[11.05.2008] Am alten Wasserwerk

Skar

Dr. Spiele
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Evangelistos betrat das östliche Industriegebiet. Der Weg war nicht unbedingt kurz gewesen, aber ein Vampir konnte sich recht schnell bewegen, wenn er unsichtbar für die Augen anderer war.

Zwischen zwei weit auseinander stehenden Straßenlaternen wechselte er in seine Menschengestalt und hielt weiter auf das alte Wasserwerk zu. Er blickt nicht nach rechts und links, aber er bewegte fast unentwegt die Lippen. Die Geräusche, die er hervorbrachte waren wenig menschlich, noch schienen sie etwas mit Sprache zu tun haben. Wirkungslos waren sie dennoch nicht.

Es begann mit einem Flügelschlagen hier, dann ein leises Rascheln im Gebüsch und das Huschen eines kleinen Schattens durch den Rinnstein. Das Treiben rund um den Nosferatu-Ahn weitete sich aus. Es wurde nicht unbedingt lauter, aber vielfältiger und auf subtile Art und Weise mehr.

Schlussendlich folgten dem Ahn Schwärme von kleinen Tieren im geringen Abstand.

Vor dem Wasserwerk ließ Evangelistos sich abrupt auf den Boden sinken. Die Tiere kamen ohne zu zögern näher. Ratten neben Tauben, selbst Eichhörnchen, ein räudiger Hund und zwei Katzen. Alle einträchtig nebeneinander. Sie wuselten direkt an ihn heran und es schien als wolle jeder den besten Platz erhalten, um dem Geschichtenerzähler zu lauschen.

Evangelistos begrüßte die Kinder und ließ seinen Gedanken freien Lauf über seine Lippen. Er redete viel. Seine Stimme wurde intensiver und seine Zuhörer gebannter. Die letzten Gedanken, die er in Laute kleidete waren "Verkündet dem Größten und Stärksten unter den Tieren, die hier wohnen, dass ich in seinem Nest sitze. Schnell." Die Tiere stoben davon. Evangelistos blieb still in den Schatten sitzen und sinnierte über den Anfang des Abends.

Das Ventrue-Mädchen hatte ihn abblitzen lassen und war wohl immer noch der Meinung sie wäre im Recht. Nun, es war nicht Evangelistos Ziel Einlass in die Stadt zu bekommen, sondern sich um bestimmte Clansinterna zu kümmern. Also hatte er sich kurzum abgewendet und seinem eigentlichen Ziel zugewandt.
Was sollte er Mauern einreißen oder Brücken bauen, wenn sein eigentlicher Weg ein anderer war? Seine Energie würde Evngelistos hier in Finstertal vermutlich zu Genüge noch brauchen.
 
AW: [11.05.2008] Am alten Wasserwerk

Evangelistos störte das Warten nicht sonderlich. Er stammte aus einer weniger schnellebigen Zeit. Das war ihm durchaus auch als Schwäche bewusst, denn wenn Nosferatu in etwas gut waren, dann war es das Beobachten und Informationen sammeln. Evangelistos war seit seinem Erwachen aus der Starre vor wenigen Jahren durchaus überrumpelt gewesen, wie viel sich in dieser doch recht kurzen Zeitspanne getan hatte.

Informationen von vor einem halben Tag galten als alt und sie verbreiteten sich rasend schnell. Man war jederzeit und überall erreichbar. Selbst Evangelistos hatte sich der Technik zugewandt. Zumindest so weit, dass er sie verstand und nutzen konnte. Ein Profi war er aber noch lange nicht. Einer seiner alten Freunde hatte das Schrecknet mitbegründet und ihm ein wenig Nachhilfe gegegen. Nun, von einem Freund konnte man solche Hilfe annehmen. Wäre er nicht gewesen, wäre Evengelistos auch nicht hier in Finstertal.

Die örtlichen Nosferatu hatten um Hilfe in Sachen Zieglowsky gebeten und eben über den vorgenannten Freund und das Schrecknet hatte sich Evangelistos für die Sache erwärmt. Der Grieche brauchte Praxis hatte sein Freund gesagt. Und die würde er hier bekommen.

Nun saß er hier, wurde als Helfer erwartet und würde sicher trotzdem auch Hilfe benötigen. Es blieb im Clan, das war das Gute. Aber trotzdem war Evangelistos gespannt, wem er gleich gegenüberstehen würde.
 
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Ganz sicher war der alte Nosferatu es nicht gewöhnt, dass man ihn warten ließ. Ganz sicher nicht aus den Reihen der eigenen Familie. So dauerte es auch in diesem Fall nicht viel mehr als eine Viertelstunde, bis sich die Dunkelheit um das Wasserwerk plötzlich nicht mehr so verlassen anfühlte, wie es eigentlich den Anschein machte. Aus den Augenwinkeln glaubte man zu sehen, wie sich Schatten verschoben und huschende Bewegungen am Rande der Aufmerksamkeit tanzten. Sobald man hinsah, war es jedoch immer nur ein Ast im Wind, der sich bewegte, obwohl man sich sicher war, das gerade eben noch gar kein Wind geweht hatte. Eilige, leise Schritte entpuppten sich als das Tröpfeln einer alten Regenrinne, so dass Auge und Ohr dem Verstand immer wieder predigten, dass dort nichts sein konnte. Trotzdem blieb das Gefühl nicht mehr alleine zu sein und verdichtete sich, konzentrierte sich auf einen Punkt und plötzlich stand dort, zwischen einem Stapel alter Leitungsrohre und einem LKW ohne Reifen eine Gestalt. Sie wäre von durchschnittlicher Größe gewesen, wenn nicht ein Buckel sie deutlich gebeugt hätte, so dass sie kleiner wirkte. Mehrere Lagen alter, muffiger Kleidung hingen an einem spindeldürrenkörper hinab, soweit man dies durch die Stoffe erkennen konnte. Umhangen war das Wesen mit einem altem, abgewetztem Ledermantel, der die Bewegungen die unter ihm stattfanden gut zu verbergen vermochte.

Das Ding machte einige wenige Schritte auf Evangelistos zu. Seine Schritte waren merkwürdig ungleichmäßig. Manchmal schien es zu humpeln, dann wieder machte es zwei ruckende, schnelle Schritte hintereinander, nur um wieder zu verharren und dann einen weiteren, eher lahmen Schritt zu machen. Aus den Mantelärmeln entrollten sich schmutzig bandagierte Hände, mit unnatürlich langen, dünnen Fingern, die sich wie die Beine einer Spinne auseinanderfalteten und die große Kapuze, die den Kopf vollständig in Dunkelheit hüllte, griff und nach hinten schob. Ein ungleichmäßiger, kahler Schädel mit der Farbe gebleichter Knochen kam darunter zum Vorschein. Die Haut war hier und dort von Schorfigen, bräunlichen Stellen durchsetzt und unter ihrem wächsernem Glanz, waren lilane und bläuliche Adern zu erkennen, die wie feine Äste dahin liefen. Zwei zu groß geratene Schneidezähne dominieren das Gesicht, mit den gräulich blassen Augen, der zerfetzten Nase und dem unproportional Großem Mund, dessen Lippen aussahen, als wären sie zerrissen worden und wulstig wieder zusammengewachsen.

