[14.05.2008] Resteessen a la Carte

Renard

Blutsauger für Blutsauger
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Thürmer hatte die Zeit, die er laut Jacks Plaung gehabt hatte, genutzt, um einige Besitztümer zu holen, die er noch besaß oder andere lose Fäden zu behandeln, die er noch zu erledigen gedachte. Dazu zählte das Foto mit Buchet, allerdings auch einige Dokumente, die am Vortag in seine Hände gefallen waren. Und dann gab es da ja immer noch den ominösen Geldschrank, den er sich einmal ansehen wollte...

Entsprechend war seine Reaktion auf die SMS von Jack, als er sie dann außerhalb der Stahlbetonröhren und zurück an der Oberfläche empfing, gemischt. Einerseits war es ziemlich unbedacht von Jack gewesen, den Plan kurzfristig zu ändern, andererseits hatte er so mehr Zeit für seine eigenen Pläne.

Nach dem Verlauf des letzten Tages und dem Auftakt des heutigen sah er wenig Verbesserungspotential. Die tiefhängenden Wolken schienen das zu bestätigen, ebenso die fahlen Schatten der Bäume, die sich hier und da am Straßenrand fanden. Die kränkliche Atmosphäre war fort, aber die Nachwirkungen würden noch brauchen, bis sie abgeklungen waren. Fast mochte es scheinen, als ob es hier und da noch Nachzügler gab, einzelne Schatten die, die Gesetze der Physik und des gesunden Menschenverstandes nicht achtend, am Rande des Blickfeldes weiter die Tänze aufführten, die die Macht des Koldunen sie gelehrt hatte. Mahnend, befreit oder einfach bloß die Unwissenheit der Bewohner dieser Stadt verspottend ?

Der Nosferatu schenkte solcherlei Phänomenen allerdings keine Aufmerksamkeit. Er hatte wichtigeres zu tun. Zielsicher steuerte er die Praxis Kiera McKinneys an. Er hatte kurz daran gedacht, die Pergamente Roxana Dragomir zuzuspielen, aber da er sie nicht wirklich einer festen Front zuordnen konnte, erschien ihm das nach den Vorfällen der letzten Tage zu riskant. Das war der Besuch an seinem Ziel auch, sollte er die falsche McKinney erwischen, aber immerhin kannte er Kiera zumindest etwas besser und konnte sie auch politisch besser verorten.

Nun, wer nichts wagte, gewann auch nichts !

So kam er schließlich an der Praxis an und kündigte mit einer kurzen Nachricht seine Anwesenheit an.

'Sehr geehrte Mrs McKinney !

Sofern sie etwas Zeit erübrigen können, würde ich sie gern für eine Weile in Anspruch nehmen. An den Geldschrank erinnern sie sich denke ich ja noch. Ich würde diese Angelegenheit gerne in Bälde abschließen. Sofern sie etwas Zeit finden können und es nicht zuviele Umstände macht, erwarte ich sie vor ihtrm bescheidenen Domizil. Wenn es ihnen nicht paßt, benachrichtigen sie ich bitte, wann der Hinderungsgrund nicht mehr vorliegt.

Hochachtungsvoll,

Dr. A. E. Thürmer'

Dann hieß es warten...
 
Nun Kiera war gerade mit diversen Essenzen beschäftigt aus denen sie irgendwelche Voodoo-Hilfsmittel herstellen wollte, als sie die Nachricht bekam. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihr, dass es sowieso mehrere Stunden dauern würde, bis die Mischungen bereit waren und so wechselte sie den langen Rock gegen eine Jeans und packte ihre Lederjacke, wenn es in die Kanalisation ging, sollte man praktisch gekleidet sein, eine Taschenlampe würde bestimmt auch nicht schaden und ein paar Kleinigkeiten hatte sie sowieso in der Tasche als sie nach draußen trat.

"Guten Abend, Herr Thürmer", grüßte sie den Nosferatu leise.
 
