Einfluss [12.05.2008] Geschäftsessen auf nüchternen Magen

Durro-Dhun

Erklär(wer)bär
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Iain hatte sich heute direkt nach Sonnenuntergang aufgemacht. Wieder einmal war er froh, dass sein Guhl Mia die Tageszeiten so viel besser nutzen konnte als er selbst. Denn sie war fleißig gewesen: Als Iain erwachte, hatten auf dem kleinen Tisch in seinem Appartment im 'El Privilegio' ein Zettel sowie ein Umschlag gelegen. Der Umschlag hatte die Gründungsurkunde der Firma 'MediVital', säuberlich rückdatiert auf den 28.04.2008 enthalten. Das Dokument wies die Firma als Unternehmen mit Schwerpunkt der Forschung an lebenserhaltenden, verlängernden und verbessernden Maßnahmen aus: Immunologie galt als ihr Schwerpunktgebiet, aber auch die Erforschung einiger gewinnversprechender Schutzimpfungen und sogar eines Anti-Aids Medikamentes standen auf der Forschungsliste. Iain hatte darauf geachtet, die Firma durch eine Rating-Agentur als kleines Starlet im medizinischen Bereich darstellen zu lassen - gewinnversprechend und auf der Suche nach Investoren, deren Geld in Kürze Junge bekommen würde.

Zufrieden ließ er die Urkunde in einen Lederordner mit Klappdeckel wandern. Erfreut stellte er fest, dass Mia sich sogar die Zeit genommen hatte, einen kleinen Stapel Visitenkarten drucken zu lassen.

Iain Finnlay
MediVital - Leben, Forschung, Gesundheit
Geschäftsführer

Nett.

Der zweite Zettel enthielt eine handschriftliche Notiz.
21.00 Uhr, Schlosshotel, Geschäftsessen mit Herrn Bäuerlein, Hauptgeschäftsführer der Finstertaler Bank
22.30 Uhr, LionsLounge, Geschäftsessen mit Herrn Feisterkamm, größter Arbeitgeber Finstertals

Iain ignorierte den Smoking, der in einer Schutzhülle für ihn bereit lag, packte ihn jedoch ein, falls er nicht noch einmal zurück zum 'El Privilegio' kam und warf sich in seinen gewohnten Armani-Anzug. Dann prüfte er kurz in einem Anflug von Paranoia, ob die Sonne auch schon tatsächlich untergegangen war und machte sich dann auf zum Schlosshotel.

Der Maserati schnurrte...
 
Herr Bäuerlein, ein kleiner Mann mit Schmerbauch und Stirnglatze, erschien pünktlich zu dem Termin, das der Gesprächspartner noch nicht da war quittierte er mit einem Stirnrunzeln und bestellte eine Flasche teures Mineralwasser und einen trockenen Weißwein aus deutscher Herstellung während er die exquisite Karte des Schlosshotels studierte.

Wer ist der Kerl eigentlich? Habe noch nie etwas von einem Iain Finnlay gehört. Haben diese englischen Hungerleider eigentlich noch Kapital. Schließlich sind es vor allem deren Versicherungen und Märkte die durch die amerikanische Immobilienkrise in die Knie gehen. Eigentlich haben wir gerade einedn Liquiditätengpass. Wenn er Referenzen hat und Sicherheiten bietet werden wir vielleicht mit anderen Banken bei der Geschichte zusammenarbeiten. Dumm nur das ich von diesem Medizinkram wenig verstehe, da werden einige meiner Mitarbeiter nachforschen müssen...Röder vielleicht, der ist gut darin sich in sowas zu verbeissen.
Finnlay, klingt irgendwie irisch...alles kartoffelfressende und Whiskey saufende Faulpelze. Hoffentlich spricht er wenigstens Deutsch oder zumindest ein zivilisiertes Englisch und nicht irgendeinen Paddy - Akzent in dem es von Gälisch nur so wimmelt. Alleine die Uhrzeit dieses Termins ist eine Zumutung. Der feine Herr hat während der Geschäftszeiten keine Termine frei um die Bank aufzusuchen von der er eine Finanzierung willl.

