13.04.04 - der "Glöckner" sucht seine Glocke

Eldrige

Zombie-Survival Experte
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Lurker eilte durch die zwielichtigen, tropfenden Gänge der Kanalisation. Seine Gedanken sprangen unruhig hin und her, wie eine Nadel auf einem defektem Plattenspieler. Genauso unangenehm wie sich das anhören würde, so zuwider war ihm auch das Wirbeln seiner Gedanken. Dimitris Umarmung nach dem trinken, sein Erwidern dieses Drucks, als verabschiede er einen anderen seines Blutes, einen Bruder und die Tatsache das er genüßlich mit ihm zusammen von Brenda genommen hatte.

Wes Brot ich ess des Lied ich sing ?

Auf jedenfall hatte er sich nicht geweigert mit dem Tzimisce zusammen die kleine Messe zu feiern. Was ihm aber am meisten Angst machte war der eine Gedanke den er nicht zu ende denken wollte, den er vor sich selber nicht zugeben würde. Alleine bei dem Gedanken daran wie Brendas Haut duftete wurde er rasend und schwach zugleich. Was hatte er für glühende Reden gehalten über die Menschheit, er wußte in seinem Herzen lauerte ein Teil von ihm der freudig alles veraten und verkaufen mochte, wenn er dafür wieder von dem wunderschönen jungen Mädchen trinken durfte. Spöttich lachend verhöhnte der dunkle Schatten der hinter seinen Augen wartete ihn.

Als er endlich in der Seitengasse am Nebeneingang der Bibliothek aus der lichtlosen Welt unter der Stadt hinauskrabbelte hatte er endlich wieder ein direktes Ziel vor Augen, eine Aufgabe von der er etwas verstand und in die er sich völlig hineinsteigern konnte.
Leise wie der Flügelschlag einer Motte betrat er die alte Bibliothek roch altes Papier und Staub. Allerdings passierte er den Bereich mit den wunderschönen alten Büchern direkt und nahm an dem Schreibtisch mit dem Computer Platz.
Er war sehr verstimmt darüber das er sich nicht den endlosen geschriebene Seiten widmen konnte, aber zu oft schon hatte sich gezeigt das die Spuren zu gründlich verwischt worden waren, als das er eine Spur zu Zacharii oder dessen wirken hatte aufnehmen können. Aber konnte nunmal nicht alles manipulieren. Wenn die Glocke verlegt worden war, dann war das nicht heimlich still und leise gegangen. Irgendwo würde es spuren geben, und wenn es nur ein Bericht der Feierlichkeiten war, der weitere Stichworte zum suchen liefern würde.
Lurker lächelte kurz glücklich, als er in einem geschlossenem Forum seine Informationen über Finstertal wiederfand. Seine Leute hatten es also schon hier hineingebracht, das war ihm gerade in dieser Nacht sehr wichtig. Er war nicht alleine, das Gefühl war gut und stärkte ihn.
Er überflog ein paar andere der verschlüsselten Neuigkeiten und nickte. Derart auf den neuesten Stand gebracht hätte er beinahe die Suche wiederfortgesetzt, als er über ein paar Nachrichten stolperte die das Massaker in Finstertal behandelten. Er hatte es vor einiger Zeit gelesen und jetzt fragte er sich ob Dimitri damit zu tun hatte. War er dabei gewesen ? War er das selber gewesen ? Lurker war einige Minuten völlig starr, seine Augen waren völlig leer, das blau leuchten des Monitors spiegelte sich darin wie in milchigen Glasmurmeln. Schließlich löste er sich aus diesem Zustand und er widmete sich wieder der Suche nach der Glocke. Das war einfacher als sich jetzt mit dem Gedanken an das was Dimitri getan haben mochte zu bechäftigen.
 