"Guten Abend, Mrs. McKinney." kam es ebenso leise zurück. "Schön, daß sie etwas Zeit gefunden haben, um die Sache endlich abzuschließen."

Mit einer einladenden Geste lud er die Hexe ein, ihm zu folgen und machte sich auf dem Weg, sich nach einer Weile auf Kieras Geschwindigkeit einpendelnd.

"Wie ist es ihnen in den letzten Tagen ergangen, wenn sie die Frage erlauben ? Ich hörte der neue Partner ihrer verehrten Schwester war nicht untätig ?"
 
"Ja, ich freue mich, dass sie sich gemeldet haben, denn ich wollte auch mit jemandem von euch sprechen und wollte gerade eine Nachricht an Lurker hinterlassen", erwiderte Kiera. "Gestern haben kam Iain Finnley zu mir und hat mir erzählt, dass da wohl was ganz dummes passiert ist und meine Schwester an was gekommen ist, was sie oder besser gesagt Grimm eigentlich nicht hätte bekommen sollen.

Ansonsten habe ich nichts mitbekommen, ich schätze mal, entweder weiß Grimm, wie ich die Sache sehe und hatte Angst, ich könnte seine Leute sabotieren oder Caitlin wollte mich aus der Schußlinie halten."
 
"Angst würde ich dieser Person nicht unterstellen. Anscheinend hat er sie bislang nicht als gefährlich genug angesehen, sich um sie kümmern zu lassen, und zu verhindern, daß Außenstehende zuviel mitbekommen sollte sich wohl grade noch in seinem Anforderungsprofil finden, meinen sie nicht ? Daß ihre Schwester sie aus der Schußlinie halten wollte ist eine auch recht wahrscheinliche Möglichkeit, immerhin sollte sie Grimm keinen Vorschub leisten."

Nach einer kurzen Phase, in der Thürmer sich überlegte, wie sie wohl am besten zum Unterschlupf kämen, ging es weiter.

"Nun, ihre Schwester hatte immerhin eine weitere Hexe, Herrn Finnlay und den Duke dabei. Es ist ja nicht so, daß wir nicht versucht hätten, uns das Buch zu sichern, aber mit Hilfe ihrer Magie haben sie eben knapp den Sieg davongetragen." Thürmer rekapitulierte die Szene, wie sein Versuch, sich das Buch zu sichern von Judiths Telekinese vereitelt worden war.

"Sei es wie es sei, geschehen ist geschehen. In diesem Fall bleibt uns wohl nur noch, aus den Nachwehen das Beste zu machen. Was für eine Nachricht wollten sie denn hinterlassen ?"
 
"Ich weiß nicht, bis jetzt halte ich ihn nur für extrem unsympathisch", erwiderte Kiera. "Ich weiß, dass Caitlin Ziege Enio und Lurker überließ, weil sie es für das beste hielt, damit dass jemand von Wien auftaucht und sie und alle anderen deswegen bedroht, hatte sie nicht rechnen können."
Sie zuckte kurz die Schultern.
"Ich wollte mit ihm wegen Ziege reden und darüber, was geschehen ist und ob er vielleicht bereit wäre mit mir unter die Zachariaskirche zu gehen, von der mir Finnley erzählt hat, vielleicht lässt sich mit Hilfe meiner Lieblingskraft etwas entdecken, was die anderen nicht entdeckt haben. Meine Schwester kann das nicht in dem Masse und Judith ist ein Küken, wenn auch das von Johardo.
Er sagte auch, er habe sie und einige andere in der alten Bibliothek von Nox getroffen, seid ihr einen anderen Weg gegangen?"
 
Unter die Kirche ? Nicht unamüsant !

"Ja, wir haben einen kleinen Umweg gemacht und mußten uns die Hinweise dafür auch noch aus der halben Stadt zusammenkratzen. Unter Zeitdruck nicht unbedingt das beste Spielchen, das man spielen kann, aber bevor wir den Hexern den Vortritt ließen, haben wir dann doch mitgemacht... Am Ende sind wir jedenfalls in der Bibliothek herausgekommen und auf die andere Gruppe getroffen, soweit richtig, den Rest kennen sie ja dann vermutlich..."

