Adreyan - the Beginning

Master of disaster

RPG-Fanatiker
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Okay, es ist zwar keine kurzgeschichte, sondern der Auftakt zu einer Geplanten sehr langen Geschichte, aber ich stelle es trotzdem mal hier rein und hoffe, dass das in ordnung geht.

Prolog


Plätschernd tropfte das Wasser aus dem Leinenhemd, das die junge Frau in einem Fluss wusch. Unglücklich blickte sie ihrem Spiegelbild auf dem Wasser entgegen. eine einzelne Träne entsprang ihrem Auge, bahnte sich ihren Weg über die gerötete Wange und versiegte im Mundwinkel des hübschen Gesichtes. Melina Craná wischte sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Dann, von einer plötzlichen Wut gepackt ergriff sie eine Hand voll Sand und schleuderte sie ihrem Ebenbild entgegen, das sich dadurch in tausende kleine Wasserspritzer auflöste. Schluchzend und zitternd kauerte sie da und verbarg ihr Gesicht in den armen. Sie verfluchte ihre Schönheit. Wäre sie nicht so schön, Rodgar wäre nie auf die Idee gekommen, sich an ihr zu vergreifen. Es war vor zwei Wochen gewesen, als er in ihre Kammer gekommen war und es waren die schrecklichsten Minuten ihres jungen Lebens gewesen. Sie hatte geschrieen, gekratzt und getreten, aber Rodgar war zu kräftig für sie gewesen. Sicher – Man hatte ihn für das, was er getan hatte, bestraft und er hatte das Dorf verlassen müssen. Doch größer war der Preis, den sie zahlen musste. Nie würde sie Leben gebären können und all das nur wegen der schändlichen tat dieses schrecklichen Mannes.



Plötzlich riss sie etwas aus ihren Gedanken. Was war das? Es klang wie ein Schrei. Es erklang wieder. Ein stück am Fluss entlang. Die Trauer der jungen Frau wurde übermannt von Neugier. Mit weit geöffneten Augen lief Melina in die Richtung aus der das Geräusch kam und erreichte schnell die Stelle, von der es kam. Schon kurz bevor sie das Schilf auseinander bog, um es zu sehen, wurde ihr schlagartig klar, was diese Schreie von sich gab. Dort, ruhig auf dem Wasser plätschernd lag in einem Weidenkorb auf einem kleinen Floß ein Kind und schrie aus Leibeskräften. Neben ihm auf den zusammengebundenen Holzplanken lag ein Lumpenbündel, aus dem der Goldbesetzte Griff eines Schwertes ragte. Hastig holte sie einen Stab, mit dem sie das Floß ans Ufer zog. Dabei fiel sie mit ihrer Kleidung in den weichen Morast des Ufers, was ihr jedoch nicht viel ausmachte. Mit einem schmutz verschmierten Gesicht blickte sie schließlich das Kind an, das mittlerweile zu weinen aufgehört hatte und die Fremde aus großen runden Augen erstaunt ansah. Melinas Blick fiel auf ein stück Papier, welches in dem Korb lag. Rasch entfaltete sie das von Regen durchnässte Pergament, die Tinte war glücklicherweise noch lesbar.



„Sein Name ist Adreyan, er ist ein Halbvampir. Ich kann ihn nicht aufziehen. Sorge gut für ihn. Das Schwert ist sein Erbstück.“



War alles, was dort geschrieben stand. Erschrocken und verwirrt sah sie abwechselnd den Zettel, jenes Schwert und das Kind an. Sie hatte schon viele gruslige sagen über Vampire gehört. Aber dieses unschuldige Wesen, das sie dort aus dem Korb so unschuldig ansah, konnte doch unmöglich eines jener schrecklichen blutsaugenden Monstren sein, von denen es so viele Geschichten gab? Mit einem tiefen Seufzer und

Noch immer verwirrtem Gesichtsausdruck setzte Melina sich im Schlamm nieder. Eine zeitlang saß sie still da und sah das Waisenkind an. Schließlich, nach einer Ewigkeit wie es ihr vorkam, stieß sie einen tiefen Seufzer aus – und zerriss das Pergament. Dann nahm sie das Baby auf den Arm „Hallo Adreyan.“ Sagte sie und lächelte. Dann griff sie nach dem Schwert und machte sich auf den Heimweg.











