Ob LARP oder P&P, beides hat fraglos seine Vor- und Nachteile. Den Hauptvorteil des LARPs sehe ich gegenwärtig für mich schlicht und ergreifend darin, dass ich dafür Mitspieler habe. =D
Auch wenn ich zu meiner aktuellen Runde immer ca. ne Stunde fahren muss. Freunde vor Ort kann ich aber ums Verrecken nicht fürs P&P oder Rollenspiel generell begeistern. Und bestehende Runden an meiner Uni gefunden hätte ich bisher auch noch nicht. Das ist leider ein wenig suboptimal und das Ergebnis dieser gewissen elitären Verhältnisse, welche manche Gruppen meiner Erfahrung nach versuchen krampfhaft aufrecht zu erhalten…
Was mich nun persönlich am LARP tatsächlich fasziniert ist zu aller erst mal das Verkleiden und das damit verbundene schlüpfen in andere Rollen, welches man nach außen hin darstellen kann. Ich liebe das einfach – und zwar bevorzugt NICHT an Halloween oder Fasching weil meine Kostüme dafür durchaus etwas zu….naja, eigen sind und ich keine Lust habe mir diese „Investitionen“ durch nen verschütteten Cocktail ruinieren zu lassen.
Im LARP an sich bin ich ein totaler Ambiente-Fetischist. Plot geht mir kreuzweise am Allerwertesten vorbei und jeder Kampf, in den ich STETS nur widerwillen verwickelt werde ruft bei mir lediglich Zähneknirschen hervor, denn ja, das wirkt für mich meistens tatsächlich nur lächerlich und absolut nicht spaßfördernd. (Ich bau mir aber auch wirklich nie kampffähige Figuren, egal in welchem RPG-Medium, PC ausgenommen…lol)
Ich will einfach nur versuchen dichtes Charakter-Spiel zu haben. Das geht –meiner Meinung nach- im LARP eher als im P&P. Letzteres hat –meiner Erfahrung nach- weit mehr Offplayblasen. Ich finde, im LARP kann man in einer guten Runde den Charakter weit intensiver spüren als wenn man letztlich nur am Tisch sitzt und seine Geschichte lediglich erzählt.
Das große Aber an der der Sache ist allerdings, dass die Larp-Erfahrung durch jede kleine Offplay-Geschichte ziemlich böse beeinträchtigt werden kann. Mich zum Beispiel bringt schon das Ansagen der Disziplinen immer ziemlich auf die Palme und wirft mich total aus meiner Rolle weil ich dann in der Regel ebenso OT antworten muss, besonders bei dem Klassiker „Auspex 2: was fühlst du?“….
Diesen „Bruch“ erfahre ich im P&P weit weniger krass.
Um aber nochmal auf die Kostümgeschichte zurück zu kommen:
Wenn ich jemals irgendwo die Gelegenheit bekomme, meine Tzimisce-Ahnin ins Larp zu übernehmen, dann werde ich –sofern die Location es zulässt, ne Burgruine wäre wenig geeignet dafür, wie ich zugeben muss- ein verdammtes 150 Jahre altes Ballkleid tragen, dem man die Jahre nicht unbedingt ansieht, aber durchaus anriecht. Und das Kleid sieht nicht nur so aus, es IST so alt(und ich liebe es xD). Und ich werde – auf die Gefahr hin, dass es niemand versteht – die Fächersprache praktizieren.
Womit wir an einem ev. Wirklich entscheidenden Punkt wären: LARP ist, wenn es halbwegs glaubhaft sein soll, verdammt viel Arbeit. Wer einen alten Char spielen will MUSS sich eigentlich mit verworfenen Moralvorstellungen, antiquierten Idealen und Gesellschaften sowie mit vergessenen Bräuchen vertraut machen, weil das –meiner Meinung nach- verdammt viel zur Dreidimensionalität –die das Larp letztlich fordert- beiträgt und Stimmung schafft.
