Rezension Ehrengarde (WH40K; Gaunt's Ghosts #4)

Nepharite

Erstgeborener
Registriert
27. August 2004
Beiträge
1.330
Dan Abnett - Gaunt's Ghosts 4: Ehrengarde


[User-Rezi] von Nepharite


Neun Monate sind seit dem Fall der Vervunmakropole auf Verghast vergangen. Doch noch immer sind Spannungen zwischen den Tanithern und den Vergasthitern, die sich damals freiwillig dem "Ersten und Einzigen Tanith-Regiment" angeschlossen haben, an der Tagesordnung und drohen, die aktuelle Mission zu überschatten.
Die Schrein- und Heimatwelt der Heiligen Sabbat, Hagia, wurde von Chaos-Anbetern infiltriert und weitgehend besetzt, zahlreiche Reliquien und Heiligtümer sind in die Hände des Feindes gefallen.
Gaunts Geister sollen im Verbund mit anderen imperialen Streitkräften die Abtrünnigen vernichten, um die symbolische bedeutsame Welt zu retten. Als der anfänglich erfolgreiche erste Vorstoß in die Hauptstadt Doctrinopolis und gegen die heilige Zitadelle in einem Debakel endet, gibt die militärische Führung allein den ungeliebten Tanithern die Schuld daran, dass nun eine unermesslich große Flotte aus Chaos-Raumschiffen auf den Planeten zusteuert.
Während die übrigen imperialen Truppen und die planetare Herrscherklasse von Hagia evakuiert werden, schickt Marschall Lugo die Tanither und eine Pardus-Panzer-Kompanie auf ein neues Himmelfahrtskommando: als sogenannte Ehrengarde sollen sie die heiligsten Reliquien Sabbats aus einer Feste tief in den verschneiten Bergen vor dem Zugriff der Kultisten in Sicherheit bringen.
Der Weg führt die Kämpfer durch unwegsame Regenwälder und vom Feind besetzte Dörfer, vorbei an Flüchtlings- und Pilgerströmen; und hinter jedem Baum könnte ein Hinterhalt liegen, jeder Mensch ein Attentäter sein.
Doch nicht alle Tanither sind mit von der Partie. Einige müssen verwundet in Doctrinopolis zurückgelassen werden, darunter auch der hünenhafte Bragg, der geniale Corbec, Dorden, der Arzt, und Bran Daur von den Verghastitern. Als diese einen seltsamen, unterschwelligen Ruf spüren, der von der Bergfeste auszugehen scheint, und in ihren Träumen immer wieder das Wort "Sabbatmärtyrer" auftaucht, machen sie sich trotz ihrer Verletzungen in einem fast schrottreifen Panzer an die Verfolgung der einige Tagesmärsche entfernten Ehrengarde.

Nachdem die ersten beiden der "Gaunt´s Ghosts"-Romane lesenswert waren, der dritte aber äußerst eintönig mit vielen Mängeln im Detail daher kam, bietet dieser vierte Band sowohl Licht, als auch Schatten!
Im Entwerfen unterschiedlicher Schlachtenszenarien, der Erläuterung von Taktiken und Strategien (ungeachtet deren Realitätsnähe) und dem Schaffen einer düster, blutigen Schlachtfeldatmosphäre erweist sich Abnett nach wie vor als wahrer Meister, wobei sein Hang, sich in eintönigem Kanonendonner und Lasergewehr-Gewitter zu verlieren, unverkennbar ist. Dennoch setzt er in diesem Roman genug Akzente -z.B. im Panzergefecht um das kleine Dorf Bhavnager oder den Handlungsbogen um die "Verfolger"-, um nicht mit endlosen, immer gleich anmutenden Kämpfen zu langweilen.

So fähig er in der Darstellung authentischer Action ist, so schwach ist der Autor im Aufbau vielschichtiger, glaubwürdiger Charaktere und eines befriedigend, plausiblen Abschlusses der Geschichte.
Einmal mehr lassen zahllose Figuren keinen Raum, irgendeine von ihnen genauer zu beleuchten, gibt Abnett den zentralen Protagonisten (Larkin, Bragg, Corbec, Rawne, Mkoll, etc.) keine Gelegenheit, aus ihren schon bekannten -und mittlerweile langweilig vorhersehbaren- Verhaltensmustern auszubrechen; und bedauerlicherweise zeichnet sich für die neu ins Regiment integrierten Verghastiter (Daur, Kolea u.a.) eine ähnliches Schicksal "schematischer Einfallslosigkeit" ab. Der Einzige, der mal wieder etwas mehr Aufmerksamkeit des Autors auf sich zieht, ist Gaunt. Allerdings ist dessen Charakterentwicklung, die Flucht in den Alkohol und das An-den-Tag-legen verhaltener Verzweiflung, vollkommen "out of Character".
Ein weiteres Problem, welches sich abzeichnet, ist die Integration der Verghastiter in den tanithischen Hintergrund. Die besondere Fähigkeiten des "Ersten und Einzigen" im Tarnen, Täuschen, Anschleichen und Erkunden ergeben sich unmittelbar aus den Lebensbedingungen auf der untergegangenen Heimatwelt. Und nun will uns Abnett weis machen -indem er das Problem nicht thematisiert-, die Stadtmenschen der Vervunmakropole seien ein gleichwertiger Ersatz für die gefallenen Geister.

Unbefriedigend ist auch diesmal wieder das Auftreten der Antagonisten: eine uniforme und zudem stupide und dumm agierende Masse von Chaosanbetern auf der anderen Seite der Frontlinie und vom Ehrgeiz zerfressene Offiziere in Reihen des Imperiums.
Ist es denn so schwer insbesondere den Chaosanhänger ein Gesicht zu geben und sie rational agieren zu lassen? Immerhin infiltrieren sie Welten, bauen militärische Infrastrukturen auf und malen ihre Panzer hübsch limonengrün an. Wieso verhalten sie sich in Kämpfen wie Idioten -und damit ist nicht "unlogisch" oder "unvorhersehbar" gemeint, sondern "dumm wie Schwarzbrot"? Dieses intellektuelle Stigma dürfte auch die Chaos-Spieler unter den Warhammer40.000-Tabletop-Anhängern kaum zu Freudensprüngen veranlassen.

Zu den ganz großen Ärgernissen dieses Romans gehört das Abnett-typische Finale, über das man besser keine Worte verlieren sollte. "Reset-Button" und "aus heiterem Himmel" müssen deshalb genügen.

Um mit einem positiven Aspekt abzuschließen: endlich erfährt man, woher der Sabbat-Kreuzzug seinen Namen hat, und man erhält weitere Einblicke in die theokratische Organisation des Imperiums sowie die Absonderlichkeiten der Heiligen-Verehrung.

Fazit: Licht und Schatten halten sich die Waage: drohende Eintönigkeit wird durch mitreißende Schlachtenbeschreibungen durchbrochen, interessante Hintergrundinformationen werden durch Unlogik, Vorhersehbarkeit und ein indiskutables Ende relativiert.Den Artikel im Blog lesen
 
Zurück
Oben Unten