I




Adreyan hetzte durch den Wald, noch immer die Kampfesschreie seiner Verfolger in den Ohren. Schweiß rann in Sturzbächen über seinen Körper und brannte wie Feuer in seinen Wunden. Längst schon hatte er sein wertvolles Schwert und mit ihm seinen letzten Schutz verloren. Wie ein gehetztes Tier stolperte er mit weit aufgerissenen Augen durch den Wald, immer wieder Blicke über die Schulter werfend. Sie waren ihm dicht auf den Fersen. Äste schlugen ihm hart ins Gesicht, aber er spürte keine Schmerzen. Zu groß war die Angst vor der Niederlage, vor dem Tod. Da plötzlich nahmen die ihn umgebenden Bäume ein jähes Ende. Eine tiefe Schlucht tat sich vor dem jungen Krieger auf. Gerade noch konnte er bremsen, aber seine Reaktion kam zu spät. Adreyan bemerkte, wie sich unter seinen Füssen kleine Felsbrocken lösten, dann stürzte er in die Tiefe. Schier endlos erschien ihm der nur den Bruchteil einer Sekunde dauernde fall, als sei die Luft um ihn herum plötzlich zu einer Zähen Masse geworden, die jede Bewegung um ein Vielfaches verlangsamt. Dann schlug er am Grund der Felsspalte auf. Seine Lippen platzten auf und er merkte, wie sein Hals an einem Spitzen Stein entlang glitt. Schmerz und die Wärme seines eigenen Blutes umfing ihn und kaum merklich später senkte sich erlösende Dunkelheit über seine Gedanken. Es begann zu regnen.



Ein altes Gesicht beugte sich über den felsigen Abhang. Die blaue und grüne Schminke war von Blut und Regen derart verwischt, dass die Gesichtszüge nunmehr eine verzerrte Fratze zu sein schienen. Dennoch sprach das Gesicht von einer langen Geschichte. Einer Geschichte aus Schmerz, Leid und Verbitterung. „Er ist tot.“ Sprach der Mann, zu dem das Furcht einflößende Gesicht gehörte. Unüberhörbar war der Akzent der Nordischen Lande in seiner Sprache. Er trug eine nachtblaue weite Robe, aus gefärbtem Pelz, deren Säume mit fremdartigen Symbolen bestickt waren. In der linken hielt er einen gut zwei Meter messenden Stab, auf offenbar magische Weise verziert mit denselben seltsam leuchtenden Runen. Am oberen Ende thronte eine blutrot schimmernde Kugel. Dieser Mann war Myrrin, seines Zeichens Hofmagier des Königs vom blauen See. Er hob seinen Stab und schlug das Zeichen des Friedensrades, wie es üblich war, wenn jemandes Seele in die Hallen des Totengottes Thuars überging. Fünf Männer standen hinter dem Magier, gekleidet in prächtige Plattenrüstungen und Helme, in die allesamt das Wappen derer vom See eingraviert war: Ein grünes Erlenblatt vor blauen Wellen auf rotem Grund. Sie alle hatten die Statur geübter Krieger und hatten ihre langen Schwerter kampfbereit in den Händen. Keine Regung war auf ihren Mienen auszumachen, sie standen still hinter dem Magier und sahen starr in die Ferne. Wohl eine Minute lang war nichts zu hören als das Schnauben der Schwarzen Wallache und das gemurmelte, fremdsprachige Gebet Myrrins, welches keiner der Krieger zu verstehen vermochte. Als der Zauberer geendet hatte, stieg die ganze Gruppe wortlos wieder auf ihre Pferde und ritt davon.



