Verlage/Händler Verlage und Professionalität

Bücherwurm

Bibliophil
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8. Juni 2004
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Wenn ich hier so manchen Eintrag im Forum lese, dann hab ich immer den Eindruck, daß die Leute denken hinter den Rollenspielverlagen stehen so gewaltige Konzerne und Firmen.

Mit diesem Mißverständnis will ich aufräumen: Denn die allermeisten Rollenspielverlage sind (um meinen Freund zu zitieren): "aufgeblähte Klitschen" - und das auf beiden Seiten des Atlantik.
Wie äußert sich sowas, mag sich der interessierte Leser fragen, ich liste mal ein paar der typischen Merkmale auf:

* unter 20 Angestellten (meist eher im 2 - 10 Bereich mit einigen freien Mitarbeitern).
* Mitarbeiter, die von der Verlagsführung wenig bis gar nichts verstehen (soll nicht heißen, das die nix auf die Kette bringen, nur das die wenigsten eine entsprechende Ausbildung haben).
* Produkte, die eindeutige Mängel aufweisen, sei es aus Geldnot oder aus schlichtem Unwissen (hier runter fällt natürlich auch eine verzögerte Veröffentlichung).
* Vernachlässigung von indirektem Support (wie Werbung, Kundendienst, o.ä.).
* schlechte Bezahlung und verzögerte Zahlung (ob absichtlich oder unabsichtlich sei mal dahingestellt).

Zugute halten muß man den Verlagen aber, daß sie sich zumindest (manchmal) bemühen professionell zu agieren - auch wenn das beileibe nicht immer gelingt - und in den allermeisten Fällen viel Herzblut in den Produkten steckt.

Die einzige Ausnahme von diesem Phänomen, die mir spontan einfällt, sind die Sorcerers of the Beach (Name von der Redaktion geändert), aber dafür agieren die stellenweise auch mit der Kaltschnäuzigkeit der Speznas.

Wie seht ihr das? Seid ihr von der Leistung der Verlage voll überzeugt? Oder gebt ihr mir am Ende gar recht?

Bis dann, Bücherwurm
 
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Bücherwurm schrieb:
Wie seht ihr das? Seid ihr von der Leistung der Verlage voll überzeugt? Oder gebt ihr mir am Ende gar recht?
Ist nichts neues. Trotzdem schwer zu sagen. Worin genau soll ich dir Recht geben?

Bücherwurm schrieb:
Die einzige Ausnahme von diesem Phänomen [...]
Von welchem Phänomen? Deine angesprochenen Punkte in der Gesamtheit? Oder meinst du einen einzelnen Faktor?
 
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Greywood schrieb:
Ist nichts neues. Trotzdem schwer zu sagen. Worin genau soll ich dir Recht geben?
Von welchem Phänomen? Deine angesprochenen Punkte in der Gesamtheit? Oder meinst du einen einzelnen Faktor?

Das Phänomen des "Aufgeblähten Klitschentums" ist gemeint, um dazu zu gehören muß man nicht beileibe nicht alle Punkte erfüllen, vor allem die Größe sollte aber da reinfallen.

Bis dann, Bücherwurm
 
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Bücherwurm schrieb:
Das Phänomen des "Aufgeblähten Klitschentums" ist gemeint, um dazu zu gehören muß man nicht beileibe nicht alle Punkte erfüllen, vor allem die Größe sollte aber da reinfallen.

Bis dann, Bücherwurm
Ach so. Nun, mit dem Begriff "Aufgeblähte Klitsche" kann ich so direkt nichts anfangen. Wenn aber demnach deine Kriterien dazu gehören und die Größe (< 20) das Wichtigste ist, dann ist das wohl weitgehend so. Wobei Mongoose inzwischen mehr als 20 feste Mitarbeiter hat. Über das Stamm-Personal von WW/Sword&Sorcery hab ich keine Vorstellung.
 
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Was ich an diesem "Phänomen" - und damit meine ich für meinen Teil jetzt eher die eingangs erwähnten Vorstellungen, die aus so manchem Forenbeitrag (und nicht nur hier) zu sprechen scheinen - wirklich interessant finde, ist, wie in sich widersprüchlich, die Wahrnehmung die manch einer von den Verlagen hat so oft zu sein scheint:

Da wird einmal die "aufgeblähten Klitsche" zum reinsten Grosskonzern umgedeutet... ...und sich dann im nächsten Atemzug darüber beschwert, dass dieser Grosskonzern scheinbar tatsächlich von Leuten betrieben wird, die auch gerne einmal ein Stückchen Butter auf ihrem Toastbrot hätten, und sich weigern einzig und allein von der Liebe ihrer Fans zu leben.

