AW: Advanced Fighting Fantasy 2nd Edition
Inzwischen habe ich es auch, und ich bin ein bißchen zwiegespalten.
Einerseits war FF meine Einstiegsdroge. Ich sehe den Charakterbogen mit Skill, Stamina und Luck, sehe die Weltkarte mit Port Blacksand und Analand und weiß sofort: Hier bin ich daheim.
Ebenso sind die Erweiterungen gegenüber den Originalregeln sinnvoll.
Wizardry auf einem neuen Attribut aufbauen zu lassen und aus einer ausgewiesenen Magiequelle zu füttern anstatt aus Stamina ist eine sinnvolle Änderung, die vor allem Kriegszauberer viel spielbarer macht.
Sorcery ist 1:1 aus der Analand-Saga übernommen und stellt in der Papierform eine sinnvolle Alternative zu Wizardry dar. Einerseits hat man von Start weg alle Zauber und muss nicht mehr viel investieren, um seine Kenntnisse zu vertiefen. Andererseits verbraucht man Stamina, braucht Komponenten und kann nicht auf Zauber zugreifen, die nicht Teil von Sorcery sind.
Die neue Priestermagie ist ebenso eine stimmige Alternative, die in ihrer Bandbreite sehr eingeschränkt ist, aber dennoch eine eigene Nische besetzt.
Allenfalls könnte ich mir noch mehr Magiesysteme wünschen (wie die Gemmenmagie aus Scorpion Swamp). Aber die Zielgruppe hat solche Klassiker wahrscheinlich sowieso schon im Schrank und ist dazu geneigt und fähig, sie fürs Gruppenspiel zu konvertieren. (Ebenso wie andere Spezialsysteme wie Massenkampf in Seas of Blood oder Laserwaffen in Starship Traveller.)
Das Pointbuysystem ist alles andere balanciert (wer nicht alles was er kann in Skill steckt, ist ein Depp - die Frage ist danach nur noch, ob man mehr Stamina oder mehr Luck will). Dafür ist das alternative zufällige Charaktererschaffungssystem gelungen und dämpft die Ausreißer, die das "Skill d6+6 / Stamina 2d6+12 / Luck d6+6 der Reihe nach"-System mit sich bringt.
Die Wermutstropfen liegen für mich eher in den mitgeschleppten Sachen aus dem originalen AFF, die _nicht_ geändert wurden.
Beispielsweise, wie Waffenschaden und Rüstung auf jeweils einer eigenen Tabelle gewürfelt werden. Warum zwei extra Würfelwürfe, wenn es in den Spielbüchern gereicht hat, einfach 2 Punkte Stamina abzustreichen und gegebenenfalls auf Versuche dein Glück zu setzen?
The Hell House hat uns gezeigt, wie man mit der Bewaffnungsfrage umgeht: Wenn du unbewaffnet bist, zieh einfach 3 Punkte Skill ab - sobald du nur schon einen Brieföffner hast, kämpfst du wie immer.
The Sword of the Samurai (und wahrscheinlich ein paar andere) haben gezeigt, wie man mit Rüstung umgeht: Verlierste deine Rüssi, nimmst du immer 4 Punkte Schaden; hast du irgendeine Rüstung, nimmst du Schaden wie immer.
Für Komplikationen hat man ja immer noch Spezialtalente à Sword of the Samurai, magische Waffen/Rüstungen und Monsterfähigkeiten. Braucht FF irgendwie mehr?
Auch das Fertigkeitssystem ist nicht gerade mein Fall. Klar, bei einem Gruppenspiel will man ein paar Ansatzpunkte für Charakterentwicklung und Individualisierung. Ein mehrstufiges Fertigkeitssystem führt aber IMHO zu sehr weg von der Schlichtheit von FF und bricht zu sehr mit der Annahme, dass jeder Abenteurer ein Allrounder ist, der am Wappen einen Ritter aus dem Nachbarkönigreich erkennt und weiß dass was mit ihm im Busch ist, Fallen ausweicht und Boote von A nach B lenkt, und das alles nur mit Skill.
Ich würde das System wahrscheinlich mit Hausregeln stark zu den einfacheren, flacheren Spielbuchregeln zurückbauen. Dann könnte ich es mir aber ohne weiteres als eines der One-Shot-Systeme meiner Wahl vorstellen, und gerade für Cons sogar besser geeignet als FTA! oder Labyrinth Lord - einfach weil das Fighting Fantasy/FantasyAbenteuerSpielBuch-Label so verflucht anziehend ist für diejenigen von uns, die damit aufgewachsen sind. (Hm, vielleicht eine Idee für die Brain&Dice...)