Doch der junge Mann, der verkrümmt und blutend dort unten in der Schlucht lag war keinesfalls tot. Natürlich war er schwer verletzt worden bei seinem Sturz und kein normaler Mensch hätte diese Situation überlebt. Aber Adreyan Craná war schon immer widerstandsfähiger, schneller und geschickter als alle anderen Gewesen und seit Kurzem wusste er auch, warum. Der junge, gut aussehende Krieger war nur zur hälfte ein richtiger Mensch. Die Andere Hälfte seiner Seele war die eines Unsterblichen, eines Vampyrs. Vampyre jedoch waren keineswegs die blutsaugenden, fledermaushaften Gestalten wie sie Unwissende in ihren Geschichten gern beschrieben. Zwar tranken Vampyre das Blut ihrer Opfer, um einen Teil von deren Seele in sich aufzunehmen, aber dies stets nur in Situationen, in denen die Existenz ihrer sterblichen Hülle bedroht war, also wenn sie entweder durch Verletzungen kurz vor dem Tode standen oder im sehr hohen Alter. Außerdem waren die Sinne der Vampyre weitaus schärfer und besser ausgeprägt als die der normalen Menschen. So besaßen sie zum Beispiel eine ausgeprägte Nachtsicht, die es ihnen erlaubte, auch bei völliger Dunkelheit noch zu sehen. Ihre Körper waren außerdem um einiges leistungsfähiger, so dass sie stärker, schneller und gewandter waren als normale Menschen, obwohl man es ihnen rein äußerlich kaum ansah. Aber die wohl größte Gabe, die allen Vampyren zu Eigen war, war ihre Eigenschaft, wunden in Sekundenschnelle zu regenerieren, so sie die Gelegenheit dazu hatten.



Obgleich nicht im selben Ausmaß wie einem richtigen Vampyr waren auch Adreyan diese Fähigkeiten zu Eigen und so schlug er nach einigen Minuten die Augen bereits wieder auf. Noch immer verspürte er Schmerz, jedoch nur geringfügigen. Seine gebrochenen Glieder hatten sich bereits selbst wiederhergestellt und mussten lediglich noch komplett verheilen. Nachdem er eine weitere Minute ruhig dagelegen hatte, den Blick zum Himmel gerichtet, während regen auf sein Gesicht prasselte, waren auch die letzten Schmerzen verschwunden und er richtete sich auf. Sogleich machte er sich daran, die Steilwand, die von vielen Ranken überwuchert war, hinauf zu klettern. Angst dass seine Verfolger noch in der Nähe sein könnten, hatte er nicht. Denn entweder hielten sie ihn für tot, oder sie hatten an dieser stelle seine Spur verloren und suchten in anderswo. Oben angekommen eilte er sofort in den Wald, zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Selbst hier zwischen den Bäumen regnete es unaufhörlich und die langen braunen Haare des Halbvampyrs klebten nass an seinem Kopf, ebenso wie sein Umhang und das zerrissene Hemd. Er schlug nicht den direkten Weg zum Dorf ein, zum einen, weil er sein Schwert etwas östlich der kleinen Siedlung verloren hatte und zum anderen aus Angst, dort die Ursache für den Geruch nach erkalteter Asche zu finden, der in der Luft lag.



