07.04.04 - Wolfsmond

Nightwind

Erzketzer
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Out of Character
Die hier beschriebenen Ereignisse finden gleich nach dem in 'Blut ist dicker als Wasser'-thread statt und werden parallel gespielt, weil die Befürchtung besteht, dass sonst dieser oder der andere thread buchstäblich zu kurz kommen würde. ;)


Meyye bleibt stehen, als sie um die Ecke gebogen sind und das King's Pub in Sicht kommt. Sie trägt wieder ihre selbstdesignten Designerjeans, die dünne weiße Stoffjacke, Kapuze auf, Hände in den Jackentaschen und mustert das Gebäude, und Tatjana kennt ihre Freundin inzwischen gut genug, auf dem eigentlich recht ausdruckslosen Gesicht das mulmige Gefühl herauszulesen, das ihr in der Magengrube herumgeistert. Aber als sie sich selbst dessen bewußt wird, blickt sie Tati an und sagt: "Letzte Chance. Noch können wir umdrehen und in Australien ein neues Leben beginnen."

Obwohl das recht ernst klingt und sie auch so aussieht, ist es natürlich ein Scherz, in der Art wie Meyye sie manchmal macht, so dass aus ihrem Ausdruck und der Stimmlage kaum etwas davon herauszulesen ist. Wenn sie mit Tatis ungläubigem oder amüsiertem Gesicht oder Kommentar belohnt wird, zuckt sie die Schultern und meint künstlich halbbeleidigt: "Hey, ich fand die Idee gar nicht schlecht." Dann geht sie weiter, auf die Höhle des Löw.. Wolfsrudels zu.
 
Re: 08.04.04 - Wolfsmond

Tatjana war ja heute schon den ganzen Tag recht blass, aber jetzt machte sie jedem Vampir konkurrenz. Sie nickte nur und meinte ... "Ja ... Australien klingt toll ..." Ihre Stimme war dünn und sie zitterte am ganzen Körper. "Du hast die Talen dabei ... oder? und den Zettel auch? Hast du dir die Wörter eingeprägt? Wenn auch nur die kleinste Gewaltandeutung ist ... renn ... bitte ..."

Auch sie ging auf den Pub zu. Früher war sie eigentlich ganz gerne ... heute ist es ihre persönliche Hölle ... was würde nur mit ihrer Freundin oder mit ihr passieren? Auf was mussten sie sich vorbereiten?

Vor der Eingangstür stand Richard ... natürlich postierten sie einen Ahroun am Ausgang ... wie naiv von ihr zu denken, dass Meyye ungestört herausspazieren könnte. Sie nickte dem Ahroun kurz zu und sah dann nervös zu Meyye. "Schöner Abend, nicht war? Ihr werdet unten erwartet." Tatjana sagte nichts dazu.

Vorsichtig ging sie die steinernen Stufen hinunter. Der Keller war in orangenem Licht getaucht und Schatten flackerten an den steinernen Wänden. Die meisten Tische und Stühle waren an den Rand geräumt. Einige waren wie in einem Hufeisen aufgebaut und dazwischen standen zwei hölzerne Stühle. An den Tischen saßen fünf Garou ... also fast die ganze Septe. Einer befand sich noch im Hintergrund.

Es waren Silvia, die Ritenmeisterin. Neben ihr saß ihr ehemaliger Alpha, Michael Jones. Er ist gleichzeitig das Septenoberhaupt. Sein Alter würde Meyye auf Anfang 40 schätzen. Aber aus seinem Gesicht konnte man keine Geste erkennen. Dann waren noch da: Tom, ein Fianna Philodox. Lisa Miller, ihre ehemalige Beta, Kriegsfürstin und Ahroun der Schattenlords. Timo kannte Meyye sogar. (Aber das wusste Tatjana nicht) Sie war ihm damals im Park begegnet ... mit einer Frau, ebenfalls angezogen. Er hatte ihr die Brieftasche des Opfers gegeben.

Der Mann im Hintergrund rührte sich. Die eiskalte Simme kam beiden vertraut vor. "Ich hätte euch nicht zugetraut, dass ihr hier überhaupt auftaucht ... scheint ja doch etwas Mut in deinen mickrigen Knochen zu stecken ... " Drei Gesichter wandten sich mit einem deutlichen Knurren zu Tatjanas Vater um.

Die Stimme des Septenoberhauptes klang beruhigend und leise. "Noch ein Wort, und über dich wird morgen ein Urteil gesprochen, Bruder. Du hast geschworen, dich nicht einzumischen. Ich sehe, wie man deinem Wort trauen kann ... Denke an deine Ehre ... die du wohl bald nicht mehr haben wirst, wenn du so weiter machst."

Tatjana wurde noch weißer (falls das überhaupt ging) und stand mit offenem Mund vor den Garou. "Gut, dass ihr gekommen seid, es wäre um einiges schlimmer gekommen, wenn ihr der Verhandlung fern geblieben wäret. Setzt euch."
 
Re: 08.04.04 - Wolfsmond

"Keine Angst, ich habe die Talen." sagt sie und faßt vorsichtshalber nochmal an ihren Hals, um den Wahrheitsgehalt der Aussage zu überprüfen. "Den Zettel auch, und ich kenne die Wörter. Keine Angst, ich hänge an meinem Unleben." Die Aufforderung zum Rennen beantwortet sie nicht. Ohne Tatjana geht sie nirgendwohin...

Wenn sie ruhig wirkt, dann liegt das vor allem daran, dass sie nicht mehr lebt. Kein rasender Puls, keine Schweißperlen auf der Stirn, keine feuchten Hände, kein hämmerndes Herz das noch den nächsten Block weit gehört werden kann. Trotzdem nimmt sie Tatjanas Hand auf dem Weg zum Pub, nicht nur weil sie Tati damit beruhigen will, sondern weil sie sich auch selbst versichern will, nicht allein zu sein auf diesem Weg.

Klar, sie würde auch Posten am Eingang aufstellen. Sie nickt Richard mit einem halblauten "Hallo.." zu, dem Garou, der zumindest mittelbar freundlich zu ihr war und ihr sein Shirt geliehen hat. Allerdings ein dürftiges Fundament für eine wie auch immer geartete Annäherung, außerdem geht ihr gerade anderes im Kopf herum. Letztlich wird Richard auf Anweisung wohl ohne mit der Wimper zu zucken dafür sorgen, dass sie das Haus nicht lebend (oder, in ihrem Fall, im Besitz ihrer.. öhm.. Existenz) verlassen.

