Rollenspieltheorie Wer Erklärt mir kurz die Rollenspieltheorie

Wirrkopf

Titan
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ich habe anlässlich der allgemeinen diskiussion hier bemerkt, dass ich absolut keine ahnung habe, was rollenspieltheorie eigentlich aussagt.

im thread rollenspieltheorie in euren augen, habe ich einen link gefunden der beschreibt, warum RPtheorie sinnvoll ist, was sie leisten soll, wozu sie da ist.

aber ich habe bisher immernoch nicht rausgefunden, wie sie funktioniert.

das rpg wiki habe ich frequentiert.

zu gameism simulationism und narrativism habe ich nur jeweils einen zweizeiler finden können, der meiner meinung nach nicht viel aussagt.

ich brauch input.

was sind die wichtigsten fachbegriffe, was sagen sie aus?
was sind die wichtigsten kernaussagen der theorie?
wie wendet man sie an?

stellt euch vor ihr müsstet einen beitrag für die sendung mit der maus über RP theorie schreiben.

erklärt mir die theorie so, dass ich sie verstehe.

wenn ihr das bei mir schafft, helft ihr vielleicht tatsächlich dem allgemeinen problem der akzeptanz der theorie und der zugänglichkeit der theorie für den ottonormalspieler.
 
AW: Wer Erklärt mir kurz die Rollenspieltheorie

Die Theorie ist ein recht schwammiger Begriff und daher kann deine Frage so eigentlich nicht beantwortet werden. Zumindest nicht ohne ein Buch zu schreiben.

Aber versuchen wir mal einen Überblick: Es begann damals, als es nur wenige Foren gab, nach meiner Erinnerung so um 1993/94 in den Newsgroups, dass sich einige Leute Gedanken zum Rollenspiel und dessen Betrachtung "von oben" machten.

Also "was ist Rollenspiel", "was für Spieler gibt es", und "was wollen diese erreichen und wie sind sie definiert". [wiki]Threefold[/wiki], [wiki]Fivefold[/wiki] und [wiki]Laws Spielertypen[/wiki] wurden darauf fußend definiert. Einige dieser Betrachtungen wurden in der Forge als Grundlage weiterentwickelt. Hier wurden Indie-Rollenspiele entwickelt und es begann ein K(r)ampf gegen dysfunktionales (nicht zielgerichtetes) und inkohärentes (nicht schlüssiges) Rollenspiel. Unter anderem kam dabei das [wiki]Big Model[/wiki] heraus und wurde als fertig erklärt (12/2005).

In der letzte Zeit kamen dann die Spielstildiskussionen vermehrt auf, wobei am lautesten die Diskussionen um Stimmungsspiel, Thematisches Rollenspiel und Abenteuerspiel zum Tragen kamen ([wiki]Settembrini[/wiki]).

Drumherum gab es natürlich immer viele weitere Theorieüberlegungen, die Teilaspekte aufgriffen oder sich konkreten Problemen widmeten.

Alles in allem wurden viele Namen für Situationen und Problematiken vergeben. Teilweise unnütz, teilweise wurden sie durch die Namensgebeung aber erst griffig und es konnte besser daran gearbeitet haben. Damit ist die Theorie eigentlich die Stütze für die Praxis und nicht Selbstzweck.

Besonders wertvoll finde ich daher oft die Betrachtungen von sehr erfahrenen Spielern, die sich die Theorie nicht als Schild um den Hals hängen. Und wenn ich dafür hier nur einen empfehlen dürfte, ist das *piiieep*.
 
AW: Wer Erklärt mir kurz die Rollenspieltheorie

Eine der verbreitetsten Theorien, das "Big Model" von Ron Edwards, habe ich mal im GroFaFo folgendermaßen zusammengefasst:

Was sind eigentlich die Kernaussagen der Forge-Theorie?

Rollenspiel ist eine soziale Aktivität
Rollenspiele werden von Menschen gespielt, weil sie Spaß daran haben wollen. Jede sinnvolle Betrachtung von Rollenspiel muss daher beim Spieler als realer Person anfangen, und nicht beim Charakter als fiktiver Person. Den Gesamtkontext sozialer Interaktion der Spieler nennen wir Social Contract (Gruppenvertrag).

Rollenspiel ist das gemeinsame Erschaffen von Fiktion
Die Mitspieler beim Rollenspiel erschaffen durch das Spiel ein imaginäres Geschehen. Dabei ist es erforderlich, dass das Bild in den Köpfen der Mitspieler im Wesentlichen übereinstimmt. Dieses übereinstimmende Bild nennen wir den Shared Imagined Space (gemeinsamen Vorstellungsraum).

Der gemeinsame Vorstellungsraum entsteht durch Verhandlung
Die Interaktion der Spieler am Spieltisch ist darauf gerichtet, bestimmte Gegebenheiten oder Ereignisse in den gemeinsamen Vorstellungsraum aufzunehmen. Das hin und her, das dabei entsteht, lässt sich am besten als Verhandlungsprozess begreifen. Nur wenn alle Spieler – und sei es auch stillschweigend – dem neuen Inhalt des Vorstellungsraums zugestimmt haben, kann das Spiel auf dieser Grundlage fortgesetzt werden. Dieses Gleichnis nennen wir das Lumpley-Prinzip.