Den aufgeregten Tieren hatte Lurker immerhin soviel entnehmen können, dass er sich sicher war, einen Familienangehörigen hier zu treffen. Tatsächlich gab es in Finstertal zur Zeit auch noch einen weiteren Nosferatu, der ihn eigentlich suchen sollte und somit war eigentlich lange nicht klar wer genau hier seine Aufwartung machte, aber da er schließlich höchstselbst um Hilfe ersucht hatte und daher in fiebriger Erwartung war einen obersten seines Ordens hier zu begrüßen, kam er noch nicht einmal auf die Idee, dass dies hier der Neugeborene sein könnte, der sich vor wenigen Tagen bei ihm gemeldet hatte und dem er einfach nur entgegengeschnarrt hatte, dass er ihn gefälligst suchen solle um sich persönlich vorzustellen. Die nun folgende Szene wäre auch im höchsten Maße peinlich gewesen, wenn es anders gekommen wäre, aber Lurker hatte wohl einfach Glück.

Wie begrüßte man jemanden seines Blutes, der eigentlich Stoff aus Legenden und Mythen war? Welche Worte konnte man finden? Sicher konnte man ihm jederzeit mangelnden Esprit vorwerfen. Dem Nosferatu mangelte es praktisch zu jeder sich bietenden Gelegenheit an den 'richtigen' Worten, aber diesmal war es nicht sein Fehler. Es gab schlicht keine. Daher tat er das einzige was ihm einfiel. In einer unlenken Geste knickte er ein und Kniete sich auf den Boden vor Evangelistos, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
 
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Evangelistos gefiel sein Gegenüber schon jetzt. "Erhebe dich, den man Lurker nennt." Er schien zu wissen, wo sein Platz war und das war gut so. "Körpergröße ist nur äußerlich ein Akt von Unterordnung." Wer wusste das besser als Evangelistios selbst? Denn selbst jetzt überragte Lurker die wahre Gestalt des Ahnen. "Was in dieser Stadt eher gebraucht wird ist wahre Demut vor dem Alter."

Evangelistos sagte das so unbestimmt daher, dass Lurker nichtmals wissen konnte, ob er selbst damit gemeint war. "Das Mysterium Zieglowsky scheint ebenfalls daran zu kranken. Aber nun ist dein Clan bei dir. Führe mich nun in unseren Bau. Zu Zieglowsky." fühte er hinzu.

Der Ahn blieb in seiner Gestalt. Zu wenig wusste er über diese Stadt und er wollte seine Kräfte schonen, auch wenn sie immens waren. Evangelistos hatte bereits einige Zeichen auf seinem Weg hierher gesehen, aber weder wollte er den Bau alleine betreten, noch in jemandens Zuflucht eindringen. Zudem brauchte Evangelistos vor allem erst einmal Informationen.

Neugierig wanderte sein Blick über Lurker. Eine imposante Erscheinung auf seine ganz spezielle Art und Weise. Er glaubte erstmal nicht an eine Behinderung und er würde ihn im Auge behalten. In den meisten Fällen war es bei den Nosferatu ein Anderssein, das sie körperlich nicht all zu stark einschränkte.

Evangelistos würde Lurker problemlos folgen können und den Weg in Erinnerung halten. Zwar waren die Zufluchten und Baus der Nosferatu in der Regel äußerst schwer zu erreichen und noch deutlich schwerer in Erinnerung zu behalten, aber Evangelistos hatte bereits ausreichend viele davon gesehen, um klarzukommen. So konnte er sich jedenfalls problemlos parallel unterhalten.
"Erzähle mir von Herrn Zieglowsky." schloss er und überlies Lurker die Führung.
 
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Es war nicht übermäßig schwer hier Demut zu zeigen. Wesen wie dieser Nosferatu waren, wie man unter den Menschen so schön sagte, jenseits von Lurkers 'Gehaltsklasse'. Die ältesten seiner Art, die er je gesehen hatte, waren die Erzeuger seines eigenen Meisters gewesen. Selbst die alten Tzimiscen die er in Osteuropa besucht hatte waren vermutlich nicht die Liga seines Besuchers. Der Andere nannte seinen Namen nicht, kannte aber sehr wohl den Lurkers.Hätte es noch zu seinem Repertoire gehört wäre es wohl ein guter Zeitpunkt gewesen schwer zu schlucken. Ging der Andere wohlmöglich davon aus, dass man ihn gefälligst zu kennen hatte? Oder war es nicht vielmehr Lurkers gewesen sich darüber zu informieren welcher der Alten sich auf den Weg hier her gemacht hatte? Etwas nicht zu wissen war immer ein Grund, dass man auf kleiner Flamme geröstet wurde. Es blieb wohl nur zu hoffen, dass er nicht einfach nur schlampig gewesen war, sondern dass alle Informationen diesen Nosferatu betreffend wirklich außerhalb seiner Reichweite und dies auch so gewünscht war.

Überhaupt kam ihm nun das erste Mal in den Sinn, dass es nicht unbedingt die Beste Idee gewesen sein konnte, dass er einfach, Kraft eigener Arroganz, entschieden hatte Zieglowski den Tremere zu entziehen und bei sich einzulagern. Was war, wenn dieser Uralte hier vor langer Zeit geplant hatte, dass der Blutsklave bei den Hexern verbleiben sollte? Vielleicht damit sie munter an ihm herum forschen konnten und nicht die Zeit hatten sich um eine andere Angelegenheiten zu kümmern, die dieser hier vor ihnen verbergen wollte? Heiße Furcht flammte in seinen Eingeweiden aus und verdorrte jedes Gefühl in ihm, bis nur noch Angst übrig war.

Die ersten Worte des Meisters waren dann auch noch schwer zu zuordnen. Hatte Lurker es an Respekt mangeln lassen an irgendeiner Stelle? Es war einigermaßen schwer alles richtig einzuordnen. Er war zum Ahnen seines Clans ernannt worden, als er den Primogensposten geerbt hatte, aber er hatte noch kein ganzes Jahrhundert kommen und gehen sehen. Ein Frischling, dem man aufgetragen hatte den Bau eines alten Keilers zu bewohnen und zu bewachen. Was sollte man auf so etwas antworten? Ganz sicher falsch wäre es gewesen zu erklären, dass in Finstertal die Grenzen zwischen dem was ein Alter und ein Junger Vampir tun konnten unscharf waren. Er hatte Ahnen flüchten sehen und Neugeborene kämpfen wie eine Löwenmutter. Er hatte auch gesehen das es Alte gab, die sich kümmerten, wie Enio. Am Ende kam es auf das Herz an, nicht auf den Stapel an Kalenderblättern den man schon abgerissen hatte. Gerade war der Nosferatu allerdings vor allem nur froh, dass er keinen Herzinfarkt mehr bekommen könnte und er würde sich ganz sicher nicht den Unmut dieses Ahnen auf sich ziehen, indem er hier idealistische Reden hielt. Daher nickte er einfach nur beflissentlich auf Evangelistos Kommentar und erhob sich wieder, um diesem mit einer einladenden Geste den Weg zu weisen.