Sie verzichtet darauf, auf die Augen des Tiers zurückzugreifen, auch wenn ihr eine weniger halbdunkle und schwummrige Atmosphäre deutlich lieber wäre. Was sind das eigentlich für mimosenhafte Gedanken? Du bist ein Kind der Nacht, eine Vampirin! Die Dunkelheit ist dein Freund! Also sieht sie sich mit ihren normalen Sinnen um, versucht vor allem, die Personen zu mustern, was ihr besonders bei dem im Hintergrund nicht gelingen will. Den anderen nickt sie der Reihe nach zu, wobei ihr Blick auf Tom ein wenig länger verharrt. Sie erinnert sich.

Und dann der erste Schreck des Abends. Meyye ist sich inzwischen sicher, dass sie diese Stimme unter Tausenden wiedererkennen würde. Ist sie vorher mit langsamen Schritten nähergekommen, verharrt sie nun und kämpft die schrillen Alarmglocken in ihrem Inneren nieder, die von einer Falle und Weglaufen schreien. Das erledigt sich nach kurzer Zeit von selbst, als nämlich Tatjanas Vater seine Antwort bekommt. Gut, das klingt richtig gut. Ist zwar noch nicht die halbe Miete, noch nichtmal ein Achtel, aber es wird wohl fair ablaufen. Ist schon viel wert.

Sie hält es dann für klug, der Aufforderung ohne Kommentar und umgehend zu folgen. Tatjana, deren Hand sie immer noch hält, zieht sie notfalls mit und setzt sich auf den bezeichneten Platz. Eigentlich geziemt es sich für sie, besonders für sie, hier sehr bescheiden und zurückhaltend aufzutreten. Aber einen kalten Blick in Richtung der vorlauten Stimme auf den billigen Plätzen kann sie einfach nicht vermeiden. Und so sitzt sie dann da, inmitten von Werwölfen und wartet darauf, dass diese Gericht über sie sprechen, und über die andere Werwölfin, der sie die Hand hält. Was hätte sie wohl demjenigen gesagt, der ihr vor zwei Wochen erzählt hätte, dass es so kommen würde?
 
Tatjana fühlte sich um soviel sicherer, als Meyye ihre Hand nahm. Sie war außerdem noch sehr froh, dass sie ihre Fähigkeit mit den roten Augen nicht aktivierte ... das wäre bestimmt nicht so toll gewesen. Sie hauchte ein leises "Danke", als Meyye sie an die Hand nahm.

Als die Stimme von Tatjanas Vater erklang, bieb auch die Garou stocksteif stehen. Meyye musste sie tatsächlich mitziehen und sie zu dem Stuhl führen. Alleine hätte sie sich wohl nicht bewegen können.

Der Mann in der Mitte, der gerade gesprochen hatte wandte sich nun vor allem an Meyye. "Du wohnst hier einer offiziellen Versammlung bei. Ich möchte dir unsere Garounamen nennen. Mein Name ist Black Mind. Ich bin das Oberhaupt dieser Septe. Außerdem bin ich ... nein, ich war der Alpha von deiner ... Freundin. Neben mir sitzt Blood Hair. Sie ist die Kriegsfürstin der Septe. Zu meiner linken sitzt Green-Eye. Die Ritenmeisterin der Septe. Neben ihr sitzt Good-Taste. Er ist hier, um eure Angaben zu prüfen. Er weiß, wenn ihr lügt. Dies ist die einzige Warnung, die ihr von mir erhaltet. Neben Blood Hair sitzt Twister. Er ist hier, weil dies wie gesagt eine offiziele Verhandlung ist und alle Alphas der Septe anwesend sein müssen. Den Garou, den du bereits schon kennengelernt hast, Lost Shadow ist der Vater von deiner Freundin Tatjana. Sie wird Lost Cub genannt." Er schenkte Tatjana ein beruhigendes Lächeln.

"Dein Name passt nun wieder besser zu dir. Ich verliere dich nur ungern. Auch wenn ich es dir nicht oft genug gesagt habe, aber ich war schon stolz darauf, dass du in meinem Rudel warst. Ich habe dir nur nicht oft genug die Chance gegeben, dich zu beweisen." Diese Worte sprach er sehr leise, aber jeder konnte sie verstehen.

Ein abfälliges "Phaa" kam aus der hinteren Ecke. Black Mind sprang auf, warf dabei seinen Stuhl um, verwandelte sich in Crinos und rammte Tatjanas Vater die Klauen in den Bauch. Er brach keuchend zusammen. Meyye konnte sogar ein silbernes Blitzen an den Klauen des Schattenlords erkennen. Black Mind drehte sich um, war wieder sofort in seiner menschlichen Gestalt mit seinem akuraten Anzug, zog eine weißes Stofftaschentuch aus seiner Jacke und wischte sich die blutigen Finger daran sauber. Er setzte sich und lächelte, als wenn nichts gewesen wäre.

Silvia wollte gerade aufstehen, doch ohne sie anzublicken, legte Black Mind sachte die Hand auf ihren Arm. "Keine Heilung, Schwester. Setz dich bitte wieder." Die Ritenmeisterin setzte sich.

Black Mind sah wieder zu den beiden. "Soviel dazu, dass ich grundsätzlich nur eine Warnung ausspreche. Dein Vater müsste das eigentlich wissen. Nun zu dir ... es tut mir leid, aber du heißt Mary? Bitte nenne mir dein genaues Alter, ob du noch Kontakt zu deinem Erzeuger hast. Es wäre interessant zu wissen, ob du Mitglied in der Camarilla bist und seid wann du dich hier aufhälst. Doch die allerwichtigste und interessante Frage lautet: Warum tust du das alles für einen Wolfling, so nennt ihr uns doch, nicht war? Warum siehst du Lost Cub als eine Freundin an?"
 
Spätestens als der, welcher der Anführer der Anführer sein muß, zu sprechen beginnt, hat er ihre volle Aufmerksamkeit und Tatjanas Vater ist erstmal vergessen. Sie versucht auch, jeden der Vorgestellten anzusehen und sich ihre Namen zu merken. Vor allem taxiert sie Good Taste und beschließt, nicht anzuzweifeln dass er auch in ihren Gedanken die Wahrheit erkennen kann. Ihr Blick schweift weiter und endet bei Lost Shadow, welch passender Name. Dann schaut sie zu Tatjana und runzelt kaum merklich die Stirn. Lost Cup? Wohl kaum, er muß was anderes gesagt haben... wenn ihr Englisch nur ein bißchen besser wäre.

