[20.05.2008] Im Fuchsbau

"Wäre dies alles was du unter deiner Verantwortung getan hättest wäre es eine unverantwortliche Nachlässigkeit.
Man vollzieht keine Sache nur bis zur Hälfte und hofft dann darauf das es genügt." Die Irritation in der Stimme war nicht einmal gespielt.

"Ein Bruch der Maskerade zeichnet sich dadurch aus das Menschen unser wahres Wesen enthüllt wird. Wenn ein Mensch einen Beweis besitzt und verbreitet ist dies ebenso einen Bruch als wenn er darüber spricht. Hat der Mensch keinen Beweis und spricht auch nicht darüber ist es kein Bruch der Maskerade." Eine gewisse Logik der Argumentation war nicht abzustreiten. Auf die Frage wie sehr es einem zur Last fallen konnte ging er nicht weiter ein.

"Wenn du dich mit deinem Hinweis auf Rechtsmedizin darauf bezieht das ein weiterer Bruch vorliegt möchte ich dich beruhigen. Mir sind die Möglichkeiten der modernen Pathologie durchaus bewusst, ein recht faszinierendes Feld wie ich anmerken möchte." Ein Lächeln mit dem Sympathiefaktor eines hungrigen Hai schlich sich auf das Gesicht des Italieners.
"Auch wenn sich meine eigene Befähigung mehr auf dem Niveau eines interessierten Laien befindet" merkte er in etwas weniger selbstgefälligerweise, fast entschuldigend, an.
"Bin ich recht sicher dahingehend sorgfältig vorgegangen zu sein das die Todesursache deutlich stärker auf Erstickung, Verletzungen sowie den Schuß zurück geführt wird als auf einen Blutverlust." sprach's als ob er Erfahrung darin hätte.

"Was die Begleitung betrifft. Du hast gesehen wie er auf mich reagiert? Ich habe schon Kinder wie Pastöre erlebt die meiner Gegenwart weniger stark gewahr waren. Würde ich dich begleiten, würde es ihn wohl in Auffuhr versetzen und die Beeinflussung behindern. Auch wenn ich sie nur allzugerne beobachtet hätte." Zum Beispiel beim Pavillion Vicente verbiss sich den letzten Gedankengang laut zu formulieren.
 
„Dafür war Du aber schnell am Pavillon,“ bemerkte Michael trocken. Er hatte zwar nicht Vicente gesehen, hätte aber auch von ihm erwartet, dass er sich für Notfälle in der Nähe aufhalten würde.

Wichtig, war fast immer den Erstuntersuchenden zu täuschen, dass dieser nicht auf die Idee kam einen Spezialisten hinzu zu ziehen.

„Ich glaube, dass Du darin geschickt bis diese Vorfälle zu tarnen und für einen normale Untersuchung wird dies sicherlich auch reichen, wenn aber sich Spezialisten darin verbeißen, finden sie eine Ungereimtheit. Eine Tötung nachträglich wie eine andere Toteart perfekt zu inszenieren, ist fast unmöglich.“

Die Frage war, wie legt man Maskeradebruch aus, rein das Faktum das Menschen unser wahres Wesen enthüllt hat, dann ist alles andere, was man nachträglich tut egal oder nur wenn der Zeuge glaubwürdig ist, da reichte es ihm unglaubwürdig dastehen zu lassen.

„Es wäre wahrscheinlich besser, wenn Du Dich für Notfälle in der Nähe aufhältst, oder?“
 
"Natürlich bin ich zügig zum Pavillon dazu gestossen" entgegnete Vicente mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit.
"Es war dort wie du sicherlich bemerkt hast das mein Versuch sich im Rücken anzuschleichen eine starke Reaktion hervorbrachte."
Ob Michael nicht bemerkt hatte das er ihn drängen wollte das rechte zu tun?