Ich danke dir und bin froh, dass man meiner Bitte entsprochen hat. Zieglowski ist vermutlich wertvoller als sogar ich angenommen hatte, daher mein Ersuchen nach Unterstützung. Was ich bislang sagen kann ist, dass er alt ist. Alt wie sonst nur unsere Art, mit dem Unterschied, dass er am Leben ist. Seine Geschichte ist lang, aber das ist unser Weg zu ihm hinab ebenfalls.

Während sie gingen, war Lurker eine Treppe hinab gegangen und hatte einen großen Haufen Schrott beiseite geschoben, der praktischerweise auf einer einzigen unter Staub versteckten Stahlplatte gestapelt war, so dass man ihn mit Hilfe der Kräfte eines Verborgenen auf einmal um gut einen Meter zur Seite bewegen konnte um dahinter eine schwere, rostige Eisentüre zu erreichen. Dort ging es hinab, in ihr Reich.
Soweit der Andere Nosferatu es beurteilen konnte und es auch schon richtig vermutet hatte, bedeutete es für Lurker keine sonderliche Mühe sich fort zu bewegen, auch wenn es auf den ersten Blick so schien. Möglich dass seine Motorik einem Schaden während seiner Verwandlung geschuldet war, jedoch war es genauso möglich, dass es nur eine Angewohnheit war. Genauso wie der Mantel und die Kapuze dafür sorgten, das seine Umrisse nicht mehr deutlich als Mensch zu erkennen waren, weil sie die klassische Aufteilung von Rumpf, Kopf und Gliedmaßen verschleierte, mochten seine Bewegungen der Tarnung dienen. Das menschliche Auge war es gewohnt die pendelnden, gleichmäßigen Auf und Ab Bewegungen eines anderen Menschen zu erkennen. Indem er dieses Muster durchbrach, wäre es leichter übersehen zu werden. Außerdem weckten diese ruckenden, abprupten Züge Assoziationen an die Fortbewegung von Insekten oder Spinnen. Abscheu und Unsicherheit bei ihren Gegenübern zu erzeugen, lag den Verborgenen im Blut.
 
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Lurker war entweder ein wortkarger Mann oder hatte einfach gehörigen Respekt vor den Ahnen und plapperte nicht unkontrolliert vor sich hin. Gut, dann musste Evengelistos eben mehr gezielte Fragen stellen.

Als Lurker die "Schiebetür" öffnete und hinter ihnen wieder verschloss, nahm Evangelistos ihn kurz beim Arm. Der Griff war von dieser konzentrierten Festigkeit, wie sie die Nosferatu und andere starke Vampire häufig praktizierten. Ein wohldosiertes Handling, denn ein wirklich fester Händedruck konnte andere ganz schnell in die Knie und die Hand in Gips zwingen. "Ich bin Evangelistos" sprach sein Gegenüber mit der würdevollen Körperhaltung und ließ die Verdunklung fallen.
Wie bereits beim ersten Mal diese Nacht, veränderte sich neben der Gestalt auch der Geruch und die Aussprache Evangelistos: Vor Lurker stand ein verdrehtes und verwachsenes Etwas auf vier Beinen. Nein, wenn man genau hinsah auf 2 Beinen und zwei Händen, allerdings nicht zu Paaren angeordnet und sie bewegten sich zudem noch asynchron.

Nossi 1.jpg

Das Bild hatte etwas verstörendes. Das zerfressene Gesicht mit den teils offen liegenden Muskeln und den lidlosen Augen in ihren tiefen Höhlen hatte dagegen fast etwas angenehm vertrautes. "Man könnte meinen der Fluch unseres Clans habe mich besonders hart getroffen. Aber..." Evangelistos richtete sich in einer nonkonformen Bewegung an der Wand auf. Seine Nägel scharrten auf dem Stein und dann stand er wie die groteske Verhöhnung einer humanoiden Lebensform da. Eine Hand auf dem Boden, zwei Beine an der Wand und die andere Hand fest um ein Rohr an der Decke geschlossen. Nur einen Wimernschlag später hing Evengelistos an der Decke und kam noch näher an Lurker heran. "... du weißt wie das täuschen kann."

Das Ganze hatte etwas sonderbar Vertrautes an sich. Als hätte Lurker womöglich regelmäßig irgendwelche Geschichten vom Spinnenmann an seinem Kinderbett gehört. Lag es an der Blutsverwandschaft? Oder hatte ein Ahn einfach so ein einnehmendes Wesen?

"Nun lass uns gehen.
Du sagst Zieglowsky sei alt. Wie alt? Was weißt du noch über ihn? Und was vielleicht noch wichtiger ist was vermutest du?"
 
AW: [11.05.2008] Am alten Wasserwerk

Lurkers Schatten oder soähnlich...

Der kleine Geist, welcher sich die ganze Nacht über an Lurker geheftet hatte, hatte das Treffen dieser wiederlichen Wesen mit Verwunderung beobachtet und selbstverständlich seiner Neugierde nachgegeben und gelauscht. Natürlich, denn das war ja auch seine Aufgabe. Wenngleich sich der kleine Spion anstrengen musste, nicht dem Drang nachzugeben, den Lurker ein wenig zu ärgern. Aber versprochen war versprochenund die Worte der Hexe waren eindeutig gewesen. Aber auch so, war es wie immer ein Hochgefühl, direkt neben dem wandelnden Kleidersack... nein jetzt zwischen den wandelnden Kleidersäcken zu schweben und nicht gesehen werden zu können. Auf die Idee, dass einer von den beiden auf die Geisterebene sehen konnten, kam der Geist nicht.
 
AW: [11.05.2008] Am alten Wasserwerk

Eine fette Ratte huschte zwischen den Beinen der beiden Alten hindurch. Sie schien anders als die anderen zu sein, denn sie unterlag offensichtlich nicht den einschmeichelnden Kräften der beiden Nosferatu. Kurz blickte das Tier den Männern in die Augen, ein Funken Intelligenz glomm in ihnen auf - es schien wie eine Art Erkenntnis - dann verschwand der Nager wieder in den Schatten des umliegenden Schrottplatzes.

Was so alles geschah, in dieser Stadt!
 
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Evangelistos lauschte konzentriert den Worten Lurkers, während sie sich tiefer und tiefer in die Eingeweide des Nosferatu-Baus vorarbeiteten.
 
