Spätsommer 2004 - mehr als eine Postkarte

Eldrige

Zombie-Survival Experte
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2. März 2004
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Es war noch früh am Morgen und es versprach nach einer langen Periode feucht warmer Schwüle endlich ein angenehm warmer Tag mit frischer Luft nach dem nächtlichen Gewitter zu werden.
Die Wohnung der zur Zeit wahrscheinlich putzigsten WG Finstertals wirkte leer. Kein Wunder, zwei Drittel der Bewohner lag seit bereits im Bett, in streng abgedunkelten Räumen, und das fehlende Drittel hatte sich mittlerweile einen Tagesrythmus angewöhnt der ers erlaubte bis tief in die Nacht wach zu sein, was auf Kosten des Aufstehens am Morgen ging.
So würde erst später jemand den Brief bemerken, der soeben mit Schwung unter der Türe hindurch geschoben worden war.
Der Umschlag war identisch zu einem den Meyye vor eingen Wochen erhalten hatte. Er war nicht ganz so dick, aber es war dennoch Gefummel gewesen ihn unter der Türe hindurch zu bekommen.
Jetzt lag er friedlich auf dem Boden der schönen neuen Wohnung. Es war keine Adresse auf ihm und keine Briefmarke zu sehen. Aber Er war mit einem dünnem Lacksiegel verklebt und mit "May" beschriftet.
 
Irgendwann mal am Nachmittag streckte das eine Drittel der WG genüsslich in ihrem Zimmer. Sie ließ ihre Schultern knacken, rollte sich aus dem Bett und ging in Richtung Kühlschrank / Küche. Dabei stolperte sie leicht automatisch über den Brief. Etwas schlaftrunken bückt sich Tati danach und hebt ihn auf. Sah recht hübsch aus ... Wie gemein ... Meyye bekam Briefe ... sie nicht ... und es mussten sogar mehrere Seiten sein ... oder?

Etwas paranoid hielt sie sich den Brief an das (intakte) Ohr, um zu lauschen ... wenn der Brief ticken würde ... dann ... ja ... dann wärs wohl schon zu spät. Wenn keine bösen Geräusche davon ausgingen, ging sie in Meyyes Zimmer und legte den Brief auf das kleine Tischchen neben dem Bett ... Erst danach machte sie sich was zu essen.
 
Auch wenn Meyye nicht schlafen würde, auf die totenstarreähnliche Art auf die ihresgleichen schläft, würde sie nicht mit der Wimper zucken, wenn Tatjana ihr Zimmer beträte wie sie es tut, völlig selbstverständlich. So aber ist ohnehin keine Reaktion zu erwarten, wenn sie nicht plötzlich das Randalieren anfängt.

Erst als die Sonne untergeht ändert sich das. Dann ist ihre Zeit einmal mehr gekommen, sie schlägt die Augen auf und schaut die Decke an, den aufgemalten Sternenhimmel den sie von dem Ort zu kennen glaubt, den ihre Erinnerung 'Zuhause' zu nennen sich immer noch nicht abgewöhnt hat. Es vermutlich nie wird. Kurz mustert sie die Sternbilder, die kein Europäer so kennt, dann steht sie auf.

Der Zufall will es, dass ihr der Umschlag gleich danach auffällt. Sie nimmt ihn, dreht und wendet ihn kurz nachdem sie ihren Namen in Lurkers Schreibweise gelesen hat und fragt sich einmal mehr, wie weit sie ihm noch trauen kann, Blutsband hin oder her. Und wozu überhaupt noch ein Band... er erinnert sich sowieso nicht mehr an den Garou-Zwischenfall und hat zudem den Wachgeist um den Hals. Es ist nicht mehr nötig. Vielleicht wäre es besser, den Kontakt abzubrechen. Würde irgendwer wie Cat oder der Seneschall dahinterkommen, dass sie mit einem Sabbat-Überläufer noch immer per Du ist, wäre die Hölle los und sie mittendrin. Ein leises Seufzen, dann öffnet sie den Umschlag.
 