"Was den Mord angeht so gibt es neben der Schußwunde noch die Möglichkeit des Tod durch ersticken nach der Prügelei. Er ist nicht an Blutverlust gestorben. Ich habe nicht mehr als die letzten Schläge geschmeckt." Die Schilderung war bar jeder Empathie für das Opfer. Allgemein konnte man wohl davon ausgehen das Vicente ein traditionell pragmatisches Verständnis vertrat. Jemand der über Vampire plauderte und der es auf ein tatsächliches Ergebnis zurückführen konnte war in seinen Augen ein Bruch der Maskerade. Zurechnungsfähigkeit hin oder her. Ein Toter sofern er es nicht entsprechend weiter verbreitet hatte nicht.

"Natürlich." aus einer Sakkitasche kramte der verkleidete Italiener sein Hebräisch-Lehrbuch heraus.
 
A, gerade Vicente wissen, dass auch ein Toter reden kann auf die ein oder andere Art und Weise. Aber so kam man nicht weiter, sah Michael ein. Vampire gab es in der Menschengeschichte immer und überall, nur es musste Geschichte bleiben.

Manchmal konnte man Vicente beneiden, die Weltschicht von Vicente war so einfach, entweder für oder gegen ihn.

„Natürlich was?“
 
"Ich werde mich unauffällig in der Nähe halten." Für den Fall das du es wieder verhaust.
Führte der Nekromant in stoischer Ruhe aus. Es war doch das was er gefragt wurde.

Auf das Thema zuvor ging er nicht ein. Ein Toter mochte sprechen können, aber jene die mit Toten sprachen, Geister beschworen und sich zu diensten machten, wußten nicht selten auch um Kainiten.
 
Dem Italiener wäre das Gesicht wohl entgleist wäre er mittlerweile nicht die Sperenzchen des Deutschen gewohnt.
"Ich gehe davon aus das du ihn nicht nur anrufst sondern aufsuchst um dein Versäumnis nachzuholen.
Es sei den du möchtest es sein der seinen Tod in der letzten Konsequenz durch sein nicht handeln zu verantworten hat."
 
Michael war es leid sich Vicentes Betonkopf - Argumente anzuhören. Vicente hat genügend Intelligenz und freien Willen seine Entscheidung selbstständig zu treffen und er dann war auch allein dafür verantwortlich. Nach Sine qua nom wären auch die Mütter von z.B. von Vicente oder Michael für Ihr Verhalten verantwortlich, nur auf dem Grund weil sie sie geboren haben; völliger Blödsinn.

Michael griff zum Telefon und rief nochmals Willi an.
 
Wenn sich Michael die Gespräche mit Vicente vor Augen hielt so mochte er feststellen das der Italiener, ob Intelligenz und freier Wille relevant waren oder nicht, die Verantwortung anders sah. Eltern hafteten für ihre Kinder, der Sire verantwortete das Verhalten seines Kind, der Unternehmer die Taten seiner Angestellten und der Meister, der Herr die Taten seiner Sklaven. Man selbst verantwortete durchaus die direkte Konsequenz aus der getroffenen Entscheidung. Es war mitnichten so das Vicente über mehr als eine Ecke dahingehend argumentierte.

Der Italiener wartete, schlug das Buch auf, lernte offenbar.
 
Willi nahm nach dem dritten Klingeln ab. Im Hintergrund quäkte irgendein Konsolenspiel in infernalischer Lautstärke und der Fernseher leif zusätzlich, irgendeine Sitcom in der ein gewisser Doug von seiner Frau Carrie mehr fett- und fleischhaltiges Essen verlangte.
"Ja, hallo?" klang Willis hohe und enervierende Stimme aus dem Hörer. "Wer spricht?"
 
Willi reagierte erfreut, geradezu enthusiastisch. "Aber klar kannst Du. Wo wollen wir uns treffen? Ich freu mich schon!"
 