Bäuerlein sah genervt zum mindestens zehnten Mal auf seine Uhr seit er das Lokal betreten hatte.
 
Out of Character
IAIN? Unpünktlich? Pfüh... :D


21.01 Uhr. Da hatte sich Iain doch tatsächlich einmal verspätet und das als ein so sehr auf Pünktlichkeit, Präzision und Verlässlichkeit bedachter Ventrue. Nunja. Sollte vorkommen. Der Maserati schoss auf den Parkplatz des Schlosshotels, Iain sprang heraus, drückte die Verriegelung und steckte einem der mit offenem Mund da stehenden Pagen den Schlüssel und einen 50€ Schein zu. "Danke, mein Sohn."

Mit entschlossenem, raschen, aber nicht eiligen Schritt erreichte er die Pforte und nach einem kurzen Wortwechsel mit dem Máitré auch den Tisch, an dem Herr Bäuerlein bereits schwitzend und missmutig saß. Iain wirkte ganz wie der erfolgreiche, dynamische Geschäftsmann auf der Überholspur, strahlte eine Selbstsicherheit und Freundlichkeit aus, die in fast körperlich fassbaren Wellen durch den Raum schlug. Eigentlich konnte man ihn gar nicht nicht mögen - außer man hatte bereits mit genau diesem Typ Geschäftsmann schlechte Erfahrungen gemacht. Steve Jobs Fans wären ihm jedenfalls zu Füßen gelegen.

"Herr Bäuerlein! Entschulidgen Sie bitte die Verspätung!" Mit einer Erklärung, warum er 'zu spät' erschienen war, gab er sich gar nicht erst ab.
"Oh, ich sehe, sie haben bereits gewählt? Hervorragende Wahl, dieser Rheinhesse, sehr exquisiter Jahrgang!"
Iain trat auf Bäuerlein zu - nicht zu nahe, um diesen nicht bedrängen - und schüttelte ihm geschäftsmännisch die Hand. Sein Händedruck war fest, unverschwitzt, seriös.
"Sehr angenehm, Sie persönlich kennen zu lernen, Herr Bäuerlein. Iain Finnlay ist mein Name." Iains Stimme war bar jedes Akzentes.

Beiläufig flickte Iain den Knopf seines Sackos auf und nahm schwungvoll am Tisch Platz. Erst jetzt schien er etwas herunter zu fahren und von der Überholspur herunter zu kommen, auf der er die ganze Zeit gewesen zu sein schien. Sein Gesprächtempo war zwar nicht hektisch oder schwer verständlich gewesen, jetzt normalisierte es sich jedoch.

"Ich danke Ihnen vielmals, dass Sie zu solch ungewöhnlicher Stunde noch Zeit für eine Einladung zu einem Geschäftsessen erübrigen konnten, Herr Bäuerlein. Ich hatte heute ncoh eine unverschiebbare Videokonferenz mit Tokyo und dachte mir, bevor ich versuche, mich in Ihren sicherlich schon mehr als vollen Tagesplan zu quetschen, biete ich Ihnen die Möglichkeit bei einem kleinen Geschäftsessen nach Feierabend zu entspannen."

Iains Lächeln war alles andere als subtil. Es wirkte so offen und ehrlich. Fast schien es Bäuerlein, etwas darin rühre sein Innerstes an. War das nur Einbildung oder war ihm dieser junge Geschäfsmann sympatisch? Nein, ein so versierter Finanzmann wie Bäuerlein würde seine Entscheidung nicht von reiner Zuneigung abhängig machen.

"Sie werden sich sicherlich fragen, wer ich denn bin, Herr Bäuerlein. Wie ich mich bereits vorstellte, ist mein Name Iain Finnlay. Ich habe das Handwerk des Finanzwirtes bei der Royal Bank of Scotland erlernt und dort zuletzt um die Jahrtausendwende einen Direktorenposten unter Sir Arthur Danes inne."
Wie schön, dass es diesen Danes wirklich gab und ein kleine Vereinbarung mit ihm Iains Referenzen beweisen konnten.
"Ich bin vor kurzem in die Industrie gewechselt und wurde von mehreren deutschen Herrschaften gebten, für sie die Gründung einer Firma zu übernehmen, die sich mit der Erforschung lebensverlängernder Maßnahmen beschäftigen wird."