Was auch immer Kiera mit Ian zu schaffen hatte...

"Sie erwarten unter der Zachariikirche etwas zu finden ?"
 
Nun, Kiera hatte schon immer viele Kontakte gehabt und da war ja diese wenn auch noch nicht ganz abgegessene Klüngelsache.

"Nein Zeitdruck ist nie gut und ich würde mich dort gerne ohne Zeitdruck umsehen und bevor Grimm mit seinen thaumaturgischen Trampeltieren dort sein Unwesen treibt", entgegenete sie dann. "Ich könnte mir vorstellen, dass es dort eventuell noch Geheimnisse gibt, die den Nosferatu oder allen anderen Vorteile bringen und die Bibliothek, sie gehörte einem Bokor, wer weiß, was sich dort noch finden läßt.

Wenn dort lange gewirkt wurde, könnten mir vielleicht die Steine das eine oder andere erzählen."
 
Schau an, vielleicht gab es da also doch noch Dinge, die von Interesse sein konnten. Er hatte den Ausdruck 'Bokor' schonmal gehört, konnte damit aber im Moment nichts anfangen. Im Moment war es ja auch nicht so wichtig, immerhin wußten die Tremere mit etwas Glück noch nichts von ihrer kleinen Zwischenstation.

"Möglicherweise, wir sind auch nur so schnell wie die Sicherungen dort unten es zuließen da durch, groß Zeit zum Sichten hatten wir nicht. Da unten ist also große Vorsicht geboten. Möglicherweise habe ich da allerdings noch ein paar Dokumente, die vielleicht von Nutzen sein könnten."
 
Kiera sah Thürmer einen Augenblick etwas unsicher an ...

"Und die wollte nicht der Prinz haben, das wundert mich dann doch", sagte sie. "Aber ich schaue mir die gerne mal an, vielleicht sind sie für unsere Zwecke nützlich", meinte sie. Nein, sie vermied es zu fragen, wie sie geschafft hatte, die vor den Tremere zu verbergen.
 
"Möglicherweise ist die Angelegenheit im Kielwasser der Aktion etwas aus dem Blickfeld geraten, wer weiß ? Bislang hat jedenfalls niemand angemessenes Interesse gezeigt beziehungsweise angemeldet. Insofern scheint es wohl nicht so wichtig zu sein."

Immerhin lag noch genug von seinem Zeug in der Akademie.

"Haben sie die Gegenstände, die sie ihrer Schwester überstellen sollten eigentlich bereits übergeben ?"
 
"Die Sachen habe ich ihr auf den Schreibtisch gelegt, ich denke, sie hat sie gesehen, was sie damit gemacht hat, weiß ich allerdings nicht", sagte Kiera dann. "Die Unterlagen werde ich ihr allerdings nicht geben, es reicht, dass dieser Grimm das Buch hat, von dem ich auch nicht weiß, was drinnen steht. Ich bin sicher, Grimm hätte die Papiere gerne.

Wir sollten einfach zusehen, dass das Bild nicht in die Hände der Hexer fällt."

Sie lief neben dem Nosferatu her und vermutlich würde man sie einfach für Vater und Tochter halten, die um die Uhrzeit noch unterwegs waren.
 
"Das hieße anzunehmen, daß sie es noch nicht haben. Wissen wir, daß dem so ist ?" fragte er, während sie ihren Weg durch die Straßen fortsetzten.
 
"Hm, ich könnte mir vorstellen, dass er es nicht hat, ich weiß, dass es meine Schwester nicht hat und nicht weiß, wo es ist. Immerhin wußte keine von uns bis vor 2 Nächten, dass ihr Clan die Sachen haben will", erwiderte Kiera.