Er verschloss die schwere Eisentüre hinter sich und sperrte damit die Nacht und den offenen, sternenbestickten Himmel aus. Mit einem leisem Quietschen wurde auch die Geräuschkulisse der oberirdischen Welt gegen das Dröhnen der Unterwelt getauscht. Entferntes Zischen zeugte von Dampf und Druck, während das beständige, tröstliche Wummern von Rohren und Leitungen, die gleichmäßig vor sich her vibrierten, sie umschloss. Sofort sprang einen das dumpfe Gefühl der Begrenzung an, das einem imaginärem Sinn mitteilte, dass man sich nicht mehr auf weiter Ebene befand, sondern dass Himmelsrichtungen nun eine Frage des richtigen Tunnels waren. Für manchen sicher einengend, für einen Nosferatu brachte es Geborgenheit.

Die Umklammerung an seinem Arm ließ Lurker, der vor gegangen war um Türen zu öffnen und den Weg zu weisen, stehen bleiben. Er zuckte aber nicht zusammen, oder erschrak über Gebühr. Der Druck und die Art des Griffes waren vertraut und transportierten eher eine freundliche Bitte um Aufmerksamkeit. Wenn man viel Zeit mit seinesgleichen im Dunkeln verbrachte, lernte man auch Berührungen zu lesen. Endlich stellte sich der Uralte vor und gleichzeitig enthüllte er auch sein Antlitz.

Während sich die Gestalt des stolzen, vornehmen Mannes in einen verdrehten Alptraum verwandelte, fuhren die Gesichtszüge des jüngeren Nosferatu Achterbahn. Jede köstliche Wendung aus Ekel und Abscheu war darin ab zu lesen. Entsetzen und Panik flackerten in seinen sonst so toten Augen. Lurkers Gesicht, sein ganzer Körper, sein ganzes Wesen schüttelte sich vor Grauen. Er ersparte Evangelistos keine Unze seiner Reaktion, zelebrierte die gesamte Palette aus Erschrecken, Widerwillen, Erkennen, Akzeptanz und schließlich einem Funken warmer Bewunderung für den Anderen, so wie es sich unter ihresgleichen gebührte, wenn man einander seine wahre Gestalt offenbarte.

Am Ende erreichte Evangelistos aber was er beabsichtigt hatte. Lurker entspannte sich sichtlich. Sie waren unter Freunden. Unter Brüdern. Wenn sie dort draußen, auf der anderen Seite der Eisentüre, auch in einer Welt aus Regeln und Rang waren, und der junge Nosferatu seinem Gegenüber ganz sicher auch hier unten in ihrer Heimat jeden Respekt schuldete, so waren sie hier doch in ihrem Reich, mit ihren ganz eigenen Regeln. So sammelte er sich also kurz, verdaute die Demaskierung des Anderen noch für ein paar Augenblicke und nickte dann schließlich. Diesmal wirkte es ernster und gelöster.

Eine einladende Geste in Richtung eines Ganges, dessen Wände nur aus alten Rohren und Ventilen zu bestehen schien, brachte sie wieder auf den Weg, der einen sanften Bogen beschrieb. Der Boden war mit einer gräuliche Schmiere Bedeckt, die aus zähem Öl und Staub zu bestehen schien. Sie war gerade so dickflüssig, dass sie nach wenigen Minuten wieder so glatt war, dass man keine Fußspuren darin erkennen konnte.

Dieser Mann ist vor einigen hundert Jahren von dem altem Koldunen Zacharri zu seinem Diener gemacht worden. Er muss irgendetwas mit ihm angestellt haben, aber noch konnte niemand wirklich herausfinden was. Sicher hat es mit seinem Blut zu tun. Es ist einzigartig, in vielerlei Hinsicht. Ich habe die diszipliniertesten unserer Art völlig durchdrehen sehen, nur wegen des Geruches. Ein direkter Umgang mit ihm ist also immer sehr heikel. Ich vermute, dass einer der Gründe warum Zieglowski so lange frei durch die Straßen dieser Stadt spazierte der ist, dass einige Alte wahrscheinlich süchtig nach seinem Blut waren. Er gibt sich immer sehr ordinär und von brutaler Härte, ist aber weniger grob als er einen Glauben lassen will. Zumindest ist er so schlau, dass er es schafft bei den meisten von uns, die ihn kennen, als rüpelhafter Dummkopf da zu stehen. Er hat bis vor kurzem jedem Verhör und jeder Drohung widerstanden und war sogar verschlagen genug den Einen oder Anderen von uns herein zu legen. Fakt ist im Moment, dass der Clan der Hexer ihn wieder haben will. Um jeden Preis. Er, oder vielmehr das Geheimnis seiner Unsterblichkeit, ist vermutlich das wertvollste Gut, dass diese Stadt im Augenblick für unsereins hat.

Sicher konnte sich Evangelistos selber ausmalen, was das bedeutete. Es gab möglicherweise im Augenblick kein Ziel das nicht zu erreichen war, wenn diese Trumpfkarte nur richtig ausgespielt werden würde. Sie hielten nach einiger Zeit plötzlich an. Es war nicht zu erkennen warum. Es gab keine sichtbaren Markierungen, oder Zeichen. Nichts deutete darauf hin, dass diese Stelle des Ganges, der anscheinend ein unterirdischer Rundgang des Wasserwerkes war, irgendwie anders sein sollte als jeder zurückgelegte Meter davor. Dennoch wischte der Nosferatu plötzlich an einer Stelle den schmierigen Brei auf dem Boden beiseite. Eine kleine Klappe wurde sichtbar, die er mit dem Fingernagel auf hebelte. Darunter kam ein Griff zum Vorschein, mit dessen Hilfe Lurker eine Falltüre aufzog. Mit einem saugendem Geräusch bildeten sich zunächst Rillen auf dem Boden, wo eben noch ein gleichmäßiger Teppich aus Schmiere war, und schließlich hatte er einen Durchgang geöffnet, der groß genug für die beiden Monstren war um hindurch zu klettern.
Gut möglich, dass der Verborgene seine Schritte abgezählt hatte um diesen Ort zu finden. Es war zumindest kaum möglich die zurückgelegte Entfernung zu schätzen, weil die Krümmung des Rundganges immer nur einen Teil des Weges zeigte. Wieviele Schritte konnte ein Mensch in der verstrichenen Zeit hinter sich bringen? Und nützte einem diese Schätzung etwas, wenn man bedachte, dass sich die beiden Verborgenen gar nicht wie Menschen bewegten? Überhaupt, wieviel Zeti war denn eigentlich vergangen hier Unten? Kaum hatte sich die Falltüre geschlossen, füllten sich die Rillen wieder mit der öligen Schmiere und verwandelten den Boden innerhalb einiger Augenblicke wieder in eine Ebene, ölige Fläche. Hoffentlich hatte die Oberhexe eine Vorstellung davon, was sie von ihrem kleinem Spitzel Geist eigentlich erwartete. Was wollte er tun, um sich nicht nur den Weg zu merken, sondern ihn auch noch später wiedergeben zu können?
 