"Klar, ich warte unten auf Dich" kam es eifrig zurück. "Was für ein Auto fährst Du denn?" Willi hoffte wohl insgeheim auf einen neuen Ferrari oder McLaren.
 
Ein Ferrari war der Wagen leider nicht, aber immerhin ein Ferrari-roter Opel Kadett Sprint. Michael hatte sein Handy unauffällig eingestellt und platziert, sodass man oder genauer Vicente zwar mithören konnte, aber nicht im Wagten würde man Vicente nicht hören können. So vorbereitet fuhr Michael alias Andreas bei Willi vor.
 
Willi stand in einem seiner üblichen geschmacklosen Outfits, karierte Hose breit gestreiftes Hemd und lilaner Pullie mit V-Ausschnitt schon auf der Straße und stieg umständlich in den Wagen ein aber er strahlte über das gesamte Gesicht. Hatten seine ertwa 30 Nachrichten auf Michaels Mailbox also Wirkung gezeigt.
"Hallo, schön das Du da bist. Was liegt denn an?"
 
Vicente legte das Buch kurz ab und nahm das Telefon an sich. Einen Moment lang dachte er nach.
"Ich hätte wohl im Vorfeld klarer sein sollen, darum Entschuldigung. Und Danke."
Sein Versuch zumindest etwas entgegen zu kommen und diplomatisch zu sein.
 
Michael fuhr wieder zur Finster und stellte dort den wagen auf einen Parkplatz. Noch im Wagen sprach Andreas alias Michael Willi an als er einen richtigen Blickkontakt herstellen konnte.

Michael sprach freundlich, fast honigsüß, wie eine Gottesanbeterin, welche bei der Paarung das Männchen verspeist, aber sehr bestimmt.

Also Willi Du wirst mich bis zum Ende erzählen lassen, zuhören und keine Zwischenfragen stellen.

Ich bin nicht we , für den ich mich ausgegeben habe. Wir verfolgen hier in Finstertal schon länger die Aktivität der kriminellen Organisationen. Laut Gerüchten haben die Italiener einen Spezialisten aus Italien kommen lassen, damit er den Russen ein paar Probleme liquidiert. Den hast Du zufälliger - und bedauerlicherweise gesehen und fotografiert. Leider ist da Foto nichts geworden, ansonsten können wir ihm endlich einen Mord nachweisen. Bevor Du fragst, sein Spitznamen ist Vampir, da er so töten, wenn zuordenbar sein soll, als wenn ein Vampir zu geschlagen hätte. Sei Froh, das ein V-Mann uns dies gemeldet hat und wir Dich alles erstes gefunden haben. Bei der Mafia oder den Russen könnest Du noch froh sein nur in Beton gegossen worden zu sein. Wahrscheinlicher wäre es, wenn sie dich erst richtig foltern, um zu fahren was Du weißt und dass Du nicht weißt werden sie Dir nicht glauben.

Über unsere zwei Gespräche, den Vorfall vom 18.5.2008, wo Du einen Mord beobachtet und auch abgelichtet hast und alles was damit zusammenhängt wirst Du mit niemanden darüber mehr kommunizieren, also weder mündlich, schriftlich oder sonst wie, verstanden!!! Du wirst auch nicht nach mir suchen oder dich nochmals damit überhaupt beschäftigen. Ich werde Dich jetzt wieder nach Hause bringen, Du stellst keine weiteren Fragen mehr und Du gehst dann morgen Deinem Leben wie gewohnt nach.Es dient zu Deiner eignen Sicherheit. Also sollte entweder die Mafia oder die Russen je davon erfahren ist dein Leben keinen Pfifferling mehr wert. Ich wünsche Dir noch viel Glück in Deinem Leben,“ Du wirst es brauchen.
 
Willi bekam einen stieren Gesichtsausdruck und sagte kein Wort mehr. Daheim angekommen stieg er aus dem Wagen und verschwand grusslos im Haus.
 
Zurück
Oben Unten