Brainstorming Bewegung und Ausweichen

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Hallo :)

ich würde gerne mal Eure Meinung zum Thema Bewegung im Kampf hören speziell das Ausweichen im Kampf - wann ist das überhaupt möglich und inwieweit könnte man Ausweichen in ein Kampfsystem dynamisch integrieren - Beispiel wäre einen Schaden zu verkleinern oder zu verlagern.

Wie ist das in der Realität?
 
Allgemein gesagt: es kommt auf die Situation an. Wenn man es abstrakt betrachtet, ist die Idee, daß der Angegriffene aus dem (voraussichtlichen) Wirkungsbereich des Angriffs kommt, bevor der Angreifer noch eine Möglichkeit hat, seinen Angriff umzulenken. Es gibt einen Zeitpunkt bei jedem Angriff, nach dem der Angreifer den Angriff nicht mehr oder nicht mehr wesentlich steuern kann.
Mal ein einfaches Beispiel (statische Situation):
Angreifer A (mit Schwert) und Verteidiger V stehen sich in Nahkampfreichweite gegenüber
  • A hebt das Schwert über den Kopf und will einen geraden Schlag von oben nach unten ausführen, der V also spalten würde (Angriffslinie)
  • V hat jetzt die Möglichkeit, z.B. nach rechts, links (aus der Angriffslinie gehen) oder hinten auszuweichen
  • wenn V ausweicht, geht der Schlag links, rechts oder vor ihm vorbei
  • jetzt kommt zusätzlich Timing ins Spiel:
  • wenn V ausweicht, während A noch dabei ist, sich den Schlag zu überlegen, kann A sehr einfach mit einer leichten Drehung nach links oder rechts bzw. mit einem Schritt nach vorn das Ausweichen ausgleichen.
  • wenn V zu spät (seitlich) ausweicht, wird er von A nicht mehr mittig, sondern z.B. an der Schulter (oder am Bein getroffen (das wäre ggf. eine Schadensreduktion auf den ursprünglichen Angriff)
  • wenn V zum richtigen Zeitpunkt ausweicht, geht der Angriff ins leere, da A nicht mehr sinnvoll reagieren kann (unter realen Kampfbedingungen). A kann zwar noch versuchen, das Schwert etwas mehr nach links oder rechts zu lenken (wenn A noch so schnell reagieren kann). Damit verliert der Schalg aber etwas an Kraft (je nachdem, wie weit der Schalg umgelenkt wird). Evtl. wird auch die Klinge verdreht, so daß sie ungünstiger trifft. Schwerer dürfte aber die Tatsache wiegen, daß A seinen stabilen Stand verliert. Am einleuchtesten ist es vielleicht (trifft aber auch auf andere Fälle zu), wenn man den Fall betrachtet, daß V nach hinten ausweicht. A merkt es noch, das Schwert ist aber schon auf den Weg nach unten. A kann jetzt entweder dieses Auswechen von V akzeptieren oder versuchen, sich durch nach vorne beugen (ein Schritt dauert in dieser Situation zu lange, wenn A nicht schon in Bewegung war) mehr Reichweite zu verschaffen. Wenn jetzt aber der Angriff von A nicht gesessen hat, ist er schon in einer instabilen Bewegung nach vorne und kann relativ einfach durch weiteren Zug nach vorne zu Fall gebracht werden.
Solange der Kampf in einem relativ offenen Umfeld stattfindet, ist Ausweichen oft eine Option und für den Verteidiger eine Option um einen Treffer zu vermeiden oder abzuschwächen.
In einigermaßen realistischen Situationen gibt es aber ein eindeutiges "Angreifer" und "Verteidiger" nicht (oder selten). Der Verteidiger wird meistens versuchen, eine Schwachstelle beim Gegner auszumachen, die sich aufgrund des Angriffs ergibt und diese zu nutzen. Je nachdem, wie gut der Verteidiger die Situation nutzen kann und wie der Angreifer darauf reagiert, kann sich die Situation sehr schnell umdrehen.
Über die reine Schadensvermeidung hinaus kann ein Verteidiger (je nach Situation) sich auch durch Ausweichen in eine gute Position für einen Konter bringen (z.B. in den Rücken des Angreifers).