Aber Black Mind könnte ihr noch richtiggehend sympathisch werden. So wie er mit Tati redet, scheint er sich wirklich was aus ihr zu machen. Das ist beruhigend... sie müssen hier nicht gegen alle Chancen heil aus einem Schauprozess herauskommen, er würde Tatjana gern im Rudel und damit am Leben behalten... und vielleicht fällt dabei auch eine kleine Begnadigung für sie ab.

Dann geht alles furchtbar schnell. Eben noch regt sich ihr Unwille bei einer weiteren Äußerung vom billigen Platz, dann handelt der Anführer auch schon. Und wie! Solche rabiaten Methoden kannte sie bisher nur von ihrem Clan oder den Brujah, aber auch bei den Wölfen wird nicht lange gefackelt. Während der Aktion sitzt sie stocksteif auf ihrem Stuhl, mit großen Augen und fragt sich schließlich, welche Chance sie eigentlich haben will, rechtzeitig die Zauberworte auszusprechen, wenn ihr hier einer an den Kragen will. Dazu passend der Kommentar zur Warnung. Oohh...kaaayyyy. Keine Fragen mehr offen, danke.

Sie versucht, wenigstens teilweise ihre Beklemmung abzuschütteln, als sich Black Mind an sie wendet. Seltsam, jetzt fällt ihr der Trick mit der Bescheidenheit und Zurückhaltung gar nicht mehr so schwer. Sie nickt sacht, verbessert aber zugleich: "Meyye." Gerade dürfte Good Taste merkwürdig widersprüchliche Signale von ihr empfangen, darum fügt sie hinzu: "Das ist eigentlich nur Mary auf Suaheli. Ich wurde am 30. Mai '79 geboren... damit meine ich 1979." fügt sie hinzu, als ihr Tatis Frage von ihrer zweiten Begegnung einfällt. "Seit '96 bin ich.. eine Vampirin. Mit meinem Erzeuger hab ich mich zerstritten... und seit Jahren keinen Kontakt mehr. Und, hm, die Camarilla... ja, auf Probe. Weiß nicht ob das zählt." Wenn sie einen x-beliebigen Camarilla-Kainiten fragen würde, wahrscheinlich nicht wirklich. "In Finstertal bin ich seit.. '99 oder 2000."

Dann die Gretchenfrage (eigentlich mehr die Tatjanafrage, in dem Fall). Sieht so aus, als käme jetzt auch sie zu der Antwort, die sie schon gestern verdient hätte. Sie blickt zu ihrer Freundin und antwortet: "Ich tu das nicht für einen Wölfling, ich tu das für sie." sagt sie ruhig. "Als wir uns das erstemal trafen wußte keine von uns, was die andere ist, und wir haben uns trotzdem geholfen. Beim zweitenmal hat es dann schon keine Rolle mehr gespielt, und seitdem auch nicht. Außerdem... ich hatte nie viele Freunde, und bestimmt keine seit ich tot bin. Das trocknet die Seele aus. Jeder von meinesgleichen hat ein Problem damit, Mensch zu bleiben. Seit sie meine Freundin ist, bin ich vielleicht ein besserer Mensch als noch in meinen letzten Lebensjahren. Darum ist mir ihre Freundschaft viel wert, und darum werd ich ihr auch helfen, wenn ich kann." Damit kehrt ihr Blick zu Black Mind zurück, und ein Aufblitzen in den Augen zusammen mit ihrem verschlossenen Gesichtsausdruck mag etwas sagen wie: Auch wenns bedeutet, dass ich mich schützend und mit ausgefahrenen Krallen vor sie werfen muß.

Nein, neinneinneinneinnein! Übermütig, Meyye? Jetzt? Denkbar schlechter Zeitpunkt!
 
Black Mind hört ihr aufmerksam zu. Es schien, dass er jede einzelne Information in sich aufsog. Als er dann das aufblitzen in Meyyes Augen sah, stahl sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen. Vielleicht sogar etwas Anerkennung.

"Die Geschichte, warum du Tatjana magst, ist mir nicht ganz einleuchtend ... aber vielleicht haben hier Mächte die Finger im Spiel, die für uns nicht leicht zu greifen sind." Er wandte sich an Tatjana und seufzte.
"Seit wann weißt du, dass Meyye ein Vampir ist?"
"Seit zehn Tagen."
"Warum hast du das nicht sofort mir gesagt."
"Ich weiß nicht, ich hatte kein gutes Gefühl dabei ..."
"Also hast du mir und damit deinem Alpha nicht vertraut."
"Ich ... ähm ... nein ... ich meine schon ... aber ..."
"Seir wann traust du mir nicht mehr?"
"Ich hab doch gar nicht gesagt, dass ..."
"Ich bin schwer enttäuscht von dir."
"Es tut mir leid ..."
Tatjana wurde während dem Kreuzverhör immer kleiner und krampfte sich mit jeder Frage fester an Meyyes Hand fest. Black Minds Fragen waren immernoch in dem ruhigen sachlichen Ton.

"Hast du gegen die Litanei verstossen?"
"ja"
"Gegen welche Gesetze?"
"Bekämpfe den Wyrm, wo immer er wohnt und wann immer er sich zeigt."
"Richtig. Warum hast du dagegen verstossen?"
"Weil ich Meyye nicht an euch verraten habe und weil ich sie nicht getötet habe ... und das hätte ich auch nie getan ..." Sie klang gerade etwas wütend, weil sie Meyye nunmal nicht als Wyrm ansah. "Und sie ist nicht vom Wyrm ... also hab ich gegen diesen Punkt doch nicht verstossen!!"

Black Mind sah gelassen auf seine Fingerspitzen und wandte dann seine volle Aufmerksam Tatjana zu.
"Ruhig. Nicht in diesem Ton. Den mag ich nicht, Das weißt du. Meyye, weißt du, was Wyrm bedeutet? Wenn ja, würdest du dich als eine Kreatur des Wyrms sehen?"
 
