AW: Gute Gründe, KEIN Savage Worlds zu spielen
Das stimmt nur bedingt. FFF wird in erster Line durch die Grobkörnigkeit des Systems ermöglicht.
Dem "in erster Linie" möchte ich widersprechen. - Ein Savage Worlds OHNE Miniaturen-Ausrichtung hätte sicherlich auch schnelle Entscheidungsfindungen im Würfelsystem, doch zum Preis deutlich geringerer Taktik-Spielmöglichkeiten. - Wenn ich aber taktisches Spiel BIETEN möchte, und dann OHNE Miniaturen arbeite, dann wird das Ganze ziemlich umständlich.
FFF ist bei Savage Worlds nicht an EINER Eigenschaft (Gröbkörnigkeit oder Miniatureneinsatz) festzumachen, sondern daß ALLE KERNBESTANDTEILE des Regelsystems auf diesen FFF-Anspruch hin ausgelegt sind.
Ob Verwundungssystem, Lernsystem, der Shaken-(Sammel-)Zustand, Parry und Toughness (waren beide anfangs Opposed Rolls!) usw. - alles ist nach bewußten Entwurfsentscheidungen so gestaltet worden, daß es flüssig läuft.
So kommen dann ja auch die Miniaturen, die Tokens, die Bennies, die Templates, und auch das - spätestens seit der revised edition verbreitete - Stoppen des Hochwürfelns nach dem ersten Raise allein aus dem Grund, daß man den Spielfluß konstant und flott halten möchte. Daher die Wahl von Visualisierungsmöglichkeiten mit Miniaturen (aber NICHT mit Feldern, "Facing" etc.! - sondern mit freier Bewegung der Figuren. Battlemaps mit Raster werden nur als Anhaltspunkte verwandt, die Bewegung läuft aber frei (und damit auch quer über die Felder) ab. Meine 3D-Szenerien stelle ich auch oft einfach nur so auf den Tisch, da man die Bewegungsweite frei (ggf. mit Lineal) schneller und stimmiger umgesetzt werden kann, als sich auf "gerasterte" Bewegung zu beschränken.
Wieso sollte man eigentlich noch Shaken Token verwenden, wenn man eh die Mini hinlegt?
Wir verwenden die Shaken Token zweifach: Zum einen, wenn in der 3D-Szenerie eine Figur in solch einer engen Ecke steht, daß man sie NICHT LEGEN KANN, dann wird ein Shaken-Marker zum Aufstecken auf die Figur gesteckt. Zum anderen, wenn eine Figur so eng steht (z.B. unter Deck in einem Schiffswrack), daß man auch nicht mehr so recht mit dem Shaken-Marker zum Aufstecken rankommt, dann wird der Marker auf die jeweilige Aktionskarte gelegt, daß man nicht vergißt, daß z.B. der Scharfschütze gerade Shaken ist.
Übrigens werden Mini-Darstellungen (meiner Ansicht nach) generell erst bei wirklich größeren Gefechten richtig hilfreich. SW hat die Besonderheit, dass man sie immer einsetzt, gerade wenn man Edges hat, die darauf abzielen.
Also klare Positionierungsinformationen sind m.E. IMMER nötig. - Da habe ich mich schon bei Cthulhu, UA oder Engel MÄCHTIG drüber geärgert, wenn auch bei kleineren Kampfszenen SCs plötzlich "teleportieren" können. - Und ich finde DISKUSSIONEN am Tisch, wie und wo nun wer steht viel nerviger, als schnell mal ein paar Figuren, Pappcounter (hatten wir bei Midgard sehr viele für alle möglichen Belange angefertigt), Würfel, Glassteine, Gummibärchen, was auch immer aufzustellen.
Spiel mit Miniaturen heißt nicht, daß man immer tolle selbstangemalte Edelmetalkunstwerke verwendet. Ich verwende im Normalfalle Papier-Faltfiguren (weil die sich in den benötigten Stückzahlen leicht herstellen lassen). Aber auch nicht immer. Manchmal nur für die SCs, während die Extras mit flachen Pappcountern auskommen muß.
MEINE Erfahrungen mit Miniaturen sind - nachdem ich (z.T. aus Verärgerung über D&D 3.0) eine Zeit total davon abgekommen war - durchweg positiv. Ich habe das ewige Diskutieren wer wo bei wem steht wirklich HASSEN gelernt. Einfache Visualisierungsmittel (Papierfiguren zähle ich dazu) helfen ENORM solche Spielzeitverschwendung zu vermeiden.
Daß ich 3D-Szenerien verwende, liegt daran, daß ich mir (statt Häkeln) das Schnippeln und Kleben von 3D-Szenerien als "rollenspielnahes" Hobby zugelegt habe. Das macht Spaß - vor allem, wenn man diese Szenerien dann auch in der Praxis verwenden kann. - Diese sind aber NICHT NÖTIG. Total "nice to have".
Wir haben spannendste Kämpfe mit einer Handvoll Papierfiguren und wenigen Linien auf einer Battlemat durchgeführt. Aber eben auch mit 2D-Szenerie/Tiles/Battlemaps und mit 3D-Modellen. Manchmal am selben Abend alles gemischt.
Es gibt Themen, bei denen ich die Finger von einer Savage-Version lassen würde - z.B. Ars Magica per Savage Worlds Regeln spielen zu wollen
...
der Kern der Begeisterung für Ars Magica liegt im Magie-System. Und da müßte man an Kernmechanismen von SW herumschrauben, was keine gute Idee ist.
