[Degenesis Rebirth Edition] ausgepackt und durchgeblättert

Atreju

breakfast epiphany
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Wenn man das neue Degenesis-Rebirth auspackt und in der Hand hält, fällt vor allem eines auf: es ist schwer! Da hat man gleich eine passable Waffe für das Eshaton und die Zeit danach...

Genug geflachst, kommen wir zum Ersteindruck. Der ist, wie eigentlich schon zu vermuten war, richtig gut. Ein Designkunstwerk, das man eher aus Frankreich vermuten würde, zahlreiche hochwertige Farbillustrationen und kleine Gestaltungselemente, die zu den jeweiligen Kapiteln passen (beispielsweise eine Waage bei den Richtern, Morsecode bei den Chronisten und Blutspritzer bei den Spitaliern) und die Texte ebenso auflockern wie die hier und da eingestreuten Textkästen. Diese fügen sich harmonisch in die zweireihigen Spalten ein und sind durch eine andere Hintergrundfarbe auch optisch leicht zu unterscheiden. Die Schriftgröße selbst ist angenehm, weder wirkt es aufgebläht noch lupenleserlich. Der Stil selbst ist um einiges sachlicher als viele der alten Texte und liest sich flüssig.

Das erste Buch, Primal Punk, ist der Hintergrundband und beginnt mit der Offenbarung des Schakals, einer Prophezeiung von einiger Wichtigkeit für die Welt von Degenesis. Diese ist im bereits bekannten Zitate-Stil gehalten.
Es folgen eine zweiseitige Kurzgeschichte aus den Anfangstagen des Eshatons und ein ebenso zweiseitiger Überblick über das Produkt: Was ist Degenesis, was ist Rollenspiel, wie ist das Buch aufgebaut. So weit, so vertraut.

Es folgt auf 27 Seiten ein Überblick über die Welt und wer darin lebt. Das Phänomen der Fäulnis mit seinen Ausprägungen findet ebenso Beachtung wie ein kurzer Abriss zu Kulturen und Kulten. Eher ein Überblick und eine Bestandsaufnahme, bevor das Kapitel mit einer Neuerung endet, den Marodeuren. Spielten diese bislang in Degenesis nur eine mysteriöse Rolle am Rande, so stehen sie jetzt stärker im Rampenlicht. Was also treibt diese gottgleichen Wesen an und was steckt hinter ihnen? Auch Aries, die Widdergestalt der Jehammedaner, gehört zu ihnen, genauso wie der unheimliche Chernobog, der wohl noch häufiger auftreten soll.

Danach kommen 87 Seiten für die Kulturkreise, auch hier gibt es wieder eine zweiseitige Kurzgeschichte als Einleitung. Es werden Land, Städte und Besonderheiten vorgestellt und auf richtig genialen, teilweise doppelseitigen Bildern dargestellt: Justitian, der Pandora-Krater, eine hybrispanische Dschungelstadt, Beograd, Tripol, die vom Dschungel zugewucherten Pyramiden, um einige zu nennen).

Das nächste Kapitel von 185 Seiten beschäftigt sich mit den Kulten, 14 Seiten pro Kult. Dabei gibt es einen geschichtlichen Abriss, einen Einblick in das Alltagsleben der Kulte, kleine Geheimnisse und Besonderheiten und wie man sich das Leben im Kult eben so vorzustellen hat. Einige Kultbeschreibungen enthalten auch Informationen über Vertreter der Kulte aus verschiedenen Kulturen, andere wie Richter oder Chronisten, die typisch borcisch sind, nicht. Die letzten vier Seiten enthalten jeweils eine Übersicht über die einzelnen Ränge des Kultes, die obligatorischen (und unterhaltsamen) Meinungen über die anderen Kulte, die Illustration einer typischen Waffe und drei NSC, jeweils mit Bild, Name, Kultur, Konzept und Kultrang sowie einer sehr kurzen Beschreibung, ohne Werte.