Iain ließ eine seiner Visitenkarten über den Tisch zu Bäuerlein wandern.

Und just diesen Moment suchte sich der Máitré aus, um zu erscheinen und Iain nach seinen Getränkewünschen zu fragen.

"Oh... einen Royal Loch Nagar, special reserve, black label, 25y, millenium edition bitte." Da bestellte Iain einfach mal ohne mit der Wimper zu zucken ein Glas Whisky für mehr als 40€. Nun, scheinbar hatte er sich entschieden, heute mit Whisky einzusteigen.
 
Bäuerlein reichte seine dickliche und absolut verschwitzte Hand Iain, seine finger wirkten wie Würste und der Händedruck nicht all zu fest. Seine wässrigblauen Augen hefteten sich auf seinen Gesprächsparter.
Ein dünnes Lächeln erschien auf seinem Mund. Er nahm sofort war das er einen Mann vor sich hatte der erfolg quasi auszuschwitzen schien. Sehr imposant, aber das waren die Hedge Fonds Manager bei Lehman Brothers oder der Vorstand von Enron auch gewesen. Er war beeindruckt aber auch vorsichtig.

"Kein Problem, Mr. Finnlay, für eine interessante neue Bekanntschaft mit einem Vorschlag für ein Geschät warte ich gerne einen Moment. Aber kommen wir doch gleich zur Sache bevor wir unser Essen damit verderben.
Nun, Mr. Finnlay, ich glaube Ihnen bei Ihren Referenzen das sie ein beachtlicher Finanzmann sind, aber was verstehen Sie vom Geschäft im medizinischen Sektor?"
 
Iain lehnte sich zurück, blickte Bäuerlein in die Augen und widerstand dem inneren Drang, seine Hand nach dem schwitzigen Händedruck abzuwischen. Ernst blickte er ihn an, konzentrierte sich ganz darauf, dabei seriös und überzeugend zu wirken.

"Herr Bäuerlein, wissen Sie, welchen ehernen Grundsatz Naturwissenschaftler und Ingenieursstudenten in ihren BWL-Vorlesungen von ihren Dozenten eingebläut bekommen? Sollten sie sich einmal selbständig machen, ist es ihnen anzuraten, sich einen Betriebs- oder Finanzfachmann mit ins Boot zu holen. Ich bin genau dieser Mann. Meine beiden Partner, beide namhafte Doktoren der Medizin und Biologie möchten, dass ich die Führung unserer gemeinsamen Firma übernehme. In technischen bzw. medizinischen Angelegenheiten stehen sie mir beratend zur Seite und mein gesunder Menschenverstand gebietet mir, diesen Ratschlägen zu folgen. Meine Aufgabe ist es, diese Firma finanziell in ordentlichen Gewässern zu halten - und genau deswegen treffe ich mich heute mit Ihnen."
 
"Gut, gehen wir mal davon aus das diese Leute einen ebenso guten Leumnd haben wie Sie. Was für ene Gesellschaft werden Sie gründen, eine GmbH nehme ich an und wieviel Kapital benötigt das Unternehmen für den Start? Maschinen, Räumlichkeiten und Personal dürften ihre größten Kostenfaktoren sein."

Bäuerlein war immer noch skeptisch, aber Iain bemerkte das seine Präsenz ihre Wirkung tat. Der Mann wirkte gelöster, schien seinem Gesprächspartner Respekt entgegen zu bringen und er hörte ihm aufmerksam zu. Die erste offensichtliche Ablehnungshaltung war überwunden.
 
Iain holte weiter aus, aber aus eigener Erfahrung und Perspektive wusste er, dass Banker immer gerne lieber überinformiert waren, als zu knapp abgespeist wurden. Dabei konzentrierte er sich weiterhin darauf, einen sympathischen Eindruck auf Bäuerlein zu machen.

"Wir bringen bereits ein umfangreiches Eigenkapital mit: Sowohl an Privatvermögen meiner beiden Partner als auch an Geräten. Was uns noch fehlt, sind Räumlichkeiten, entsprechende Kühlaggregate für verderbliche medizinische Proben und ein oder zwei Angestellte.
Geplant ist, das Ganze als sehr kapitalreiche GmbH aufzuziehen und die Mitarbeiterzahl bis zu den ersten größeren Erfolgen überschaubar zu halten."