Es wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben, wie man sich gleichzeitig über Professionalität und Unprofessionalität beschweren kann.

Aber zurück zum eigentlichen Thema.

mfG
nsl
 
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@Greywood

Vielleicht bist Du aber auch aufgeklärter als die meisten hier :)

@BuG

Scharf beobachtet - und das war doch ontopic ^^

Bis dann, Bücherwurm
 
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blut_und_glas schrieb:
Es wird mir wohl ewig ein Rätsel bleiben, wie man sich gleichzeitig über Professionalität und Unprofessionalität beschweren kann.

Und weit über das Hobby Rollenspiel hinaus.
 
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Bücherwurm schrieb:
Wie seht ihr das? Seid ihr von der Leistung der Verlage voll überzeugt? Oder gebt ihr mir am Ende gar recht?
Beides.

Die Leistungen könnten durchweg besser sein, bei einigen Verlagen auch im besonderem Maße. Da das eher nicht zu bezahlen ist, bin ich mit der Situation insgesamt zufrieden. Dass es aber Kleinbetriebe sind, lässt sich in der Mehrzahl nicht abstreiten.
 
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Auch ich muss Bücherwurms Einschätzung zu den Verlagen und blut_und_glas' Eindruck von den Erwartungen der Leser absolut zustimmen.

Persönlich kann ich zwar nur aus deutschen RPG-Verlagen berichten, aber die werden durchweg von (teils ehemaligen) Enthusiasten in unterschiedlichen Graden der fortschreitenden Desillusion betrieben. Kaum einer, der da aus kaufmännischen Gründen hineingerutscht ist; es sind durchweg Leute, die die Chance ergriffen haben, ein Hobby zum Beruf zu machen.
Da ist tatsächlich meist viel Herzblut im Spiel, aber eben oft auch eine gehörige Portion Überforderung. Solche Klein-Verlage (um nicht von besagten 'Klitschen' zu reden...) müssen meist äußerst eng kalkulieren, haben dicke Auflagen ihrer Lizenzgeber und zudem in der 'Produktion' nicht viele Toleranzen, weil alles eng kalkuliert sein muss, um sich rechnerisch zu lohnen. Wenn da irgendwer irgendetwas verschleppt (Übersetzung, Lektorat, Layout - sei es nun fahrlässig oder durch bloßes Pech), dann geht das sofort zuungunsten des angestrebten VÖ-Termins und/oder der Qualität. Da niemand unfehlbar ist und auch in Kleinverlagen alles durch mehrere Hände geht, sind die Probleme nahezu programmiert - was dann natürlich auch noch oft Schneeballeffekt-mäßig auf die Folgeprodukte durchschlägt.
Selbst wenn im Verlag doch mal alles absolut glatt läuft, ist da dann oft noch die Druckerei, die Mist bauen kann. Oft ist es die billigste, in der dem 'Kleinauftrag' dann weder viel Zeit noch viel Mühe gewidmet wird. Das Ergebnis ist oft entsprechend, was zu weiterem Ärger und letztlich zu weiteren Verschiebungen führen kann.

Davon wollen die 'Fans' natürlich nichts wissen oder hören. Die erwarten die Leistungen eines Großkonzerns zu den Bedingungen (vor allem preislich) eines Fanproduktes. Dadurch entsteht beinahe zwangsläufig Unzufriedenheit, die dann wieder zurück zum Verlag getragen wird, sei es in Foren oder in den Rezensionen (die ja meist von mehr oder minder verhinderten RPG-Autoren stammen - das ist genau wie im Buchmarkt). Auf Dauer tötet das jede Beigeisterung für die eigenen Produkte und jeden Spaß an der Sache, was letztlich auch das heißeste Herzblut kühlt.

Erfahrungsgemäß äußert sich die Masse der Leser entweder negativ oder gar nicht. Ein guter Abverkauf in nahezu absoluter Stille (nach 2-3 guten bis durchwachsenen Rezensionen) ist meist das Optimum dessen, was Autoren und Verlage heute erwarten können.
Durch die Verlags-Foren, die in den letzten Jahren entstanden sind, ist die Sache oft nur noch schlimmer geworden. Auch dort geht fast ausschließlich negatives Feedback ein (schließlich ist alles so nett anonym!) und die Nutzer, die echte Fragen zu den Produkten haben, erwarten dann auch häufig gleich Support und Antworten in Echtzeit. Die Verlagsleute haben nun also nicht mehr nur indirekten Kontakt (über Verkaufszahlen und/oder Rezensionen im Netz oder in Zeitschriften), sondern auch direkten Kontakt zu ihren Lesern und deren ungefilterten Reaktionen, was zwar durchaus vorteilhaft sein kann, aber vor allem auch weitere Zeit verschlingt (ohne ernsthaft etwas einzubringen), die eigentlich besser in die Produkte investiert werden sollte. Wenn ein Verlag diese Zusatzzeit nicht aufbringt (und auch keine enthusiastische Userschaft hat, die da etwas puffert), dann gelten seine Vertreter gleich als arrogant, unfreundlich, desinteressiert oder gar unprofessionell.