Klar, wie soll er sie auch verstehen. Er hat keine Ahnung von der Welt der Vampire. Sie sagt es nicht, aber wenn er nur halb so sensitiv ist wie er sich bisher herausgestellt hat, kann er es ihr ansehen. Sie gewinnt ein bißchen von ihrer Selbstsicherheit zurück, nicht soviel dass sie vergessen würde, wie Lost Shadow gerade diese netten Krallen im Bauch hatte, aber ein Quäntchen doch.

Sie drückt leicht Tatjanas Hand, als sich der Druck von deren Seite aus verstärkt. War ja klar, dass sowas kommt. Ein Verhör ist nicht immer in erster Linie dazu da, Antworten zu gewinnen, sondern immer auch Zermürbungstaktik. Tatjana hat ihr ja mal gesagt, wieviel ihr das Rudel bedeutet, und ihre Zugehörigkeit steht auf dem Spiel (von so Kleinigkeiten wie ihrem Leben mal abgesehen). Sie sieht ihre Freundin an in dem Bewußtsein, dass sie ihr da wenig helfen kann. Dazwischenreden jedenfalls sollte sie ganz bestimmt nicht.

Als die Rede vom Wyrm ist, versteift sie sich wieder ein wenig. Ja, klar, genau... ich böse Wyrmkreatur. Zum Kotzen ist das. Zur Hölle, sie mag ein Monster sein, aber ihr steht es immer noch frei keines sein zu wollen und auch so zu handeln, oder? Ein wenig verzieht sie das Gesicht bei der Frage, aber sie bemüht sich, nicht allzu aufmümpfig zu klingen, als sie antwortet. Es gelingt ihr nicht. "Ich hab keine Ahnung vom Wyrm, aber nach dem was mir Tatjana erzählt hat ist er wohl eine Art Geist, der die Natur zerstören will. Dazu kann ich nur sagen: Ich mag die Natur, ich mochte sie schon als Lebendige und das hat sich seither nicht geändert. Außerdem... wenn mal irgendwo ein Wyrm daherkommt und mir vorschreiben will, was ich zu tun und zu lassen und zu mögen und zu hassen habe, bekommt er von mir dieselbe Antwort wie alle anderen auch: Verpiß dich und lass mich in Ruhe! Ich bin vielleicht eine Vampirin, aber ich bin immer noch Meyye, und ich tue was ich will, nicht in was andre mich pressen wollen."

Hm. Na gut, das mit dem Unterdrücken des rebellischen Untertons ist nicht ganz gelungen...
 
Black Mind sah ebenfalls Meyye wieder ruhig an ... und was er für eine Ruhe ausstrahlte ... das konnte einen wahnsinnig machen ... Tatjana hatte sich wieder etwas beruhigt, als nun Meyye erklären musste, ob sie sich als Wyrmkreatur sah ... So hatte sie wieder etwas Pause ... Ihr Atem wurde etwas ruhiger. Doch als in Meyyes Rede der rebellische Unterton mitschwang, sah sie ihre Freundin etwas ängstlich an. Erstaunlicherweise blieb aber Black Mind sogar relativ ruhig.

"Ich verstehe dich recht laut und deutlich, Meyye ... du musst nicht mit diesem Unterton argumentieren ... Ich hoffe doch, ihr beide habt euch die Nacht nichts vorgenommen ... Wir haben viel Zeit, wir stehen gerade einmal am Anfang eines Abends, der darüber entscheiden wird, wie und ob ihr weiter existieren werdet. Dem würde ich an eurer Stelle mehr Beachtung geben. Wir sind im Augenblick nur dabei, Fakten zusammenzutragen.

Also hilft dir Tatjana ein besserer Mensch zu sein. Interessante Theorie ... wie kommst du darauf. Es wird gesagt, dass Vampire keinerlei Gefühle haben ... bis auf Schmerz vielleicht ... Kannst du bei dir tatsächlich Gefühlsregungen zu Tatjana erkennen?"
 
Ernüchtert hört sie was der Rudelführer sagt und die Teilnahmslosigkeit und gerade das Fehlen einer direkten Drohung ist umso eindringlicher. Verdammt, Meyye! Bescheiden und zurückhaltend wolltest du dich verhalten! Aber darin hast du leider keine Übung... Duckmäuserin wollte sie eben nie sein, ganz im Gegenteil. Das steht ihr nun im Weg. Sie wirft einen kurzen Blick zu Tatjana, der ein wenig betreten und entschuldigend aussieht, dann hat Black Mind wieder ihre ganze Aufmerksamkeit.

Na gut, dass sich das die ganze Nacht hinziehen kann, hatte sie sich schon gedacht. Was auf dem Spiel steht auch. Das sind alles keine Überraschungen. Dennoch ist es ein mulmiges Gefühl, es nochmal so zu hören. Mal sehen ob du weiter existieren darfst, wir denken drüber nach. Erzähl uns was, das dir vielleicht hilft. Ein körperlicher Wettbewerb irgendwelcher Art wäre ihr lieber - wenn sie nicht gerade Werwölfe als Gegner hätte.

Und dann wieder diese Leier mit den gefühllosen Vampiren. Das was sie vorher schon aufgeregt und diesen bestimmten Unterton erst heraufgeholt hat, kommt wieder hoch, wird aber diesmal besser unterdrückt. "Wenn es keine Gefühle sind, ist es zumindest täuschend echt." bemerkt sie und beißt sich auf die Unterlippe. Sarkasmus, der hat ihr jetzt noch gefehlt. Durchatmen, tu es wenigstens in der Vorstellung. Einmal tief ein... dann aus. Jetzt los. "Genau das ist es ja." setzt sie schon ruhiger fort. "Vampire sind Raubtiere, Einzelgänger... ich, ich war schon immer Einzelgängerin. Soviel ich gesehen hab, werden manche Vampire immer kälter, je älter sie werden. Sie sehen Menschen nur als Futter, der Rest interessiert sie nicht mehr. Keine Ahnung, ob ich noch menschliche Gefühle habe, aber zumindest erinnere ich mich an sie. Sie sind alle noch da, wenn schon vielleicht nicht hier.." sie legt sich die Hand aufs Herz, "dann zumindest hier." Sie tippt sich an die Stirn. "Alleinsein hungert die Seele aus. Seit ich Tatjana kenne, bin ich nicht mehr allein. Und zum erstenmal gefällts mir so. Was soll ich sagen? Ich mag sie einfach und will, dass sie mich auch mag. Und ich will dass es ihr gutgeht."