Das Siegel zerbröckelte nach dem ersten Bruch in krümelige Einzelteile. Ein sehr schönes Puzzle, falls jemand hoffte es wieder herrichten zu können.
Es wäre wohl ungefähr so fruchtbar als würde man aus Semmelbrösel versuchen ein Brötchen zu bauen.
Das dicke, alte Papier roch nach Staub und war exakt gefaltet.

Meine liebe May,

meine glückwünsche zu deinem Sproß, ich bin sicher das du sie zu einem stolzen und prachtvollen Wesen erziehen wirst. Meine guten Wünsche also vorweg.
Das du uns nicht folgen würdest hatte ich mir bereits gedacht, sei versichert das ich dir darum nicht zürne. Ich verstehe das du dich nicht an uns binden willst, ich begrüße es sogar, denn alles in allem würde dich das einer Gefahr ausetzen in der ich dich nicht sehen will.
Der kleine Geldbetrag war dazu gedacht dir zu helfen dich für eine Weile aus der Stadt abzusetzen. Unser Reiseziel war dabei nur eine Möglichkeit die ich dir anbieten wollte, wirklich gewagt darauf zu hoffen das du uns folgst habe ich nicht. Also investiere es in deine Zukunft wie immer du es für Sinnvoll hälst, dafür ist es gedacht, als Trittleiter.
Gerne möchte ich deiner Einladung folgen für ein Gespräch, aber dies wird noch eine Weile dauern fürchte ich. Seltsam das ich das Gefühl habe die Zeit bis ich dich wiedersehe wird quälend langsam vergehen, obwohl doch jede Nacht die ich erwache nichts weiter als ein weiterer Tropfen in ein Meer aus Zeit ist und wir das verstreichen der Zeit eigentlich gelassen betrachten sollten.
Zu der Sektenfrage werde ich mich dann persönlich gerne äußern, allerdings hast du völlig recht damit das ich sie für uns als nebensächlich ansehe.
Wahrscheinlich hast du mich ein klein wenig mit deinen rebellischen Gedanken angesteckt, der schelmiche Teil von mir freut sich darüber.
Sollte es einmal Schwierigkeiten geben, melde dich.
Achte gut auf dich und deine Lieben.

Alles Gute

Lurker
 
Meyye achtet darauf, dass das Siegel nur auf den Tisch krümelt... seit sie in der neuen Wohnung sind, hat Sauberkeit an Stellenwert deutlich gewonnen. DerAnblick einer schimpfenden Garou in Glabro, die ihr einen Staubsauger in die Hand drückt, ist zwar Gold wert aber wenn sie nicht will dass aus Glabro irgendwann Crinos wird, sorgt sie lieber vor. Auch das Papier paßt zu Lurker, bemerkt sie. Dann entfaltet sie es und beginnt zu lesen.

Es ist ungefähr das, was sie erwartet hat. Nur bei dem Teil an dem er (vermutlich hält er es für einen gelungenen Scherz) sich bei ihrer rebellischen Natur bedankt, verzieht sie das Gesicht. Hoffentlich sagt er das nicht so, falls er mal erwischt und von der Camarilla verhört wird. Sie hat nun wahrlich kein Interesse daran, dass bekanntgemacht wird, sie bringe durch ihr Beispiel Leute zum Sabbat.

Schließlich faltet sie ihn wieder zusammen und verstaut ihm bei dem anderen. Beide sind nicht leicht zu finden, und sie hat weder Nikita noch Tatjana erzählt, wo sie die Briefe gelassen hat (Letztere weiß zumindest über den Inhalt bescheid). Das fehlte ihr noch, dass irgendwann Beweise für ihren Kontakt zum Sabbat auftauchen. Eigentlich ist es schon ein Risiko, die Dinger nicht einfach zu verbrennen... naja, vielleicht tut sie das noch, irgendwann.
 

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