Abschließend kann ich nur sagen, dass Kleinverlage von Menschen betrieben werden, die sich eigentlich nicht sehr vom (älteren Teil) ihrer Leserschaft unterscheiden, sich aber redlich um Professionalität bemühen. Da darf man m.E. etwas nachsichtig sein - und sollte auch mal laut und offen sagen, wenn einem etwas gefällt!

Meckern ist leicht, loben langweilig und selbermachen schwer. Bemühen darf man sich dennoch - so wie es die desillusionierten Ex-Fans in den Verlagen hoffentlich auch (noch) tun...

Ciao,
RN
 
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Was mich mal interessieren würde:

- Gibt es neben den angesprochenen WotC noch andere "Großverlage"?
- Wie viele Angestellte haben White Wolf, FanPro, Feder & Schwert,...?

Danke im Voraus!

greetz

Tram
 
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Ich kenn mich nicht so aus, darum frage ich ja. Für mich als unwissenden Rollenspieler sieht es so aus, als sei WW zum Beispiel ziemlich groß. Immerhin hauen die andauernd Bücher raus, die sehr professionell gemacht sind.

greetz

Tram
 
AW: Verlage und Professionalität

Ich denke, b_u_g wollte in seiner ihm eigenen Art verdeutlichen, daß es neben WotC keine weiteren Großverlage gibt. Die Abkürzung "WotC" wird ihm sicherlich geläufig sein.
 
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Was? WotC ist eine Abkürzung? Ich dachte das ist ein tschechisches Verlagshaus.

mfG
nsl
 
AW: Verlage und Professionalität

Tram schrieb:
Ich kenn mich nicht so aus, darum frage ich ja. Für mich als unwissenden Rollenspieler sieht es so aus, als sei WW zum Beispiel ziemlich groß. Immerhin hauen die andauernd Bücher raus, die sehr professionell gemacht sind.
White Wolf hat knapp 20 Leute, von denen aber gut die Hälfte im Lagerhaus, dem Vertrieb, der Buchhaltung und dem Management arbeiten. Zu Hochzeiten waren es IIRC so knapp über 30, aber das ist schon ein Weilchen her (vor so etwa 7 bis 10 Jahren). FanPro dürfte ähnlich groß sein, mit mehr Leuten, die im Vertrieb arbeiten, und weniger festen Redakteuren und Art Directors.

F&S hat 8 Festangestellte + 2 Leute, die aushelfen (wenn ich mich nicht verzählt hab) - von denen aber viele in verschiedenen Bereichen aushelfen (müssen).

Chaosium hat glaub ich 5. Eden hat 2 Festangestellte IIRC, Palladium hat 1 (nämlich Kevin Simbieda) - da wird dann auch die Abgrenzung zum Fandom schwierig.

Bis dann, Bücherwurm.
 
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Niedertracht schrieb:
Ich denke, b_u_g wollte in seiner ihm eigenen Art verdeutlichen, daß es neben WotC keine weiteren Großverlage gibt. Die Abkürzung "WotC" wird ihm sicherlich geläufig sein.

Wer ist b_u_g? :D

Ciao,
RN
 
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Ich sehe das so: Professionalität ist eine Frage der Einstellung. Man muss nicht viel Geld verdienen oder viele Mitarbeiter haben, um professionell zu sein. Vielleicht kann man sich Professionalität im Rollenspiel-Geschäft nicht leisten, wenn man jedes Jahr 10 neue Titel rausbringen muss, um etwas Geld in die Kasse zu kriegen. Ich würde es aber lieber sehen, wenn mehr in das Testen und inhaltliche Ausfeilen der Produkte gesteckt würde, und weniger in Artwork und Hochglanzpapier. Außerdem: Testen kostet nichts. Es gibt doch genügend Fans, die das gerne ehrenamtlich übernehmen. Das einzige Problem: Man muss dann länger auf die Veröffentlichung warten.
 
AW: Verlage und Professionalität

Das einzige Problem: Man muss dann länger auf die Veröffentlichung warten.

Stichwort E. Studios.

Es macht einfach keinen Spass, 3-5 Jahre auf angekündigte Produkte zu warten. Playtesting hin oder her, dann macht man eben besser keine Ankündigungen anstatt die Fans JAHRELANG auf ein Produkt zu vertrösten.

-Silver, Beyond Human Forever.
 
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