Eine Abrechnung mit dem Hobbit, der Fantasy und dem Eskapismus

Ich bin mir nicht so sicher, auf wie vielen (und welchen) Ironieebenen der Text operiert. Aber die beleidigten Kommentare der in ihrer Ehre gekränkten Tolkien-Nerds belegen seine Existenzberechtigung. :D

Mein Liebling (im Positiven) ist ja der hier:
Gestern, 20:05 von ykarsunke
danke!
das ist mir aus dem herzen gesprochen. wenn der autor jetzt auch noch gegen die mächte der finsternis aufsteht und "harry potter" als das bezeichnet, was es ist - wozu mir im angesicht weltweit uniformer begeisterung der mut fehlt - fange ich vielleicht doch noch an zu glauben, dass ich mit meinem kopschüttelnden unverständnis nicht ganz allein bin auf der welt.
Ich mein... das Harry Potter doof und alle Harry Potter-Leser und -Gucker Idioten sind, wird man ja wohl noch sagen dürfen.

Rocky Raccoon
- Gründer und Vorsitzender der WaGeHaPoFa (Waschbären gegen Harry-Potter-Fans)
 
Die Ironie wird erst deutlich, wenn man sich z.B. die Tatort-Mystery-Folge "Vielleicht" ansieht. Das habe ich aufgrund der Empfehlung des Autors in einem anderen Artikel soeben auch getan (Ein seltener Luxus einer Krankschreibung - man kann den Schreiberlingen mal ein wenig auf den Zahn fühlen, als alles nur schlucken zu müssen - und Kopfschmerzen hatte ich ohnehin schon).

Klar: der Tatort kommt ohne Zwerge, Elfen und Magier aus - aber mit Realität hat der auch nicht viel zu tun, was auch geschrieben wird. Mit anderen Worten: die Motivation des Autors wird nicht deutlich, warum er was gegen Fantasy hat. Dass er es nicht mag ist ja ok. Er konterkariert sich selbst indem er Unreales hier gutheißt und dort verdammt.
 
Ich glaube, ihr nehmt den zu ernst.
Und ich glaube, genau darauf will der Artikel hinaus.
Eskapismus nicht mehr als Weltflucht gedacht, sondern als Weltersatz. Eskapismus, der so ernst genommen wird, dass der Eskapist defensiv wird, wenn der Eskapismus angegriffen wird. Wodurch deutlich wird, dass der Eskapismus (hier HdR, aber auch durch alles andere von Star Wars bis Bibel ersetzbar) eben keine reine Ablenkung mehr ist, sondern in der sehr reellen Weltwahrnehmung andere, sehr reale (und man könnte sagen, wichtigere) Dinge ersetzt.

Kurz: Wer sich durch einen Flamebait zu HdR genötigt fühlt, den "Angreifer" runterzumachen, der nimmt HdR möglicherweise ernster als es angemessen ist.

Ja, er wollte eure religiösen Gefühle verletzen. Und wenn er damit Erfolg hat, dann könnte es als Anlass zur Selbstreflektion genutzt werden.
 
Saublödes Argument das die Realitätsflucht dazu führt das man sich für seine gelebte Realität nicht mehr wahrnimmt - das schaffen die die diese Realität bestimmen ganz selbst ohne einen Fantasy-Roman.
 
Ich glaube, ihr nehmt den zu ernst.
Und ich glaube, genau darauf will der Artikel hinaus.
Eskapismus nicht mehr als Weltflucht gedacht, sondern als Weltersatz. Eskapismus, der so ernst genommen wird, dass der Eskapist defensiv wird, wenn der Eskapismus angegriffen wird. Wodurch deutlich wird, dass der Eskapismus (hier HdR, aber auch durch alles andere von Star Wars bis Bibel ersetzbar) eben keine reine Ablenkung mehr ist, sondern in der sehr reellen Weltwahrnehmung andere, sehr reale (und man könnte sagen, wichtigere) Dinge ersetzt.

Kurz: Wer sich durch einen Flamebait zu HdR genötigt fühlt, den "Angreifer" runterzumachen, der nimmt HdR möglicherweise ernster als es angemessen ist.

Ja, er wollte eure religiösen Gefühle verletzen. Und wenn er damit Erfolg hat, dann könnte es als Anlass zur Selbstreflektion genutzt werden.
Eskapismusvorwürfe zu fantastischen Welten sind irgendwie aber eh substanzlos, denn zu allererst müsste man erstmal über die Reinfom von Eskapismus reden und diese über die sieben Höllen hinaus verdammen. Ich spreche hier von Urlaub, Ferien und Reisen!

