[21.04.2004; Mittwoch]Genug vom Fluch

B

Blue Custer

Guest
Ich wache auf. Oder? Sind meine Augen auf? Ich taste nach meinen Augen. Ja, sie sind auf. Aber warum ist dann alles so schwarz?
Meine Hand- und Fußgelenke tun mir weh und gleichzeitig habe ich Durst. Großen Durst.
Ein schriller Schrei stößt aus meiner Kehle und ich schlage um mich, erwarte den Widerstand der Ketten und das Reißen an Armen und Beinen.
Mein Körper tobt und mein Gehirn braucht eine kleine Weile um zu begreifen, daß er nicht angekettet ist.
 
Lurker wurde angestoßen. Obwohl sein Bewußtsein noch in einer völlig anderen Welt war, reagierte sein Körper, krampfte sich zusammen und katapiltierte sich selbst einge Meter durch die Luft. Er hatte seine Hände zu Krallen geformt und seine Zähne fauchend gefletcht. Dann drangen seine Sinne nach und nach durch, während er sich noch hin und her wand auf der Suche nach seinem Feind.
Das Wesen in seinem Sichtfeld verwandelte sich nach und nach für ihn in Brenda. Schließlich holte sein Bewußtsein langsam seinen Überlebenstrieb ein.

Schon gut..entschuldige....alle gut...

Schließlich trat er zu ihr hinüber und streichelte entschuldigend ihren Rücken.
Eine neue Nacht hatte begonnen. Er spürte, wie die Nächte zuvor auch schon, eine seltsame Schwäche die in ihm lauerte. Irgendetwas saugte an seinem Mark, lutschte an seinem Untotem Dasein. Es kostete alles mehr Kraft, sich zu erheben, sich zu bewegen.
Er spürte das er bis zum Ende der Nacht schon wieder würde trinken müssen.
Das konnte doch nicht sein. Beim letzten mal als er sich einen Menschen gerissen hatte, beim erstenmal überhaupt, hatte ihn das Tagelang regelrecht beflügelt, so als wäre er durch das töten in ein Hochgefühl versetzt worden.
Ein kurzer Blick auf Brenda, die durchschimmernde Haut, die leicht hervorquellenden Adern die geröteten Augen, ja, auch sie mußte dringend trinken. Dringender noch als er selber. Er drückte beruhigend ihren Arm, scheinbar hatte sie sich von dem Schock des Aufwachens noch nicht ganz erholt und irgendwie schien es ihm als hätte sie sich vor seinem Verhalten am wenigsten Erschreckt gefühlt. Was hatte sie gesehen ? Was fraß an ihr ?
War das der Wurm des Wahnsinns der an ihr nagte ?
Über die Mitglieder des Clans des Mondes kursierten die seltsamsten Geschichten. Darüber das ihr Geist verzehrt wurde von ihrem Unleben. Darüber das sie Dinge sahen und wußten die außerhalb des Begreifbaren lagen. Manche taten sie als hirnlose Spinner ab. Solange bis sie in einem Schattenspiel an der Wand das sahen was die Mondkinder ihm lachend vorraus gesagt hatten.
Brenda schaute lieb drein, in ihren Augen spiegelte sich Lurkers eigens Gesicht. Er betrachtete sie, oder betrachtete er sich selber in diesem Brenda Spiegel ?
Als sich eine starke Hand auf seine Schulter legte zuckte er zusammen und fuhr herum. Dimitri. Er war auch wach.
Lurker lächelte verlegen und klopfte sich den Staub des Übertagens aus der Kleidung. Wie lange hatte er Brenda so seltsa, angestarrt ? Er wußte es nicht.
 
Meine Schultern heben und senken sich, aber die Lungen füllen sich nicht mit Luft. Lurkers Gesellschaft tut mir gut, beruhigt mich und ich schüttel die schreckliche Finsternis meiner Zeugung des Erwachens ab.
"Danke, es geht schon. Es ist nur diese schreckliche Finsternis." Dunkel wars, der Mond schien helle... rezitiere ich in Gedanken. Die weiße Mauer ist anch wie vor weiß, oder hat sich ein leichter Grauschleier über sie gelegt?
"Ich habe Durst, laßt uns los." Drängel ich und streiche den verknitterten rosa Regenmantel glatt, ich mag das Geräusch, was dabei erzeugt wird. Es ist so unglaublich normal.
 