Iain legte die Fingerspitzen seiner Hände vor sich auf dem Tisch aneinander.

"Was ich heute erreichen möchte, ist Sie davon zu überzeugen, unsere Hausbank zu werden. Wir würden gerne allen Zahlungsverkehr über ihr Kreditinstitut abwickeln. Hierzu würde ich auch gerne über einen möglichen Kreditrahmen des Firmenkontos mit Ihnen sprechen, Herr Bäuerlein.

Ich könnte tatsächlich auch schlicht bei meiner alten Bank in London nachfragen, tue dies aber aus mehrerlei Gründen nicht: Zum einen geht im britischen Unterhaus zur Zeit das Gerücht um, den Kapitalmarkt angesichts der jüngsten Finanzkrise durch restriktive Gesetze und Maßnahmen zu reglementieren. Es wurde sogar über eine entsprechende Finanztransaktionssteuer nachgedacht, die Investitionen in ausländische Firmen entsprechen besteuern könnte.
Außerdem bevorzuge ich bei all meinen Geschäften einen zuverlässigen Finanzpartner, den ich schnell und problemlos erreichen kann.

Zu guter letzt liegt meinen beiden Partnern daran, die Firma national zu halten: sie glauben an den Wirtschaftsstandort Deutschland und würden es bevorzugen, einen deutschen Finanzpartner an ihrer Seite zu haben, am besten eben einen lokal ansässigen. Und je nach dem, wie sehr es sich in Zukunft anbietet, die public relations zu beachten, würden wir für öffentlichwirksame Aktionen gerne auf bereits bekannte Partner zurück greifen.

Sie und Ihre Bank erfüllen alle notwendigen Voraussetzungen und verfügen über Jahrzehnte der Erfahrung. Außerdem haben Sie eine ausgezeichnete Bilanz, wenn ich das bemerken darf. Nur wenige lokale Banken können eine so sauber geführte Statistik aufweisen."

Iain verstummte, lächelte noch einmal und blickte Bäuerlein freundlich an.
 
Kapitalreiche GmbH, das wird ja immer besser. Frisches Geld das hilft die Engpässe zu überbrücken und Löcher zu schliessen die gerade da sind. Ich fange an diesen Iren zu mögen.

Bäuerlein nahm geniesserisch einen Schluck aus seinem Weinglas und kaute den Rheinhessen dabei geradezu durch. Er ordnete seine Gedanken bevor er Finnlay antwortete.

"Nun, Mr. Finnlay, wir sind natürlich das erste Haus am Platz und in jeder Beziehung in der Lage alle Dienste zu bieten die ein junges und aufstrebendes Unternehmen benötigt.
Ich würde mir erlauben Ihre Angelegenheiten in unserem Haus selbst zu übernehmen und Ihnen auch möglichst bald den Leiter unserer Investmentabteilung vorstellen. Schließlich sollte man Kapital nicht herumliegen lassen, aber wem sage ich das.
Haben Sie denn schon mit einem lokalen Immobilienmakler gesprochen oder darf unser Haus Ihnen bei dieser Angelegenheit behilflich sein?
Auch für die notwendigen Genehmigungen sollten wir in der Lage sein, Ihnen weiterzuhelfen. Amtsleiter Russ vom Gesundheitsamt ist ein guter Bekannter von mir und erweist Freunden gerne eine Gefälligkeit. So könnten wir einige leider notwendige Prüfungen vorziehen und Wartezeiten umgehen.
Sie wissen ja wie das ist, der Amtsschimmel wiehert und wir Geschäftsleute müssen zusammenhalten damit er nicht alle unsere Gewinne auffrisst und an irgendwelche Hungerleider im nächsten Asylantenheim verschenkt. Wenn es nach diesen Weltverbesserern ginge wären wir alle schon in der nächsten Kolchose und würden am nächsten Fünfjahresplan der Kommunisten arbeiten."
 