Ganz sicher konnte sie sich zwar nicht sein, aber was war schon sicher, so wie sie es betrachtete nicht mal der Tod.

"Wo müssen wir eigentlich hin? Und wo haben sie die Papiere, nicht, dass sie unterwegs irgendwo in den Abwässern landen."

Gut, es war der Versuch eines Scherzes, immerhin war alles mehr als nur ernst, was hier so anlag.
 
"Ich könnte mir vorstellen, daß Grimm und die Archonten einige Fäden ziehen könnten, die, ohne ihre Schwester übermäßig in ihrem Amt Unrecht tun zu wollen, der Regentin nicht zugänglich sind. Die Papiere habe ich hier." Er produzierte kurz einen kleinen Packen, der aus mehreren Lagen Papier und Plastik zu bestehen schien. "Um Wasser brauche ich mir keine Sorgen zu machen, denke ich. Da sollte so schnell nichts durchkommen."

Es dauerte noch eine Weile, dann standen sie vor einem verfallenen Haus am Ufer der Finster. Thürmer hoffte, daß er den Weg noch finden würde, immerhin war er seit seinem Besuch bei Nagaj nicht mehr dort unten gewesen. Wirklich einladend sah das Gemäuer nicht aus, aber das war wohl auch zu einem gewissen Grad der Sinn der Sache, nicht ?

"Da wären wir, zumindest fast. Ich hoffe sie haben eine Lichtquelle dabei und kein Problem mit engen Räumen, Mrs. McKinney ?"
 
"Ja, könnten sie bestimmt, ich weiß ja nicht auf welcher Seite und mit welcher Intension die Archonten hier sind, aber das werden wir wohl auch nicht erfahren", sagte Kiera dann zu dem Thema und wenn diese Ventrue auch noch wußte, wenn jemand irgend eine Kraft anwandte, würde sie auch noch vorsichtig sein müssen.

Dann zog sie eine Taschenlampe aus ihrer Tasche.

"Sicher, ich habe vorgesorgt und auch nicht damit gerechnet, dass es ein einfacher Weg sein würde."
 
"Oh, der schwierigere steht nach wie vor zu ihrer Verfügung, wenn sie möchten, Mrs. McKinney ! Ich will mir ja nun nicht nachsagen lassen, alle Erwartungen zu unterlaufen."

Er machte sich an der Tür zu schaffen, die er Kiera schließlich öffnete.

"Bitte, nach ihnen !"

Ein Schloß für die Tür wäre wohl einer der nächsten Punkte auf der schnell wachsenden Liste seiner Vorhaben. Sollte er genügend Geld und Zeit aufwenden können, wonach es derzeit nicht aussah, dann könnte man ja immer noch darüber nachdenken, auch Teile des Hauses in Beschlag zu nehmen oder es ganz zu renovieren, auch wenn zusammenschieben und neu bauen heute wohl billiger wäre. Solange die Lage mit den Hexern aber nicht entspannt war, würde er darüber auch nicht nachdenken brauchen. In jedem Fall müßte der Zugang aber deutlich besser gesichert werden !