Ich kann Savage Worlds für JEDES Setting empfehlen, bei dem die Begeisterung auf dem FLUFF und nicht auf dem Crunch des Original-Systems liegt.
Man kann einfach nicht alles damit passend machen. Vieles, aber nicht alles s.o.
Sag ich ja.
Meine Conversion-Perspektive ist - zwangsläufig - eine ganz persönliche. Liegt meine eigene Begeisterung bei einem Rollenspiel zu einem wichtigen Teil auf den Regelmechanismen, dann ist man leicht enttäuscht, was bei einer Savage Worlds Version herauskommt (wie ich selbst von der DL:R-Behandlung der Mad Scientists, die in DL Classic viel schöner gelöst ist).
Aber wenn ich am Fluff eines Settings meine Begeisterung habe und mir das Regelwerk egal (oder gar zuwider!) ist, dann kann ich eine Conversion empfehlen. - Es mag immer noch sein, daß der (eigentlich zwangsläufige) Pulp-Action-Helden- und Taktik-Filter, dem Setting-Fluff in der Conversion zuviel "Farbe" nimmt oder sie verfälscht, aber eine Conversion auszuprobieren ist da die eingesetzte Zeit durchaus wert.
Aktuell ist gerade tatsächlich eine DSA, nein, eine Aventurien-Conversion in Arbeit, die einen ganz guten Eindruck macht. - Ich hätte nicht gedacht, daß man bei DSA das Setting so stark vom Regeltechnischen lösen kann. Aber vorausgesetzt das geht, dann geht auch eine Conversion. - Nur WIRD sich das Spielgefühl ändern!
Man spielt IM alten Setting, aber man SPIELT Savage Worlds! - Das sollte jedem bei einer Conversion klar sein. Eine Conversion bildet das Setting in die Entwurfsstrukturen von Savage Worlds ab (Miniatureneinsatz empfohlen, Unterscheidung in Wild Cards und Extras, Trappings zur Differenzierung von Magiearten/-wirkungen, usw.).
Da kann dann Überraschendes herauskommen. Meine Experimente mit Babylon 5 haben ergeben, daß ich zwar eine B5-Conversion (keine komplette, sondern eine für den Hausgebrauch) machen kann, aber nur bestimmte Teile des umfangreichen Spektrums an Möglichkeiten im B5-Universum wirklich befriedigend mit Savage Worlds spielen kann (gerade die B5-Wars-Teile!), andere hingegen komplett an den Stärken von SW (Taktikspiel!) vorbeigehen, womit man zwar immer noch spielen kann, wo man sich aber vom Regelsystem mehr "Aufmerksamkeit" erwarten würde, die man nur bekommt, wenn man etwas "dazustrickt" (wozu ich keine Lust hatte - ich bin dann zu HeroQuest/HeroWars übergegangen und zu B5-Arkana-Karten; also immer weiter weg von der Taktik - und da war dann beim politischen Spiel und bei den persönlichen Tragödien viel mehr das Augenmerk auf diesen Setting-Elementen).
Da ich Engel als militärisches Rollenspiel auffasse, war auch eine Savage Engel Conversion in Arbeit, die ich aber, als mit Necropolis ALLE meine Wünsche nach Streitern für die Eine Wahre Kirche (tm) erfüllt wurden, ad acta gelegt habe. - Doch ist Engel ganz einfach anzupassen, da ja mit den D20-Regeln viel vorgelegt wurde. Engel 2.0 und Mater Ecclesia kann man so anpassen, wie jedes andere D20-Produkt auch. - Was dabei herauskommt, ist aber ein VIEL taktischeres und weit weniger "erzählerisches" Engel. (Das wäre auch bei der D20-Engel-Version meine Erwartung - gespielt habe ich Engel aber nie nach D20-Regeln.)
Hier zeigt sich: MEINE PERSÖNLICHE Wahrnehmung des Fluffs eines Settings ist der EINZIGE wichtige Aspekt, unter dem ich Sinn und Erfolg einer SW-Conversion betrachten kann.
Wenn ICH B5-GROPOS im Dilgar-Krieg spielen will, dann paßt SW BESTENS. (Wenn ich High-Poitics in Botschafterkreisen auf der B5-Station spielen will, dann weniger - nicht etwa "nicht", aber "nicht genug für MEINE Vorstellung".)
Mir fehlt vor allem skalierbarkeit und der schnelle überblick was im fertigkeitensystem mit einem bestimmten wert "drin" ist und was man nicht mehr schafft.
Das mit dem "was 'drin' ist" macht bei einem System mit "explodierenden" Würfeln die hohe Zufälligkeit schwer.
Savage Worlds hat einen recht hohen Zufallsanteil beim Handlungserfolg. Das sieht man ja schon daran, daß keine FESTEN Spielwerte (außer wenigen abgeleiteten Werten wie Parry) vorkommen, sondern Spielwerte von Attributen und Fertigkeiten als Würfelgröße angegeben werden. Das stellt IMMER eine "unsichere Kompetenz" dar. Es gibt kein Take-10 oder Take-20, womit man etwas ab gewisser Grundkompetenz SICHER erfolgreich kann. Wenn man würfeln MUSS(!), dann kann es immer JEDES MÖGLICHE Ergebnis (je nach Wahrscheinlichkeit) geben.
Das ist - ähnlich wie beim Urahnen Deadlands bzw. The Great Railwars - ABSICHT.
Die Entwickler WOLLTEN das so. - Wer Zufall nicht mag, oder vermeiden mag, der wird mit dieser "potentiellen Kompetenz" durch die Würfel-Attribute/-Skills nicht so recht glücklich.