»Es gab eine Zeit vor aller Zeit, als Gott sprach: ES WERDE LICHT, und es ward Licht. Die Finsternis hatte jedoch ihre eigenen Kinder gezeugt, und sie litten schrecklich unter dem Feuerbrand des strafenden Gottes. In diesen lange vergessenen Tagen stand der Himmel von seinem Zorn in Flammen. Sein Strahlen reinigte die Erde wie Feuer und erschütterte die Grundfesten des Daseins wie ein Rammbock. Die Kinder, Abkömmlinge der Nacht, fielen von ihren Himmelszinnen und stürzten, in Flammen gehüllten Sternen gleich, zur Erde. Die meisten der Kinder waren nur noch schwarze Hülsen, als sie aufkamen, aber einige von ihnen überlebten lange genug, um Schutz zu suchen. Da der Sturz der Kinder die Erde gespalten hatte, öffneten sich Abgründe in lichtlose Tiefen. Die Gefallenen krochen in den geborstenen Erdengrund hinein. Dort wurden sie vom Schlaf übermannt und ließen zu, dass die Zeit sie im Schoss der Erde einschloss. Die Menschheit, die geformt wurde, um einen eitlen Gott zufriedenzustellen, erfuhr nie, dass sie auf geheiligtem Boden wandelte. In ihrer Unwissenheit bauten sie Städte auf den Ruheplätzen der Kinder, nichts ahnend von der Macht, die sie an diese Orte geführt hatte. Wie vom süßen Duft der Verwesung angelockte Fliegen, errichteten sie ihre Tempel und Altäre gen Himmel, obschon sie die dunklen Träume derer, die unter ihren Monumenten begraben lagen, rührten…«
Das
Clanbuch: Baali beschreibt eigentlich ziemlich ausführlich wessen Entitäten die Verehrung der infernalen Blutlinie gilt. Die Ursprünge der Baali finden sich im mesopotamischen Zweistromland in der Wiege zwischen Euphrat und Tigris, dem heutigen Irak und hier findet sich ebenfalls das Pantheon ihrer Gottheiten. So verschieden wie das Götterbild der Akkader, Assyrer, Babylonier, Chaldäer, Sumerer und deren entfernten Nachbarn, die der Phönizier war, so differenziert muss man auch wohl jeden einzelnen Ba’al (zu Deutsch einfach: Herr) den die Baali voller Inbrunst dienen, betrachten. Zum Leidwesen der Blutlinie hat sich das Wissen über diese Entitäten so weit verstreut, dass selbst ein Großteil der Baali nicht mehr durchblickt, wessen der kosmischen Kinder nun eigentlich ihre Verehrung gelten sollte.
Drei Hauptströme lassen sich allerdings ganz grob in dem Glaubensbekenntnis der Baali identifizieren: Jene Baali die versuchen ihre ursprüngliche Verehrung gegenüber
Namtaru, den Seuchenbringer zu bewahren und trotz ihres antiken Erbe begonnen haben, unaufhaltsam zu degenerieren; der andere Teil der Baali betrachtet die himmlische Ordnung der Engel und Dämonen ganz im Sinne der mystischen Tradition der Kabbala und könnte es noch am ehesten fertig bringen
Samael alias
Satan anzubeten; bei der letzten großen Gruppierung der Baali findet man äußerst verstörende Mitglieder, welche die »Kinder« in Form eines Schwarms preisen sowie allgemein große Fans von Insekten und vielleicht auch vom berühmten
Beelzebub sind.
Eine Überschneidung mit dem Glauben der Setiten besteht auf Grund der gänzlich unterschiedlichen Doktrinen nicht, dennoch ist es durchaus denkbar, dass ein Baali-Nest zum Beispiel über
Apophis stolpert und vielleicht sogar eine Faszination für den zerstörischen Aspekt des Schlangengottes entwickelt.
Um ganz kurz bei den potenziellen (den Baali verehrungswürdigen) Kandidaten unter den ägyptischen Göttern zu bleiben, die Anhänger des Schwarms könnten wahrscheinlich in Apshai (der leider als ägyptische Gottheit der Insekten nicht eindeutig belegt ist oder schlichtweg fiktional daher kommt) oder
Kheperâ (mit dem hübschen Skarabäuskopf) richtig ins Schwärmen geraten.
Man beachte, dass zur einer Zeit, als es noch kein Christentum gab oder geschweige denn den Islam, viele der uralten Kainskinder der anderen Clans manchmal ironischerweise zu den selben Göttern beteten, wie die Baali…
Wie dem auch sei, ohnehin braucht man sich als Spielleiter nur das Alter und die Herkunft des betreffenden Baali (oder auch einem Jünger des Set) genauer anzusehen und kann anhand dieser Informationen doch leicht entscheiden, welche Glaubensüberzeugung der Nicht-Spielercharakter letzendlich in der Erzählung zur Schau trägt.
Hoffentlich findet der kleine Exkurs gefallen und trägt dazu bei ein paar Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.