Dank seinem hervorragenden Orientierungssinn und seiner scharfen Augen fand er sehr bald die Stelle, an der der Kampf stattgefunden hatte, bei dem er sein Schwert verloren hatte und fand auch selbiges in einem dichten Buschwerk wieder. Erst als er es wieder herausgeholt hatte, erblickte die Leiche seines Gegners, die noch immer mit ungläubig aufgerissenen Augen dalag. Der Mann war nicht mehr der jüngste und sicherlich hatte er bereits Frau und Kinder gehabt. Mit einem mitleidigen Seufzer kniete Adreyan neben dem Toten nieder, schloss dessen Augen und legte die Waffe des fremden Kriegers in seine gefalteten Hände. Dann lief er weiter in Richtung seines Dorfes. Schon sah er die niedergebrannten Häuser und Hütten. Es herrschte bis auf das stetige Plätschern des Regens vollkommene Stille, als der Krieger auf den Platz trat, der früher einmal der Dorfplatz gewesen war. Ungläubig blickte er sich um, unfähig einen Ton herauszubringen und inmitten dieser Wüste aus Tod und Zerstörung wirkte er als lebendes Wesen geradezu unpassend. Sie hatten tatsächlich alle getötet. Die Krieger, aber auch Frauen, Kinder und Greise. Und sie hatten keinen ausgelassen – keinen außer ihm. Kraftlos fiel er auf den rußigen und schlammigen Boden nieder und ließ seinen Blick ungläubig über die Opfer des unglaublichen Gemetzels schweifen, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Als hätte ein Sturm aus Flammen über dem Dorf gewütet waren nahezu alle Gebäude niedergebrannt und hatten Menschen mit den tosenden Flammen in den Tod gerissen. Alles, was seine Seele erfüllte, war unbändige Wut. Diese Menschen waren seine Familie gewesen, seine Freunde, alles was ihm sein Leben lang Halt gegeben hatte. Aber nicht das allein erfüllte ihn mit diesem unglaublichen schmerz. Denn wie ein vergiftetes Schwert durchfuhr ihn ein Gedanke. Und mit diesem Gedanken ein Name: Marlyna. Nein, das konnte nicht sein. Benommen vor Zorn richtete er sich auf und taumelte einige Schritt weit, bis zu einer kleinen, völlig niedergebrannten Hütte, in deren Trümmern er herum zu wühlen begann. Nach einer Weile stieß er auf etwas Weiches, Kaltes und grub nun noch eifriger. Immer mehr drang die Gewissheit in seine Gedanken: auch seine geliebte Marlyna war dem Massaker zum Opfer gefallen. Tränenblind hob Adreyan sein Gesicht dem Nachthimmel entgegen und stieß einen langen Schrei aus, der seinen Gefühlen Freiheit verlieh, ehe er wieder in sich zusammensackte und, das Gesicht an den Leichnam seiner Geliebten geschmiegt, in Trauer und Tränen versank. Nachdem er einige Zeit nur da gekniet und geweint hatte, machte er sich auf den weg zum Waldrand. Dort kletterte er auf den höchsten Baum, den er in der nähe ausmachen konnte, warf einen Blick in Richtung der schwarzen Burg, deren Silhouette sich jenseits des Sees gegen den trüben Schein des Mondes abzeichnete, und schrie aus Leibeskräften: „Ihr mögt mein Dorf ausgelöscht haben, aber ihr werdet dafür bezahlen! Meine Rache wird blutig sein! Noch Generationen nach euch werden büßen für den Frevel, den ihr begangen habt!“ wie um die Kunde seiner Rache zu überbringen, erhob sich ein Schwarm von Raben aus einem Baum in der Nähe und flog gen See davon.



Stumm Saß König Emer II vom See auf seinem hochlehnigen Thron, seinen Blick starr auf den Eingang des Thronsaals gerichtet und mit den Fingern unruhig auf dem vergoldeten Löwenkopf trommelnd, der das Ende der Armlehne bildete. Der Barde, den der König zu seiner Erheiterung herbeiholen lassen hatte, verstaute gerade sein Instrument, nachdem der König unwirsch mit seinem Essen nach ihm geworfen und ihm unmissverständlich zu verstehen gegeben hatte, dass er seine Dienste nicht länger wünschte. Auch die vier Diener und die beiden Leibwachen, die außer dem König in der großen Halle standen, waren angespannt, ebenso wie ihr König, der in solcher Gemütslage zu unberechenbaren Wutausbrüchen neigte. Gut ein Viertel des Personals hatte er in Momenten seiner Wut bereits wegen belangloser Lappalien entlassen.