Auch wenn man die Vorschrift hat „absolut maskeradekonformes Auftreten“ –was übrigens die Kostümkosten ziemlich relativiert- ist der geistige/kulturelle Hintergrund des Charakters sehr wichtig.
Meine Malkavianerin ist jetzt schon en Stück über 100 Jahre alt. Kleidung ihrer Epoche liefe der Maskerade zuwider. Aber nichts desto trotz ist ihre Person doch ziemlich im späten 19.JH verankert. Sprich: Sie mag Psychiaterin sein, aber ich hab mir tatsächlich die Mühe gemacht, mich durch die Psycho-Literatur ihrer Zeit zu lesen und davon einiges abzuspeichern. Phrenologie? Klar, sofort. Eiswassertherapie? Funktioniert garantiert! Und Lobotomie war tatsächlich ausgesprochen hilfreich, keine Ahnung warum das abgeschafft wurde...*hüstl*
Das sind Dinge, die ich im Spiel zwar so gut wie nie an den Mann bringen kann, die aber letztlich den Char –wenn es doch dazu kommt- durchaus ein wenig glaubwürdiger machen.
Im P&P ist das ja insofern einfacher dass, wenn der Tremere mich fragt wie z.B. die neusten Forschungsergebnisse in Sachen Demenz aussehen, schlicht ein Blick auf die entsprechenden Punkte auf meinem Charbogen geworfen werden und dann rollen ev mal noch die Würfel.
Im Larp ist es mein persönliches Glück wenn ich dazu was OT gelesen habe und es an den Mann bringe und es dann ev sogar noch versuche mit dem eigentlich veralteten Wissenstand „meiner Zeit“ zu relativieren bzw. es damit werte oder eben mein Pech wenn ich ausweichend sagen muss „das, werter Herr, ist nun doch ein zu weites Feld“…
Den großen Nachteil im Larp seh ich vor allem darin, dass es, wenn man junge, unerfahrene Chars z.B. spielen will aber ein riesen Backgroundwissen hat, nicht zufällig weit zu viel Fachwissen auszuspucken.
Ein klassischer Torri-Neugeborener wird z.B. wohl kaum ein Referat über die diversen Dynastien der tzimisc’chenWidergänger halten können.
Generell ist die Trennung Spieler/Rolle häufig weit schwieriger, so kommt es mir zumindest vor.
Zum einen, weil es eher sanften Gemütern mitunter recht schwer fällt den wirklich rüpelhaften Brujah überzeugend raushängen zu lassen.
Außerdem ist es teilweise wirklich schwerer in seinem Charakter zu bleiben, wenn man OT gerade viel um die Ohren hat, gesundheitlich angeschlagen ist oder sonstwas.
Was die Sache mit dem Erscheinungsbild angeht….egal ob zum Positiven oder Negativen… EIGENTLICH lässt sich das via Make-Up und entsprechender Kleidung durchaus recht einfach variieren. Um zum Nossie zu werden braucht man eigentlich nicht viel, außer ein wenig Phantasie… Aber die entsprechenden Farben angebracht aufzutragen ist nun wirklich nicht schwer und Peeling trocknen lassen gibt mitunter auch nen geilen Effekt von absolut abstoßender Hautstruktur.
Was Erscheinungsbild 4/5 angeht: Nunja, das bedeutet ja mal zu allererst nicht, dass der entsprechende Charakter tatsächlich eine Schönheit ist. Da geht ja auch hinein wie viel er aus sich macht oder eben nicht und wie seine Ausstrahlung letztlich ist. Ein schönes Gesicht lässt sich sehr leicht Schminken (gibt tolle Profi-Make-Up-Tutorials auf Youtube) und die Ideale einer perfekten Figur sind in den meisten Epochen und Kulturen unterschiedlich. Das sollte man auch beachten.
Man will einen überdurchschnittlich attraktiven Char spielen, ist aber ein Pummelchen und entspricht damit der aktuellen, westlichen Idealvorstellung nicht? Naja, dann passt man den Hintergrund eben entsprechend an.