Ein wenig verzieht sie die Mundwinkel, als sie geendet hat. Das letzte Mal hat sie einen solchen Seelenstrip vor ihrem zukünftigen Erzeuger abgezogen, und was ist daraus geworden? Vor allem paßt es ihr nicht, dass sie sowas Fremden erzählen muß und ausgerechnet jemand wie Lost Shadow dabei ist. Sie hat ihre Verschlossenheit immer für einen guten Schutz gehalten. Na, den kann sie jetzt wohl vergessen.
 
Black Mind sah Meyye direkt in die Augen ... und die Gangrel konnte plötzlich etwas erkennen. Seine letzte Frage war pure Absicht. Er hatte bemerkt, wie ungern sie über Gefühle spricht, warum sie sich um Tatjana kümmert und nun noch einen Schritt weiter ... Das war eiskalte Berechnung des Schattenlords. Am Anfang hatte es sogar fast geklappt. Bei Meyyes Sarkasmus blitzte es in seinen Augen auf. Er wollte sie in eine bestimmte Richtung drängen ... Er wollte sehen, ob sie sich unter Kontrolle hat und vor allem ... wie lange ...

Wieder war nun nur noch sein charismatisches Lächeln da. Black Mind wollte, dass sie seine Absichten sah ... ansonsten hätte er diese kleinen Anzeichen nicht gegeben. Vielleicht war das auch ein Test, um zu sehen, ob Meyye es registrierte. Er hatte auf jeden Fall seine Gesichtszüge vollkommen unter Kontrolle.

Er räusperte sich und fuhr fort: "Wir werden nun herausfinden, was vor vier Nächten im Park geschehen ist. Meyye, nach der Aussage von Tatjanas Vater hast du deine sogenannte Freundin angegriffen und verletzt. Ich will hier nicht auf die miserable Kampfleistung von Tatjana eingehen ... dafür versagt sie in anderen Gebieten nicht ... Du hast ihr Blut getrunken." Das war keine Frage, sondern eine emotionslose Feststellung. Er ließ der Gangrel keine Möglichkeit zur Antwort. Also hatte Tatjanas Vater sogar den Kampf mit angesehen ... und nicht eingegriffen um ihrer Tochter zu helfen ...

Er wandte sich mit strengen Blick an Tatjana:
"Wie kam es dazu, dass sie dein Blut getrunken hat."
"Ich wollte es so ..." Tatjanas Antwort kam zögernd und brüchig.
Black Mind sog zischend Luft ein.
"Warum wolltest du das?"
"Weil die Menschen, die sie beißt ... keine Schmerzen haben. Sie stöhnen voller Lust und ich glaube, dass sie das mögen."
Immernoch war seine Stimme gefährlich ruhig ... zu ruhig ...
"Und du dachtest, dass es bei dir genauso ist?"
"Ja."
"War es so, wie du dachtest?"
"Nein."
"Sondern?"
"Schmerzhaft ... mir wurde schwindelig ... und übel ..."
"Warum meinst du, hast du nicht das Gefühl von wahrer Lust gespürt?"
"Weil ... weil ... ich weiß es nicht ... vielleicht weil ich ein Metis bin?"
"NEIN!" Seine Stimme donnerte und er sprang urplötzlich auf. "Weil du Garou bist und wir erkennen, wo das Böse steckt. Die Menschen können das nicht erkennen und verfallen in einer Art Zauber. Das Böse bleibt den armen Menschen verborgen!! Das ist dein persönlicher Schutz!! Denke an meine Worte!" Er blieb stehen war aber wieder vollkommen ruhig. Tatjanas Herz pochte laut und sie saß "geföhnt" auf ihrem Stuhl.

Black Mind sah nun zu Meyye. Er sprach in glockenklarer Stimme zu der Gangrel. Süß ... und verführerisch. Er ging langsam um die Tische herum und stellte sich vor die beiden. Der Schattenlord lehnte sich lässig an der Tischkannte an. Er überschlug seine Beine und lächelte.

"Wie war Tatjanas Blut für dich? War es gut? Hat es dich eregt? Beschreibe deine Gefühle." Beim letzen Wort lächelte er.
 
Eine Falle. Er hat ihr eine Falle gestellt. Und jetzt zeigt er es ihr, weil es eigentlich eine ganz unwichtige, nebensächliche Falle war, in die sie auch noch beinahe hineingetapst wäre. Der Kerl wird ihr immer unheimlicher. Er würde auch in den hinterrücks erdolchenden Intrigen des Elysiums eine gute Figur oder könnte als Sheriff oder Vollstrecker des Prinzen Karriere machen, da hat sie keinen Zweifel. Er würde wahrscheinlich ganz schön aufräumen...

Sie muß auf der Hut sein. Mehr als jemals zuvor muß sie auf ihre Worte achten. Worte sind nicht gerade ihre Freunde, zumindest dachte sie das bisher immer. Es erstaunt sie eigentlich selbst, wieviel sie schon geredet hat, und das ohne in die übliche, saloppe Art zurückzufallen. Sollten die Kirchenschule ihrer Kindheit und der Nachhilfeunterricht hier in Deutschland soviel bewirkt haben, ohne dass sie es bisher gemerkt hat? Ihr Blick zeigt ihm, dass sie verstanden hat. Das kann sie sich nicht verkneifen. Zu spät fällt ihr ein, dass sie damit vielleicht schon den nächsten Fehler begangen hat, denn wenn das eine verdrehte Art von Herausforderung war, hat sie sie gerade angenommen. Heilige Mutter Gottes, irgendwie beschleicht sie das Gefühl, sie kann heute gar nichts richtig machen.

Aber eigentlich hat sie schon viel früher alles falsch gemacht. Das kommt ihr in den Sinn, als Black Mind die Nacht ihrer ersten Raserei anspricht. Sie sieht erschrocken aus, ihr Blick irrt von Lost Shadow zu Black Mind und wieder zurück. Dieser Bastard. Er hätte die ganze Zeit eingreifen können, aber er hat ja auch gehofft, dass Tatjana stirbt. Die Wut darüber verdrängt erstmal das Erschrecken und die Gedanken an all das, was jetzt aufkommen kann. Verschlossenen Ausdrucks hört sie dem Verhör zu... bis zu Black Minds Schrei. Gebannt lauscht sie dem Echo dessen nach, was sie gehört hat. Das Böse. So sieht er sie also. Sie hat hier einen fairen Prozess erwartet? Nur eine kleine Stimme in ihrem Inneren flüstert ungehört, dass Tatjana was den Biss angeht wohl doch typisch ist für alle Werwölfe.

