[16.04.2004] Herbst der Seelen.

Darkness

Headshot to be sure!
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Die Bäume bekamen neue Sprieße, junge saftige grüne Blätter wuchsen an den feinen Ästen der Bäume des Parks. Schweigend betraten Melody und Raphael den Park.
Es war ein komisches Gefühl, alles wachsen und leben zu sehen und sich selbst vorzukommen als hätte man die Seele entrissen und gegen ein kaltes graues undefinierbares Ding getauscht.

Regen prasselte auf die Blätter und Wind schaukelte die Bäume.
 
Sie hatte nur einmal an der Zigarette gezogen und sich einen abgekämpft nicht einen Hustenanfall zu bekommen. Die Taxifahrt über war sie schweigsam gewesen, hatte den Blick aus dem Fenster gerichtet und dabei zugesehen wie alles grau in grau an ihr vorbei läuft. Es waren kaum Menschen auf der Straße, auch nicht dort wo man normalerweise Menschen sehen würde.

Im Park angekommen zieht sie die Kaputze ihrer Jacke mit einem mürrischen Gesichtsausdruck über den Kopf. Die Schritte der beiden knirschen auf dem Kieselweg und das Geräusch erscheint einem zusammen mit dem prasselnden Regen sehr viel lauter als es eigentlich ist. Eigentlich hat es etwas wunderschönes an sich, aber für diese Art von Schönheit ist Melody im Moment nicht empfänglich. Das prasseln beruhigt ihre Gedanken und die gleichmäßigen Schritte sind ein gutes Mittel um im Kopf einfach jeden Schritt mitzuzählen, wenn das auch nur einige Meter weit klappt weil sie dann schon wieder von ihren Eigenen Gedanken abgelenkt wird.
Am liebsten möchte sie sich hier auf den Boden legen und warten bis der Regen ihre Kleidung so sehr durchnässt hat dass sie die Kälte nicht mehr spürt, denn trotz Jacke friert sie.

Nachdem sie ein gutes Stück schweigend gegangen sind sieht sie Raphael wieder an. "Du siehst auch ziemlich bedrückt aus." Keine Frage.. nur ein unausgesprochenes Angebot darüber zu reden was mit ihm los ist.
 
Raphael nickte. "Wie gesagt, die letzten Tage waren sehr hart und irgendwie... scheint das alles heute erst so richtig hoch zu kommen. Und ich habe Heute..." Er bricht den Satz ab, er war sich sicher es würde ihr schlechter gehen, außerdem musste er nicht jedem erzählen das der Stoff von heute Morgen anscheinend gemischte Scheiße war.
 
Du hast heute? Ihre Stimme klingt nicht halb so interessiert wie sie eigentlich hätte klingen sollen. Auch wenn sie sich mühe gibt geht es nicht. Trotzdem sieht sie ihn weiter fragend an. Solange sie über irgendwas redet ist sie von allem anderen abgelenkt und das ist alles was sie will
 
Raphael lenkt seinen Blick weg von ihr in den Park hinein.
Nach einem tiefen Einatmen setzt er sich in Bewegung und steuert auf eine Bank zu.

Er setzt sich.

"Hier... hier hat sie mit mir gesessen, es hat sie nicht interessiert das ich über und über mit Blut beschmiert war, sie hat mir Lieder gesungen, und dann mein Leben genommen..."
 
Melody folgt ihm zu der Bank.. betrachtet einen Moment lang abwesend das glitzernde Wasser auf dem Gras. Alles irgendwie egal, so auch die nasse Bank auf die sie sich grade setzen.. einen Moment lang ist es unangenehm als die Nässe sich durch ihren Hosenboden frisst, dann ist es schon wieder egal geworden.
Raphaels Themenwechsel kann sie im ersten Moment nicht folgen Sie? Sein Leben genommen? Ist er.. nein, dann würde er hier nicht mit mir am Tag herumlaufen.. Mein er Regeane?
Sprichst du von Regeane?
 
"Mhmhm!" gibt er zu.

Seine Haare hängen nass von seinem Kopf herab als er nickt.

"Mit welchem Recht entscheiden sie einfach so über uns? Wer hat ihnen dieses Recht gegeben? Ich habe gestern Nacht mit angehört wie ein anderer Vampir Greg um erlaubniss gefragt hat ob er seinen Menschen behalten darf! Wie ein kleines Kind welches ein unbedeutendes Tier auf der Straße findet... Mami mami darf ich es behalten?! Erbärmlich! Dazu haben sie einfach nicht das Recht! Greg behandelt mich gut, und er hatte mit seinen Bestrafungen sicher Recht, ich habe eine Menge Mist gebaut, aber die art und Weise wie sie über uns denken ist... abscheulich!"
 