Das letzte Kapitel von 25 Seiten bietet nach der obligatorischen Kurzgeschichte eine Historie der Welt. Zunächst werden die Spitalierarchive geöffnet, danach erhält man Einblicke in den Stream.
Den Abschluss bildet ein Index. Die Vorsatzseiten (quasi die Innenseite des Umschlags und die erste Seite, selbiges gilt für die letzte Seite) enthalten eine Weltkarte inklusive Städte und Chakren (das hat mir früher gefehlt) sowie eine Karte des Protektorats.

Das zweite Buch enthält die Regeln. Die Vorsatzseiten zeigen eine Szene aus dem Spital (vermute ich zumindest) und einen Kriegszug aus berittenen Preservisten und einem Wiedertäufer. Die Aufmachung ist grundsätzlich genauso hochwertig.

Das erste Kapitel, Spielmechanismen, widmet sich auf 15 Seiten den grundlegenden Begriffen wie Attribute und Fertigkeiten und erläutert diese. Dabei hat jedes Attribut sechs Fertigkeiten und diese können als Aktion, Reaktion oder Kombination genutzt werden, einige Fertigkeiten haben direkten Einfluss auf Spielwerte, zum Beispiel wird die Fertigkeit Kraft bei vielen Nahkampfangriffen auf den Schaden angerechnet.
Es folgen Erklärungen zu Aktionswert und Trigger. Während erster ganz einfach den Würfelpool aus Attribut + Fertigkeit ± Modifikator angibt, ist der zweite etwas Besonderes. Gemäß dem Würfelpool wird eine Anzahl an W6 geworfen, um eine Anzahl an Erfolgen gemäß der Schwierigkeit zu erreichen. Dabei zählt ein Ergebnis von 4, 5 und 6 als Erfolg, wobei 6en nicht nur als Erfolg, sondern auch als Trigger gelten. Je mehr Trigger, desto herausragender der Erfolg, im Kampf geben sie zahlreiche Boni (der Spreizer schnappt zu, beispielsweise). Der Würfelpool ist dabei auf 12 beschränkt, alles darüber hinaus zählt als zusätzlicher automatischer Erfolg.

Danach kommen 75 Seiten zur Charaktererschaffung. Nach einigen Seiten Einleitung (warum dieser Kult, warum diese Gruppe, ...) gibt es eine tabellarische Übersicht darüber, in welcher Kultur welcher Kult üblich ist. Es folgen gemäß den Großen Arkana 22 Konzepte (von Abenteurer über Heiler und Schüler zu Wanderer). Die drei K’s von Kultur, Konzept und Kult geben jeweils Boni auf Fertigkeiten und Attribute und sind dafür noch einmal tabellarisch dargestellt.
Sechs Hintergründe wie Ressourcen, Ruf oder Verbündete runden den Teil ab.

Anschließend folgt zu jedem Kult eine vierseitige Übersicht, den Beginn macht jeweils ein Charakterbild und die zu jedem K gehörenden Ikonogramme geben gleich an, ob es sich um eine africanische Apokalyptikerin mit Konzept Abenteurer handelt oder einen borcischen Vermittler-Richter. Die Übersicht der Ränge zeigt an, welche Voraussetzungen man erfüllen muss, um diesen Rang zu bekleiden, wie sich das auswirkt und welche Ausrüstung man erhält. Die Potenziale, besondere Fähigkeiten, die entweder kultspezifisch oder allgemein sind, beenden die Darstellung.
Das Kapitel schließt mit den letzten Handgriffen und Erfahrung/Steigern.

Die nächsten 15 Seiten gehören dem Kampf und kümmern sich um Initiative, Waffen, Rüstung, Wunden, Fahrzeuge, verschiedene Verletzungsarten und Heilung.