Er schloß die Tür wieder und bedeutete der Hexe, ihm zu folgen. Sofort waren sie vom muffigen Hauch des Verfalls umgeben, oder besser: vereinnahmnt.Sie begaben sich durch mehrere Räume, in denen nur helle Umrisse an der teilweise angeschimmelten und fleckigen Tapete von der vormaligen Einrichtung zeugten. Auf dem Boden fand sich Staub, ebenso auf vielen der Spinnenweben, die Ecken und Kanten des Raumes bevölkerten. Auch ließen sich dort unten die Fußspuren von mittlerweile 6 Personen ausmachen, die des Nosferatu und der Caitiff nicht mitgezählt. Einige führten in die Richtung aus der sie kamen, anderen folgten sie durch die Teile der dunklen Räume, die die Taschenlampe schwach zu erhellen vermochte. Reste von Spinnenweben in den Türöffnungen zeugten davon, daß der Weg, den sie gingen nicht so vergessen und verborgen sein mochte, wie man annehmen sollte. Jeder Schritt auf den altersschwachen Dielen störte die beinahe tastbare Stille und hallte und donnerte wie ein Schuß durch das ganze Haus. Zumindest klang es für die Verursacher so. Über eine enge, dunkle Treppe gelangten sie schließlich in den Keller. Auch er war angefüllt mit Staub und dem, was Spinnen über die Jahre hinterlassen hatten, auch hier hatte der Betrachter das Gefühl, daß die Schatten ihn keinen Moment aus den Augen ließen. Der Unterschied zeigte sich schließlich darin, daß es vor ihnen aufblitzte, als Kiera hinunterleuchtete. Der Grund dafür war schnell ersichtlich: Einige Metallregale standen hier, auf ihnen Gläser mit einem Inhalt, der als undefinierbare Masse der wunderlichsten Farbkombinationen sehr gut beschrieben werden konnte. Ob dieser Inhalt von menschlichen Überresten, irgendwelchen Experimenten oder einfach bloß eingekochten Lebensmiteln, die den Zahn der Zeit nicht überstanden hatten, herrührte, war nicht mehr ersichtlich, aber je nach Phantasie des Betrachters durchaus nicht als unmöglich anzusehen. Thürmer ging einfach von den Lebensmitteln aus. Ganz sicher konnte man da zwar nie sein, aber besser so, als zuviel darüber nachzudenken ! Der in diesem Teil des Hauses besonders starke Muff half dabei nicht wirklich.

Thürmer öffnete eine versteckte Tür und verschwand darin. Es ging tiefer und sie mußten sich durch einige weitere Kellerräume arbeiten, bis sie schließlich vor einer steilen Stiege standen, die in die Tiefe führte.
Thürmer atmete unauffällig auf. Also hatte er es geschafft, sich doch nicht zu verzetteln !
 
Kiera war einiges gewöhnt, doch das ganze hier war nicht wirklich gepflegt, hier hatte seid Jahrzehnten keiner mehr auch nur einen Handschlag gemacht und so sah es auch aus, es war wirklich ein glück, wenn man nicht atmen mußte und wenn man dazu auch weitestgehend aufs Sprechen verzichtete, mußte man sich auch nicht mit den Gerüchen rumärgern.

Jedenfalls würde ihr keiner nachsagen können, dass sie zimperlich war, denn sie ging ohne zu zögern durch die Keller, Gänge und Stiegen und dabei merkte sie schnell, dass hier wohl ein Haus auf ein anderes aufgebaut worden war. Vielleicht, weil die Finster früher tiefer lag, auch mußten sie bald so tief sein, dass sie fast unter der Finster hin durch gehen konnten, wenn es so weiterging.

Sie trat neben Thürmer und leuchtete die Stiege hinab. Man würde diese wohl irgendwann erneuern müssen, wenn man sie weiterhin benutzen wollte, denn jetzt da Luft und damit Sauerstoff dran kam, würde sie vermutlich schnell rosten.
 
Thürmer machte den Anfang und hangelte wenig elegant die Stiege herunter. Er merkte, daß ihn die verbliebene Stichwunde deutlich mehr behinderte, als er erwartet hatte. Prüfend sah er in die Tiefe... Er hatte nicht die geringste Lust, ähnlich wie Johann Schäfer unten anzukommen. Mit zusammengebissenen Zähnen arbeitete er sich weiter nach unten vor, wo er nach einiger Zeit auch halbwegs heil ankam. Dort erwartete er Kieras Ankunft und führte sie durch den langen Gang weiter in die Tiefe. Nach etwa einer halben Stunde erweiterte sich der Gang zu einer Höhle. Der Boden schimmerte feucht, es war kühl, glitschig und einige Stalagtiten hingen von der Decke herunter. Ab und an tropfte ein Tropfen Wasser irgendwo auf den Fels und durchbrach die Stille, die hier vor der Ankunft der Besucher geherrscht hatte.
Vorsichtig suchte Thürmer eine Passage, die einen Weg bot, ohne den entsprechenden Teilnehmer zu einer Rutschpartie einzuladen.

