AW: Welche der klassischen S&S-Helden habt ihr schon gelesen?
Horror schrieb:
Das nennt man vermutlich 'Unterschiedlicher Geschmack'!
Falsch vermutet. In Zeiten der Pisa-Studie nennt man das "Lernbedarf". Rein naturwissenschaftlich (und somit über jeden Zweifel an Objektivität und bösgläubiger Interpretierbarkeit erhaben) betrachtet enthalten 20 Seiten original Conan-Geschichten gleichviel Fantasy-Action, treffende Charakterisierungen, mitreißende Szenen, pointiertes Erzählen wie 500 Seiten eines modernen, als talentiert einzustufenden Autors oder wie 1500 Seiten Tolkien *gähn* Herr der *Augen reib* Ringe *schnarch*.
Mal weniger entstellt: Robert E. Howard (nur als Beispiel, Wagner oder Moorcock oder Leiber können da locker mithalten; Moorcock ist sogar bisweilen richtiggehend verstörend in seinen intensiven Bildern) bringt große Geschichten in knappem Raum mit lebhaften, packenden Bildern und einer für ihren Zweck in Eindrücklichkeit und Tempo bestens passenden Sprache dem Leser nahe. Moderne Autoren, die allesamt mit Mehrteilern, krebsartig wuchernden Über-Trilogien liebäugeln, schaffen das mit viel mehr Worten kaum. Und der "Alt- *keuch* Meister" Tolkien mag zwar eine tolle Idee für lauter neue Sprachen gehabt haben, aber sein Herr der Ringe ist eine dramaturgische Zumutung. Hier hätte ein Lektor das ganze auf die Hälfte oder weniger eindampfen lassen müssen - und was übriggeblieben wäre, das wäre immer noch im Vergleich zu Howards uninspiriertesten, von ihm selbst kopierten Stories weitaus langweiliger zu lesen gewesen.
Howard und Co. verwandten eine sehr dichte, knappe Sprache, in der viel Stimmung vermittelt wird, die einen von Satz zu Satz mitreißt - nein - durch das Erleben der Charaktere durchprügelt. Und eben WEGEN dieser knappen Sprache bleibt soviel Raum für die eigene Phantasie beim Lesen. Die Beschreibungen sind nicht sonderlich konkret, aber sie kommen so intensiv rüber, daß sie für jeden individuellen Leser erstaunlich konkret und eindrücklich sind - auch wenn eigentlich weniger dasteht, als man vor seinem inneren Auge beim Lesen wahrgenommen hat. DAS ist für mich der besondere Zauber, der von diesen Klassikern ausgeht. Hier wird keine Idee für eine Geschichte zerredet, hier seiern keine Weichei-"Helden" endlose Gedichte an noch endloseren Lagerfeuern herunter, hier kommen grundlegende, ungeschliffene Emotionen zu ihrem Recht. Das Animalische in Howards Geschichten (egal ob Fantasy, Horror, Western, Piraten, ...) ist der Motor für die Charaktere. Sie sind getrieben von ihrer inneren ungebändigten und unbändigbaren Wildheit, von dem immensen Wollen ihrer Seele, welches sie beständig weitertreibt. Sie sind nicht mehr oder waren noch nie Mitglieder, angepaßte Rädchen einer Gesellschaft. Sie sind die Helden, deren selbstgesteckte Grenzen alle Konventionen sprengen und die nur sich selbst verantwortlich sind - im Guten wie im Schlechten.
Das knistert nur so vor Macht, Sex, Gewalt - der Essenz der Männlichkeit. Wenn man Conan liest, dann gibt es nur zwei Arten von Lesern: diejenigen, die diese geballte Männlichkeit abkönnen, und die Weicheier. (Wobei ich sagen muß, daß ich die Solomon Kane Geschichten in Afrika auch nur geradeso ohne Zweifel an meiner eigenen Männlichkeit aufkommen zu lassen, lesen konnte - Solomon Kane ist für einen moderneren Charakter wirklich ein starkes Stück Mann, 100% pur.)
Nichts gegen die Conan-Filme mit Schwarzenegger - vor allem der erste ist immer noch ein Glanzstück an gutem Fantasy-Film aus einer Zeit, als Computertricks noch nicht gängig, billig und grottenschlechter Selbstzweck waren, sondern man noch mit nicht-virtuellen Mitteln einen Tempel oder ein Dorf abfackeln konnte (alles echte Brände, die sie für den Film dort gelegt hatten - ich bin beeindruckt). Aber der Conan der Filme ist noch zu harmlos, noch zu sehr der Gute, statt nur er selbst. Der Conan der Geschichten von Howard ist ein Harter Brocken (tm). Ich kann die Filme trotzdem empfehlen - bei soviel Scheißdreck wie dem unsäglichen Herrn der Zombies stehen diese meilenweit über dem Dung der Copy-Paste-Phantasielosigkeiten.
Doch nichts geht über das Lesen der Geschichten von Howard. Und wenn man schon dabei ist, dann auch gleich Solomon Kane mitnehmen. Es lohnt sich.
Horror schrieb:
*im Flüsterton*
Der Mann steht ja auch auf amerikanische Western....brrrr!
YEEEHAW! - Etwa solche wie die von einem gewissen Autoren namens Robert E. Howard? Na, dann ist ja noch nicht alle Hoffnung vergebens...