"Gott bewahre! Kommunisten! Ich dachte, die wurden längst verboten!" Iain kicherte kurz ausgelassen, strahlte dann wieder Souveränität und Integrität aus.

"Nun, Herr Bäuerlein, das sind ja ganz hervorragende Nachrichten! Ich hatte darauf gehofft, sie persönlich für diesen Posten gewinnen zu können. Bei Ihnen kann ich mir sicher sein, den seriösesten und fachkundigsten Mann des Hauses an der Hand zu haben!"

So machte man das. Erst eine dicke Karotte vors Maul hängen und wenn der Esel danach schnappte, schmierte man ihm Honig ums Maul.

"Bezüglich einer passenden Immobilie halte ich bereits die Augen offen - ich habe selbst meinen Maklerschein, müssen Sie wissen und versuche gerade ein wenig in Übung zu bleiben. Wenn Sie jedoch schon passende Objekte im Auge haben, bin ich Vorschlägen gegenüber sehr gerne aufgeschlossen!
Für eine gesundheitsamtliche Prüfung ist es jetzt allerdings noch zu früh. Dazu müssen meines Wissens alle Arbeiten abgeschlossen und die Lokalität fertig eingerichtet sein. Doch auch diesbezüglich greife ich gerne auf Ihre Erfahrung zurück, Herr Bäuerlein. Es hat ja schließlich seinen Grund, warum ich mich damit direkt an Sie gewandt habe. Das ganze soll sich natürlich für Sie gebührend lohnen, das ist selbstverständlich."

Iain nippte an seinem schottischen Whisky und für einen kurzen Augenblick durchzuckte ihn ein Erinnerungsfetzen an die Heimat, doch er verdrängte ihn schnell wieder.

Der Ober kam, um die Bestellung aufzunehmen und als Bäuerlein seinen Kopf wandte, nahm Iain einen tiefen Schluck Whiseky, presste sich die Stoffserviette vor den Mund und presste die Bernsteinfarbene Flüssigkeit in den Stoff. Bevor Bäuerlein etwas merkte, ließ er die Serviette wieder auf seinem Schoß verschwinden. Schließlich sollte der Banker nicht merken, dass Iain die weltlichen Getränke quasi unberührt ließ und nur der Scharade wegen bestellt hatte. Nun... und der Geschmack dieses Whiskys war tatsächlich ausgesprochen angenehm...

"Oh, das Kalb auf dem Kartoffel-Kohlrabi Souflet soll nahezu umwerfend sein, Herr Bäuerlein, es wurde mir von einem Geschäftsfreund empfohlen..." Naja... eigentlich preist es das Haus hier als seine Spezialität an... "... und dürfte sich ganz hervorragend mit ihrem Rheinhessen vertragen, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten würden."

Der Ober lächelte erfreut und anerkennend ob der Wahl. Er freute sich immer, das teuerste Gericht auf der Speisekarte zu verkaufen.

"Sie werden mir aber bitte verzeihen, wenn ich selbst heute nichts weiter zu essen bestelle. Ich bin noch im Tokyoter Rhythmus und erwarte noch eine Delegation aus Japan heute zu einem Geschäftsessen. Anstrengende Leute, diese Japaner! Da reisen sie mitten in der Nacht an, erwarten von einem, dass man mit ihnen nach japanischem Stil isst und erachten es dann auch noch als ausgesprochene Unhöflichkeit, wenn man sich nicht den Bauch vollschlägt wie ein Wilder - selbst wenn man in einer komplett anderen Zeitzone lebt! "
Bäuerlein wirkt verstaubt genug, um einen Bücherwurm zum Husten zu bringen. Ein bißchen oberflächliche Ressentiments anzurühren wird ihm sicherlich ins Konzept passen.
"Aber sie haben Interesse an unserem Patentverfahren gezeigt und sind unter Umständen daran interessiert es unter Lizenz für ihre eigenen Forschungen zu verwenden. Ach, Sie wissen ja, was tut man nicht alles für die Firma."

Nun, es wirkte so, als wäre Iain tatsächlich eine sehr angenehme Gesellschaft, für Herrn Bäuerlein.
 