Lurker hatte sich hier einen schönen Ort geschaffen, wobei "schön" ein stark relativer Begriff war. Aber dieser Ort hier erfüllte alle Maßstäbe einer Nosferatu-Zuflucht mit Bravour. Es war damit ein sehr sicherer Ort.

Als Lurker erwähnte, dass die Tremere Zieglowski wieder haben wollten, sog er scharf die Luft ein. Die Hexer waren ein gefährliches Volk. Sie verstanden auch die unkonventionellsten Forschungen irgendwie als Spiel und ihnen war dabei jeder Einsatz recht. Das hatte ihr Clan schon in die Wege gelegt bekommen und machte sie zu einem mächtigen Feind.
Vor allem war ihre Art der Mittel, wie sie in einem Fall vorgingen extrem undurchsichtig für andere Vampire. Ihr Hexenwerk war vielseitig und immer für eine böse Überraschung gut.

Dieser Ort hier mochte gegen andere Vampire sicher sein. Im Fall der Tremere musste man aber in Erwägung ziehen, dass er das nicht war. Nur wie und wo er für sie eine Schwachstelle hatte, das war eben kaum vorauszu(ähm)ahnen.

Was Zieglowski anging, stieg Evangelistos Interesse gerade ungemein. Die Erwähnung Lurkers über das gute Blut des Gefangenen nahm Evangelistos als Warnung auf. Er hatte einige Nächte mehr erlebt als die meisten Vampire dieser Zeit. Von seinen wenigen gleichaltrigen Blutsbrüdern wusste er, dass er nicht allein damit stand, dass ihm menschliches Blut beinahe wässrig vorkam, dass es seinen Hunger mitunter nur schwer stillte.
Er hatte damit meistenteils umzugehen gelernt, aber hier sollte er vorbereitet sein, damit der süße Duft des Gefangenen nicht seine Sinne vernebelte und er dem Tier in sich eine Schwachstelle zeigte.

Daher folgte der Grieche Lurker schweigsam und konzentriert. Erst einige Minuten später erhob er wieder das Wort. "Zieglowski ist unser Gefangener." Das "unser" betonte Evangelistos schwer. "Welche Interessen andere Clans an ihm haben und welche Anrechte sie auf ihn geltend machen wollen, soll uns nicht interessieren. In Zieglowski steckt wahrscheinlich eine Macht, die sehr viel weitgreifender als die Macht Finstertals ist. Und genau so werden wir den Fall behandeln. Zieglowski ist jetzt eine Clansangelegenheit der Nosferatu. Eine andere Auslegung des Falls Zieglowski wird nicht geduldet."

Evangelistos sprach ruhig und bestimmt und gar nicht unbedingt an Lurker adressiert. Seine Feststellung benötigte keinen Gesprächspartner. Fakten gelten eben auch ohne Adressaten.

Innerlich war Evangelistos allerdings aufgewühlt. Einmal in Erwartung des baldigen Aufeinandertreffens mit Zieglowski und einmal malten die Gedanken hinter der Stirn des Ahnen förmlich eine komplexe Mindmap um Finstertal, Zieglowski und alle damit verbundenen Individuen und Orte.
 
Unter der Falltüre ging es einen schmalen, schmutzigen Schacht hinab. Rostige Steigbügel waren der einzige Halt, kränklich gelbe Positionsleuchten die einzige Lichtquelle. Meistens reichte die Sicht gerade einige Meter weit, so dass man nach wenigen Sekunden des Abstiegs unter sich und über sich nur teerige Dunkelheit sah. Es ging für einige Minuten nur Abwärts, ohne dass irgendwelche Abzweigungen oder Ausgänge sichtbar geworden wären. Schließlich endeten sie auf dem Grund des Schachts. Da hier kaum Platz für zwei Männer gewesen wäre, beeilte sich Lurker eine Türe aufzuschieben und aus dem senkrechtem Gang heraus zu kommen. Was er beiseite schob sah im fahlen Glimmen der Notbeleuchtung tatsächlich aus wie eine Fahrstuhltüre.

Lurker hätte sich über das Kompliment des Ahnen sicher gefreut, hätte es aber zu einem Großteil nicht für sich beansprucht. Sein Beitrag zum unterirdischen Reich Finstertals war eher bescheiden. Schon bei seiner Ankunft hatte er hier unten ein unglaubliches System vorgefunden, das Bände darüber sprach wie lange die Verborgenen schon in dieser Welt...nein, besser unter dieser Welt wirkten. Nicht einmal Lurker, der die Aufzeichnungen seines damaligen Primogens Reißer studiert hatte, kannte jedes Geheimnis der Tiefe.

Sie traten in einen Gang hinaus, der aussah wie ein Flur in einem verlassenem Krankenhaus, oder einem Amt. Der schmutzige Linoleum Fußboden wurde von einem blassem, kaltem, Neonlicht angestrahlt. Die Wände und Decken waren von schmucklosem, wartungsfreundlichem, grau. Es gab keine Bilder und keine Türen. Nur einen endlos erscheinenden Gang und im Abstand von einigen Metern metallene Aufzugtüren, wie jene durch die sie diesen Bereich betreten hatten. Jeder Meter des Ganges und jede Türe sah absolut gleich aus. Lediglich ein mehrstelliger Code aus Zahlen und Buchstaben über den Aufzügen unterschied sie. Kaum das die beiden Verborgenen den unterirdischen Flur betreten hatten, schloss sich ihr Zugang und ein leichtes Vibrieren setze ein. Der Boden, die Wände, der gesamte Gang schien zu zittern und zu Beben. Schließlich kam ein dröhnendes, rollendes Geräusch hinzu.
Lurker blieb kurz mitten im Gang stehen, als das Vibrieren und das donnern zu seinem Höhepunkt anschwoll und so klang als wären sie genau im Mittelpunkt vieler, gleichzeitig abfahrender Züge, bevor es wieder leise wurde und schließlich, nach einigen Sekunden, wieder verebbte.

Kurz schien sich der Nosferatu zu konzentrieren. Seine blasse, dunkelgeäderte Stirn legte sich in Falten, als er seinem Geiste Algorythmen und Formeln hin und her schob. Seine zerbissenen, von wulstigen Narben übersäten Lippen bewegten sich, als würde ein Schulanfänger versuchen zu lesen. Schließlich nickte er zufrieden, wandte sich dann aber in die völlig andere Richtung und lief den Gang entlang.