Ohnehin hatte sich das Klima in der Stadt seit dem Tode Emer Leandorns I. stark verändert, nachdem dessen Sohn den Thron bestiegen hatte. Kaum merklich zuerst, begann die Stimmung um zu schwingen, und immer schneller ging es, je deutlicher der neue Monarch seine Ziele offen legte, die sich auf die Ausweitung seiner Herrschaft und des Gebietes der Stadt am See – oder Landir, wie sie genannt wurde – erstreckten. Der bisherige Herrscher hatte sich nicht um Krieg und Macht geschert, er hatte die Freundschaft mit den anderen Reichen und Völkern gehegt und dafür gesorgt, dass es seiner Stadt und ihren Bewohnern gut ging, man munkelte sogar, dass er sich bisweilen unerkannt unter das Volk gemischt hatte, wenn ihm das Leben im Palast zu bunt wurde. Aber diese Zeiten waren nun endgültig vergangen. Emer II. hatte das treiben seines alten Herrn schon immer für nicht standesgemäß gehalten und schon lange auf den Königsthron gelauert bis er ihn schlussendlich auch bekommen hatte. Sein eigenes Volk vernachlässigte er in seinem Vorgehen, dem er oberste Priorität zusprach, ebenso wie die Kontakte zu den vielen anderen Reichen und Stämmen, die sein Vater so sehr gepflegt hatte. Dennoch ahnte zu diesem Zeitpunkt von Landirs Bewohnern noch niemand etwas davon, was ihr neuer Herr tatsächlich vorhatte, wusste doch auch kaum jemand etwas über die Talismane der vier Völker.



Knarrend öffnete sich die große zweiflüglige Eichentür der Thronhalle und bewegten Emer dazu mit erwartungsvollem Blick seinen Kopf zu heben. Die Torwache trat vor. „Marschall Grondol und seine Männer sind zurück, Herr. Er und der Magier erbitten eine Audienz.“ „Sollen eintreten“ murmelte der Herrscher griesgrämig und warf unachtsam einen gerade abgekauten Knochen seines Mittagsmahls beiseite. Dann nahm er gerade Haltung an und erwartete die beiden Gäste. Zu hören waren nur die schweren Schritte des Kriegers und das Klirren von dessen Rüstung, welches das Klopfen des Magierstabes auf dem harten Marmorboden übertönte. Während Myrrin etwas abseits stehen blieb, trat Grondol bis kurz vor den Thron und kniete sich dort nieder, wobei dem König wie so oft die Tätowierung auf der kurzgeschorenen Glatze des Mannes offenbar wurde, die ihn als Veteran der Koboldkriege auszeichnete: Eine schwarz-rote spinne. „Erheb dich.“ Sagte Emer knapp und beäugte seinen obersten Wachmann abwartend. „Das Dorf ist zerstört, Herr. Alle Bewohner sind gestorben, wie ihr es verlangtet. Unser Auftrag ist vollendet.“





„Nicht ganz.“ Erklang die stimme des Königs scharf „wo ist das Schwert, das ihr mir bringen solltet?“ Schweißperlen bildeten sich auf dem Gesicht Grondols und der Magier horchte innerlich auf, wobei er jedoch versuchte, sich äußerlich nichts anmerken zu lassen. Ein Schwert? Warum wusste er nichts davon? Und welches besondere Schwert sollte dies sein? Nun, er würde es gleich hören.

