst aus stieg. Das Gildenhaus war über ihre Ankunft informiert worden. Man hatte sie jedoch nicht darüber in Kenntnis gesetzt, ob sie nun am Bahnhof oder im Gildenhaus selbst erwartet werden würde. Der Zug hatte keine nennenswerte Verspätung.
Sie stand ruhig auf dem Bahnsteig und sah sich mit unbewegtem Gesicht um, ob einer der wartenden jemanden suchte. Jemanden, den er nicht kannte.