Es war mit Sicherheit die richtige Entscheidung gewesen seinen Clan zu informieren. Die Bestimmtheit, mit der Evangelistos ihren Gefangenen zur Familienangelegenheit erklärte und sein unbedingter Wille diese Sache anzugehen und anscheinend auch durchzuziehen, waren wie wärmender Balsam für Lurker. Endlich war wieder jemand in der Stadt, der die Bürde von ihm nehmen konnte, an der er zu schleppen hatte. Dieser Mummenschanz hatte für seinen Geschmack ohnehin viel zu lange gedauert. Zu Zieglowski schien damit erst einmal alles gesagt zu sein. Zeit für die anderen Dinge über die der Uralte informiert sein sollte.

Es ist von der neuen Stadtführung eine Primogenssitzung für später anberaumt worden. Die letzten Sitzungen haben sich immer nur um die Rettung der Stadt drehen können und heute wird es wohl zunächst nur um den Wechsel an der Spitze gehen. Ich habe alle Unterlagen und meine Berichte vorbereitet und eine Zusammenfassung erstellt, falls es gleich schnell gehen muss.

Seinem Tonfall war deutlich anzuhören, dass es für ihn selbstverständlich war, dass der Andere diese Position nun übernehmen würde. Das der Andere bereits in der Akademie vorstellig geworden war und aufgrund der Begegnung mit der interims Seneschall eine völlig neue Art der Politik fahren mochte, lag jenseits seiner Vorstellungskraft. Bislang hatten die Nosferatu in dieser Stadt den Befehl gehabt mit zu arbeiten. Möglich das Martin Zieglowski, der Mensch der selber nur durch eine Laune der Natur in dieses Spiel geraten war, auch das ändern würde.
 
Evangelistos folgte Lurker aufmerksam, aber selbst er war sich nicht sicher, was genau Lurker zwischenzeitig anstellte und ob er diese Prozedur ohne ihn wiederholen könne, um hier unten Zutritt zu erlangen.

"Ich bin beeindruckt über welche Zuflucht der Clan Nosferatu hier in Finstertal verfügt." Er sagte das ganz selbstverständlich mit einem allgemeinen Besitzanspruch im Namen des Clans. Man mochte nicht erkennen, ob er dies einfach aus dem Grunde tat, um im Namen des Clans zu sprechen, oder ob er den eigentlichen Besitzern - den Nosferatu Finstertals - hier den Besitz absprach.
Sein stark von Schatten umwölbtes Gesicht schien dabei aber eine zufriedene Mine zur Schau zu stellen.

"Primogensitzung." wiederholte er dann Lurkers Worte. "Ich bin bereits mit der momentanen Stadtführung in Berührung gekommen und kann das nur mit dem Stichwort 'erschöpfend' belegen. Erschöpfend in jedwedem Sinne." Sein Gesicht verzog sich zu einem Fratze, die von Verachtung sprach.
"Besuche die Primogensitzung. Mich kannst du erwähnen oder nicht erwähnen, je nachdem wie du es situativ für das Geeignetse hältst. Aber wisse eines:"

Evangelistos richtete sich auf zwei Beine auf und überragte Lurker somit. So schob er sich näher an den jüngeren Vampir heran. Seine Augen waren stechend, seine Mimik eher gelassen. "Dein Blut, dein Clan beansprucht Zieglowski. Ich bin hier in der Stadt nicht erwünscht und das alte Recht der Kainiten lastet daher schwer auf unserer Situation." Das 'unserer' unterlag hier einer besonderen Betonung, die ganz zweifellos klarmachte, wo die Nosferatu Finstertals zu stehen hätten.
"Ich berufe mich auf ältere Rechte. Nötigenfalls werde ich mich mit den Vampiren Finstertals messen. Das bin ich meinem Blute schuldig."
Evangelistos sprach das mit einer Härte und Entschlossenheit aus, die keinen Zweifel offen ließ.

"Und jetzt bring mich zu Zieglowski." Ich werde mich während deiner Abwesenheit mit ihm beschäftigen. Danach - und sei es morgen - benötige ich wieder deine Unterstützung."
 
Der Geist folgte den beiden. Er wusste weder was seine Tremere-freundin vor hatte, noch interessierten ihn die genauen Windungen oder gar ausgelegeten Fallen. Er sollte zu Ziegelowskie geführt werden und danach auf einen bestimmten Kurs zurückkommen und berichten. Also vertreieb er sich die Langeweile, indem er den beiden Typen lauschte und ein bischen lernte. Nosferatu... Anspruch auf Ziegelowsie, klang ja wichtig. Ob Caitlin dafür mehr ausspucken würde? Er kämpfte hart mit sich, nicht zu kichern und die Finger bei sich zu behalten. Wer weiß, ob die beiden Wesen ihm nicht doch was anhaben könnten? Irgendwie schienen sie auf keinen Fall vertrauenswürdig. Ja man könnte sogar sagen, der kleine Geist bekam langsam Schiss. Aber Auftrag war Auftrag und Caitlins Zorn fürchtete er noch viel mehr.
 
Er nickte bestätigend auf Evangelistos Bemerkung über ihre Heimat hier in dieser Stadt. Prags Katakomben waren verwinkelt und uralt, erinnerten mehr an ein Höhlensystem. Finstertal war eine Mischung als uralten Labyrinthen und modernen Einlassungen. Tatsächlich gab es hier unten Kriechgänge mit ägyptisch anmutender Architektur und Wandmalereien, genauso wie dunstige Erdhöhlen in die Wurzelwerk hinab reichte. Er wusste nicht was davon echt war und was nachträglich angelegt worden war. Er wusste nur, dass man in ihrer Heimat nicht stutzen brauchte, wenn man aus einem mittelalterlich gemauertem Gang trat und plötzlich in einem Waschkeller mit modernen Trocknern stand, nur um dann festzustellen, dass es keine Zugänge zur Oberwelt gab, weil man tatsächlich viele Meter tief unter der Erde war und nicht wirklich im Keller eines Wohnhauses stand.

Trotzdem war es keine Falle oder eine pervers kreative Nosferatu Konstruktion, die ihn plötzlich so gründlich stoppte, als wäre er in eine unnachgiebige Mauer gekracht. Sein Verstand schlitterte mit einem heftigem Trägheitsmoment hinter den eben gehörten Worten her. Gut das der Ahn hinter ihm ging und nicht Lurkers Gesicht sah, dass sich in einer selten dämlichen Grimasse verzog. Evangelistos überholte ihn und baute sich vor ihm auf. Seine Worte sickerten wie kaltes Betäubungsmittel in das Blut des Anderen, während sein Verstand verzweifelnd rudernd versuchte über das ganze Spielfeld zu hetzen um wieder an den Ball zu kommen.

Er musste Primogen bleiben? Als dieser Gedanke es endlich geschafft hatte wieder Fuß zu fassen, schossen auch sofort Kaskaden von Schlussfolgerungen und möglichen Bedeutungen in alle möglichen Richtungen davon. Die meisten kamen aber zu dem selben Schluss. Maximale Freiheit für seinen Clansbruder. Er war also in das Büro der Akademie gegangen und hatte sich dort direkt das Gastrecht verweigern lassen?