Eine Weile sitzt Melody einfach schweigend neben ihm und lässt sich seine Worte durch den Kopf gehen. Ja es war abscheulich.. nicht nur die Art wie sie über sie zu denken schienen, nein auch die Art wie sie behandelt wurden.. teilweise. Aber trotzdem schafft sie es nicht, aus dem erfahrenen und gehörten einen Vorwurf für Regeane zu machen. Es geht einfach nicht.
"Regeane hat mir zwei Finger gebrochen weil ich.. weil sie denkt ich hätte einen Fehler gemacht. Greg hat mich einmal fast erwürgt" Regeane auch "Wir dürfen eben keine Fehler machen, dann passiert soetwas nicht. Wie denkst du über einen Hund? Du betrachtest ihn auch als dein Eigentum wenn du einen hast. Und das nur weil du ein Mensch bist." Sie holt tief Luft und verschränkt die Finger ineinander.. kämpft gegen den Klumpen in ihrem Hals
 
"Aber wir sind keine Hunde! Da liegt der Unterschied, sicher, ich habe Mist gebaut, ich habe die Strafen verdient, es geht aber nicht darum, sondern wie sie über uns denken, das was sie von uns wollen, könnten sie auch anders bekommen... warum denken sie nur so?"

Raphael wischt sich einige Regentropfen aus dem Gesicht und blickt Melody tief in die Augen.

"Tut mir Leid..... ich bin ein Idiot... du hast genug eigene Probleme ich..." er ist den Tränen nahe und steht auf. "...ich sollte dich nicht auch noch damit belasten, das war dumm von mir!"
 
Verschiedene Gefühle kämpften darum die Oberhand zu gewinnen, einerseits das Verständnis für Raphaels Wut und Verzweiflung, für ihre eigene Wut und Verzweiflung.. andererseits die Liebe für Regeane.. und dann noch diese Einsamkeit, diese Kälte in ihr drinnen der alles egal sein sollte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt als sie seine Augen sah. Am liebsten hätte sie ihn angeschrien, dass er keinen Grund zum Heulen hat, dass er gefälligst nicht so schauen soll.
Stattdessen bringt sie nur ein "Tut mir leid" heraus ehe auch sie aufsteht, ebenfalls mit Tränen in den Augen.. weshalb war es so schwer sich gedanklich auf einen Sommertag zu konzentrieren?
Gerne würde sie ihm alles erzählen, sich die ganze Scheiße einfach von der Seele reden und weinen damit es raus ist, damit es nicht in jedem Winkel ihrer Gedanken Platz sucht und sich dort immer weiter ausbreitet. Aber sie konnte es nicht. "Ist nicht schlimm.. wirklich."
Er ist ja so schon nett genug. Wenn er auch nicht helfen kann. nicht so wirklich. "Ich muss in den nächsten Tagen in die Pathologie.. ich kann niemanden fragen ob er mit mir geht.. Kannst du nicht mit mir gehen?" Ich will nicht alleine hin.. ich will überhaupt nicht da hin. Sie hat die Finger wieder ineinander verschränkt und steht vor ihm wie ein Häufchen Elend
 
"Ich habe dir gesagt wenn du Hilfe brauchst, dann sag bescheid. Natürlich komme ich mit!"

Er wartet ein Moment und spricht dann weiter.

"Hm bisher habe ich nur diese Bank vom Parg gesehen, wollen wir vielleicht ein Stück gehen?"
 
Melody nickt leicht und fängt an wieder den Weg entlangh zu gehen. Die Hände vergräbt sie in ihrer Tasche und senkt den Blick auf den Boden. "Ich muss morgen.. Naja meine Eltern sind noch dort und sie müssen begraben werden. Ich denke ich brauche dann einfach jemanden der da ist." Vielleicht brauche ich auch gar nichts mehr danach.. vielleicht gehe ich ja doch nicht hin. Sie lässt die Schultern hängen und mit ihren Schultern hängt wieder das Schweigen zwischen ihnen weil Melody keine Worte findet die sie gerne sagen würde, die sie sagen müsste.
Sie genießt einfach das Wissen dass dort jemand neben ihr hergeht an den sie sich wenden kann sobald die Gedanken sie wieder runterziehen möchten.
 