Nach diesem Teil, nach dem Regelsystem Katharsys genannt, folgt der Almanach. Hier bietet der Bazar auf 67 Seiten das, was man vermutet: Ausrüstung. Es werden die verschiedenen Tech-Level beschrieben, es gibt Kultausrüstung, Munitionstypen, Waffeneigenschaften, Rüstungen und Tabellen. Dann kommt ein ganz besonderes Schmankerl für Schrotter, die Regeln zum Schrottsammeln und, vor allem, zum Basteln und Modifizieren.
Fahrzeuge, Medizin und Dienstleistungen schließen das Kapitel und es geht über zum Burn.
Man erfährt auf 9 Seiten, was die einzelnen Varianten bewirken und wie die Kulturkreise dazu stehen.

Die Sperrzone stellt das SL-Kapitel dar und beginnt mit den Antagonisten. Da die Bedrohung durch die Klans des Ödlandes eine weitere großangelegte Storyentwicklung ist, finden sich auf den satten 115 Seiten unter anderem die 21 einflussreichsten Klans. Es gibt am Rand jeweils eine Übersicht mit Vorkommen und Techlevel, jeder Antagonist wird auf einer Doppelseite präsentiert, eine Seite Portrait, eine Seite Text. Andere Kreaturen wie Gendos, Mammuts, Spaltenbestien oder die vielfältige Primerfauna, sowohl die von der Fäulnis als auch die von der Diskordanz beeinflusste, finden sich ebenso.
Den besonderen Gegner, den Menschmaschinen Amsumo, den Schläfern und den Marodeuren, widmet man mehr Platz, ebenso den verschiedenen Raptorvarianten der Psychonauten samt ihren Varianten und Phänomenen.

Ein Kapitel über das Erzählen darf natürlich auch nicht fehlen und beinhaltet auf 12 Seiten kurze Anregungen zum Erzählen ganz allgemein (Themen, Schauplätze, Ereignisse, Konfliktsituationen), aber auch settingspezifisch (Namensgebung in den Kulten) sowie den klassischen dreiaktigen Dramenaufbau samt möglicher Szenen. Es folgen eine Seite mit Spielertypen und vier Seiten Geschichtenaufhänger, bevor das Buch mit dem 15seitigen Szenario „Embargo“ abschliesst. Hier finden sich sowohl SL-Hinweise als auch Informationen zu Wurfergebnissen, was die SC zum Beispiel finden, wenn sie einen Erfolg, aber keinen Trigger würfeln usw.

Der Ersteindruck ist insgesamt ein guter, graphisch machen beide Bücher enorm was her. Auch wenn die alten, rohen Bleistiftzeichnungen eine ganz eigene Atmosphäre hatten, auf den detaillierten Farbbildern wird die Welt ungleich plastischer und vorstellbarer, weil es schon viel genauer und deutlicher dargestellt wird. Alleine vor der Doppelseite des Sichelschlags kann man sehr lange sitzen und immer wieder Neues entdecken. Einige Bilder wird man sicher wiedererkennen, aber in Bunt machen sie doch mehr her als vorher.
Auffällig ist, wie viele Bilder bereits das Zusammenspiel verschiedener Kulte darstellen. Zwar sind das in erster Linie auch Kulte, die sowieso schon recht gut miteinander auskommen, aber dennoch: die Bedrohung durch die Klans lässt die Kulte (ja, auch in Africa) enger zusammenrücken und das Zusammenspiel wird einfacher.

Es macht den Eindruck, als wäre das Spiel aus seiner ungestümen, wilden Jugendzeit deutlich gereift und erwachsen geworden. Ob dieser Eindruck sich bestätigt, werden dann die noch folgende Rezension und der Spieltest zeigen.

Ach ja, und wem die hier verwendeten Begriffe nichts sagen, dem sei dieser Thread als Erklärung empfohlen. ;)
 
Damit jetzt der Text da oben nicht so alleine steht (und weil ich gestern einfach nicht mehr dazu gekommen bin... :oops:) will ich euch ein paar Bilder zur Unterstützung der Aussagen natürlich nicht vorenthalten.
Wie bereits gesagt, die Bilder sind erwartungsgemäß hochwertig, auch das sonstige Design der Bücher ist detailliert und stimmig.

