Ohu, Mist. Viel schlimmer hätte es wohl nicht kommen können. Immerhin kam er jetzt total zu spät. Und fast hätte er die Einladung kurz nach dem Öffnen auch noch weggeschmissen. Immerhin dachte er an eine dieser obligatorischen Einladungen, die man erhielt, weil man nun mal auch zu den Kainskindern zählte. Erst beim zweiten Lesen – immerhin war es ein Brief des Prinzen – sprang ihm der fast befehlende Ton des Schreibens ins Auge.
Selbst wenn er sich davor hätte drücken können, so durfte er es sich nicht entgehen lassen. Seine Zukunft hatte er sich halb gesichert. Allerdings hatte er immer versucht sich nichts zu Schulden kommen zu lassen, so dass der Prinz vermutlich – oder sollte er besser hoffentlich sagen? – sein Gesicht schon längst wieder vergessen hatte.
Es würde wohl etwas schwer fallen in der Kunstakademie, nicht den ein oder anderen Blick ab zu bekommen. Aber er musste nun mal da hin, wenn er das Leben in der Einöde Sterblicher verbringen wollte. Schnell korrigierte er sich, dass Sterbliche keine Einöde darstellten, sondern der Puls des Lebens war an dem er nagte. Das trieb ihn vom Regen in die Traufe und hinterließ einen faden Nachgeschmack auf seinem Gaumen.
Er hatte kurz das Restaurant geprüft und trug nun hoffentlich nicht auch noch irgendwo Flecken, weil er die Küche inspiziert hatte. Alles wäre prima gewesen, wenn er danach nicht in die Bar gefahren wäre. Eigentlich war dort auch nur eine kleine Inspektion fällig. Er verdächtigte einen der Keeper, zu Dealen. Selbst wenn es so etwas wie Gras war, wollte er so etwas nicht in seinem Laden haben. Als er kurz die Zahlen überprüfte, erkannte er, dass, wie auch die letzten Tage, die abendliche Kundschaft nicht zunahm. Stattdessen schien das hier zu einer Art Studentenkaffee wurde. Das war nicht ganz ungeplant verlaufen, wenn man davon absah, dass er die Studenten auch nach den Recherchen anlocken wollte. Dafür würde er sich allerdings noch etwas anderes als billigen Kaffee einfallen lassen müssen.
Und dafür war das Maxican genau richtig. Aber das würde er erst nach der Versammlung im Museum aufsuchen können. Und zu der würde er nun zu spät kommen, weil er sich mit einem Geschichtsprofessor getroffen hatte und sich dabei von den Ausführungen über den Nationalsozialismus nicht hatte losreißen können. Es war wirklich faszinierend. Auch was einem die Geschichte lehren konnte. Aber momentan musste er sich erst noch etwas besser in der Gegenwart zurecht finden.
Gut, dass das Museum so nah an der Bibliothek lag. So konnte er den Wagen auf dem Parkplatz stehen lassen und musste sich weder darum kümmern ihn vorher anzuschieben und genauso wenig musste er dort erst noch einen Parkplatz finden.
Etwas verregnet und abgehetzt erreichte er die Akademie und eilte hinein. Seinem Auftreten schenkte er die größte Beachtung und trug daher, was er sich leisten konnte. Sein Wagen dagegen hatte den Tüv schon lange nicht mehr gesehen und eine neue Batterie war sicher auch fällig. Wieder einmal schwor er sich, dass er sich darum kümmern würde, sobald er Zeit hatte. Wenn er denn mal Zeit hatte und sie nicht mit solchen Vorträgen wie von dem des Professors verschwendete.
So tritt er ein und ein kurzer suchender Blick verrät ihm, dass der Prinz wohl noch nicht eingetroffen ist. Verspätete sich der Prinz so sehr? Oder hatte er sich vielleicht so sehr verspätet?
Er geh nach links ab und sieht sich zur Ruhe kommend um. Genau, immer schön die Ruhe bewahren, sagt er sich. Der Prinz ist noch nicht da. Stattdessen sieht es so aus, als sei man noch am plaudern. Und wer hatte sein Eintreten bemerkt? Sicher die Harpyien. Immerhin gehört das zu deren Aufgaben. Wer ist das doch gleich?
Darum bemüht sich nicht einen allzu großen Faux pas zu leisten, tritt er jedem mit etwas überzogenem Respekt gegenüber, den er zu begrüßen hat, bevor er sich umschaut um abschätzen zu können, wo er selbst vielleicht noch einen Kontakt knüpfen kann.
Alexander ist sicher einer der unauffälligen Anzugträger, auch wenn man sicher neben dem Aftershave noch die Gerüche der Küche an ihm riechen kann. Immerhin gehört er zu jenen, die man mal sieht, vielleicht auch mit ihnen plaudert und dann in der Regel auch schon vergisst.