"Wa... das... warum... das tut mir leid!"
Raphael bleibt stehen, dreht sich vor Melody und nimmt sie fest in den Arm.

"Es tut mir so leid..."
 
Melody verzieht das Gesicht, vielmehr wandern ihre Mundwinkel verräterisch nach unten als er sie in den Arm nimmt. Ihr Atem stockt und sie muss den Kloß in ihrem Hals wieder runter schlucken. Im ersten Moment steht sie etwas versteift da, um sich dann aber in die Umarmung zu schmiegen. "Wenn du jetzt nicht aufhörst fang ich an zu heulen wie ein kleines Kind.." murmelt sie an seine Jacke und will sich wieder von ihm lösen.. nein eigentlich will sie das nicht. Eigentlich gefällt es ihr, hier Arm in Arm mit einem gutaussehenden Kerl im Regen zu stehen, zumal das Balsam für ihre Seele ist.
Und so kostet sie den Moment noch etwas länger aus, schlingt ihre Arme um seine Mitte um die Umarmung leicht zu erwiedern. Erst nach einigen Momenten löst sie sich doch zaghaft von ihm. "Ich zeig dir den Park, ja?"
 
Raphael standen die Tränen fast so nah wie Melody selbst als sie die Umarmung löste.
"Ist okay... kennst du sonst noch schöne Orte in der Stadt? Hey habt ihr hier ein Kino? Oder ein chiques Irish Pub? Ich liebe Irish Pubs!!!"
 
Sie atmet tief durch und versucht sich an einem Lächeln welches etwas kläglich ausfällt. Die Hände verschwinden wieder in den Taschen und sie fängt an neben ihm den Weg entlang zu gehen. Im Park ist ausser den Beiden sonst weit und breit niemand zu sehen, alle anderen scheinen es vorzuziehen sich bei diesem Wette in ihren Häusern zu verstecken.
"Ja, wir haben ein Kino.. hmm.. das Mexican ist ganz schön. Eigentlich war ich Abends nicht so viel in irgendwelchen ´Discos. Also ich gehe schon gerne hin, aber nicht jedes Wochenende wie viele andere. Ein Irish Pub. Bestimmt haben wir eins. Du musst einfach in den gelben Seiten nachsehen" Melody grinst kurz schief und sieht ihn wieder an "Und warum bist du hier nach Finstertal gekommen? Wo kommst du eigentlich her?" Dieses belanglose Thema macht es ihr leichter die Gedanken an ihre Eltern zu vergessen. Fasziniert betrachtet sie die Regentropfen auf seinen Haaren, welche langsam daran herablaufen und von denen sich hin und wieder zwei verbinden wenn zwei Haarsträhnen sich überlappen.
 
"Ich... ich komme ursprünglich hier aus Deutrschland war aber die letzten Jahre... nach dem t... ich war die letzten Jahre in New York, hab dort mein erstes Buch geschrieben, jetzt wollte ich zurück nach Deutschland, hab zuviel Party gemacht, ging daran kaputt, ich brauchte neue Kreativität, jetzt bin ich hier!"

Er atmete tief durch.

"Wo wollen wir hin? Wollen wir ein Taxi rufen und fragen ob es einen Pub gibt? Oder willst du lieber Zurück... oder hier bleiben?"
 
Zu viel Party gemacht? In New York.. hmm Vielleicht kann sich Melody zumindest ansatzweise vorstellen was Raphael damit meint, aber sie fragt nicht nach. Stattdessen deutet sie geradeaus wo in einiger Entfernung ein Weg nach links kreuzt. "Dort kommen wir zu einem Ausgang. Mir ist saukalt.. in einem Pub dürfte es wohl wärmer sein."
 
Stichwörter die ein Gentleman nicht überhören sollte... Raphael blieb stehen und zog seinen Mantel aus um ihn Melody über die Schultern zu legen.
"Dann wollen wir mal!" er lächelte sanft aber irgendwie abwesend.

Am Ausgang des Parks angekommen hielt Raphael Ausschau nach einem Taxi und wurde etwas fünfzig Meter vom park entfernt fündig.
Glücklich wieder im trockenem zu sein sprach er den Fahrer nun an.

"Haben sie eine Ahnung ob es hier in der Stadt einen Irish Pub gibt?"

Der Taxifahrer überlegte einen Moment.

"S Kinx Papp is son Ding!"

"Dann wollen wir bitte da hin Sir!"

"mhmhm..."
 
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