Charakterkonzept "Physisch Bevorteilter"

Skar

Dr. Spiele
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Der "Klopper". Man begegnet ihm in jedem Rollenspiel. Als typisch physisch bevorteiltes Individuum scheint er in den meisten Rollenspielen Karriere zu machen, bzw. Karriere machen zu können.

Wie sehr ihr das, wird dieses Charakterkonzept zu sehr unterstüzt und in welchen Rollenspielen ist das eben nicht so?
 
Ich denke, es kommt mehr auf den Spielleiter und die Abenteuer als auf das Rollenspiel an sich an. Wer mit mir spielt, weiß, daß ein "physisch bevorteilter" eher benachteiligt ist, weil es bei mir in Stories in der Regel wenig um Kloppereien geht, sondern eher um das Lösen von Problemen, bei denen man Geschick und Intelligenz benötigt.

Clear Ether!
Stayka
 
Stayka schrieb:
Ich denke, es kommt mehr auf den Spielleiter und die Abenteuer als auf das Rollenspiel an sich an.

Bestimmte Rollenspiele "bevorteilen" allerdings bestimmte Abenteuer. ;)

Dungeon Crawl mit Call of Cthulhu und Investigation mit Dungeons & Dragons? Kein Problem, mache ich sofort. - Nur erwarten tut man es wohl eher andersherum. ;)

mfG
bvh
 
Ich denke es ist so gut wie jedes System, in dem der Großteil der Regeln auf den Kampf ausfallen. Auch wenn man WoD spielt kann man so viel Storytelling betreiben wie man will - Probleme durch Gesckick und Köpfchen lösen kann auch ein "Kloppper".

Ist halt auch logisch - wenn das System den größten Teil seiner Regeln auf den Kampf ausrichtet, dann macht man das mit den Werten der Charaktere eben genauso. Ist zumindest am effektievsten.
 
Ich finde die von uns sogenannte "Frontsau" ist eine echte ergänung zu jeder Gruppe, aber es ist schon wichtig das auch Charaktere mit Köpchen und/oder Intuition in der Gruppe sind.

Ich persönlich hab mich mal "Shadowrun" sehr geärgert als ich einen Konzeptcharakter (Einbrecher mit genau auf den Job abgestimmter Cyberware <---wenig davon) gespielt hab und dann ein Mitspieler einen Superaufgemotzten Streetsammie mit tonnen an Cyberware gemacht hat. Der Spielleiter hat seine Begegnungen dann auf letzteren abgestimmt was meinen Char. nicht lange überleben ließ. Hat mich ECHT angekotzt das Ganze.
 
Agroschim schrieb:
Sein spieler vieleicht, der Charakter selbst, streng genommen, nicht ;)

Aber gerade solche Leute, die lieber Nicht-Kampf-Konflikte haben, verzichten auch oft darauf soziale Konflikte mit Regeln zu lösen.
Dann ist es nur noch schlechtes Rollenspiel und nicht mehr ganz so böse... :D
 
blut_und_glas schrieb:
Call of Cthulhu wäre das Paradebeispiel.
Einspruch, Euer Ehren!

Gerade bei Cthulhu gab es explizit gute Tips für das Zusammenstellen einer Investigatoren-Gruppe: eine Hälfte Leute mit viel Mythoswissen und anderen nützlichen Recherche-Fähigkeiten von akademischer Ausrichtung (diese Leute haben meist miese Sanity und hohe Education) und die andere Hälfte Leute "fürs Grobe", die gute Sanity und gutes Ballern, Klettern, etc. haben (diese Leute gehen dann "vor Ort" recherchieren - und kommen auch manchmal wieder zurück).