Man will ein Sexsymbol sein, hat aber leider nur ne A-Oberweite? Nunja, is noch nicht soooo viele Jahrhunderte her, da galt das als Ideal… und auch wenn man selbst nicht so alt ist, dass sowas als Rechtfertigung dienen kann: Ev ist es ja der eigene Erzeuger gewesen?
(Dennoch unterstütze ich keine 200kilo Elben im Pannesamt-Dress. Schon allein, weil Pannesamt sowieso nur noch dicker aufträgt und eben schlechte Stoffqualität ist, was wiederum den Erscheinungsbildwert drückt… mMn)
Viele Larp“-Probleme“ sind eigentlich nur oberflächlich gegeben. Auch das mit dem „Du kannst was du darstellen kannst“ ist zunächst mal nicht verkehrt. Es geht ja ums Ambiente, das ist mir beim Larp einfach sehr, sehr wichtig. Außerdem sollen alle Spaß am Spiel haben. Und dafür ist idR Authentizität durchaus hilfreich. Erfahrungsgemäß kann man Dinge bzw. kann zumindest Dinge lernen, die einen Interessieren und auch Spaß machen. Das birgt dann natürlich teilweise wieder die Gefahr der mangelnden Differenzierung Char/Spieler, aber mit ein wenig Selbstironie und einem gewissen Selbstbewusstsein lässt sich da durchaus was machen – und das sage ich, als jemand der eigentlich eher stets die Klappe hält und nur zuhört. ^^
Es macht mir hin und wieder dann durchaus Spaß im Larp den belehrenden Alleswisser raushängen zu lassen wo ich IRL eher der Typus „rennt ihr Rinder doch dem Schlachter entgegen, ich schaus mir auch an, wenn ihr so drauf besteht“ bin….lol
Oder wahlweise auch mal eine kleine Streiterei zu provozieren wo ich selbst als Person gar nicht weiter bohren würde (ok, ich finde Streits immer sehr erheiternd weil lächerlich albern)
Aber ja, letztlich ist LARP wohl durchaus eher eine Angelegenheit für Leute, die wirklich gezielt etwas abschütteln wollen bzw. einen Hang zum mimischen Darstellen haben (sprich: Kompensation vs. Laienschauspiel). Ich bin purer Vampire-Larper. Fantasy wäre nix für mich.
Gerade weil letzteres doch NOCH MEHR zur puren Egokompensation missbraucht wird als diverse andere Larp-Varianten. (Isev noch so en Punkt: Fantasy, WoD, Endzeit, etc lassen sich hier nur bedingt vergleichen, aber man schert sie über einen Kamm, wenn man von LARP als Allgemeinbegriff spricht)
Im Vampire mache ich mir –nicht zuletzt- auch effektiv den Spaß unnützes Wissen über historische Sitten einfach mal anzuwenden/auszuleben, davon hab ich einfach viel zu viel und eben auch teilweise entsprechende Kleidung/Accessoires (übrigens alles zu absolut moderaten Preisen erworben. Die Finanzierung issogesehen nicht das Hauptproblem.)
Auch drücke ich mich gerne recht hochgestochen bis altertümlich aus, allerdings ist das auch nicht so wirklich alltagstauglich. Spielt man einen alten Vamp im LARP kann man damit aber auch mal tatsächlich ein wenig „hausieren“ gehen, sofern es denn zum Konzept passt.
Was die Location anbelangt: Ein Pub als Elysium des Prinzen, und das dauernd, ist tatsächlich eher schwach, einfach weil die Umgebung auch die Konzentration IT effektiv zunichte machen kann. Aber ich persönlich habe kein Problem damit, mir vorzustellen, dass die Burgruine, auf der wir hin und wieder spielen, ein ehrwürdig hergerichteter Schlosshof/Saal ist. Oder eben mal eine Kunstgalerie.