Dem Marschall war das Unbehagen deutlich anzusehen, während er nach den richtigen Worten suchte. „Nun ähm... Herr, ihr müsst wissen... viele dieser Männer trugen Schwerter mit sich...“ der Kopf des Herrschers war plötzlich rot wie sein Umhang und eine Ader pochte bedrohlich auf seiner Stirn. „Langweile mich nicht mit deinem Geschwätz.“ Fuhr er den Mann vor sich an, der, hilflos wie ein Kind dastand und noch immer Ausreden vor sich hin murmelte. Als der König ihn plötzlich so schroff ansprach, verstummte er schlagartig. „Du hast es also nicht gefunden? Trotz meiner ausführlichen Beschreibung?“ Fuhr der Herrscher fort, während er aufstand und um Grondol zu umkreisen begann. „Eine schwarze Klinge mit eingravierten seltsamen Runen, der Griff gefertigt aus Marmorgestein und umwickelt mit feinstem Büffelleder, außerdem einen Schlangenkopf auf Höhe der Fehlschärfe, sodass es scheint als würde eine Schlange die Klinge verschlingen.“ Zählte Emer auf. „All dies habe ich dir erzählt. Aber du warst unfähig, es zu finden?“



Das Schweigen des Marschalls war dem König Antwort genug. „Gut, Johann von Grondol. Für gewöhnlich würde ich dich töten lassen. Aber du bist zu wichtig für mich. Drei Tage im Kerker dürften dir klar machen, was es bedeutet, deinen König zu enttäuschen. Führt ihn ab!“ Die letzten drei Worte hatte der Herrscher gerufen und sogleich traten zwei Wachen in die Halle, fassten Grondol unter den Schultern, ohne dass dieser Widerstand leistete, und schleppten ihn davon. Knallend fiel das Portal ins Schloss und gleichzeitig Emer zurück in seinen Thron, eine tiefe Sorgenfalte auf der Stirn. Niemand hatte Myrrins Verschwinden bemerkt.





Träge bahnte sich die Morgensonne ihren Weg an den morgendlichen Himmel und tauchte diesen in ein blutrotes, unwirkliches Licht. Sarkastisch lächelnd stand Adreyan auf dem Balkon des einzigen Gebäudes, das nicht komplett niedergebrannt war und sah der Morgensonne entgegen. Wie hatte der alte Vadan immer zu sagen gepflegt? „Der Himmel ist rot, heute Nacht wurde gemordet.“ Murmelnd wiederholte er die Worte und wandte sich wieder um gen westen, so dass er nun geradewegs auf den Dorfplatz nieder sah. Es hatte lange gedauert für ihn alleine, alle die noch nicht verbrannt waren, zusammenzutragen und ihnen die letzte ehre zu erweisen. Die schreck erfüllten Blicke jedes einzelnen hatte er gesehen, ehe er ihre Augen geschlossen hatte und die Bilder hatten sich in sein Gedächtnis eingebrannt wie glühendes Eisen in Lebendes Fleisch: Heiß und schmerzend. Er hatte einen Scheiterhaufen für sie zusammengetragen und in Brand gesteckt, wie es üblich war, und er hatte zu Andor, dem Himmelsadler, der die Toten hinüber in die ewigen Hallen brachte, gebetet dass er sie alle wohlbehütet hinüberbringen und ihre Seelen nicht den schrecklichen Geiern der Dämonen zum Fraß vorwerfen möge.



Ein letztes Mal zog Adreyan durch die Gassen des Dorfes, sah die verkohlten Reste des Hauses, in dem er seine ersten Schritte getan hatte, saß zum letzten Mal auf dem Dorfplatz, dort wo er die schönsten und wildesten Feste seines Lebens gefeiert hatte. Er verabschiedete sich von allem, das ihn an Vergangene Zeiten erinnerte. Schließlich suchte er wenige noch zu gebrauchende dinge zusammen: Ein Seil, Feuersteine und einen Beutel Geld, den in der Panik jemand auf dem Marktplatz verloren haben musste. Ein blick auf die Kette um seinen Hals, ein Medaillon mit dem Porzellanenen Bildnis seiner Liebsten und dann ein letzter Seufzer.



Adreyan wandte sich von den verkohlten Ruinen ab. Sie waren Vergangenheit, würden niemals wiederkehren, eine lange zukunft, ein noch ungelebtes Leben lag vor ihm. Und in ihm loderte die rötliche Glut der Rachelust, wartete auf ihre Chance, das Feuer des Hasses in Adreyans junger Seele zu entzünden.
 
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