Die Suche über eine Glocke in Finstertal ist sehr ertragreich, doch weniger aufschlussreich. Ständig wurden Glocken geweiht und aufgehängt. Im Mittelalter sind die Daten noch sehr spährlich. In der Frührenaissance und der Renaissance sind jedoch vermehrt Daten zu finden. Nach den Weltkriegen sind wieder viele Daten zu finden. Anscheinend waren Kirchtürme sehr empfänglich für Bombenangriffe. Es mussten viele Glocken abgehängt werden und teilweise wurden sie in andere Bauten übernommen.

Jedenfalls ist sicher, dass in Finstertal zu keiner Zeit Glocken selber hergestellt wurden.

Auf einmal werden deine Hände beinahe zittrig, als du merkst, dass du dem Geheimnis näher kommst. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg wurden zwei Glocken aus örtlichen Sakralgebäuden in den Dom umgehängt. Dieses "Sakralgebäude" werden hier nicht weiter benannt. Seltsam, Kirchengemeinden waren doch damals sehr gepflegte Namen, die man ohne Umschweife im Mund führte.
Der Glockenturm des Domes war wohl damals zerstört worden und musste wieder hergerichtet werden.

Eine Spur?
 
Lurker biss in seine Hand und kaute darauf herum. Heiß prickelte es seinen Rücken herunter.
Er war nahe dran, ganz nahe. Hektisch sah er sich um und rechnete beinahe damit das Zacharii gleich im Frack und Zylinder hinein kam, einen Spazierstock schwang, ein wenig Fred Astaire auf das Parkett legte und ihm dann gratulierte weil er so ein verdammt clevers Kerlchen war.
Dann wurde ich schlagartig jedoch so kalt das seine Wirbelsäule zu Eis erstarrte und knisterte und knackte, so als wolle sie in tausend schimmernde Scherben zerspringen wenn er sich rührte.

Der Dom

Das war eine verdammte Kirche. Überall würden dort heiligen Symbole und Kreuze herum hängen. Ein heiliger Ort. Lurker wollte dort nicht hin.
Es war eine Sache im alten Bereich des Friedhofes zu hausen und die Kreuze auf den Grabsteinen dort zu umgehen. Das gehörte sich für einen Vampir.
Aber in eine echte Kirche hineinspazieren ? Keine uralte Ruine, die all ihren Glanz und die Präsenz von was auch immer einmal darin heiliges gewesen sein mochte schon lange verloren hatte, nein, eine richtige Kirche.
Lurker winselte leise und knurrte dann, wippte auf und ab und ließ seine Finger knacken. Dann trommelte er einige Zeit auf der Tischplatte herum.
Es nützte wohl alles nichts. Er würde sich dieser Sache stellen müssen. Er fragte sich ob Dimitri ihn deswegen wohl auslachen würde ? Vielleicht würde er mit ein paar Kränzen Knoblauch um den Hals um ihn herumspringen und ihn darauf hinweisen das er nicht mehr in der Stadt bleiben konnte, weil er dort überall fließendes Wasser überqueren mußte. Lurker schüttelte wütend den Kopf. Dann sah er hinüber zu dem Eingabe Fenster in dem der Cursor ihm engegen blinkte. Die Leere des Suchfensters schien ihn zu verspotten. Eigentlich hatte er alle Informationen die er brauchte, aber er war sauer weil man versuchte die Glocke vor ihm in einer Kirche zu verbergen.
Dann knurrte er wild. Wenn es jemanden gab mit dem er das tun konnte, dann war es Dimitri. Lurker griff wütend nach der Tastatur und seine langen, dürren Finger huschten über die Tastatur als er einen letzten Suchbefehl eingab, der nur dem Trotz entsprungen war.

