[04.05.08] Dog Day Morning

Cry

Aus der Asche
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Wenige Minuten nach Sonnenuntergang öffneten sich beinahe lautlos die elektronischen Rollläden und fahles Mondlicht, durch Nebel noch milchiger als sonst, schien in das luxuriöse Schlafzimmer im zweiten Stock der Villa. Wie jeden Abend wollte Céleste beim aufwachen reflexartig einen tiefen Atemzug nehmen, was natürlich nicht gelang. Erschrocken schlug sie die Augen auf und erinnerte sich erst einen Augenblick später daran, dass sie seit vielen Jahren tot war.
Sie wühlte sich unter mehreren Decken hervor, woraufhin es ihr völlig grundlos fröstelte. Sie stakste über das Parkett, das so alt war, dass es sogar unter ihrem Gewicht ächzte, in ihr Bad, einem Traum aus Marmor und Porzellan. Achtlos streifte sie ihr seidenes Nachthemd ab und warf es achtlos in die grobe Richtung eines Wäschekorbs, es blieb jedoch einen halben Meter davor liegen. Aber das war nicht ihr Problem.
Schlaftrunken schleppte sie sich in die moderne Duschkabine, um sich von allen Seiten mit dampfend heissem Wasser bestrahlen zu lassen, während sie sich die Zähne putzte, achtsam, die Bürste nicht zu sehr mit den Fängen in Mitleidenschaft zu ziehen.

Als sie eine knappe halbe Stunde später, nach Rosenblüten und einem guten Morgen duftend, in einem Bademantel, ein Handtuch um die nassen Haare gewickelt, in ihr Zimmer zurück trippelte, um den Kontakt ihrer Füße mit dem kalten Boden zu minimieren, lag ein kleiner Stapel Papiere am Fußende ihres Betts. Die Zeitungsmeldungen des Tages, mit Notizen Johanns versehen, waren dort zusammen geheftet.
Sie griff sich die Papiere und nahm sie mit in den begehbaren Kleiderschrank, um sie kurz zu überfliegen.
Ungefähr eine Minute später hallte ihre Stimme durch das ganze Haus, hallte von den hohen Wänden und den glänzenden Böden wieder: "Joooooohaaaann!"
 
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Ungefähr zur selben Zeit schritt Konrad, immer noch in den flauschigen Bademantel gehüllt, durch Célestes Garten. Die Hintertür, durch die er gestern das Haus verlassen hatte, war verschlossen, also klopfte er sanft mit einem seiner krallenartigen Fingernägel dagegen. Die Ghule der Toreador waren wohl gut erzogen, denn fast sofort wurde ihm geöffnet. Er nickte dem Fahrer von gestern grüßend zu und ignorierte bewußt die Tatsache, daß der Mann unter seiner Anzugjacke nach einer Waffe gegriffen hatte.

Wortlos tapste er an dem Mann vorbei und wanderte durch die Korridore des Herrenhauses bis er wieder in "seinem" Badezimmer stand. Gründlich durchsuchte er die vielen Schubladen der Möbel und zog endlich eine Nagelschere heraus. Heute wollte er sich vorstellen, also war es besser, nicht allzu auffällig auszusehen. Man hatte ihm schon einmal als 'wandelndem Maskeradebruch' den Aufenthalt in einer Stadt verweigert. Und hier wollte er bleiben, zumindest für eine Weile.

Es dauerte fast eine halbe Stunde bis er alle Federn aus seinem Haar herausgeschnitten hatte. Es war nicht nur eine schmerzhafte und unangenehme Prozedur, danach fühlte er sich auch jedes Mal irgendwie nackt und unvollständig. Er fühlte sich wohl in seinem veränderten Körper, mehr vielleicht als er sich je in seinem menschlichen Körper wohlgefühlt hatte.

Der Anzug war ein weiteres qualvolles Hindernis. Leise vor sich hin fluchend zog er die verschiedenen Kleidungsstücke an und fummelte an den winzigen Knöpfen herum. Schuhe und Handschuhe würde er erst später anziehen, das war ihm jetzt alles zu viel. Wenigstens paßte der Anzug einigermaßen, auch wenn er ein wenig schlanker als dieser Johann war. Zumindest mußte er den Gürtel deutlich enger schnallen.

Mit bedächtigen Schritten verließ er das Badezimmer wieder, an diese neue Kleidung würde er sich erst gewöhnen müssen. Nun aber war es an der Zeit, auf die Suche nach Céleste zu gehen ...
 