"Natürlich sind Sie dispensiert Herr Finnlay, wobei ich eigentlich vorhatte das hier besonders zu empfehlende Filetsteak mit Folienkartoffel und grünem Salat zu bestellen." Daran wird der Ober jetzt auch nicht zu Grnde gehen und ich hasse Kohlrabi.
"So, also japanische Partner. Seien Sie lieber vorsichtig der Nippon- Index schwächelt noch schlimmer als die Wall Street gerade. Denken sie daran das Japan seine Immobilienkrise schon vor Jahren hatte und dabei die Renten von Millionen von Bürgern verzockt wurden. Japan hat keine Reserven mehr."
Bäuerlein nahm wieder ein Schlückchen wein bevor er genießerisch fortfuhr.
" Bezüglich meines Bekanntem vom Gesundheitsamt ist es nie zu früh Kontakte zu knüpfen, vielleicht auch mit einigen mittelständischen Bauunternehmenrn und Handwerkern aus der Stadt. Wenn Sie es möchten bitte ich einige solche Herren einmal zu einem gemütlichen Beisammensein, vielleicht an einem Freitagabend. Ein erfrischender Tropfen, eine gute Zigarre und Sie können mit den Herrschaften Bekanntschaft schliessen und geschäftsbeziehungen aufbauen. Hätten Sie daran Interesse?"
 
"Oh, das klingt hervorragend, Herr Bäuerlein. Es geht doch nichts über ein freundliches Zusammensein unter Geschäftsfreunden. Wenn Sie das arrangieren könnten, wäre ich Ihnen sehr verbunden. "

Iain lehnte sich zurück und entspannte sich ein wenig. Das lief ja schon mal ganz angenehm.

"Sie kennen den Direktor der britischen Investmenttrusts? Ich könnte Sie bei Gelegenheit bekannt machen.
 
"Nicht persönlich, nein. unsere Bank ist eher eine lokale Größe, in Frankfurt, London oder gar New York sind wir aber zu kleine Fische. Natürlich würde ich den Herren gerne einmal kennenlernen. Was das Geschäftstreffen angeht betrachten Sie das schon als erledigt. Wäre Ihnen kommende Woche Freitag gegen 21.00 Uhr Recht? Früher wird das den meisten Herren wohl leider nicht möglich sein.
Spielen Sie Poker? Wir haben da eine kleine Runde, der die meisten Herren an die ich dachte angehören. Wir könnten uns in meinem Partykeller treffen und neben einem guten Gespräch ein wenig zocken."
 
"21.00 ist mir tatsächlich sehr recht und Poker klingt auch durchaus ansprechend."
Für Moishe könnte das interessant sein... genau der Fuß in der Tür der richtigen Gesellschaft, so wir es gestern Nacht besprochen hatten...
"Wenn Sie sich nicht daran stören könnte ich ebenfalls einen interessanten Gesprächspartner mit zu diesem Treffen bringen. Er könnte Sie auch interessieren. Soweit ich weiß, plant er ebenfalls sich im Industriesektor Finstertals zu engagieren oder denkt zumindest ernsthaft darüber nach. Ich bin durchaus geneigt, ihm Ihr Haus als Ansprechpartner zu empfehlen, aber wie sie ja bereits sagten, so etwas regelt sich oft viel einfacher und vor allem angenehmer bei einem gemütlichen Beisammensein..."
 
"Nun, auf den Herren bin ich ja schon mal sehr gespannt. Wissen Sie denn in welcher Branche Ihr Freund tätig ist? Ich werde gerne eine zweite Ausladung ausssprechen. Meine Sekretärin ruft Sie an und vereinbart den Termin."

In diesem Moment wurde Bäuerleins Essen aufgetragen. Eigentlich der perfekte Zeitpunkt für Iain sich zurückzuziehen und seinen nächsten Termin wahrzunehmen.
 
"Oh, seine Interessen sind sehr vielseitig. Nageln Sie mich bitte nicht fest, aber ich denke seine nächste Investition dürfte im Bereich der Schwerindustrie liegen. Er dürfen jedenfalls ein äußerst interessanter Gesprächs- und Geschäftspartner für Sie sein!"

Und Iain nutzte die Chance.