`Der Fluch des Drachen´+ `1092´

Sein Finger schwebte wenige Milimeter über der Eingabe Taste. Seine Augen waren weit aufgerissen und seine Lippen beteten stumm irgendeine Litanei herunter, während er durch den Bildschirm hindurch in eine andere Welt zu blicken schien. Dann senkte er den Finger und der Befehl raste hinaus in die Weite. Jetzt war es zu spät. Gebannt wartete Lurker vor dem Bildschirm. Die Angst hatte ihn völlig im Griff. Eigentlich hatte er das nicht tun wollen, aber immer trieb ihn etwas dazu auch nach den Sachen zu wühlen die er gar nicht finden wollte. Er sah auf seine Hand hinab, knotig und von grau gelblicher Hautfarbe, Finger wie die Beine einer Riesenspinne und schwarze, lange Fingernägel. Auch das was er war verdankte er der Tatsache das er entgegen allen Warnungen zu tief gegraben hatte.
Er sah wieder auf den Bildschirm und wartete, jetzt konnte er ohnehin nicht mehr weglaufen.
 
Lurker schickt seine binären Gebete über die Tastatur in die Datenwelt von Millionen Rechnern auf der Welt und einigen hundert besonderen Rechnern des sagenumwobenen Schrecknet der Nosferatu. Hier wurden Infomationen gehandelt und zur online gestellt, die nur einem einzigen Clan zur Verfügung standen. Wenige clansfremde Vampire rühmtan sich damit Zugang zum Schrecknet zu haben, doch was sie als Zugang zum Wissen der Welt betrachteten, war lediglich das Kratzen mit dem Fingernagel an der Oberfläche der Erdkruste. Jeder Nosferatu verspottete diese Kainiten insgeheim ob ihrer Kurzsichtigkeit.

Das Blinken des Cursors bleibt eine Zehntelsekunde aus, als sich ein neuer Bildschirm aufbaut.

Thomas Sandmann [vernichtet 23.06.66], 05.01.1952, Selbsteintrag
Der Fluch des Drachen, 1092 Altrussische Inschrift an der Glocke der größtenteils zerstörten Kirche in Finstertal. Diese Inschrift wird auf mittlelalterliche Tzimisceaktivitäten in Finstertal zurückgeführt.
verknüpfte Themen: --/--
 
Lurker sackte in sich zusammen. Er war erlich erleichtert, denn er hatte sich einen Moment sogar Sorgen gemacht das gleich ein Unhold aus dem Monitor sprang und ihn hinein zerrte.
Er überlegte einen Moment, noch war es ja nicht wirklich überprüft, aber es würde wohl besser sein wenn er eine Spur hinterließ. Wenn ihm etwas zustieß, dann würde sein Clan wenigstens die benötigten Informationen haben um zu wissen was vor sich ging. Also verknüpfte er das Thema mit der namenlosen Kirche aus der eine Glocke entfernt und in den Dom in Finstertal gebracht worden war, sowie zu dem Kloster das nicht geweiht worden war und den Informationen zu Zacharii. Er lud die Informationen hoch, markierte sie jedoch als noch nicht verifiziert. Dann sandte er den Link zu einer Email Adresse. Er nickte zufrieden. Seine Informationen würden so an den Meister weitergereicht werden. Er hoffte dieser würde nicht darüber erzürnt sein das Lurker diesen Weg nutzte und ihm nicht einen Bericht per Brief zusandte, aber er war einfach zu beschäftigt gewesen. Lurker kaute auf seiner Hand herum.

Vielleicht stimmt ihn das was ich in Erfahrung gebracht habe gnädig und er sieht darüber hinweg..

Das war schon früher vorgekommen, so das er nur einen Vorwurfsvollen Blick erntete das er das ganze nicht in einen ordentlichen Bericht zu Papier brachte sondern nur virtuell speicherte, wie er es gelernt hatte und er nicht bestraft wurde.
Schließlich klinkte er sich aus und faltete die Hände im Schoss, während er die Augen schloss und nachdachte.
Für heute war es genug, dachte er bei sich. Er fühlte sich taub und stumpf, als wäre er ausgelaugt von der ständigen Emotionalen Achterbahnfahrt die er seit seinem ersten Tag mit Dimitri durchmachte. Aber es war nur die bleierne Schwere des Tages die in seine Glieder kroch.
Er erhob sich, strich seinen Mantel glatt, schob den Hut zurecht und schlurfte in Richtung Ausgang um Heim zu kehren.
 
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