Rezension Werwölfe [B!-Rezi]

Odin

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Werwölfe


Bei Werwölfe handelt es sich um die deutsche Übersetzung des in den USA bei Bézier Games erschienen Kartenspiels Ultimate Werewolf, das in Deutschland beim Pegasus Verlag erschienen ist.
Das Spielprinzip basiert laut den Anmerkungen in der Spielanleitung auf einem traditionellen russischen Volksspiel, das im Laufe der Zeit zu einem beliebten Partyspiel wurde. In den 80ern hatte es noch die italienische Mafia als Thema, bevor es sich in den 90ern zu der Auseinandersetzung zwischen Werwölfen und Dorfbewohnern hin wandelte. Spiele dieser oder ähnlicher Form sind auch schon bei anderen Verlagen erschienen, so z.B. Die Werwölfe von Düsterwald bei Pro Ludo oder Wolfmond beim Heidelberger Spieleverlag.
Das Spiel kommt in einer Box von der bei Pegasus für Kartenspiele üblichen Größe und enthält neben einem speziellen Notizblock für den Moderator und der Anleitung noch 80 Charakterkarten: 20 Dorfbewohner, 12 Werwölfe, 45 spezielle Charaktere (darunter die Seherin und der Moderator) und 3 Blankokarten für eigne Ideen.

Zum Spielablauf:
In Werwölfe stellen die Spieler entweder normale Einwohner eines kleinen Dorfes dar, oder blutrünstige Werwölfe, die das Dorf terrorisieren. Jede Nacht töten die Werwölfe einen Dorfbewohner und jeden Tag lynchen die Dorfbewohner einen vermeintlichen Werwolf. Um das Spiel zu gewinnen müssen die Dorfbewohner alle Werwölfe töten, während die Werwölfe lediglich die Anzahl der Dorfbewohner auf ihre eigene reduzieren müssen. Herauszufinden welcher Mitspieler welche Rolle spielt, ist die Schwierigkeit bei diesem Spiel, da jeder Spieler seine Rolle für sich behält.
Zuerst wird einer der Spieler zum Moderator bestimmt, der im weiteren das Spiel leitet und seine Mitspieler hindurchführt. Der Moderator ist es auch, der die im jeweiligen Spiel verwendeten Charaktere festlegt und den Charakterkartenstapel zusammenstellt.
Im Grundspiel sind darin immer die Seherin, eine bestimmte Anzahl Werwölfe (etwa einer für 5 Spieler) und ein Dorfbewohner für jeden weiteren Mitspieler vorhanden. Nachdem die Karten und somit auch die Rollen zufällig verteilt wurden, beginnt das Spiel mit der ersten Nacht. Alle Spieler schließen die Augen - das Dorf schläft. Der Moderator ruft nun die Werwölfe auf, die ihre Augen öffnen und sich umsehen dürfen. Nachdem sie sich gemerkt haben, welche Spieler die anderen Werwölfe sind, schlafen sie auf ein Kommando des Moderators hin wieder ein und schließen die Augen.
Als nächstes erwacht die Seherin und deutet auf einen beliebigen Mitspieler. Der Moderator zeigt ihr den Daumen nach oben, wenn es sich um eine Dorfbewohner und den Daumen nach unten, wenn es sich um eine Werwolf handelt. Danach schläft die Seherin wieder ein.
Der Tag bricht an und der Moderator lässt alle Spieler erwachen. Er eröffnet ihnen nun, dass ihr schönes Dorf von Werwölfen bedroht wird und fordert sie auf, einen aus ihrer Mitte zu wählen, der gelyncht werden soll. Hierzu darf jeder Spieler eine Verdächtigung gegen jeden anderen Spieler aussprechen, der sich daraufhin natürlich verteidigen darf. Zum Schluss gibt es eine Abstimmung, nach der ein angeklagter Spieler gelyncht wird, wenn mindestens die Hälfte der anderen gegen ihn stimmt. Danach bricht die Nacht an und das Dorf fällt wieder in Schlaf.
In der Nacht erwachen nun wieder die Werwölfe und einigen sich stumm mit Gesten auf ein Opfer, dass sie diese Nacht töten wollen. Nach den Werwölfen erwacht erneut die Seherin und setzt ihre Fähigkeit ein, bevor wieder der Tag anbricht.
Der Moderator verkündet nun den Tod des entsprechenden Dorfbewohners, die Dorfbewohner einigen sich wieder auf ihr Lynchopfer und so weiter, bis eine der beiden Fraktionen ihr Ziel erreicht.
Spieler, die entweder vom Dorfmob gelyncht oder von den Werwölfen getötet wurden, decken ihre Charakterkarte auf und scheiden bis zum Ende der Runde aus dem Spiel aus. Sie dürfen zwar dabei bleiben, sich aber nicht mehr aktiv beteiligen.
Dieses an sich simple Prinzip des Grundspiels kann nun im Erweiterten Spiel nahezu beliebig modifiziert werden. Die Anleitung enthält zu diesem Zweck eine große Zahl Regelvarianten, die sich von Charaktertausch über geheime Abstimmungsverfahren bis hin zu sich täglich zufällig ändernden Varianten erstrecken.
Die wohl interessanteste Art, das Spiel zu variieren, besteht jedoch darin, Werwölfe und/oder Dorfbewohner im Kartenstapel durch weitere spezielle Charaktere zu ersetzen. Die meisten Charaktere sind auf Seiten der Dorfbewohner zu finden, einige wenige auf Seiten der Werwölfe und einige weitere spielen für sich selbst und fügen so dem Spiel weitere Fraktionen hinzu (z.B. die Vampire), die dann gegen alle anderen spielen und ihre eigenen Siegesbedingungen haben.
Um bei der doch enormen Zahl an besonderen Charakteren nicht den Überblick zu verlieren, enthält die Anleitung eine Reihe von Szenarien, die jeweils ein eigenes Thema haben und abhängig von der Spielerzahl eine ausgewogene Mischung aus Charakteren vorgeben. Zusätzlich erleichtern Symbole und Wertigkeiten auf den Karten dem Moderator hier die Arbeit.
Aufgrund der Vielzahl an Charakteren kann Werwölfe mit einer für Spiele dieser Art gewaltigen Zahl an Mitspielern gespielt werden: wenn alle verfügbaren Charaktere mit integriert werden sind bis zu 68 Mitspieler möglich.
Die 24-seitige, vollfarbige Anleitung enthält neben den Grund- und Erweiterungsregeln noch Tipps für den Moderator, Vorschläge zum professionellen Einsatz des Spieles bei betrieblichen Teamschulungen, die erwähnten Szenarios und ausführliche Beschreibungen sämtlicher Charaktere und deren Fähigkeiten.