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Beim verlassen des Badezimmers wäre Konrad beinahe mit Céleste kollidiert, die gerade, nur mit einem viel zu kleinen Handtuch bekleidet, den Gang hinabrauschte, mit ein paar Ausdrucken in einem Hefter in der Hand und einen durchaus ernsten Gesichtsausdruck.
Sie drehte sich unterm Laufen um die eigene Achse, drückte Konrad eines der Blätter in die Hand und stürmte weiter, eine Spur aus Wassertropfen aus dem nassen Haar hinter sich herziehend.
Das Blatt war der Ausdruck zweier Artikel, beide vom heutigen Tag, beide von der Internetseite einer lokalen Zeitung.

"Johann!" rief die Toreador noch einmal ungeduldig, irgendwo aus dem Erdgeschoss ertönte eine Antwort, also fuhr sie herum und eilte zur Treppe...
 
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Interessiert studierte Konrad erst Célestes Rückenansicht, dann das Blatt, das sie ihm in die Hand gedrückt hatte. Ah, ein Kunstmäzen gestorben. Klar, das war eine riesige Katastrophe für die Toreador. Gut, alles war irgendwie eine riesige Katastrophe für die Toreador, kleiner als weltbewegend und katastrophal schien deren Erlebniswelt nicht zu können. Er stellte sich also darauf ein, für einige Stunden kunstvollem Gejammer zuzuhören und schlenderte hinter Céleste her. Deren Angestellte waren auch nicht zu beneiden, die mußten es ständig mit ihr aushalten ...
 
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"Warum kriege ich so einen Artikel vorgelegt, als ob es darum ginge, dass der DAX drei Punkte verloren hat? Wie wäre es mit irgendeiner Form von Reaktion, wenn erst im Anwesen des Prinzen eingebrochen wird und danach sein Auto explodiert?" Donnerte sie, während Johann auf die Größe eines Diät-Elektrons schrumpfte. Der Ghul brachte auch kein Wort mehr heraus und wurde sichtlich bleich, er lockerte sogar seine Krawatte ein bisschen, in der irrigen Hoffnung, so wieder mehr Luft zu bekommen.
"Ruf bei der Kunstakademie an, frag nach ob alles in Ordnung ist, und komm mir nicht wiederu nter die Augen, bis du mir Antworten zu bieten hast, klar?" Der Anwalt nickte artig und eilte davon, hoffentlich in sein Arbeitszimmer.
 
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"Ich schätze, das ist nicht unbedingt die beste Nacht, um sich hier als Neuling vorzustellen, was?" brummte Konrad und wich gleichzeitig einen Schritt zurück. Wenn eine Toreador so wütend war, dann konnte der Blitz jederzeit und überall einschlagen. Also versuchte er so freundlich, unterstützend und harmlos auszusehen, wie er nur konnte.
 
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"Nun, in dem Fall weiß ich nicht ob noch jemand da ist, bei dem du dich vorstellen kannst", die Gräfin schien zumindest nicht mehr so aktu verärgert zu sein, nun eher ernstlich besorgt. Sie hielt das winzige Handtuch, das sie sich umgeschlungen hatte, mit einer Hand fest, nun da es ihr nicht mehr völlig egal war, ob es herabrutschte. Seufzend ließ sie sich auf den nächsten Stuhl fallen.
 
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Auch Konrad setzte sich. Es war erschreckend, wie schnell er wieder anfing wie einer von "denen" zu denken. Er verstand, was Céleste vor allem beunruhigte. Nicht daß diese Dinge passiert waren, sondern daß sie nicht wußte, was genau passiert war. Und als Neuankömmling auch noch kaum Möglichkeiten mehr herauszufinden. Das war seine Chance.

"Hör mal, ich denke, vielleicht ist es doch der genau richtige Zeitpunkt, um sich vorzustellen", meinte er und beugte sich verschwörerisch zu der Toreador vor. "Ich gehe da einfach hin und tue so als wüßte ich von nichts. Vielleicht kann ich ja so genaueres erfahren. Oder zumindest, ob der Prinz noch lebt. Was meinst du?"
 
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"Verwegen" kommentierte die Toreador. Das war genau nach ihrem Geschmack. "Eine gute Idee, aber sei vorsichtig." Sie kam sich fast etwas albern bei dieser Warnung vor. Obwohl sie sich gerade gesetzt hatte, stand sie wieder auf und fing an, im Raum auf und ab zu laufen. Aber nun war sie hier und nicht bereit beim ersten Anzeichen von Problemen die Segel zu streichen.
 