Wobei ein echter Ballsaal dem Ganzen natürlich nochmal ein Sahnehäubchen aufsetzen würde. =D
Solange die Schauspielerei funktioniert bin ich zufrieden. Und wenn mir ein Darsteller wirklich Angst machen kann (und ja, wir haben so einen. Malk. Aber die ganz Böse Sorte. Wenn der fertig mit einem ist hat man wirklich die Stimmen im Kopf, und das ganz ohne Diszi-Anwendung. DAS find ich einfach echt geil muss ich mal sagen!!) oder es wirklich schafft, dass ich seinen Char IT leidenschaftlich hassen lernen oder so etwas, dann macht Larp wirklich verdammt viel Spaß.
Und solange ich mich nicht für mehr als 1,2 Darsteller fremdschämen muss (OT für ihr IT-Auftreten) tun mir auch ein par Ausrutscher anderer daran keinen Abbruch. =D
Und wenns nur en schlechter Tag des jeweiligen Spielers war sowieso nicht.
Aber es stimmt wohl schon: Innerlich muss man, glaub ich, schon ein irgendwie verkappter Torri mit nem gewissen Malk-Schlag sein, damit man so spielen kann, dass es einem selbst UND den anderen auf Dauer Spaß macht. Larp ist ja an sich auch erstmal nur Improvisationstheater. Und da gehört dann auch ne gewisse Leidenschaft für das Darstellerische sowie das Verkleiden hinzu - und eben ein guter Zugang zu der Gruppe sowie ihrem Spielkonzept an sich.
Wenn das nicht passt, dann kann man jedes RPG –egal ob P&P oder Larp- wohl knicken.
Und was letztlich egozentrische, aufgeblasene Selbstbeweihräucherungs-Larper angeht... hab ich auch schon ne gewisse Erfahrung mit.
Ich hab hier versucht möglichst alles darzulegen was ich als essentiell für eine schöne Runde empfinde. ABER: Es kommt gerade bei der Geschichte mit der glaubhaften Darstellung vor allem auf den Willen und das ernsthafte Versuchen an, kurz: auf das Herzblut. Ich bin teilweise von Larp-Einsteigern wirklich schon verdammt beeindruckt wenn man sieht, wie viel da investiert und an Hintergrund-Info angehäuft wird, um glaubhaft spielen zu können. Auch wenn Darstellung und Kostüm dann teilweise nicht recht ausgereift sind, macht das imho sehr viel aus (wenigstens empfinde ich als selbst relativ frischer Larper das genau so).
Aber, wenn dann Spieler, die eben 10 Jahre mehr Larp-Erfahrung mitbringen ankommen und von Qualitäten sprechen, die implizit verdeutlichen sollen, dass es für uns "Newbies" eine Gnade ist mit ihnen interagieren und von ihnen lernen zu dürfen (macht man nicht immer noch seine eigenen Fehler?), dann hört der Spaß auf, vor allem wenn dann noch der Begriff "Reife" fällt und eben jene ach so erfahrenen Spieler bei jeder Gelegenheit Plots sprengen und Einsteiger fast schon gezielt überfordern.
Meine Konsequenz ist dann aber schlicht IT wie OT: Bei jeder Gelegenheit umgehen. Nur weils ein Larp ist, spiel ich sicher nicht mit Leuten, die ich im P&P vermutlich längst meines Hauses verwiesen hätte bzw. von deren Tisch ich schlicht und einfach schon lange aufgestanden wäre....oO'''
Mir war ja die bisher übliche Ausgrenzungspyramide bekannt.
(Normale Menschen: "Ih Rollenspieler!"
Rollenspieler: "Ih! LARPer!"
LARPer: "Ih! Goths!"
Goths: "Hm... Scheiße...")
Verdammt....ich find mich in gleich 3 dieser Gruppen..oO'' Mist! Kein Wunder dass sich die Stimmen nich einig werden... XDDD