Diese Tips kenne und beherzige ich seit Anfang oder Mitte der Achtziger und sie funktionieren bei länger laufenden Cthulhu-Kampagnen bestens. Die "physisch (und Sanity-bezogen) Bevorteilten" sind diejenigen, die oftmals ein Szenario NICHT überstehen, da diese direkte Aktionen durchführen müssen und somit den Schrecken auf den Pelz rücken. Die wunderlichen Professoren, die Autoren seltsamer Werke zu Historischem Okkultismus und die anderen "Schreibtischtäter" hingegen entwickeln sich im Laufe der Kampagne zu immer verschrobeneren Gesellen, von denen man auch ab und an den einen oder anderen in die Klapse stecken muß, da er schon wieder ein Buch gelesen hat, das garnicht gut für einen bereits vorgeschädigten Geist ist.

Der Hauptunterschied ist hier gegenüber z.B. dem stereotypen Fantasy-"Panzer"-Fighter der, daß diese "physical Investigators" zwar über gute körperliche und geistige Voraussetzungen verfügen, ihnen dies aber durch den Verschleißgrad des Cthulhu-Settings schlichtweg wenig nützt. Ein solcher Privatdetektiv, Ex-Mafia-Hitman, Neugieriger Reporter, etc. ist bei CoC eben nicht unverwundbar. Es ist nur so, daß er mit CON 14 und SIZ 15 nicht ganz so klapperig ist, wie eben der alte Professor mit CON 5 und SIZ 8. Das bedeutet nicht, daß diese Art Investigator jetzt mit "guns blazing" die Fronttüre zu den Katakomben Unaussprechlicher Kulte stürmt, sondern nur, daß sie eine etwas höhere Überlebenswahrscheinlichkeit hat aus einer vorsichtigen(!), intelligenten(!!) Erkundungsmission aus obigen Katakomben zumindest etwas Information für die neugierigen Professoren mit herauszubringen.

Ich gebe zu, daß diese Art CoC zu spielen aus den Achtzigern geprägt ist und heute - zumindest meiner Erfahrung nach - diese Unterscheidung weniger gemacht wird (wie auch das Kampagnenspiel heute nach meinem Eindruck nachgelassen hat und mehr One-Shots-Total-Party-Kills gespielt werden - suum cuique).

Zur Frage, ob der Archetyp "Der Klopper" zu sehr unterstützt wird, kann man keine rechte Antwort geben. Was heißt zu sehr?

Ein System, welches nicht nur Klone von Total-Schlaffis in den körperlichen Charakteristiken anbietet, unterstützt somit auch die gut-gebauten, kräftig-muskulösen, durchtrainierten, zähen, fitten, sportlichen, sexy Typen. Es müssen ja nicht immer die atrophierten Couchpotatoes sein, denen man geistig-seelischen Tiefgang zutraut. Auch ein Gesunder Körper kann einen Gesunden (und wachen!) Geist beherbergen, der genauso tiefe Gefühle haben kann, wie der nächstbeste verkorkste Zimperlichkeits-Schli-Schla-Schlaffi-Charakter.

Somit: "zu sehr"? NEIN. - Es kommt, wie so oft, immer darauf an, was man daraus macht. Es macht doch durchaus Spaß ein wandelnder Mr. Universum zu sein. Solch einen körperlich gutbestückten Charakter von investigativen oder gar romantischen Erlebnissen gleichsam auszuschließen, kommt meines Erachtens nur aus dem Gleichmachereigedanken, der in vielen Kauf-Systemen so verbreitet ist. Da muß dann der schöne, muskulöse Athlet eben auf alles Zerebrale verzichten, weil für den Charakter sonst die Erschaffungspunkte nicht ausreichen und/oder er sich einen Riesenbrocken Nachteile wie Holzbein, Einäugig, Allergisch auf Hanteln und Sonnencreme, und Unsportlich einhandelt. Das finde ich ätzend.