Lurker mußte auf seine übliche Ankleide zeremonie verzichten. Das machte ihn irgendwie nervös und gereitzt.
Er knibbelte die ganze Zeit an seinen Fingern herum und beißt sich auf die Lippe. Als Brenda verkündet sie müsse trinken, am besten sofort, schaut Lurker besorgt zu Dimitri. Dieser knirscht ein wenig mit den Zähnen, verkrampft den Unterkiefer, sagte aber nichts und nickte nur.
Lurker wußte auch so was Dimitri sagen wollte. Hätte Brenda sich gestern satt gesoffen, gäbe es nun keine Verzögerung.
Es wunderte ihn sogar ein wenig das Brenda, gestern Skrupel hatte. Immerhin hatten sie beide in der selben Nacht gemeinsam das erstemal willentlich den letzten Tropfen Leben aus einem Menschen gesaugt und in dieser Nacht hatte ihre kompromisslose Art, ein wenig wie die eines Kindes, ihm so ausgesehen als wäre es ihr leichter gefallen als ihm selber.

Ihr könnt gemeinsam lernen die falschen Schuldgefühle abzuwerfen..

Er schwang sich in den Mantel und schlug den Kragen hoch und verdrängte das boshafte Zischen in seinen Gedanken. Dann machten sie sich auf den Weg, kletterten den Brunnenschacht hinauf.
Wieder wollte Lurker nicht in den vorderen Bereich gehen, also marschierten sie über die Wiesen davon, auf der Suche nach Nahrung.
 
Wir finden einen asphaltierten Hof. Es liegen in einer seltsam gewollten Anordnung 13 Leichen auf dem Boden. Alle in dünne lange gelbe Hemden gehüllt und alle mit einer gemalten Sonne auf der Stirn. Es sieht aus wie ein kollektiver Sektenselbstmord. Ihre Körper sind noch warm und aus ihren Schußwunden ist noch nicht allzuviel Blut ausgetreten. Ich zögere nicht lange, mein Durst duldet keinen Aufschub und fange an zu trinken. Es ist genug da um satt zu werden. Dimitri ist zwar nicht begeistert, weil er lieber seine Beute reißt, aber heute Abend ist es eine Notwendigkeit, denn der Fluch ist noch immer nicht aufgehoben.

Out of Character
Ich weiß nicht was mit traum ist, aber ich denke wir schreiben ihn weitestgehend mit
 
Lurker bleibt schweigend bei Dimitri stehen. Sie hatten schon schlimmeres zu sich genommen in der Not.
Trotzdem war der Gedanke an klumpiges, langsam gerinnendes Blut das langsamm die Kehle hinabfließt und die ganze Zeit widerwärtige kleine Knubbel hinterläßt alles andere als angenehm.
Lurker trat einen Schritt auf die Leichen zu. Es war eine Frage von Solidarität die kleine Brenda nicht dort alleine zwischen den Toten sitzen zu lassen.
Außerdem ging es um rein praktische Gründe. Schon jetzt spürte er das der Fluch an ihm zehrte. Noch ehe die Nacht herum war würde er jagen müssen. Also war es besser jetzt zu trinken, als später eventuell in Schwierigkeiten zu geraten.
Also beugte er sich hinab und nahm von jedem Körper ein wenig, so das er sich besser fühlte.
Es war ekelhaft die Zähne in totes Fleisch zu bohren. Es wurde bereits träge und gummiartig. Man konnte die Wärme daraus entweichen spüren.
Nachdem sie ihre seltsame Art der Notdurft verrichtet hatten, gingen sie zum Auto. Es stand immer noch dort wo sie es gelassen hatten. Vor dem Regen flüchtend nahemn sie wieder Platz. Glücklicherweise wußte Brenda ja bestens wie man so ein Automobil fuhr. Er selber bekam diese Dinger zwar bewegt, aber die flüssige selbstverständlichkeit mit der die Menschen diese Dinger fuhren ging ihm völlig ab.
Brenda würde sie so trocken und schnell zum Kloster bringen.
 
Wenn Tag wäre, so wäre es ein grauer düsterer Tag. Atmosphärisch düster wie in einem Horrorfilm. Nur sitzen wir nicht gemütlich bei Popcorn und Cola im Kino, sondern fahren durch eine Stadt, die der Endzeit näher gekommen ist, als Mad Max es jemals kommen würde.
Die Toten sind real und das Feuer auch. Ich fahre größtmögliche Bögen um das Feuer und vermeide dennoch die totale Dunkelheit. Wie auf einem Hochseil versuche ich die Balance zu halten zwischen zwei Elementen, die zumindest für mich, beide die endgültige Vernichtung bedeuten.
Irgendwann hebt sich düster das alte Gemäuer des Klosters umrißhaft aus dem Dunkel empor. Die Neuzeit hatte vom Kloster nicht mehr viel übriggelassen. Eine Kirche, verbunden mit einem Kreuzgang und ein zwei Nebengebäuden.
Der Motor erstirbt und ich verspüre wenig Lust auszusteigen.
 
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