Die nächsten Fragen, und noch viel mehr der Tonfall in denen sie gestellt werden, machen ihr klar, dass es jetzt ernst wird. Zudem wirbeln sie unangenehme Erinnerungen auf, die ihr nicht gefallen, dem Tier aber schon. Sie muß ein Zittern unterdrücken und ballt die Hände zu Fäusten. "Es war... ganz anders als sonst." stößt sie schließlich hervor. "Ich hab viel Blödsinn angestellt in meinem Leben, aber ich hab nie Kokain genommen. Nach dem was ich gehört hab, muß es ähnlich aber lächerlich schwach sein gegen das Blut eines.. Garou." Sie schaut zu Boden, hebt den Blick fast bis zu Tatjana, verharrt aber dann bei ihren Stuhlbeinen. "Es hat mich getroffen wie ein Blitz. Es war herrlich. Mächtig. Ich kam mir vor als würde alles kleiner werden, nur ich größer. Ich wollte mehr. Aber da war ich schon nicht mehr ich selbst."

Eine Lüge? Nein... es ist eher so, dass sie es so interpretiert. Dieses machthungrige Ding, das seine beste Freundin aussaugen will, das will sie nicht sein. Und dass das Tier schon da seine Fänge im Spiel hatte, bevor sie es nochmal für kurze Zeit zurückkämpfen und sich von Tati losreißen konnte, davon ist sie überzeugt. Das Tier und das verdammte Blut im Team. "Ich will sowas nie wieder erleben." sagt sie düster. "Ich hasse, was ich da getan hab." Und das ist die Wahrheit. Dass sie getrunken hat war schließlich noch nicht alles...
 
Anerkennend lächelte Black Mind, als er ihr Zeichen sah, dass sie verstand, was er vorhatte. Nicht schlecht, für eine kleine Gangrel ...

Er lächelte, als Meyye davon sprach, wie sie sich dabei gefühlt hatte. Er kam einen Schritt näher ... sah liebevoll Tatjana an, packte blitzschnell das Handgelenk der Garou und mit der anderen zog er ein scharfes Messer. Er stach damit in ihren Unterarm und ihr Blut floss heraus. Die Waffe steckte er wieder ein. Sein Lächeln war verschwunden. Meyye konnte in seinen Augen sehen, dass das ein Test war ... sie konnte ahnen was geschehen würde, wenn sie hier versagte ...

Tatjana hatte vor Schreck und Schmerz aufgeschrieen. Sie wollte sich gerade auf die Heilung konzentrieren ... Mit einem Seitenblick auf Tatjana grollte Black Mind. "Wenn du dich jetzt heilst, wirst du sofort sterben. Ich tue das für dich!!" Und so schlimm es auch war ... es hörte sich ernst und verdammt ehrlich an.

Black Mind führte den Arm in die Richtung von Meyyes Mund. "Worte sind schön ... doch Taten zählen. Kannst du widerstehen? Willst du nicht dieses Blut? Willst du es nicht haben, damit du mich töten kannst? Was zählt schon Freundschaft ... Ist dieses Gefühl stärker als Macht?" Er sprach sehr eindringlich und ruhig auf Meyye ein.
 
"Hey!"
Beinahe hätte sie das gerufen, beinahe Black Mind angefahren als er das Messer zückt und Tatjana schneidet. Gerade noch bleibt ihr der Ausruf im Hals stecken als sie in seine Augen sieht und dann die Wunde und das hervorperlende Blut. Tatjanas Blut. Das Elixier, den ultimativen Saft, den Trank der Unbesiegbarkeit. Das will er also damit bezwecken.

Und den ersten Erfolg hat er auch schon. Das Tier lauert, es ist als könnte sie es fühlen, wie es da hinter ihr sitzt, sich duckt, seine Muskeln sich anspannen, damit es ihr in den Rücken springen kann. Sie hört gar nicht, was Black Mind zu Tatjana sagt, sie muß das in Zaum halten, was schon einmal alle Fesseln gesprengt hat. Wut über die Behandlung und diese gottverdammte Vorverurteilung. Angst vor dem schnellen Ende, das jeden Moment kommen kann. Und jetzt auch noch Blut, dessen Geruch ihr in die Nase steigt, sie selbst an eine schreckliche und das Tier an eine glorreiche Nacht erinnert. Eine Nacht an die sich beide ewig erinnern werden.

Als er auch noch den Arm an sie heranführt, kann sie sich nicht mehr halten und springt auf, um einen Schritt zurückzuweichen. Ein fauchendes Geräusch entringt sich ihrer Kehle und sie drängt sofort ihre Fangzähne wieder zurück, die zu wachsen beginnen wollen. "Nein!" stößt sie hervor, ihre Stimme plötzlich rauh, und es ist nicht die Antwort auf irgendeine seiner Fragen. "Nimm es weg, ich will es nicht." Kein Wortgeplänkel, keine Kirchenschule und Nachhilfeunterricht mehr, nur die pure Aussage. Und der Kampf im Inneren.
 
Black Mind verfolgte jede Bewegung der Gangrel mit dem Aufspringen hatte er gerechnet. Aber sie konnte keine Enttäuschung erkennen. Vielleicht hatte sie richtig gehandelt ...

Er lies Tatjana los und sagte leise zu ihr: "Heil dich." Dann lief er mit ruhigen Schritten wieder um den Tisch und setzte sich auf seinen Platz. Tatjana schluckte und stumme Tränen rannen ihr über ihr Gesicht. Sie hielt sich die Wunde und zitterte. Jetzt war es an ihr ... sie stand langsam auf (ihre Wunde war verheilt) und sie ging zu Meyye. Sie nahm sie in den Arm und flüsterte. "Es ist vorbei ... bitte ... den Test hast du wohl bestanden. Wir wußten beide, dass das kein einfacher Abend sein wird ... bitte ... setzen wir uns wieder, ja?"