Sie sollen wissen das du bist und das wir etwas tun...aber sie sollen nicht wissen was... und indem du dein Gastrecht verwirkt hast, werden sie sich nun Zeit und Ressourcen dafür vergeuden zu prüfen, ob du noch da bist, oder nicht. Außerdem werden sie so nicht wissen, wenn du die Stadt tatsächlich verlässt, sei es auch nur kurzzeitig für eine Recherche. So müssen sie, wenn sie deine Schritte verfolgen wollen, nicht nur innerhalb der Stadt nach dir suchen, sondern müssen auch jeder mögliche Sichtung deinerseits irgendwo anders auf der Welt nachgehen...

Diesmal war es Lurker, der gar nicht wirklich mit seinem Gegenüber sprach, sondern eher allgemein laut in den Raum hinein dachte. Es wäre ein leichtes für den Clan zu simulieren, dass Evangelistos wer weiß wo auf der Welt unterwegs war, während er hier unter der Stadt hockte. Es blieb ihm erneut nichts weiter übrig als zu Nicken. Er verstand und würde tun, was immer nötig war.

Sie hielten an einer der Türen und auch diese stemmte der Nosferatu auf. Ein tiefer, schwarzer Aufzugschacht lag vor ihnen. Anstelle einer Kabine, waren nur Kabel zu sehen. Ein kurzer Sprung in die Mitte des Schachtes und Lurker hatte seinen Fuß in eine Schlaufe gefädelt, während er sich mit der anderen Hand an dem Stahlseil festhielt. So glitt er hinab, in die Dunkelheit, völlig darauf vertrauend, dass der Andere es ihm gleichtun würde mit einem der anderen Kabel. Wieder ging es einige Stockwerke steil bergab und trotzdem war ihr Weg noch nicht beendet. Die beiden Verborgenen waren noch eine ganze Weile unterwegs, wobei Evangelistos seine Instinkte sagten, dass er nicht immer nur stetig abwärts und Richtung Süden, oder Osten ging, sondern zwischendurch auch wieder einige Meter hinauf. Ihre Tendenz war allerdings ganz klar hinab. Sie passierten Tunnel, durch die man nur gebückt gelangen konnte und Hallen, die groß genug waren ein paar LKW dort zu parken. Einmal sah eine Passage die sie durchwanderten aus, wie ein verlassener Zoo. Ein Gang aus zersprungenen, alten Fliesen, gesäumt von kleinen verrotteten Gehegen hinter staubigen, zerbrochenen Scheiben. Es hätte gut ein Pinguin Haus sein können, oder etwas für Seehunde. Es schien mehr Abzweigungen und Irrwege hier unten zu geben als Gehirnwindungen. Ab und an setzte Lurker Mechanismen in Gang, oder folgte einem bestimmten Pfad anstatt einfach geradewegs durch eine Höhle zu wandern. Für mache Türen drehte er an seltsamen, symbolverzierten Scheiben, andere Türen ließ er links liegen, nur um in einer Nische einen fast unsichtbaren Durchgang zu wählen. Meter und Kilometer wurden genauso bedeutungslos wie Minuten oder Stunden in der zähen, verwirrenden Finsternis, tief in den Eingeweiden der Stadt.

Schließlich erreichten sie eine Art Schott mit einem Drehrrad, das ein wenig aussah, als hätte es jemand aus einem Schiff ausgebaut und hier unten in die Wand geflanscht. Der Nosferatu drehte das rostige, protestierend quietschende Hindernis und zog an der Türe, die mit einem saugendem Geräusch aufglitt. Sie waren am Ziel. Lurker verbeugte sich tief, deutete in die völlige Dunkelheit und wartete, ob er noch weitere Anweisungen bekommen würde, bevor er sich dann zurück zog und ihren Gefangenen mit dem Uraltem alleine ließ.
 
Out of Character
Hab keine Info aus dem Themenabo bekommen, daher erst jetzt.


Die Komplexität und Weitläufigkeit der unterirdischen Anlagen beeindruckte Evengelistos schwer. Nur die wenigsten Städte hatten so etwas zu bieten. Es würde ein wenig dauern, bis sich Evengelistos hier so weit auskennen würde, dass er wirklich alles im ausreichenden Maße überblickte.

Aber um sich ein erstes Bild zu machen, würde er noch heute Nacht einen Schwarm Ratten aussenden, damit die kleinen Nager ihm berichteten.
Wichtig war vor allem aber erst einmal, dass es hier einen Unterschlupf gab, wo sich der alte Grieche verbergen konnte. Wenn es sein musste auch für länger.

Evengelistos verbarg sich kuz in den Schatten einer kleinen Nische. Ein unablässiges und an den Nerven zerrendes Scharren und Kratzen ertönte und hielt sich für eine lange Minute. Dann stob ein Schwarm Ratten in alle Himmelsrichtungen davon und Evangelistos trat aus den Schatten.

Er hatte wieder seine Menschengestalt angelegt, strich sich sein Haar zurück und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Das auffälligste und in gewisser Weise auch erschreckenste an seiner Gestalt war aber sein Blick. Er führte eine dermaßene Entschlossenheit mit sich, die nicht von dieser Welt schien.

Das Gefühl, dass dieser Blick verursachte war nicht zu fassen. Es schwankte irgendwo zwischen einem vielstimmigen Chor aus engelsgleichen Kinderstimmen als auch dem Gefühl unten vor einer gewaltigen Staumauer zu stehen, die unfassbaren Wassermassen auf der anderen Seite zu spüren und das erste Geräusch reißenden Betons zu vernehmen.

Einen willensschwachen Menschen mochte dieser Blick wohl in die Arme des Wahnsinns treiben und einen willensstarken Menschen einem lebenslangen Alpdruck aussetzen.
Ein im Niederstarren trainierter Garou würde den Blick senken und nur ein wahrer Ahn hätte hier eine Chance standzuhalten.

Dieser Ausdruck blieb nur kurz auf Evangelistos Gesicht, dann wurde sein Blick wieder milder. Der Ahn schien dabei förmlich von Riesengröße auf Menschengröße zurückzufallen.

Ungerührt - war sich der Ahn gar nicht seines Auftritts bewusst? - musterte der Ahn die Tür. Das saugende Geräusch beim Öffnen sprach davon, dass diese Türt wirklich dicht war. Und ihre Dicke würde ausreichen eine Elefantenstampede jäh zu beenden.

Mit einem Nicken bedeutete Evangelistos Lurker, dass er ihn nicht mehr benötige. Erhob dann aber doch noch einmal das Wort.
"Deiner Einladung für heute Nacht wäre ich gerne gefolgt. Nicht zuletzt um die anderen Nosferatu zu sehen. Aber ich möchte hier kein Risiko eingehen."

Wieder loderte die unmenschliche Entschlossenheit in seinem Blick auf und seine Gestalt straffte sich. "Schließ mich ein." waren die letzten Worte des Ahnen, bevor er in der Dunkelheit hinter der Tür verschwand.
 