Will ich die aber nicht verdammen, dann dürfte man dem Rollenspiel oder anderen Beschäftigungen mit phantastischen Welten und deren Erlebnis- und Tourismusfaktor ja nun mal ebenfalls nicht angreifen.
 
Ein Argument war doch das die Leute eher Fantasy Filme und Serien anschauen als zu Reisen.
Wobei eine Reise kein Eskapismus ist weil die Orte real exisitieren. Mit echten Menschen und allem drum und dran.

Leute die nicht genügend Geld zum Reisen haben, ich wäre wirklich gerne dieses Jahr wieder nach Amerika, konnte aber aus finanziellen Gründen nicht, sind halt eh Versager und sollten sich dann, keine Ahnung, Balkonien ansehen und mehr arbeiten oder so.
 
... ich bin mir nicht ganz sicher was dem Autoren abgeht: Ein Verständnis für den Mythos an sich? Für Popkultur? Für Fankultus? Oder doch für den Eskapismus?
Würde mich interessieren ob er über Jeff Koons Werk was Sinnvolles zu schreiben wüsste.
 
Dieser Versuch eines rants lässt mich leider ungesättigt zurück.
"Kunstmärchen", schickes Wort. Ist das sowas wie eine Wortgeschichte oder ein Bilderfilm?
und HdR Fantasy ist "spekulativer Hintergrund"?
Eigentlich steht in dem Text nichts drin, oder? Das ist schade.

Das 1:1 Nachbauen der "Realität(tm)" in Fantasysettings ist allerdings imho wirklich ein gutes Argument pro Langeweile. Wobei (natürlich) verkannt wird, dass es bei diesem "Umbenennen" um den Akt an sich geht. Es gibt vielen Leuten eben mehr Raum, z.B. einen Roman über Aquilonien zu schreiben, als über Aquitaine, weil sie sich dann mehr Freiheiten nehmen können, ohne die interessanten Dinge ignorieren zu müssen oder die uninteressanten aufnehmen zu müssen. Wobei man auch hier Aussagen unterbringen kann, die über "Knirps trägt Ring zu Vulkan" hinaus gehen. Vielleicht hätte der Texter also einfach mehr Howard lesen sollen ;D
 
Das witzige ist ja, dass Tolkien eigentlich Linguist war und Mittelerde nur erschaffen hat, um die von ihm erfundenen Sprachen irgendwo unterzubringen. Herr der Ringe schrieb er auch nur, weil ihm nach dem Hobbit eine Menge Leute gesagt haben, dass Abhandlungen über altertümliches Quenya keine Sau interessieren, wenn es keinen interessanten Kontext dazu gibt.
Das eigentlich geniale was Tolkien erschaffen hat ist nicht die Geschichte von Mittelerde, sondern die Sprachen der Elben, Zwerge und Orks (wobei Black Speech leider immer etwas auf der Strecke geblieben ist).

Von diesem Standpunkt aus betrachtet ist die Spiegelkolumne einfach nur dumm, weil sie zeigt, dass der betreffende Verfasser keine Ahnung von Tolkiens Schaffen hat und die Genialität von dessen Werken wahrscheinlich nicht einmal dann kapieren würde, wenn man ihm das große Quenyalexikon an den Kopf werfen würde.
 
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"Kunstmärchen", schickes Wort. Ist das sowas wie eine Wortgeschichte oder ein Bilderfilm?
Ein Kunstmärchen, ist im Gegensatz zu einem Volksmärchen, ein Märchen, dessen Urheberschaft man auf einen Autoren zurück führen ist.
Wer sich im Rahmen einer Diskussion um ein Stück Literatur und dessen Verfilmung in Sprachkritik ergeht, sollte doch bitte zumindest ein bisschen Grundwissen aus dem Deutschunterricht mitbringen oder mal Wikipedia fragen.
 
Anmerkung: Von der Hobbitverfilmung halte ich btw nicht soviel.
Der erste Teil war noch in Ordnung, im zweiten Teil gingen mir die Kackelben extrem auf den Sack ("hach wir sind so toll und retten mal wieder den Tag, weil wir Elben ja so toll sind") und der dritte Teil kann eigentlich nur schlimmer werden (sicher, dass die Jackson nicht heimlich durch Michael Bay ersetzt und es nur einfach niemandem gesagt haben?).

Eigentlich ist der Hobbit ja ein Fantasy-Roadtrip mit einer kleinen finalen Schlacht am Ende und kein Kriegsfilm.
 
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