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"Verwegen entspricht genau meinem Stil", kommentierte Konrad trocken und lehnte sich lässig ins Sofa zurück. Die ausgestreckten Beine schlug er am Knöchel übereinander und wirkte fast schon obszön zufrieden mit sich selbst. So weit ihn seine Reisen auch durch die Welt geführt hatten, den arroganten, adeligen Weltenbummler-Typus war er nie ganz losgeworden.

"Setz dich wieder", meinte er und deutete beiläufig auf eines der Sofas, "ich muß genau wissen, wie man sich hier vorstellt. Alles, was dir widerfahren ist. Je mehr ich weiß, desto souveräner kann ich reagieren."
 
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"Nun, zuerst geht man durch eine Ghulin, ein junges Ding, die winkt einen dann zur Seneschallin durch. Nach dem, was ich verstehe, ist sie die Frau und das Kind des Prinzen, dem es hoffentlich gut geht..." Johann unterbrach den Satz mit einem räuspern, als er den Raum betrat. Der Ghul blieb verzagt im Türrahmen stehen und wirkte beinahe so bleich wie seine Herrin.
"Die Assistentin..." Fing er an, unterbrach sich kurz um sich zu räuspern, "die Assistentin hat den Prinz bereits als Opfer bezeichnet. Die Seneschallin wird sich angeblich bei Dir melden, sobald sie mehr weiß", er zuckte verunsichert mit den Achseln, während Céleste sich aufgewühlt mit der Hand durch die Haare fuhr.
"Jeder von euch hat zu jeder Sekunde seine Waffe bei sich, Silberkugeln. Und such mir eine vertrauenswürdige Sicherheitsfirma, ich will dass dieses Haus noch heute Nacht zur Festung wird!" Die Toreador hatte sich einen Moment lang fast gesetzt, lief nun aber wieder auf und ab. "Konrad, du wirst wohl ohnehin nur zur Seneschallin kommen, falls die überhaupt da ist. Wir können dir einen Wagen leihen oder ein Taxi rufen, falls du es überhaupt noch versuchen willst."
 
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"Taxi", entschied Konrad entschlossen, "wahrscheinlich haben sie uns zwar sowieso schon zusammen gesehen, aber falls nicht, gibt uns das einen kleinen Vorteil. Ich bin genauso neugierig wie du, wenn auch vielleicht aus anderen Gründen. Und ich will das durchziehen, unbedingt!"

Er sprang geschmeidig auf, seine harten Zehnägel machten ein klackendes Geräusch auf dem Parkett. "Oh", war sein einziger Kommentar, "Schuhe wären vielleicht ganz gut. Und Handschuhe, wenn dein Johann sowas hat. Oder der Fahrer, dessen Hände sind auch ähnlich groß wie meine." Amüsiert hielt er seine Finger vor sich und wackelte mit ihnen.
 
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"Irgendwo bestimmt, kümmer dich darum, Johann." Der Ghul war sichtlich erleichtert, den Raum verlassen zu dürfen. Die Toreador sah ein paar Sekunden unschlüssig in den Raum. "Ich ziehe mich erstmal an" beschloss sie. Viel tun könnte sie im Moment ohnehin nicht.
 
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Es dauerte fast zwei Stunden bis Konrad wieder an Célestes Hintertür klopfte. Für den Rückweg hatte er nicht mehr genug Geld für ein Taxi gehabt. Also war er gelaufen. Jetzt stand er, den Ordner unter dem Arm da und nickte dem Ghul freundlich zu, der ihm öffnete.

"Wo ist Céleste?" fragte er nur und stapfte entschlossen in den Flur.
 
