Rezension Opus Anima

G

gelöscht 1282

Guest
Opus Anima


Grundregelwerk


Bereits bei Degenesis schätzte ich das jemand sein Spiel kostenlos veröffentlicht und wie damals sage ich nur ‚Hut ab!’ vor solch einer werbewirksamen und generösen Einstellung. Beim ersten durchblättern des Buches wich meine Skepsis der Begeisterung, denn das ganze Werk wirkt wie aus einem Guss - keine Ausrutscher, keine halbfertigen Bildchen, kein Mischmasch aus verschiedenen Stilen. Da ich viel pdf’s lese ist das Layout einer der entscheidenden Punkte ob ich Kopfschmerzen bekomme oder den Text genießen kann. An dieser Stelle war ich dann schon überzeugt, das selbst wenn der Inhalt nicht mein Fall ist, ich auf alle Fälle den Layouter stehlen und an meine Lieblingsverlage verkaufen würde. Es ist nicht zuviel Text auf den Seiten, aber durch viele Anmerkungen aufgelockert. Trotz verspielten Zeichensätzen und Wechsel von Weiß auf Schwarz und Schwarz auf Weiß klar und flüssig lesbar. Die reichhaltigen Zeichnungen sind eingebunden und vermitteln klar und deutlich das Bild der Spielewelt. Als ich dann Anfing zu lesen war ich schon fast den Freudentränen nahe, als mir auffiel das der Autor tatsächlich der deutschen Sprache mächtig ist und dieses Werkzeug auch gebrauchen kann, um lebendige Bilder in der Fantasie des Betrachters zu zaubern.

Nun aber zum Inhalt. In einer Welt die aus verschiedenen Landscherben besteht die im Äther treiben und durch Stahlgerüste verbunden sind, herrscht ein Kaiser über das Reich, das ungefähr dem Kaiserreich Deutschlands vor 1914 entspricht. Statt Elektrizität gibt es den Dampf mit dem allerhand fantastische Maschinen betrieben werden, bis hin zu beseelten Automaten. Der Äther ist schiffbar und ersetzt die Weltmeere. Die Beschreibung wird vom allgemeinen immer spezifischer, von der Welt zu einem Land, von einem Land zu einer Stadt, von der Stadt zu einzelnen Sehenswürdigkeiten. Dabei werden auf das Verhalten der Bewohner und deren Einstellungen immer eingegangen. Außer dem Menschen gibt es noch vier weitere Spielerrassen, die Spielern Möglichkeiten geben, die gerne was mit Fell oder Klauen spielen möchten. An dieser Stelle tritt meiner Meinung nach auch ein altes Problem auf und zwar das der Sinneswahrnehmung. Die Abara haben Thermalsicht, sind aber kurzsichtig, die Sanherib haben ein anderes Farbspektrum und die Brunad, haben einen hundeähnlichen Geruchssinn. Bereits jetzt sollte dämmern, dass der Spielleiter für einen Raum oder eine Person entweder vier verschiedene Beschreibungen gibt oder es für selbstverständlich nimmt das alle nur über Menschensinne verfügen. Das für die Rassen auch völlig verschiedene Weltauffassungen bzw. Realitäten existieren, da durch die Sinneswahrnehmung die Realität erst geschaffen wird, darauf geht der Autor nicht ein. Aber da mache ich ihm kein Vorwurf, die wenigsten Rollenspiele bedenken das.

Obwohl das viktorianische Zeitalter bereits Horror genug für mich ist, kommt jetzt das Kapitel über die Übernatürlichen. Einzelnen Wesen, in dem Fall die Spielercharaktere, wurde die Seele geraubt. Normalerweise sollten sie Tod sein, aber eine gottähnliche Energie hat sie vom Tod bewahrt, allerdings nicht unbedingt vom Sterben. Diese Energie und die Wesen die diese Energie verteilen, sind in 7 Wege aufgeteilt, die allesamt ihre Nachteile mit sich bringen, zum Beispiel das man ein verrottender Leichnam ist, seine Eingeweide verloren hat oder sein Gedächtnis ständig verliert. Letztere Figur machte bei einem Probespiel mir auch ungeheuer Spaß – endlich konnte ich mal Memento (Kinofilm) nachspielen. Aber aus der Not mach eine Tugend und so haben dann alle diese Wege auch ihre Vorteile - wer Tod ist, braucht keinen Schlaf und wer sich nicht erinnert, sammelt sein Wissen auf andere Art und Weise. Die Charaktere sind alles Splitter von einer Seele und so gibt sich von vorneherein ein Grund zusammen zu arbeiten, man ist ja Seelenverwandt. Die Seelenräuber hingegen setzen ihre Arbeit fort und so ist ein Konflikt in dem Schatten der Gesellschaft gegeben.

Die Regeln sind einfach, schnell und robust. Es wird ein Würfelpool gebildet aus Attribut + Fertigkeit und bei einer 50% Chance hat man Erfolg. Die Anzahl der Erfolge entscheidet ob etwas gelingt oder nicht. Auf der SPIEL 08 habe ich mich aufs ausführlichste mit Andreas Steiner unterhalten, der unter anderem für die Regeln zuständig ist und er versicherte mir, das es eine zufällige parallele Entwicklung zum Ubiquity System (Hollow Earth Expedition) ist, welches als bestes RPG 2007 mit dem Ennie ausgezeichnet wurde. Der Kampf ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, da innerhalb einer Kampfrunde sich die einzelnen Werte für Attacke und Parade verschieben und gerade dies taktische Möglichkeiten eröffnen. In der Umsetzung bei einem Probespiel gelang es aber ohne Probleme das Flair der Welt mit Degenkampf und Duellpistolen einzufangen.

Fazit:
Obwohl es ein Spiel ist, das mich thematisch nicht Bohne interessiert, sehe ich hier den Lichtstreifen am Horizont des deutschen Rollenspielhimmels. Ich betone gerne noch einmal das es sich hierbei um ein Erzählrollenspiel handelt, ARS’ler können gerne was anderes spielen, hiermit werden sie nicht glücklich.Den Artikel im Blog lesen
 
Zurück
Oben Unten