Lugg und Trug: Wollen Sie eine Ikone kaufen?

Abenteuerspiele verfügen grundsätzlich über dieselben Regelmechanismen wie Rollenspiele, und dazu gehört natürlich auch die Charaktererschaffung. Bei John Sinclair und Justifiers können die Spieler mithilfe von Generierungspunkten ihren ganz eigenen, individuellen Charakter basteln, bevor das Spiel beginnt. Für einen schnellen Spieleinstieg werden aber auch vorgefertigte Charaktere angeboten, die ein so breites Spektrum von Möglichkeiten abdecken, dass viele Spieler schon in einem dieser „Archetypen“ ihren persönlichen Wunschkandidaten wiederfinden.
Das ist keine neue Idee; auch die meisten Rollenspiele bieten etwas in dieser Art an. Lugg & Trug geht da allerdings noch einen Schritt weiter, indem es ausschließlich vorgefertigte Helden zur Verfügung stellt, und nicht nur das, diese sind auch noch ikonisch.
Hä?!? Ikonische Helden? Watt soll das denn sein? Is’ das überhaupt ein richtiges Wort? Naja, es ist durchaus ein richtiges Wort, aber wie so oft eher im englischen Sprachraum angesiedelt und dürfte damit so manchen Anglizismen-Alarm auslösen. Ursprünglich beschreibt eine Ikone ein Heiligenbildchen der orthodoxen Kirchen, im erweiterten Sinne kann man darunter eine allgemein bekannte Abbildung mit hohem symbolischem Wert verstehen, die beim Betrachter sofort eine starke Assoziation mit bestimmten Eigenschaften hervorruft. Ein ikonischer Held in einem Spiel ist demnach etwas, unter dem sich jeder Spieler sofort etwas vorstellen kann.
Bei einigen Helden ist das leichter als bei anderen. Wenn ich sage „Der Zwerg“, dann hat jeder, der sich mit Fantasy beschäftigt, sofort ein klares Bild vor Augen. Wenn ich noch hinzufüge „er ist Drachenjäger“, dann ist der Charakter im Grunde schon fertig. Da gibt es sicher noch viele Feinheiten, die ein kreativer Spieler mit einem komplexen Charaktererschaffungs-System hinzufügen könnte, aber am Ende kommt immer noch ein Held heraus, der sich in den allermeisten Rollenspielsituationen genauso verhält, wie man es erwarten würden.
Bei Lugg & Trug versuche ich Helden anzubieten, die über vergleichbar starke ikonische Charakterzüge verfügen und gleichzeitig das gesamte gängige Fantasy-Helden-Spektrum abdecken. Dann wollen wir mal schauen, ob mir das auch gelungen ist – wir haben: Gragg, den Barbaren, Melissa, die Ordenskriegerin, Xam, den Zwerg, Flämmchen, die Fee, Tamya, die Hexe, Baltasar, den Magier, Nazomi, die Diebin und Giacomo, den Barden. Na, was habe ich gesagt? Bei manchen ist es ganz leicht, bei anderen fällt es schon deutlich schwerer. Bei Melissa sollte noch hinzugefügt werden, dass ich sie im geschlechtsneutralen Englisch als „Paladin“ bezeichnen würde (werde?), also die gesegnete, heilige (und heilende) Kriegerin. Bei Tamya sollte man hinzufügen, dass sie vom Volk der Amazonen abstammt, während Baltasar eher der Typ blasser Jüngling mit Kampfzauber-Repertoire ist.
Das sind die acht Helden, aus denen du für das Spiel einen auswählen müsstest. Eigentlich sollte da für jeden Spielertyp etwas Ansprechendes dabei sein, und bei den Spieltests hat sich bislang niemand beschwert, dass etwas fehlen würde. Aber vielleicht waren die Testspieler auch einfach nur sehr höflich und haben deshalb nichts gesagt – das ist gut möglich, denn selbstverständlich sind alle meine Testspieler ausgesprochen höfliche und freundliche Menschen! (Einen schönen Gruß und herzlichen Dank an dieser Stelle – das nächste Abenteuer ist bereits in der Mache!) Aber wenn du jetzt beim Lesen doch eine deutliche Lücke gefunden hast, oder auch einfach nur eine Lücke, dann schreib mir bitte oder erzähl es mir auf einer unserer Veranstaltungen. Die Liste der Helden wird nämlich im Laufe der Zeit durchaus erweitert.
Im Großen und Ganzen bleibt es aber bei einer kleinen Gruppe ikonischer Helden, und das hat neben dem genannten noch einen weiteren Grund: Die Helden stehen nämlich nicht nur ikonisch für typische Fantasy-Helden, sie sollen darüber hinaus auch ikonisch (also stellvertretend) für die Fantasy-Spielreihe stehen, die mit Lugg & Trug ihren Anfang nimmt. Die Inspiration dafür sind vor allem die ikonischen Pathfinder-Charaktere, die immer wieder auf den Covers und im Anhang der Abenteuer erscheinen. Aber auch bei John Sinclair gibt es diese Ikonen, die mir während der Testspiele ans Herz gewachsen sind: Inspektor Bob „der Baumeister“ Griffin, der ewig im Schatten des Sohnes des Lichtes steht, Julia Higgins, die unverschämte Privatdetektivin, der etwas tollpatschige Pater Ian Ireland und der unglaublich stoische Personenschützer Marc Murphy, um nur einige zu nennen. Wenn es mir gelänge, bei den Spielern vergleichbare Sympathien für die Helden aus Lugg & Trug zu erwecken, dann würde mich das sehr freuen.

Continue reading...
 
Zurück
Oben Unten