Bewertung:
Werwölfe ist mit Sicherheit das derzeit umfangreichste Spiel dieser Art auf dem Markt. Die Variationsmöglichkeiten sind alleine durch die riesige Zahl an speziellen Charakteren nahezu unbegrenzt. Während andere mit einem Dutzend aufwarten, bietet Werwölfe hier mal eben knapp viermal so viele, was den Langzeitspielspass und Wiederspielenswert stark steigert. Fühlt man sich am Anfang noch ein wenig erschlagen von so vielen Möglichkeiten, hat man nach ein paar Spielen oder Szenarien doch die weiteren Charaktere und Regeln schnell verinnerlicht.
Dabei ist auch die hervorragende Spielanleitung immer wieder hilfreich. Sehr übersichtlich und leicht verständlich gestaltet, findet man nach kurzem Nachschlagen schnell die gesuchten Informationen, wobei ein Farbkodierungssystem die Suche unterstützt.
Die Grafiken der Charakterkarten, die sich auch in der Anleitung wiederfinden, sind von guter Qualität und vermitteln sehr schön die Stimmung des Spieles.
Die Vorschläge, das Spiel bei betrieblichen Teamschulungen einzusetzen, sind begrüßenswert und mit Sicherheit vom Verlag gut gemeint, aber leider wohl doch wenig realistisch. Die Thematik des Spiels ist für solche Zwecke eindeutig zu wenig massenkompatibel. Zum Spielen in Vereinen, Kinder- und Jugendgruppen, Schulklassen, etc. sollte es gerade auf Grund der Zahl von bis zu 68 möglichen Mitspielern jedoch durchaus interessant sein.
Nichtsdestotrotz ist Werwölfe von Pegasus eine rundum gelungene Umsetzung dieser klassischen Spielthematik und kann jedem, der sich für diese Art von Party- oder Semi-Rollenspielen interessiert, bedenkenlos empfohlen werden.Den Artikel im Blog lesen
 
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