Wenn man davon ausgeht, daß eine Kampfrunde im RPG ca. 3 Sekunden dauert, kann man davon ausgehen, daß in dieser Zeit u.U. schon mehere Angriffe / Konter stattfinden. Da finde ich Systeme, die den Kampf recht abstrakt (Angriffswurf vs. Verteidigungswurf) abhandeln recht gut, weil dann anhand des Ergebnisses beschrieben werden kann, was passiert. Wenn auf solche Systeme (ich denke da an SR oder oWOD) noch Techniken aufgeplanzt werden, führt das einfach dazu, daß anstelle von einem "generischen" Nahkampfangriff immer nur die ein bis zwei Techniken angesagt werden, die der Spieler gerade für am stärksten hält. Das ist zwar auch ein Stückchen realistisch, aber langweilig.
 
Zum Ausweichen gegen Fernkampfwaffen kann ich nichts qualifiziertes sagen. Ich habe dazu nur ein paar Punkte, die man dabei vielleicht bedenken sollte:
Das Auslösen einer Fernkampfaffe geht deutlich schneller als einen Nahkampfangriff zu führen. Der Angreifer muß idR. nur den Abzug drücken oder den Pfeil loslassen o.ä. Auch das korrigieren des Zielpunktes bedeutet für den Angreifer deutlich weniger Bewegung als für den Verteidiger die Ausweichbewegung. Falls der Verteidiger in eine solide Deckung kommen kann, kann es klappen. Durch drehen des Oberkörpers sollte ein stehender Angreifer ohne große Anstrengung einen Bereich von 45° vor sich abdecken können.
 
Realität (nach meinen eigenen Kampfsporterfahrungen):
Ausweichen im Nahkampf ist meist eine gute und praktikable Möglichkeit. Hierbei kommt es tatsächlich weniger auf die eigene Agilität sondern eher auf die Reaktionsschnelle an. Heißt die Mischung aus Wahrnehmung und Umsetzung derselben in die entsprechende Reaktion. Solange das gut klappt ist es tatsächlich weitestgehend egal ob man nun den Körper eines Leistungssportlers oder den einer Kartoffel hat ;)

Beim Fernkampf gilt der Grundsatz das man dem Projektil nicht ausweichen kann, wohl aber dem Schützen bzw selbigem durch seine Bewegungen einen zielgenauen Schuß erschwert.
Aus eigenen Erfahrungen einer Schneeballschlacht zwischen Kampfsportlern: Entgegen dem was Hollywood und Videospiele zeigen ist die Hechtrolle keine passende Methode um einem Fernkampfangriff auszuweichen. Eher das Gegenteil weil der rollende Körper von der Seite her ein großes rundes Ziel bietet, so das leichte Abweichungen in jedwede Richtung immer noch treffen (im Gegensatz zum stehenden Körper wo leichte Abweichungen nach links und rechts einfach verfehlen).

Im Spiel:
Was willst Du erreichen und wie definierst Du Dynamik ? Wenn Du keine festen Verteidigungswerte möchtest, dann kannst Du den Verteidiger ja einfach eine vergleichende Probe gegen den Angreifer würfeln lassen.

Zur Schadensreduktion: Wenn man sich im Nahkampf vor einem Angriff wegdreht kann es sicherlich vorkommen das der trotzdem noch trifft aber nun statt den Kopf zu Spalten "nur" noch den Arm abschlägt. Der Schaden währe damit reduziert.
Am Besten läßt sich sowas sicherlich mit Systemen umsetzen bei denen die Trefferdifferenz in den Schaden einfließt.

Meine persönliche Meinung:
Ich selbst bevorzuge Systeme bei denen möglichst wenig gewürfelt wird. Fixwerte in der Verteidigung sind da für die meisten Zwecke völlig ausreichend und bringen mehr "Dynamik" ins Spiel als wenn das Kampf durch Verteidigungswürfe in die Länge gezogen wird (wie bei DSA zum Beispiel).
In meinem selbstgebackenen System handhabe ich es so, das jeder zwei Verteidigungswerte hat: Parade und Ausweichen. Wird man angegriffen so wählt man einfach welchen der Fixwerte man gegen den Angriff benutzen will (sofern man nichts sagt nimmt man normalerweise natürlich automatisch den höheren).
Parade ist Regeltechnisch bedingt meist ein bißchen höher, läßt sich aber ohne Schild nur gegen Nahkampfangriffe anwenden. Sie hat außerdem den Nachteil das sie gegen einige Angriffe anfällig ist. Mit schweren Waffen kann man durchaus mal eine Waffe oder einen Schild zerschmettern wenn man am Paradewert scheitert und es gibt Monster bei denen es die Logik gebietet das man ihre Angriffe schlichtweg nicht parieren kann (wenn ein Riese versucht dich zu zertreten, so macht es keinen Unterschied ob du dir dabei den Schild über den Kopf hältst). Ausweichen ist (außer bei leichtgerüsteten Charakteren ohne Schild) meist etwas niedriger, geht aber grundsätzlich immer.
 
