AW: [28.04.2004] Ein weiterer Anruf... diesmal für die Gräfin
Die Brujah grinste beim Scherz des Ghuls. Ein offenes, amüsiertes Grinsen. Andrew hatte ja keine Ahnung, wie sehr ihr so etwas im Augenblick dabei half, das durchzuziehen, was sie vorhatte, denn es lockerte den Knoten in ihrem Innern ungemein auf, der entstanden war, weil sie gegen ihre eigentlichen Vorsätze bei der Ventrue um Geld bitten wollte. Hannah reichte dem Ghul die überraschend schwere Lederjacke, sowie ihren Integralhelm, während sie noch immer grinsend erwiderte:
Du darfst mir gern was anbieten, ja. Aber 'Kredenzen' klingt 'n bisschen wie Sauereien aus der Fetischszene.
Mit einem lockeren Klopfen auf die Schulter und einem - inzwischen etwas gelockertem - Lachen lies Hannah den Ghul stehen und begab sich in den benannten Salon, in dem sie die Gräfin auch beim letzten Mal angetroffen hatte.
Hannah lächelte die Gräfin an, erwiederte ihre Begrüßung und lies sich danach nieder. Wieder einmal war sie überrascht, wie schnell sie selbst ihr Verhalten umkrempeln konnte und sich eigenlich - so fand sie - recht 'höfisch' verhalten konnte. Die Brujah lauschte den Worten der Gräfin, nickte einige Male und während der Erwähnung eines bunten T-Shirts fiel ihr Blick unweigerlich nach unten auf ihren verwaschenen, schwarzen Kapuzenpulli. Der Union Jack - die Flagge Großbritanniens - prangte darauf, sowie ein Pin dem Zeichen der Anarchie, das jedoch auf den Kopf gedreht war. Hätte die Gräfin bisher Gelegenheit gehabt, auch den Schriftzug auf dem Rücken des Hoodies zu sehen, wäre wohl ein weiteres Klischee bedient gewesen: 'Anarchy in the UK'. Unweigerlich mußte die Brujah wieder grinsen. Der nervöse Knoten in ihrem Innern hatte sich aber - dank der Reaktion der Gräfin - beinahe vollständig aufgelöst. Die Idee gefiel der Ventrue? Das war gut.
Lack ist nicht so mein Ding, wenn ich ehrlich bin. Aber ja, Leder und Jeans und so weiter... Nunja. Ich denke, sie haben das schon recht gut durchschaut, was ich mir vorstelle, Gräfin.
Sie machte eine kurze Pause, kratzte sich mit einem Finger am Kinn, während sie die Magazine kurz überflog, die vor der Gräfin lagen. Als sie weitersprach, gab sie sich Mühe, zumindest dem Ton nach sachlich zu bleiben.
Ich würde gerne bei der Seneschall morgen ein wenig "geschäftlich" auftreten. Ein Kleid oder so etwas würde dabei aber wohl in die falsche Richtung gehen, denke ich. Ebenso wäre wirkliche Geschäftskleidung wohl zu hochtrabend. Jedenfalls vermute ich, dass Madame Noir über den Ghul in ihrem Vorzimmer bestens ins Bild gesetzt wurde, wen sie morgen zu erwarten hat und ich würde gerne dafür sorgen, dass dieses Klischee, das ihr der Ghul mit höchster Wahrscheinlichkeit übermittelt hat, im Halse stecken bleibt. Verstehen Sie?
Wieder grinste Hannah und machte eine Pause. Sie blätterte ein wenig in einem der Magazine.
Was die Hochzeit angeht... ich habe bisher weder eine Erlaubnis, in der Stadt zu bleiben, noch eine Einladung zu der Feier, aber natürlich wäre es eine interessante Gelegenheit noch ein paar mehr Leute zu treffen. Auch wenn ich das Timing in Anbetracht der Problematik in der Stadt für unglücklich halte. Aber das soll ja nicht mein Problem sein. Wenn ich aber tatsächlich zu der Hochzeit gehe... ich weiß nicht. Dann tatsächlich ein Kleid vielleicht...?
Hannah sah die Gräfin etwas unsicher an. Es war schon Jahre her, dass sie zuletzt ein Kleid getragen hatte. Wurde die Gräfin sich Hannah überhaupt in einem Kleid vorstellen können? Die Brujah verlor sich für einen Augenblick in 'Tagträumereien'. Ein Teil von ihr, den sie über die Jahre hinweg versucht hatte tief in sich zu verbergen, sehnte sich nach solchen Dingen... sehnte sich danach 'normal' zu sein. Wieder einmal fragte sie sich, ob sie es nicht bereute, ihren Erzeuger um den Kuss gebeten zu haben. Sie schüttelte den Kopf und vertrieb damit diese ungewünschten Gedanken. Wieder voll im Hier und Jetzt sah sie die Gräfin wieder mit der gewohnten Selbstsicherheit an.
Die Anarchin drehte das Magazin in dem sie geblättert hatte zu der Gräfin hin und tippte auf ein Bild. Es war wohl irgendeine Werbung aus dem Magazin, aber die junge Frau, die dort abgebildet war, vermittelte dem Betrachter durch dezentes Styling und den hellen Hosenanzug, den sie trug, professionelles, geschäftliches Auftreten, während sie durch ihre offen geschnittene Bluse noch genug ihrer Weiblichkeit zeigte, ohne zugeknöpft oder schlampig zu wirken.
Was halten sie von sowas? Also für morgen...
Am liebsten hätte sie noch dazu gefragt 'gehe ich damit als Ventrue durch?' - aber das verkniff sie sich.