System does matter
Als System bezeichnen wir die Regeln, nach denen der Verhandlungsprozess organisiert ist. Diese Regeln können geschrieben oder ungeschrieben sein. In einigen Gruppen weichen sie erheblich von den Regeln ab, die im Regelwerk stehen. Wenn euch daher jemand erzählt, auf das System komme es nicht an, dann meint er damit das gekaufte Regelwerk, und er sagt das, weil seine Gruppe sowieso nur sporadisch nach den Regeln im gekauften Regelwerk spielt, sondern vielmehr nach ihren eigenen Regeln, auf die es sehr wohl ankommt. Diese Regeln haben einen ganz entscheidenden Einfluss auf zwei Dinge, die beide gleichermaßen wichtig sind:

1) Was für Inhalte den gemeinsamen Vorstellungsraum prägen.
2) Was die Spieler tun, um diese Inhalte zu erzeugen.

Rollenspiel ist nicht gleich Rollenspiel
Die Art und Weise, wie Rollenspiel gespielt wird (siehe die beiden Punkte oben) unterscheidet sich von Spielgruppe zu Spielgruppe teilweise erheblich. Das liegt daran, dass unterschiedliche Spieler unterschiedliche Prioritäten beim Rollenspiel setzen. Die beste Chance auf eine dauerhaft funktionierende Spielrunde, an der alle Spaß haben, ist dann gegeben, wenn alle Spieler beim Spielen die gleichen oder zumindest ähnliche Prioritäten setzen. Wir sprechen von der Shared Creative Agenda (gemeinsamen Spielpriorität).

Achtung: Die Spielpriorität ist ein Gesamtbild! Sie lässt sich erkennen, wenn man das Spiel einer Gruppe über einen längeren Zeitraum betrachtet und dabei besonders Konfliktsituationen anschaut, in denen abweichende Prioritäten kollidieren könnten. Das heißt aber noch lange nicht, dass jede einzelne Handlung eines jeden Spielers genau in ein bestimmtes Muster passen müsste.

Die drei folgenden groben Spielprioritäten werden – im Rahmen des ominösen GNS-Modells – unterschieden:

1) Leistungsrollenspiel: Die Spieler stellen sich den Herausforderungen des gemeinsamen Vorstellungsraums, riskieren etwas, zeigen, was sie als Spieler drauf haben, und erreichen oder verfehlen ein bestimmtes Ziel. Manchmal versuchen alle Spieler, das gleiche Ziel zu erreichen, manchmal versuchen sie auch, sich gegenseitig zu schlagen. Wir sprechen von Gamism.

Achtung: Gam ist nicht gleich Powergaming! Das ist nur eine Untergattung.

2) Thematisches Rollenspiel: Die Spieler setzen sich mit den moralischen und menschlichen Dilemmata des gemeinsamen Vorstellungsraums auseinander, beziehen dazu als Spieler Stellung und treffen dadurch eine Aussage über ihren Charakter und/oder die Spielwelt. Wir sprechen von Narrativism.

Achtung: Nar hat nichts mit sogenanntem Storytelling oder cinematischem Rollenspiel zu tun! Beides ist i.d.R.:

3) Erlebnisrollenspiel: Die Spieler erfahren den gemeinsamen Vorstellungsraum (die Charaktere, die Welt, die Story) als etwas Eigenständiges, das sich zumindest teilweise ihrer Kontrolle entzieht, weil es von jemand anderem (dem Spielleiter, dem Verlag, dem Gesetz von Ursache und Wirkung) gelenkt wird. Zwar ist das Erleben des gemeinsamen Vorstellungsraums Teil jeden Rollenspiels, doch hier ist es die Top-Priorität. Wir sprechen von Simulationism.

Achtung: Sim hat nur gelegentlich mit komplexen, angeblich „realistischen“ Regeln zu tun. Meistens geht es dabei um Charakterspiel, Atmosphäre und „Story“.
 
AW: Wer Erklärt mir kurz die Rollenspieltheorie

Klingt eigentlich ganz gut, wenn auch eine Stufe theorethischer (aber auch weniger diskutabel) als das was einige hier als Auswüchse der Theorie deuteten.

Ich glaube auch das es recht allgemein verständlich ist. Zumindest kann ich behaupten einige meiner Erfahrungen und Erkenntnisse darin wiederzufinden. Ich könnte mir aber auch vorstellen das man es noch einfacher ausdrücken (oder mit Beispielen unterstützen) kann.
 
AW: Wer Erklärt mir kurz die Rollenspieltheorie

Beispiele sind ein seeehr zweischneidiges Schwert und haben schon zu vielen Missverständnissen geführt, fürchte ich.
 
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