Der kleine Spionagegeist

Au backe, allein mit diesem, diesem.... Ding? Egal ob ein Nosferatu nicht eigentlich besser war als zwei, solange die beiden noch mit sich selbst beschäftigt waren, fühlte er sich ziemlich sicher. Jetzt sah das ganze irgendwie anders aus und der kleine Geist fand, dass er seinen Auftrag mit Bravour erfüllt hatte. Total stolz auf sich schwebte er zu Ziege und sah den toten Kerl kurz an. Wegem diesem Üerrest von Mensch so viel Aufwand? Obwohl, irgendwas war faul an dem. Der kleien Geist konnte es nicht verstehen, aber das fühlte sich einfach nicht an, wie eine Leiche, wo grade noch eine Seele drin gesteckt hatte. Sehr sehr seltsam, aber grade seine klienste Sorge. Ein letztes Zunge rausstrecken und Stinkefinger zeigen Richtung Nosferatu, dann sauste er steil gen Himmel, bis er nach einer schier endlosen zeit die Erdoberfläche wieder erreichte. Neugierig sah er sich um und prägte sich höchst gewissenhaft die Stelle ein. Gut gelaunt kehrte er pfeifend zurück zur Tremere. Die Sonne zeigte sich schon am Horrizont und er musste sich sputen, wenn er nicht den ganzen Tag im Gildehaus herumgammeln wollte. Obwohl wenn nicht da, dan halt woanders, irdendwie gammelte er ja nur. Was solls.
 
Nachdem Lurker den Raum wieder hermetisch verschlossen hatte, war Evangelistos mit Ziege allein. Erst heute in den frühen Morgenstunden oder morgen in den Abendstunden würde Lurker ihn wieder "befreien".

Die Nosferatu waren ein Clan, die gerne mit Informationen handelten und Evangelistos hatte einen breiten Zugriff auf das Netzwerk des Clans der Verborgenen. Trotzdem war es etwas ganz anderes dem Delinquenten gegenüberzustehen statt nur Informationen über ihn zu recherchieren.
Insbesondere weil Zieglowsky ein Unikat war. Ein Unikat mit ziemlicher Macht.

Trotzdem verspürte Evangelistos keine Angst. Er war bereits vielen Geschöpfen der Dunkelheit gegenübergetreten und er hatte sie alle überlebt. Die gefährlichsten Raubtiere waren für ihn immer noch die Ahnen des kainitischem Blutes.

Zudem war Zieglowsky ein Diener gewesen. Der Speichellecker eines - zugegeben mächtigen - Vampirs.

Zieglowsky würde Evangelsots keinem Schrecken aussetzen. Viel mehr Respekt hatte der Grieche vor dem Fluch Kains in ihrer aller Blut. So war das Blut die Kanalsiation vampirischer Macht und vampirischer Schwäche zugleich.
Das war auch einer der Gründe, warum Evangelistos hier war. Das Puzzle aus Informationen zu Zieglowsky hatte - neben anderen - einen weiteren möglichen Rückschluss zugelassen: Die Macht den Blutfluch, der auf den Vampiren lastete zu brechen; im besten Falle Vitae selbst zu produzieren


Evangelistos konzentrierte sich auf sein Blut. An höchster Stelle stand für ihn seinen Blutdurst unter Kontrolle zu halten. Das Blut Zieges sollte extrem betörend sein und wenn der Grieche gleich die Kraft des Auspex bemühen würde, um das Wesen Zieglowskys zu durchleuchten, dann würde das auch seine Sinneseindrücke quasi unermesslich steigern.
Diesem Ansturm musste Evangelistos standhalten!


Langsam fuhr er daher seine Kraft hoch. Die Schwärze vor seinem Blickfeld wich zurück, wurde zu grauem Nebel, der sich dann vollkommen auflöste und selbst der entfernteste Winkel ließ sich schlussendlich wie mit einer Lupe betrachten.
Gerüche und Laute, die kein menschliches Sinnesorgan hätte aufnehmen können, drangen auf ihn ein.

Ziege hing wenige Schritte entfernt von der Decke. Wie er in Folie eingewickelt war, ließ einen klaren Rückschluss auf den Respekt zu, den Lurker ihm gegenüber hatte. Ziege hatte keine Luft zum Atmen und würde wann immer er erwachte in Qualen ersticken.
Er hing still und starr. Das musste nichts bedeuten, aber auch Evangelistos Informationen nach, war Ziege zu dieser Zeit tot.

Trotzdem näherte sich der Grieche vorsichtig und ließ seine Willenskraft in Ruhe die Mauer vollenden, die sie um seinen Geist errichtete.

Dann erst befahl er seinem Blute seine Sinne auch auf Übernatürliches auszuweiten. Fasziniert aber trotzdem mit größtmöglichen Abstand beobachtete er den schlaffen Körper des Toten.

Evangelistos hatte sich selber Grenzen gesetzt. Er würde durchaus die Folie an Zieges Kopf öffnen. Seine Hand berührte dabei unwillkürlich die Rolle starken Klebebandes in seiner Tasche.
Und er würde Zige sogar einen Tropfen seines Blutes geben, wenn es ihm angebracht erschien. Aber er würde nicht von Zieges Blut kosten. Diese Grenze war unüberwindbar. Heute.
 
Lurker hatte mal die Frage gestellt, wann Ziege ins Leben zurückkehrte. Die Antwort war komplex und nicht so ohne weiteres zu beantworten. Am besten beantwortete man sie mit: Immer mal wieder und jedes Mal zu besonderen Gelegenheiten. Also dann, wenn es eine mögliche Rettung für eine ausweglose Situation gab. So wie es jetzt war. Zieges Seele erkannte die Chance die sich ihm mit dem Auftauchen von Evagelistos bot und er ergriff sie.

Ein wildes Zucken durchlief den Körper des Luden, als er aus dem Reich der Toten ins Lebenzurückkehrte, nur um sofort feststellen zu müssen, das ihm das Leben keinen Suaerstoff bot...
 
Das plötzliche Zucken des Körpers vor Evangelistos Augen ließ ihn einen Schritt zurückweichen. Die Aufregung griff nach seinem alten Herzen und das Tier rüttelte an den Gitterstäben in seinem Innern. Doch in einer einzigen fließenden Bewegung trat der Nosferatuahn wieder vor. Chancen waren da, um ergriffen zu werden.

Mit langen Fingern ritzte er mit den Nägeln die Folie vor Zieges Mund auf. Sorgfältig darauf bedacht die Haut des Gegenübers nicht zu beschädigen. Der erwachende Leichnahm pendelte hin und her, sodass Evangelistos ihn mit der Linken stabilisierte und mit der rechten seine Arbeit vollendete.

Er stand dabei leicht seitlich zum Mund des Delinquenten. Womöglich waren es nicht nur Worte, die über seinen Lippen kommen würden.
 
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