Solch ein System ist super simpel wenn man nur zwei Beteiligte am Kampf hat: Beide würfeln auf Nahkampf, der mit dem höheren Wert trifft den anderen (wobei die Differenz am besten noch den Schaden modifiziert). Bei Gleichstand trifft keiner, es sei denn einer der beiden ist Lebensmüde und bestimmt das sich beide gegenseitig treffen.

Das doofe dabei: Das System funktioniert nicht mehr sobald mehrere Beteiligte am Kampf sind. Wenn z.B. Spieler 1 und Spieler 2 gemeinsam den Ork angreifen. Oder Spieler 1 den 1. Ork angreift, der seinerseits Spieler 2 angreift, der wiederum Ork Nummer 2 angreift. In solchen Fällen ist das bekannte "mache einen Angriff gegen Verteidigung" System schlichtweg einfacher und übersichtlicher.
 
Ja, das ist richtig.
Aber nur, weil noch niemand eine gute Alternative entwickelt hat, heißt ja nicht, dass es nicht möglich ist. Dazu ist es immer recht sinnvoll, bei Null anzufangen und sich erst anzusehen, wie es "in der Realität (tm)" ist, wie Hare das macht.

Wir haben ein hauseigenes System mit festem Defensivwert, allerdings werden dort beide Kämpfer mit halbem Schaden getroffen, wenn der "Angreifer" nicht trifft. Des weiteren gibt es Verteidigungspunkte (VP), die man zuerst abtragen muss und sozusagen das Ausweichen darstellen. Der Punkt ist, bei jedem Würfeln wird VP (Ausweichen) abgetragen, da ja entweder der Angegriffene oder beide getroffen werden, es also keine Nullrunden gibt. Da klappt auch gut im Getümmel.
 
Nur ein Wurf kommt meinen Gedankengängen entgegen.

Pistolenkugeln kann man nicht ausweichen - das sollte sich auch im Spiel wiederfinden.

Aber inwiefern kann man einer Nahkampfwaffe ausweichen - angenommen man hat zB. die Ini versemmelt, kann man dann noch ausweichen oder parieren?
Ich denke halt, daß die Ini sich ständig im Kreis dreht und stark davon abhängt, was für einen Angriff (Waffe) ich vorhabe und so den Spieß unter umständen umdrehen kann - also aus der Defensive herauskomme, weil der Angriff zu lange gedauert hatte und ich zum kontern komme.
Genauso könnte ich eine bessere Position durch ein Ausweichmanöver erlangen, um von dort einen besseren Angriff zu landen.
Vorstellbar wäre auch eine Finte, die aus einem Ausweichmanöver mit einem speziellem Angriff verbunden ist

Ferner ist ein "Infight" oder "Bodenkampf" nach meiner Meinung auch nochmal ein anderer Zustand. Ausweichen ist hier praktisch nicht mehr möglich. Hier geht es nur noch darum, Hebel und Griffe abzuwenden oder zu brechen, indem man soviel "Schmerz" verursacht, daß das System des Gegners die Aufmerksamkeit nicht aufrecht erhalten kann und man entkommt.

Es gibt da eine ganze Menge variablen zu beachten, aber mit Angriff und Parade/Ausweichen ist es nach meiner Meinung nur sehr schlecht ausgedrückt. Man kämpft erstmal um eine bessere Position und einen Fehler, Lücke in der Deckung, dann zieht man sich zurück oder geht total in den Infight.

Währenddessen Fernkämpfe völlig einseitige - ja langweilige Angriffe sind, die lediglich durch die Sichtbarkeit/Größe und der Geschwindigkeit erschweren lassen.