Schließlich kamen sie an die Abgänge, und auch mehrere Türen waren zu erkennen. Wenn er sich recht entsann, waren sie damals hinter der mittleren gewesen. Sicher war er nicht, aber wenn er sich irrte, würden sie das wohl schon merken. Weglaufen konnte der Geldschrank ja hoffentlich nicht. Als er in den Raum sah, erkannte er das Bett, den Schrank und den Tisch. Sogar das Photo und der Zeitungsartikel hatten dort noch so gelegen, wie er sie zurückgelassen hatte, als er die Tür öffnete, beförderte der Luftzug sie über die Tischkante und sie schwebten langsam zu Füßen des Kleiderständers zu Boden. Die altmodischen Frauenkleider raschelten leise. Hinter dem Vorhang leuchtete es schwach hervor, genau wie bei seinem letzten Besuch. Diesmal glaubte er alerdings nicht an eine Lampe, immerhin war Nagaj schon eine Weile weg.

Das war es also nicht ! Das Leuchten hinter dem Vorhang würde er später untersuchen, jetzt, wo Kiera dabei war, galt es zunächst, den Safe zu finden. So wandten sie sich anschließend den anderen höher gelegenen Türen zu. Drei komplett leere Räume später standen sie vor der letzten Tür. Als sie sich dieser näherten, merkte er ein Ziehen im Nacken, wie er es früher immer gehabt hatte, wenn sich etwas Übles anbahnte. Und je näher er kam, desto schlimmer wurde es. Es war als würde die Tür eine unsichtbare Bedrohung ausstrahlen, die jeden zu erfassen drohte, die sich zu nah heranwagten. Jetzt verstand er, was Nagaj mit der Sicherung gemeint hatte. Hatte er erwartet, sein Clansbruder hätte den Bann (und von einem solchen ging er aus, denn normal war das nicht) endgültig ad Acta gelegt ? Nun, offenbar nicht.

"Da wären wir, Mrs. McKinney ! Wie sie sehen, ist die Tür gesichert, angeblich soll es dahinter noch schlimmer sein." Er erinnerte sich an die Feuerfalle des gestrigen Tages und drückte arg die Daumen, daß Nagaj übertrieben hatte, was die Auswirkungen anging. "Ich denke, es handelt sich dabei um eine thaumaturgische Sicherung ?" fragte er. Eine rhetorische Frage. Übernatürlich, ihm nicht verständlich... Das lief in seinem Sprachschatz auf thaumaturgisch hinaus.
 
Kiera prägte sich den Weg genau ein, jetzt schienen sie wirklich unter der Finster zu sein. Wer um alles in der Welt baute denn sowas, es sah eigentlich nicht wirklich nach dem Clan der Verborgenen aus, doch sicher wissen konnte man das nie.

Wenn jetzt hier was einstürzt und wir verschüttet werden, findet man uns nie, dachte die Mambo bei sich, denn einen Handyempfang gab es mit Sicherheit hier nicht und sie war auch die einzige in der Stadt, die das Talent hatte, Leute aufzuspüren, also blieb nur Gottvertrauen, für einen winzigen Augenblick erschien es ihr, als würde dieser ihr eine Kopfnuss geben, so war das halt, wenn man sich mit gottähnlichen Wesen abgab, die schon mal über die Erde wandelten.

"Schicke Hütte, aber ein Heimweg, der etwas lange wird, wenn man es eilig hat", meinte sie zu Thürmer. "Dann will ich mir das gute Stück mal anschauen, aber ich spüre schon jetzt jede Menge Magie hier in diesen Räumen."

Sie näherte sich dem Safe und dabei konzentrierte sie sich auf die Arkane Sicht.
 
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