Re: 08.04.04 - Wolfsmond
"Keine Angst, ich habe die Talen." sagt sie und faßt vorsichtshalber nochmal an ihren Hals, um den Wahrheitsgehalt der Aussage zu überprüfen. "Den Zettel auch, und ich kenne die Wörter. Keine Angst, ich hänge an meinem Unleben." Die Aufforderung zum Rennen beantwortet sie nicht. Ohne Tatjana geht sie nirgendwohin...
Wenn sie ruhig wirkt, dann liegt das vor allem daran, dass sie nicht mehr lebt. Kein rasender Puls, keine Schweißperlen auf der Stirn, keine feuchten Hände, kein hämmerndes Herz das noch den nächsten Block weit gehört werden kann. Trotzdem nimmt sie Tatjanas Hand auf dem Weg zum Pub, nicht nur weil sie Tati damit beruhigen will, sondern weil sie sich auch selbst versichern will, nicht allein zu sein auf diesem Weg.
Klar, sie würde auch Posten am Eingang aufstellen. Sie nickt Richard mit einem halblauten "Hallo.." zu, dem Garou, der zumindest mittelbar freundlich zu ihr war und ihr sein Shirt geliehen hat. Allerdings ein dürftiges Fundament für eine wie auch immer geartete Annäherung, außerdem geht ihr gerade anderes im Kopf herum. Letztlich wird Richard auf Anweisung wohl ohne mit der Wimper zu zucken dafür sorgen, dass sie das Haus nicht lebend (oder, in ihrem Fall, im Besitz ihrer.. öhm.. Existenz) verlassen.
Sie verzichtet darauf, auf die Augen des Tiers zurückzugreifen, auch wenn ihr eine weniger halbdunkle und schwummrige Atmosphäre deutlich lieber wäre. Was sind das eigentlich für mimosenhafte Gedanken? Du bist ein Kind der Nacht, eine Vampirin! Die Dunkelheit ist dein Freund! Also sieht sie sich mit ihren normalen Sinnen um, versucht vor allem, die Personen zu mustern, was ihr besonders bei dem im Hintergrund nicht gelingen will. Den anderen nickt sie der Reihe nach zu, wobei ihr Blick auf Tom ein wenig länger verharrt. Sie erinnert sich.
Und dann der erste Schreck des Abends. Meyye ist sich inzwischen sicher, dass sie diese Stimme unter Tausenden wiedererkennen würde. Ist sie vorher mit langsamen Schritten nähergekommen, verharrt sie nun und kämpft die schrillen Alarmglocken in ihrem Inneren nieder, die von einer Falle und Weglaufen schreien. Das erledigt sich nach kurzer Zeit von selbst, als nämlich Tatjanas Vater seine Antwort bekommt. Gut, das klingt richtig gut. Ist zwar noch nicht die halbe Miete, noch nichtmal ein Achtel, aber es wird wohl fair ablaufen. Ist schon viel wert.
Sie hält es dann für klug, der Aufforderung ohne Kommentar und umgehend zu folgen. Tatjana, deren Hand sie immer noch hält, zieht sie notfalls mit und setzt sich auf den bezeichneten Platz. Eigentlich geziemt es sich für sie, besonders für sie, hier sehr bescheiden und zurückhaltend aufzutreten. Aber einen kalten Blick in Richtung der vorlauten Stimme auf den billigen Plätzen kann sie einfach nicht vermeiden. Und so sitzt sie dann da, inmitten von Werwölfen und wartet darauf, dass diese Gericht über sie sprechen, und über die andere Werwölfin, der sie die Hand hält. Was hätte sie wohl demjenigen gesagt, der ihr vor zwei Wochen erzählt hätte, dass es so kommen würde?