[5.5.2008] Nachtschicht

Smokey Crow

Fear & Skaring in Münster
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11. September 2003
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Der Wecker klingelt und wie es aussieht tut er das schon seit 5 Minuten.
Die blinkende Digitalanzeige leuchtet herausfordernd: 20.05 Uhr.
Noch ungefähr eineinhalb Stunden bis Schichtbeginn.
Er setzt sich auf und lässt seinen Blick durchs Zimmer schweifen.
Sein 20 qm-Königreich. Schlaf-, Wohnzimmer und Küche in eins.
Die beiden halbblinden Fenster auf den Hof hinaus werden von billigen Ikea- Blenden abgedeckt und lassen kaum Licht oder Blicke durch die Fenster.
In der Ecke, abgetrennt von den Fenster durch eine japanische Stellwand steht das Bett. Kingsize ist anders, aber es reicht um den Tag durchzuschlafen wenn er müde von der Nachtschicht wiederkommt.
Die kleine Küchenzeile quillt vor ungewaschenem Geschirr über, und die Spur von schmutzigen Tellern zeiht sich bis auf den kleinen Couchtisch der mit der Couch zusammen als Essecke firmiert.
Die nächste halbe Stunde gehören der Etagendusche (wenigstens ist die kleine Koreanerin ausgezogen die sonst immer Ärger gemacht hat, wenn er nach 20.00 Uhr geduscht hat; zur Hölle mit der Hausordnung) und dem schmutzigen Geschirr.
Dann zieht er sich an. Die stabile schwarze Cargo-Hose (5 weitere liegen im Schrank), rotes T-Shirt (fünf weitere in verschiedenen Farben aber im selben Schnitt liegen im Schrank) und das graue Kapuzenshirt (3 weitere im Schrank). Er mag es sich keine Gedanken über seine Kleidung zu machen.
Auf dem Gang begegnet ihm die Türkin von schräg Gegenüber. Es war in letzter Zeit ruhig. Ob sie mit dem Typen Schluss gemacht hat?
Er nickt ihr kurz zu, sie wendet den Kopf ab.
Dann nicht.
Drei Treppenabsätze tiefer tritt er auf den Innenhof und den Markt hinaus der den 4 Gebäuden ihren Namen gibt.
Die vier kreuzförmigen Gebäude grenzen einen Innehof ab auf dem fast alles gehandelt wird, was man kaufen oder verkaufen kann. Und deswegen heisst der Gebäudekomplex 'World Trade Center'. Der Vietnamese der Raubkopien verkauft neben dem Russen der Rote Armee-Restbestände verscheuert die wohl vor 20 Jahren vor dem Brandenburger Tor besser gelaufen wären neben der klapprigen Dönerbude von Ali neben den klapprigen Kleiderständern auf denen die Polen die Sachen verscheuern die vom 'Lastwagen fallen' neben dem vietnamischen und dem Thai-Nudel-Stand.
Einen Döner von Ali später ist er auf dem Weg zum Flughafen, Abfertigungshalle B.
Der ganze Flughafen ist von einem Maschendrahtzaun umgeben nur drei Checkpoints führen hinein oder hinaus. Das ist zumindest die Idee. Der Maschendrahtzaun ist überwuchert und löchrig und die Checkpoints sind besetzt von Zoll-Leuten die schlafen oder in Heftchen blättern statt darauf zu achten wer rein- oder rausgeht, die Metalldetektoren und die Röttgengeräten die nach dem 11.September angeschafft wurden sind größtenteils noch eingepackt und die Leute von der Nachtschicht wären ohnehin nicht in der Lage sie benutzen.
"Wolf, Markus."
"Ja, ja. Geh durch!" Der Wachhabende schaut nicht mal von seinem Heftchen auf geschweige denn das er den ausweis kontrollieren würde.
Eine weitere großartige Nachtschicht beginnt.
 
Fünf Stunden später war die Wache wenn überhaupt noch schläfriger.
Ein riesiger Berg von Koffer war bewegt worden, drei waren verloren worden und einige ausgewählte Gegenstände aus diesen Koffer befanden sich jetzt in Markus' Rucksack. Für den nächsten Tage würde er sich auf jeden Fall keine Schokolade mehr besorgen müssen, ebenso hatte er jetzt eine neue Hose und fünf neue T-Shirts, die Schuhe hatten leider nicht gepasst. Die 20 Bootlegs die der Zoll nach seiner Ermittlung 'zerstört' hatte waren nur das Sahnehäubchen. 'The Dark Knight', noch nicht mal released, würde ein nettes Geschenk für den Vietnamesen abgeben.
Einer weiterer Bonus waren die Lebensmittel, ebenfalls vom Zoll zur 'Vernichtung' beschlagnahmt: 5 Kilo von irgendeiner türkischen Eselsalami und das Sushi, immer noch in der Original-Kühltasche, würde sein Frühstück werden.
 
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