"Ich danke Ihnen jedenfalls herzlich für Ihre Kooperation. Alle weiteren Details unserer geschäftlichen Zusammenarbeit können wir gerne bei weiteren Treffen oder wenn Ihnen das angenehmer ist auch auf dem Postweg erledigen. Auch wenn ich sagen muss, dass ich den persönlichen Kontakt mit Ihnen heute sehr genossen habe, Herr Bäuerlein."

Ein letztes Aufflackern von Iains Präsenz.

"Ich möchte Ihnen nun nicht weiter den Appetit mit Geschäftsgesprächen verderben. Lassen Sie es sich bitte gut munden und seien Sie heute mein Gast. Mit Ihrer Erlaubnis ziehe ich mich zurück und bereite alles für unsere Freunde aus Japan vor. Vielen Dank für dieses Gespräch, Herr Bäuerlein!"

Iain erhob sich und reichte Bäuerlein die Hand. Dann nahm er den Ober bei Seite, gab ihm die Daten einer seiner Kreditkarten und wies ihn an, alle Wünsche Bäuerleins - auch exotische - nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.

Iain schritt mit langen Beinen zum Ausgang, ließ seinen Maserati vorfahren und machte sich auf den Weg zur LionsLounge.

So... Feisterkamm... größter Arbeitgeber Finstertals... dürfte interessant werden...
Iain fuhr vor, drückte dem Türsteher einen 50€ Schein und die Schlüssel des Maseratis mit der Bitte in die Hand, für einen adequaten Parkplatz zu sorgen und betrat die Lounge...
 
Feisterkamm sass auf einem Barhocker und im Gespräch mit einer für ihn viel zu jungen Frau, die offensichtlich südländischer Herkunft war. Ob sie seine Geliebte oder eine Dame der gehobenen Preisklasse des horizontalen Gewerbes war blieb zunächst offen. Als Iain nähertrat erhob er sich und Consuela verabschiedete sich mit einem flüchtigen Kuss auf die Wange und zog sich zurück.

Feisterkamm war ein Mann mitte 50, übergewichtig und mit einer Glatze die auch zu dieser Jahreszeit vor Schweiss glänzte. Seine Augen waren von einer großen und teuren Brille mit Designergestell bedeckt, die Gläser liefen eher unter dem Oberbegriff Glasbausteine.
Der maßgeschneiderte schwarze Nadelstreifendreiteiler spannte über Feisterkamms Bauch enorm, so dass Iain die Seelenstärke seines Clans brauchen könnte wenn der Knopf abplatzte und als Geschoss auf ihn zufliegen würde - ein Sterblicher könnte dabei gewiss sein Augenlicht einbüssen wenn es dumm lief.

Der Stahlkönig von Finstertal, wie er genannt wurde, sprang für sein Körpergewicht erstaunlich behende von seinem Barhocker und reichte Iain die Hand.

"Sie müssen Mr. Finnlay sein, freut mich Sie kennen zu lernen, was verschlägt Sie von den Inseln aufs Festland? Kommen Sie - ich habe uns ein Separe´ gesichert damit wir uns ungestört unterhalten können. Trinken sie einen Wodka-Martini mit? Wodka- Martini, geschüttelt nicht gerührt? So ein Blödsinn, Mr. Bond bestellt einen schwachen Drink und ist auch noch großkotzig dabei, aber bei geschäftlichen Dingen sind schwache Drinks das Richtige finde ich, man muss ja seine Gedanken zusammen haben."
 
Iain trat freundlich lächelnd auf ihn zu, schüttelte ihm die Hand.

"Herr Feisterkamm, vielen Dank, dass Sie heute Abend Zeit für mich erübrigen können!" Sein Händedruck war wie üblich geschäftsmännisch, fest aber nicht schraubstockartig und Iain strahlte wieder seine übliche geschäftsmännische Tüchtigkeit, Zuverlässlichkeit, Integrität und Erfolgsverwöhntheit aus.
"Die Karriere ruft mich nach Finstertal, Herr Feisterkamm, die Karriere. Ich wurde vor einiger Zeit von guten Freunden gebeten, den Vorstand der Firma MediVital zu übernehmen, die sich hier in Finstertal niederzulassen gedenkt."