Ferner glaube ich, daß Panzerungen nur sehr begrenzten Schutz liefern, eher in statischen Situationen etwas bringen, aber zB. im Nahkampf eher hinderlich sind - ich würde zB. den Rüstungen keinen "Ausweichbonus" wie bei DnD einräumen.
 
Panzerungen bieten gegen Waffen auf Mittelalter Niveau nahezu perfekten Schutz. Deswegen hat man sie ja benutzt. Und nein, die sind im Nahkampf nicht sehr hinderlich. Die wurden ja für den Nahkampf konzipiert. Ich glaube im "Kriegsführungsthread" findest Du auch passende Videos.
Der Ausweichbonus bei DnD ist keiner ;) Er spiegelt nur die Chance wieder das ein Gegner keinen Schaden macht indem der Charakter ausweicht oder an der Rüstung abprallt. Ist also eine Mischung aus Ausweichen und Rüstungsschutz.
 
Was das Ausweichen von Feuerwaffen angeht: Sobald sie einmal abgeschossen wurde, kann man jedenfalls nicht mehr ausweichen. Solange der Schütze noch zielt, kann ich sehr wohl ausweichen (z. B. sich niederwerfen oder in Deckung springen). In einem Rollenspiel wäre es also realistischer, wenn das Ziel vor dem Schuß einen Ausweichwurf macht. Je nach Erfolgsstufe wird der Trefferwurf des Schützen entsprechend erschwert.
 
Also Pfeilen und Wurfgeschossen kann man ausweichen und sie sogar fangen - bei Star Wars Plasmaschüssen würde ich auch sagen, da kann man noch ausweichen (ab- und zurücklenken), so lahm wie die sind :LOL:
 
Ja vielleicht kann man das. Besonders wahrscheinlich ist es jedoch nicht das man einem Pfeil ernsthaft noch ausweichen kann wenn der erstmal unterwegs ist.
Fangen klappt auch... wenn Fänger und Schütze ein eingespieltes Team sind und der Pfeil mit wenig Kraft abgeschossen wurde.
Bei Wurfwaffen ist sowas vermutlich einfacher.
 
Hier nochmal das Video aus dem anderen Thread zum Thema Beweglichkeit und Schutz in Rüstungen:

Bei 30 sieht man schön das Schwerthiebe keine Wirkung haben.
Ab ca 55 gibt es eine ganze Menge zum Thema "Beweglichkeit" zu sehen.
 
Ich bezog mich damit nur auf deinen Satz:
Ferner glaube ich, daß Panzerungen nur sehr begrenzten Schutz liefern, eher in statischen Situationen etwas bringen, aber zB. im Nahkampf eher hinderlich sind

Als jemand der selbst noch nie solche Rüstungen ausprobieren durfte (bislang war das schwerste was ich anhatte ein Kettenhemd) würde ich mal vermuten das schwere Rüstungen nur insofern hinderlich sind, als das man in ihnen schneller Erschöpft. Da kann der ein- oder andere LARPer aber vielleicht mehr zu sagen.
 
Ja klar - im Zusammenhang mit dem Ausweichen. Ich denke der Vorteil einer Rüstung diesbezüglich besteht eher darin, daß man in die Waffe hineingehen und -greifen kann, also eher ein Parieren als ein Ausweichen
 
Es gab im TV mal ein Bericht wo der Reporter irgendwo einen Ritterkampf mit Schwert mit gemacht hat. Da gab es Teams und immer 2 haben gegeneinander gekämpft, quasi so Semi-Ernst. Es gab auch übele Verletzungen.
Alle sagten wenn du nicht der Vollsportler bist, schaffst du keine 5 Minuten mit Rüstung zu kämpfen im Nahkampf.
Das würde auch diese Aussage im realen bestätigen:
Ich denke der Vorteil einer Rüstung diesbezüglich besteht eher darin, daß man in die Waffe hineingehen und -greifen kann, also eher ein Parieren als ein Ausweichen.

Ausweichen ist fast kaum möglich.
Vorher muss man sowieso erstmal überlegen wie real man ein Kampfsystem haben will.
Denn dann ergeben sich Kampf, Ausweichen und Parieren fast allein.
 
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