Wenn mir jemand einen coolen Charakter vorlegt, dann soll er doch in Gottes Namen damit spielen. Und wenn jemand "Stone Cold" Steve Austin als Charaktervorlage in einem Midgard 1880 Szenario nachgebastelt hat, dann muß er mir halt erzählen, wie der in den Szenario-Setup paßt, aber dann kann's losgehen (z.B. ist er das schwarze Schaf in der Familie und tingelt als Preisboxer auf Jahrmärkten herum, nachdem er sich im Krieg in Dänemark seine Lorbeeren im Felde geholt hatte. Die Erlebnisse dort haben ihn aber mitgenommen, daß er zwar körperlich sehr fit ist und auf eine rauhe Art ganz gut aussehend, doch mag er keiner wirklich geregelten Tätigkeit nachkommen, da er sich NIE WIEDER von jemandem irgendeinen Befehl geben lassen will, was natürlich im Deutschland von 1880 ein echter Nachteil ist.) Und dieser superstarke, kampfgewohnte Hühne kann von mir aus problemlos in einer reinen Detektivgeschichte mitspielen - der bekommt da auch genug zu tun und kann aktiv an allem teilhaben. Und warum? Weil u.a. die Charaktererschaffung bei Midgard 1880 nicht versucht alle SCs auf eine Kennzahl (die Erschaffungspunkte) zu nivellieren - das ist zwar im Sinne der Spielfairness ganz nett gedacht, macht aber aus Sicht der Spielwelt-Realität wenig Sinn (außer in echten Klon-Settings, wo es aus dem Setting heraus KEINE Varianz bei den Charakteristiken geben kann).

Ich meine, es gibt sie tatsächlich, die Reichen UND Schönen MIT Köpfchen und GEILEM Körper. Nicht viele, aber viele genug, um die Ausnahmecharaktere, die man in so manchen Rollenspielen ja erklärtermaßen als Helden, die über den 08/15-NSC hinausgehen, spielen soll, blaß aussehen zu lassen.

Ein Regelsystem sollte auf alle Fälle diese Art Charaktere zulassen (außer SEHR verdrehte Systeme vielleicht), und diese Charaktere dürfen nach meiner Vorliebe NICHT benachteiligt werden, wenn es um Romantik, Kriminalistik, Politik, Etikette, Magie etc. geht. (Einer unserer interessantesten Midgard-SCs war ein Magier mit 100 Stärke - ja, ausgewürfelt und das gespielt, was rauskam ;) - und mein fast ebenso starker (aber nur fast) Barbarenkrieger war ein eher kampfesmüder Geselle, der seine ungebändigte Kraft in einer reichlichen Zahl an Nachkommen über die Länder, durch die er gereist ist, gelassen hat, statt eine langweilige Blutspur über den Kontinent zu ziehen.)

Bisweilen sind aber auch platte Stereotypen toll und erfrischend zu spielen. Da macht es schon Spaß den Full-Plate-Tank aufmarschieren zu lassen. Wenn ich mal einen klassischen Dungeon Crawl spielen will, dann paßt der da auch bestens rein.

In anderen Settings gibt es diese "Klopper"-Stereotype aber eigentlich nicht. Also nicht die aus der Fantasy bekannte. Da gibt es dann wieder andere. Es wird solche Stereotypen von starken, kampferfahrenen Charakteren in den meisten Settings geben, weil sie dort auch hinein passen. Wo sie nicht - nie, um keinen Preis - passen, da gibt es sie auch nicht.
 
Zornhau schrieb:
Einspruch, Euer Ehren!

Abgewiesen. Die Präzedenz-Fälle die Sie da anführen sind sämtlich verjährt und damit für diese Verhandlung nicht von Belang.

(Ausserdem sage ich ja gar nicht, dass man keine physisch bevorteilten Charaktere bei Call of Cthulhu spielen kann - sondern bloss, dass es ihnen auch nicht besser ergeht als den physisch benachteiligten. Und da scheinen wir ja einer Meinung zu sein. ;))

mfG
bvh
 
blut_und_glas schrieb:
Abgewiesen. Die Präzedenz-Fälle die Sie da anführen sind sämtlich verjährt und damit für diese Verhandlung nicht von Belang.
Ich behalte mir Rechtsmittel vor und werde diese Entscheidung der nächst höhere Instanz zur Prüfung vorlegen. :D
 
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