Sie strich ihrer Freundin durchs Haar und blieb dabei an ihrem befellten Ohr hängen. Wieder ein Zeichen ihrer Raserei. Tatjana lächelte aufmunternd und ihr Atem ging schwer. "Wenn du gehen willst ... ich glaube, sie würden dich gehen lassen ... wenn du bleibst kann es vielleicht noch unangenehmer werden ... ich weiß es nicht ..." Traurig sah die Garou zu Boden.
 
Innerlich zittert Meyye (und auch ihr Tier) aus mehreren Gründen immer noch, als der Anführer wieder zu seinem Platz zurückgeht. Wachsam schaut sie ihm nach, mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass sie sich so etwas von dem Blut ablenkt... bis es nicht mehr da ist. Sie hat das Gefühl, aufatmen zu müssen. Es stört sie nur noch selten, gewisse körperliche Abreaktionen nicht mehr so automatisch hinzubekommen, aber gerade könnte es sie irrsinnig machen.

Ganz von selbst legt sie einen Arm um Tatjana und schaut sie an, etwas verständnislos. "Vorbei?" Wie kann Tati glauben, dass es je vorbei sein wird. Aber für heute, für jetzt ist es tatsächlich vorbei, und das macht sie plötzlich sehr froh. Die Anspannung fällt von ihr ab und irgendwie genießt sie es, Tatjana zu berühren ohne dass noch Gefahr besteht. Jedenfalls, bis die Hand ihrer Freundin das Ohr berührt. Sie lächelt schief und tastet selbst danach. Es wird noch dauern, bis sie sich daran gewöhnt hat.

Dann schaut sie zu den anderen Wölflingen, als Tatjana ihr die Freiheit in Aussicht stellt. Und wieder: Jetzt ist sie so weit gekommen, sie kann nicht umdrehen und so tun als ob nichts wäre. "Aber du kannst nicht mitkommen, oder?" ist daher ihre einzige Frage, bevor sie sich sacht von Tatjana löst und wieder auf ihren Stuhl setzt. "Gemeinsam oder gar nicht." flüstert sie ihr zu und hofft, dass ihr Blick so entschlossen und ermutigend herüberkommt wie er beabsichtigt war.
 
Auf Meyyes Frage, ob sie mitkommen könnte, schüttelte sie nur den Kopf. Dann setzten sich beide auf ihre Stühle.

Nach ein paar Minuten fing Black Mind wieder an zu sprechen. "Was geschah nach deiner Raserei. Wie hast du das Tier wieder unter Kontrolle gebracht? Außerdem möchte ich aus eurer Sicht wissen, wie das Zusammentreffen mit Lost Shadow war." Er sah zuerst Meyye an.

"Wenn du dich wieder so weit beruhigt hast ... wäre es gut, wenn du beginnen würdest. Aber ich lasse dir noch Zeit, wenn du diese brauchst. Ich musste wissen, ob du nicht bei der nächsten Gelegenheit deine Freundin anfällst ... Ich musste mich hiervon überzeugen. Ich hoffe, das ist verständlich." Er lächelte nun nicht mehr ... seine Mine war ausdruckslos und ernst.
 
Von Tatjana schaut sie wieder zu den Garou an der langen Tafel (oder so..), von denen die meisten ziemlich schweigsam sind. Sie fragt sich einen Moment, wieviele Teile des Puzzles sie eigentlich schon kennen, und wie zutreffend das ist, was sie wissen, nachdem Lost Shadow es war, der es ihnen erzählt hat. Nach allem was sie sie bisher fragten, war es wohl erstaunlich wahrheitsgetreu. Andererseits, bei dem lebenden Lügendetektor bleibt ihm eigentlich nur das. Fragt sich nur noch, wie sehr das Erzählte von seiner ganz persönlichen Sichtweise gefärbt war.

"Schon gut, ich verstehe." sagt sie knapp. Rabiate Methoden... wenn diese Wyrm-Geschichte nicht wäre, könnten Gangrel und Wölflinge sich verstehen. Sie passen irgendwie zusammen. Das Grinsen, das in ihr hochsteigt kommt nicht bis zum Gesicht. "Ich..." beginnt, sie verstummt wieder und fragt sich, ob sie das Tier wirklich unter Kontrolle gebracht hat. "Tatjana hat sich auf mich geworfen. In ihrer Kriegsgestalt. Ich konnte mich nicht mehr rühren. Sie hat mit mir geredet. Mit mir.. nicht dem rasenden Biest. Ich schätze das hat mir geholfen, mich endlich wieder aufzurappeln." Sie klingt trotzdem nicht glücklich, denn gerade hat sie die Wunde vor Augen, die sie Tati zugefügt hatte in ihrer Raserei. Eigentlich sollte sie noch froh sein, dass es eine Werwölfin getroffen hat die sowas überlebt, aber...

Und dann ist da immer noch die Wunde. Und eine Faust, die draufschlägt, ein grinsendes Gesicht, das sie einfach hat rot sehen lassen. Vielleicht wäre sie sogar ohne den Einfluß des Werwolfbluts auf ihn losgegangen, wer weiß. Mag sein, dass sich in diesem Moment ihr Zorn (Hass?) zeigt, als ihr Blick den Schatten fixiert, im Hintergrund, wo er steht. "Er hat geklatscht. Das war das erste, was ich gehört hab, gleich nachdem ich wieder da war. Er hat sich gefreut, dass er seine Tochter als Verräterin anklagen kann. Und mich als unfähig beschimpft, weil ich sie in der Raserei nicht gekillt habe. Tja, so ein Pech aber auch!"

Sarkasmus pur, und das Ziel ist klar. Dann fängt sie sich wieder (halbwegs). "Als er Tati dann gepackt hat und mit der Faust auf ihre Wunde geschlagen, mit diesem verdammten sadistischen Grinsen im Gesicht... da bin ich ausgetickt. Ich diesmal, ich ganz allein, dazu steh ich. Ich bereu's kein bißchen, dass ich ihn angegriffen hab, ich wünschte nur ich hätte ihn besser erwischt." Das kommt ihr noch flüssig über die Lippen, aber nur widerstrebend sagt sie weiter: "Aber er hat mich nur angetippt und ich bin geflogen. Dann hat er noch angekündigt, dass er sie rauswirft aus dem Rudel und sie anklagt, und ist verschwunden. In die Geisterwelt.. hab vergessen wie ihr das nennt."