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Konrad wurde von Giuseppe mit einer Geste in Richtung Salon geschickt, ehe er hastig davon eilte, irgendetwas wichtiges schien der Ghul also zu tun zu haben, die Zeit für ein Lächeln mit einem freundlichen Nicken hatte er sich aber dennoch genommen.
Als er sich dem Salon näherte, konnte der Gangrel schon die aufgeregte Stimme der Toreador hören, die in schnellem, stakkatoartigem Italienisch jemanden beschimpfte. Als er sie schließlich sehen konnte, sie trug inzwischen wieder einen maßgeschneiderten Anzug, schleuderte sie gerade ein Telefon gegen die Wand, wo es zerschellte. Erschrocken drehte sie sich zu dem Gangrel um, wobei sie sofort ein freundliches Lächeln aufsetzte.
"Konrad mein Lieber, ich hoffe du hast nichts gehört, so sollte eine Dame nicht sprechen. Aber wir haben hier eine Werwolfplage und mein Lieferant erklärt mir gerade, dass er keine paar lausigen Magazine an Silberkugeln nach Finstertal schaffen kann, glaubst du das? Aber erzähl doch erstmal - gab es etwas neues über den Prinzen? Ich habe mir schon ein bisschen Sorgen gemacht!"
Dass sie schon dreimal angerufen hatte, würde sie niemals verraten, das Telefon des Gangrels hatte eh im eigenen Haus geklingelt, wo sie ihre eigenen Anrufe auch wieder hatte löschen können. Sie wollte nicht aufdringlich erscheinen.
 
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Amüsiert starrte Konrad auf die traurigen Reste des Telefons. "Äh, was soll ich gehört haben?" fragte er unschuldig und preßte den Vorstellungs-Ordner mit beiden Armen an seinen Körper. Zur Not hatte er so ein kleines Schutzschild falls die Toreador wieder mit Sachen um sich werfen würde.

"Leider gibt es nichts neues", erklärte er, jederzeit bereit in Deckung zu hechten, "aber um Mitternacht wird Mylady in der Kunstakademie erwartet, wer auch immer Mylady ist. Das wurde mir nicht gesagt. Das Mädchen da war aber auch ein wenig ... ah ... mitgenommen." Er deutete mit dem Kinn auf den Hefter in seinen Armen und brummte: "Nur das hab ich bekommen."
 
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"Ah, grandios, so etwas habe ich auch, Johann kümmert sich wohl darum, ich hoffe dass er mir nachher zusammenfasst, was drin stand und was ich darauf geantwortet habe" entgegnete sie mit einem unschuldigen Lächeln und winkte ab. "Mylady wird die Seneschallin sein, ein sehr nettes Ding, ist auch Primogen des Clans. Rate ich jetzt mal. Aber dann sollten wir sie vielleicht um Mitternacht mal besuchen? Das wäre doch die Gelegenheit, uns alte, alte Neuzugänge direkt ins rechte Licht zu rücken, oder was meinst Du?" So leise wie möglich schob sich Giuseppe ins Zimmer und begann, verstreute Telefonreste zusammenzuklauben und entfernte sich denn auch ebenso diskret wie er gekommen war, mit einer Handvoll Platinen, Chips und Gehäuseresten.
 
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Der Gangrel nickte zustimmend, schnitt aber gleichzeitig eine Grimasse.

"Du willst doch nicht Primogen werden anstelle des Primogens?" fragte er vorsichtig. Politische Ambitionen traute er Céleste definitiv zu. Sie entstammte höchstem Adel, vermutlich glaubte sie immer noch, daß sie zum Herrschen geboren war.

Während er noch zu der Toreador schielte, öffnete er endlich den Ordner und sah hinein. Die Neugier war doch stärker als alles andere in ihm. Schon immer gewesen.

"Ach herjeh", kommentierte er trocken, "die werden nicht viel Freude an mir haben.
 
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"Ich?" Céleste tat bewusst entsetzt und überrascht. "Warum sollte ich das tun? Alles was das nützen würde, wäre Mitspracherecht für mich, eine Stimme mehr im Rat der Primogene für meinen Clan und Respekt von einem Großteil der Kainiten dieser Stadt." Sie winkte grinsend ab. "Das klingt ja schon furchtbar." Sie schob den Kopf unauffällig über die Schulter des Gangrel um in den Ordner zu spähen. Sie hatte einen kurzen Blick hinein geworfen, aber nicht wirklich etwas gelesen. "Spannende Fragen drin?"
 
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"Man soll seine Abstammung angeben und Leumundszeugen nennen", Konrad schüttelte verblüfft den Kopf, "und zwar schriftlich. Schriftlich! Also ich würde sowas nie schriftlich anfordern, das ist doch ... nicht besonders diskret, oder? Und meine Abstammung und Leumundszeugen ... sowas habe ich gar nicht, oder zumindest nicht sehr ausführlich."

Langsam aber sicher wirkte der Gangrel ein wenig verzweifelt. "Ich fürchte, ich werde dir nicht allzulange Gesellschaft leisten können", meinte er bedauernd.
 
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