Zunächst ein paar Bilder aus dem "Primal Punk" Buch, beginnend mit der Prophezeiung des Schakals, damit auch den Leuten, die die alten Bücher nicht kennen, der Zitatstil des Buches vor Augen geführt werden kann.
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Vor jedem Kapitel gibt es ein Bild dieser Art, links eine Szene aus der Welt und rechts Kapitelzahl und Titel.
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Eines meiner Favoriten: der Sichelschlag. Obwohl ich ihn mir, ehrlich gesagt, breiter vorgestellt habe. Dennoch ist es eine sehr beeindruckende Doppelseite.
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Eine typische Textseite, hier aus den Kurzbeschreibungen der Kulturen, die (wie eigentlich fast alles) eigene Piktogramme haben.
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Noch eine typische Textseite, diesmal aus der langen Kulturbeschreibung. Hier geht es um Pollen und man sieht den normalen Fließtext, die eingeschobenen Textboxen, ein Zitat und die jeweils passenden Gestaltungsmittel, in diesem Fall die Äste, da in Pollen die sogenannten Fraktalwälder auftreten.
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Noch ein weiteres Beispiel aus den Kulturbeschreibungen, nun der Balkhan. Man sieht die Doppeltürme von Beograd.
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Die Einleitungsseite der jeweiligen Kulturbeschreibung, in diesem Fall Hybrispania.
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Die Einleitungsseite der jeweiligen Kultbeschreibung am Beispiel der Schrotter.
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Jede Kultbeschreibung endet mit einer Doppelseite wie der hier: eine typische Waffe, stereotype Ansichten über die anderen Kulte und drei NSC-Kurzbeschreibungen.
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Aus der Zeitleise am Ende des Buches, ein Blick auf Domstadt.
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Da man ja nur eine bestimmte Anzahl Bilder dazupacken kann, gibt es die Sachen aus dem zweiten Buch in einem zweiten Beitrag.

Den Anfang macht die Seite mit den Erklärungen zu den Fertigkeiten, weil da mein Lieblingsbild dabei ist: zwei spielende Kinder. Ja, Rebirth hat eine Menge dieser Alltagsszenen und weniger die ultracoolen Stylebilder, was ich sehr schön finde. So findet man z.B. auch einen halbwüchsigen Spitalieranwärter, dem der Kopf geschoren wird oder einen Schrotter, der seinem Lehrling was beibringt. Auf jeden Fall stimmungsvoll und näher am Alltag!
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Eine Seite aus dem Bereich der Charaktererschaffung mit einem der vielen Beispiele, wie mit den Bildern eine Zusammenarbeit der verschiedenen Kulte dargestellt wird. Hier sieht man einen Chronisten und einen Spitalier am Grab ihres gefallenen Wiedertäufer-Kumpels.
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Die einzelnen Kulte werden mit einem Beispielcharakter (versehen mit den Piktogrammen für Kultur, Konzept und Kult sowie dem Rang) dargestellt, die einzelnen Rangstufen werden regeltechnisch erläutert. Hier im Bild ein balkhanischer Bleicher mit Konzept Ketzer und Rangstufe 3/Erlöser.
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Aus dem Kampf-Kapitel ein weiteres Bild der Zusammenarbeit, in diesem Fall ein Richter und ein Jehammedaner.
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Eine typische Seite des Bazar-Kapitels mit Ausrüstung.
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Aus dem recht dicken Antagonisten-Kapitel einer der aufstrebenden Klans, die für deutliche Unruhe sorgen.
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Grafisch gesehen sind beide Bücher echt eine Wucht - aber mal ehrlich, wer hätte das auch anders erwartet?
 
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