Iain reichte ihm eine Visitenkarte.

"Ich bevorzuge zwar üblicherweise einen starken Gin Tonic oder zu späterer Stunde auch einmal einen ordentlichen Scotch, aber einem Martini wäre ich jetzt durchaus nicht abgeneigt!"

Iain trat zu ihm ins Separé und nahm Platz.
Bisher gefiel ihm Feisterkamm. Er war die Dekadenz des wirtschaftlich erfolgreichen Industriellen in Person. Er würde verstehen, dass einige wenige, unbedeutende Ausgaben für einen großen Image-Gewinn Sinn machen würden.
 
"Setzen wir uns doch Mr. Finnlay. Medizinbranche..., eine Forschungseinrichtung oder eine Produktionsstätte?"

Feisterkamm fixierte Iain, wobei ihm seine Brille mit den dicken Gläsern etwas eulenhaftes gab und bestellte die Drinks.

"Ich frage mich was Sie da gerade mit mir besprechen möchten?"
 
"Primär Forschung und Entwicklung von patentierbaren Verfahren. Also relativ hohe Gewinnspannen bei überschaubaren Investitionen und Aufwand." Iain lächelte weiter freundlich und strahlte auch weiterhin gezielt seinen übernatürlichen Charme aus.

"Wie Sie sicherlich wissen ist meine Firma neu hier in Finstertal, doch liegt meinen beiden Co-Geschäftsführern viel an guten public relations und vor allem an Image fördernden Maßnahmen. Wir möchten uns von vornherein einen angemessenen Namen machen und nicht erst damit beginnen, wenn uns ein Imageberater nach einer wirtschaftlichen Pleite - so sie denn überhaupt kommen sollte - dazu rät. Als medizinischem Institut liegt uns natürlich das Wohlergehen der Bevölkerung sehr am Herzen, daher haben wir uns entschieden, eine gemeinnützige Aktion zur Gesundheit aller Finstertaler zu starten.

Ich wende mich an Sie als größten Arbeitgeber Finstertals, Herr Feisterkamm. Wir suchen einen verlässlichen und starken Partner für unsere große Finstertaler Blutspendenaktion. Das Finstertaler Krankenhaus klagt seit Jahren über sinkende Spenderzahlen und es ist sogar schon so weit gekommen, dass das Rote Kreuz lebensnotwendige Blutkonserven nach Finstertal schaffen muss.

MediVital möchte das ändern! Wir werden an speziellen Spende-Tagen unser medizinisches Personal, das durch die Bank zu dergleichen Aktionen qualifiziert und zertifiziert ist, für Blutspendentage zur Verfügung stellen und alle technischen Vorkehrungen treffen und Geräte zur Verfügung stellen.

Worum ich Sie bitten möchte, Herr Feisterkamm, ist ihre Mithilfe dabei. Bewerben Sie die Blutspendentage in ihrer Firma, geben Sie den Mitarbeitern die Möglichkeit in der Mittagspause oder am Nachmittag Blut zu spenden. Mit Ihrer Erlaubnis können meine Mitarbeiter alle notwendigen Vorkehrungen bei Ihnen auf dem Gelände treffen, so dass ihre Mitarbeiter keine langen Wege oder Wartezeiten haben werden.

Sie werden feststellen, dass sich das Image ihrer Firma dadurch spürbar steigern wird. Und dann wären da natürlich noch die steuerlichen Vorteile..."
 
Feisterkamm musterte Iain während dessen Vortrag. Er sprach gut und flessend Deutsch,kein affektierter englischer Snobakzent, er war engagiert und er kannte die Zauberworte steuerliche Vorteile.

"Nun, das ist ja sehr nobel von Ihnen Mr. Finnlay. Bis zu Ihren letzten Worten hätte ich gefragt was hab ich davon, als Privatpatient bekomme ich immer das notwendige Blut, wenn es sein muss wohl literweise. Wenn ich den Mitarbeitern diese Blutspende gestatte, in der Pause und vor oder nach der Arbeit wer garantiert mit das niemand zusammenklappt oder durch die Spende an Arbeitskraft verliert und in meinem Produktionsprozeß ausfällt?"
 
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