Na bitte... es klappt ja doch mit der Zurückhaltung! Du mußt eben nur wollen...
 
Nachdem und während Meyye gesprochen hatte, schien wohl Lost Shadow etwas sagen zu wollen ... zumindest sagte er wohl etwas in einer Sprache, die Meyye nicht verstand. Black Mind machte nur eine Handbewegung in Richtung seiner Kriegsfürstin und lauschte weiter Meyyes Worten. Blood Hair sprang auf, verwandelte sich und schlug mit Klauen auf Tatjanas Vater ein. Dann wurde er ausser Sichtweise gezogen. Die anderen Garou waren tatsächlich sehr ruhig. Einzig Silvia und der Knochenbeisser warfen Meyye und Tatjana aufmunternde Blicke zu.

"Ich heiße es nicht gut, wie Lost Shadow seine Tochter behandelt. Das meine ich ernst. Ich weiß, dass er ihren Tod wünscht, doch er hat damals gegen die Litanei verstoßen und sich mit einer anderen Garou gepaart ... deswegen ist Tatjana ein Metis. Du weißt natürlich, was für eine Missbildung sie hat ... und ich muss ganz ehrlich dazu sagen, dass das bei eurer Freundschaft kein undbedingter Nachteil ist. Denn Tatjana kann bestimmt öfter in Raserei geraten als du. Und ich habe gesehen, dass du dich einigermassen unter Kontrolle hast.

Du bist nackt durch die halbe Stadt gerannt. Nachdem du sie blutüberströmt nicht noch den letzten Tropfen von ihr getrunken hast ... sondern, du hast Hilfe geholt ... aber wieso ist es zu diesem Zwischenfall gekommen? Es scheint mir, dass du wohl sehr abgelenkt bei ... was auch immer warst ... Green-Eye sagte mir, dass Tatjana schon lange Zeit auf dem Rasen gelegen hatte, bis du sie gefunden hattest ... Was war wichtiger, als nach deiner Freundin zu sehen? Wusstest du nicht, dass sie noch nie zuvor in einer Dicothek war?" Seine Stimme nahm nun sogar eine Spur von Trauer an.
 
Meyye muß den schadenfrohen Blick unterdrücken, ein zufriedener wird's aber doch, als Lost Shadow sein Fett wegkriegt. Rauhe Sitten, ein Glück dass sie nicht an seiner Stelle steht - vorerst. Sie schweigt auch, obwohl ihr die Frage 'Wenn ihr alle so gegen Tatjanas Mißhandlung wart, warum habt ihr dann nichts unternommen?' wahrscheinlich auf der Stirn geschrieben steht. Es hilft ihrem Selbstbewußtsein ein wenig und beruhigt sie auch, dass sie positive Blicke auffängt. Dann schaut sie zu Tati hinüber, von der sie noch keine Raserei miterlebt hat (nur gehört, dass es beim Tänzer passiert ist) und lächelt schwach. Die allerletzten Reserven zusammenkratzen und nie wissen, ob sie auch für diesesmal reichen werden das Tier unten zu halten, das nennt er unter Kontrolle...

Dann verzieht sie in ein wenig komischer Mimik das Gesicht. Toll, ist sie jetzt auch schon bei den Wölfen als die nackte Läuferin bekannt. Aber der Ausdruck ist gleich wieder verschwunden. Liegt das an ihr oder werden die Fragen immer unangenehmer? Nein... das Schlimmste hat sie schon überstanden, das weiß sie. Auch wenn das noch nichts darüber aussagt, ob sie in einem Stück hier rauskommt. Aber die Nacht in der Disco und vor allem was danach kommt, ist auch kein Ruhmesblatt auf ihre Fahne.

"Sie hat es mir erst auf dem Weg dahin gesagt." antwortet sie erst auf die harmlosere Frage. "Ich... wollte ihr zeigen, was mir dort Spaß macht. Ich war auf der Tanzfläche. Ich hab damit gerechnet, dass sie am Platz bleibt, ihren Drink schlürft und sich umsieht. Sie kann unter Menschen gut auf sich selbst aufpassen, dachte ich. Woher hätte ich ahnen sollen, dass ausgerechnet einer eurer Erzfeinde, wenn ich das richtig verstanden hab, daherkommt und ihr seinen Willen aufzwingt." Sie bricht ab, wie meistens ist in ihrem Gesicht zu lesen recht leicht: Kein Ruhmesblatt, und Selbstvorwürfe. Ihre Verteidigung durch Ausreden ist eigentlich keine... es ist nur, was sie selbst nicht überzeugt hat. "Dann mußte ich mich durchfragen und auf der Wiese suchen... naja, den Rest kennt ihr ja. Es wird nicht wieder vorkommen." Sie sagt letzteres wie etwas, das sie in der Schule gelernt hat. Das feststeht, da im 'Sozialkunde für Anfänger' Seite drölfzig: Eine solche Nachlässigkeit wird nicht mehr vorkommen, ich werde in Zukunft auf sie aufpassen.
 
Black Mind nickt Meyye zu und sah sehr ernst aus. "Tatjana, so, wie ich das mitbekommen hatte, hattest du eine schwere Silberwunde?"
"Ja, ich hatte Dornen in der Wunde."
"Du weißt, dass du ohne Green-Eye das nicht überlebt hättest?"
"Ja ... aber auch nicht ohne Meyye ..."
"Das ist richtig. Trotzdem kann die Gangrel nicht heilen. Soll sie in Zukunft immer durch die Stadt rennen, um dich zu retten? Willst du ihr das zumuten?"
"Nein ... aber das würde ich auch für sie tun ..."
"Und wen willst du als Hilfe holen? Einen Theurgen? Bist du sicher, dass unsere Kraft auch Vampire heilen kann?"
"Ich weiß es nicht"
"Willst du dir da nicht sicher sein?"
Ängstlich sah Tatjana zu Meyye ... und schrie "NEIN, bitte tut ihr nichts ... sie ist doch schon hierher gekommen ... Zählt das denn nichts?"
"Beruhige dich! Natürlich zählt das."

Dann wandte sich Black Mind an Meyye ... "Ich weiß tatsächlich nicht, ob wir in der Lage sind einen Vampir zu heilen ... interessiert es dich denn? Vielleicht könnte so ja einmal Tatjana dir das Leben ... oder Unleben retten? Interessiert?"
 
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