Die zwanziger Jahre in Deutschland verbinden wir oft mit wilden Partys im Berliner Nachtleben, mit Temporausch und sprühendem Erfindergeist. Die Wirtschaft brummt und das Auto wird zum liebsten Kind der Deutschen. Aber war wirklich alles golden in den Zwanzigern? In Versailles beschließen die Siegermächte 1919, dass die Deutschen sofort 20 Milliarden an Reparationen bezahlen sollen. Der bankrotte Staat sieht keinen anderen Weg, als die Notenpresse anzuwerfen. Sagenhafte 400 Trillionen Reichsmark kommen in Umlauf. Die Folge ist eine der massivsten Geldentwertungen in der Geschichte. Zigtausend Prozent beträgt damals die Inflationsrate – und zwar im Monat! Im November 1923 kommt die Rettung: Die Regierung unter Gustav Stresemann führt die Rentenmark ein – sie wird im Verhältnis eins zu einer Billion getauscht. Ein radikaler Schnitt, der aber allmählich zur Stabilisierung der Wirtschaft führt. Endlich gibt es wieder Arbeit, und die Löhne steigen. Aufbruchsstimmung und Kauflust bestimmen das neue Lebensgefühl. Die Zwanziger Jahre werden zu goldenen Jahren. Auch politisch kommen bessere Zeiten. 1919 finden die ersten freien Wahlen zur Nationalversammlung der jungen Republik statt. Erstmals dürfen auch Frauen wählen – und gewählt werden. Die Verfassung der Weimarer Republik gilt als eine der fortschrittlichsten der Welt. Selbstbewusst setzen sich die Frauen der Zwanziger in Szene. Sexuelle Selbstbestimmung ist kein Tabu mehr, wenn auch gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern offiziell gesetzlich verboten ist. Mit der Einführung des Acht-Stunden-Tages bekommt Freizeit eine Bedeutung: Kinos, Theater und Varietés werben um feiersüchtige Kundschaft. Aber hinter der goldenen Fassade der Glitzerwelt herrscht nach wie vor Elend. Hunderttausende Soldaten sind nach dem Ersten Weltkrieg als Invalide zurückgekehrt, die meisten traumatisiert und mittellos. In den düsteren Mietskasernen der Großstädte hausen Großfamilien in winzigen Wohnungen ohne Hygieneeinrichtungen. Mit dem Schwarzen Freitag, dem Aktiencrash an der New Yorker Börse im Oktober 1929, überrollt eine Finanzkatastrophe die ganze Welt. Von der Wirtschaftskrise ist die Weimarer Republik besonders stark betroffen. In der Folge bekommen Kräfte von rechts die Oberhand, das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte beginnt.
00:00 Intro
00:19 Düsterer Anfang
02:57 Strahlende Aufbruchstimmung
09:22 Goldene Freiheiten
14:13 Schillernde Fassaden
17:03 Das dunkle Ende der goldenen Jahre
Autorin: Sabine Klauser Schnitt: Claudia Spoden