[10.05.2008] Hüte dich, ein Weib geht um!

Drakun

Pflanze
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9. Juni 2007
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Wie schon am Tag zuvor lag das Viertel dunkel und verlassen da. Geschäfte und Kneipen waren geschlossen und die meisten Menschen lagen zu Hause in ihren Betten. Anders als am Tag zuvor lagen sie aber nicht apathisch herum, unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen geschweige denn den Weg zur Toilette zu finden. Viele würden die Verbesserung ihres Zustandes erst am nächsten Morgen bemerken. Andere waren wach geworden und nun damit beschäftigt sämtliche Spuren zu beseitigen. So mancher würde wohl zur Sicherheit noch einige Medikamente einwerfen bevor er sich wieder zur Rue legte - diesmal auf ein sauberes Laken. Nur die Wenigsten verließen die Sicherheit ihrer Wohnung - in der Nacht von Samstag auf Sonntag gab es zu dieser Stunde nicht mehr viel, was Leute auf die Straße trieb. Mehr noch, wenn sie wüssten, was in der Dunkelheit auf sie wartete.

Eine junge Frau hinkte durch die Straßen, die Kleidung stellenweise zerrissen und mit Blut getränkt. Möglicherweise war sie überfallen worden und auf dem Weg nach Hause. Vielleicht war es aber auch nur eine Betrunkene, die in die Büsche gestürzt war, als sie versucht hatte sich zu entleeren. Jedenfalls sah es bemitleidenswert aus, wie sie sich durch die Gassen schleppte. Fand sich jemand, der ihr helfen wollte? Oder aber ihren Zustand ausnutzte? Ihr war beides recht.

Wie war das? Vor Mitternacht? Dazu war es mal wieder nicht gekommen, Trapper sei Dank. Doch damit wurde er auch kein Retter. Marta hatte heute mehr Zeit und vor allem mehr Hunger. Sie würde diesmal nicht ohne Beute abziehen. Und wenn ich dazu jemand aus seinem warmen Bettchen zerren muss. Eine recht unglaubwürdige Aktion für eine junge Frau, die kaum vernünftig laufen konnte. Sie sah sich um - niemand zu sehen. Doch in einigen Fenstern brannte Licht. Es gab also Leben dahinter. Sollte sie hier draußen niemanden finden, wäre das ihr nächstes Ziel. Plan B. Heute seid ihr nicht sicher. Sie hatte diesmal genug Zeit - und noch viel mehr Hunger.
 
AW: [10.05.2008] Hüte dich, ein Weib geht um!

Niemand war zu entdecken, die Straßen blieben leer und die Vampirin hungrig. Es tat ihr niemand den Gefallen mitten in der Nacht noch auf die Straße zu gehen. Die Menschen blieben zu Hause. Marta hatte die Abwesenheit der Müdigkeit nicht einmal wirklich bemerkt, sie war viel zu sehr mit der Nahrungssuche beschäftigt. Dabei waren die kleinen Bisswunden, die sich bei jeder Bewegung bemerkbar machten, schon störend genug. Jedenfalls wollte ihr niemand Gesellschaft leisten.

Also änderte sie ihre Vorgehensweise. Kommt ihr nicht zu mir, so komme ich eben zu euch. Nun wurden die schützenden Häuser in Augenschein genommen. Gab es Schwachstellen? Offene Fenster, nicht verschlossene Türen? Vielleicht gab es Möglichkeiten, sich Zugang zu verschaffen, unauffällig natürlich. In welchen Wohnungen waren Lebenszeichen zu erkennen? Möglich, dass man dies ausnutzen konnte, wenn denn jemand handlungsfähig war.
 
AW: [10.05.2008] Hüte dich, ein Weib geht um!

Einige Zeit streifte sie durch die Gassen. Zwar gab es eine Menge offener Fenster, diese waren jedoch außerhalb ihrer Reichweite. Die Türen waren soweit alle abgeschlossen und keine Menschenseele begegnete ihr auf der Straße. Auch die Lichter waren größtenteils erloschen, da sich die Anwohner wieder in ihre, diesmal sauberen, Betten begeben hatten und sich erholenden Schlaf gönnten. Diese Schalen waren für das Raubtier draußen einfach zu schwer zu knacken, da es auch galt unnötige Aufmerksamkeit zu vermeiden. Vorerst wurden also keine Klingeln gedrückt und die Schlafenden blieben sicher.

Nach einiger Zeit drangen Geräusche an das Ohr der Vampirin. Ein leises Rascheln als jemand in seinen Taschen wühlte, ein Klimpern als er den Schlüssel gefunden hatte. Sie folgte ihnen. Es dauerte länger als üblich, bis sie den Ursprung lokalisiert hatte. Ein Klacken als der Mann das Schloss entriegelte. Die Beute war auf dem Weg nach drinnen, in Sicherheit. Das durfte nicht passieren. Den Protest ihres Körpers soweit möglich ignorierend trat sie heran, gleichzeitig wurde etwas in ihrem Inneren aktiv, begann sich auszubreiten, noch zurückhaltend, doch immer stärker werdend. Sie hatte ihr Ziel beinahe erreicht. Jung, männlich und fit - perfekt. Die Tür begann sich zu schließen. Zeit zum Handeln.

"Bitte..."

Das Opfer hielt inne und wandte sich um, als die Woge über ihn hereinbrach. Eigentlich nichteinmal besonders stark, doch ausreichend für jemanden, der bis vor kurzem noch erschöpft in einer Ecke gelegen haben musste. Jegliche Bedenken wurden weggespült und es gab nur noch die Frau - hübsch, verletzt und hilflos. Fast schon unbewusst trat er nach draußen, dem Beschützerinstinkt folgend. Ein großer Fehler. Wie eine Maus die sich gerade den Köder geschnappt hatte, blieb ihm keine Gelegenheit mehr zum nachdenken. Von einer Sekunde auf die andere befand er sich in einer festen und doch beinahe zärtlichen Umarmung. Lange Fangzähne bohrten sich mühelos in sein Fleisch. Es war schön. Ein weiteres Mal verlor er die Kontrolle über seinen Körper und die Welt verblasste bis sie ganz verschwand.

Es dauerte eine ganze Weile bis das Raubtier seine Beute frei gab. Schlaff glitt diese an der Wand nach unten, setzte leise auf und fiel dann zur Seite. Keine Spuren waren zu erkennen, eine gehorsame Zunge hatte sie beseitigt, ohne dass die Besitzerin besonders darauf geachtet hätte. Die Vampirin sah auf das Opfer herab, das mit verklärtem, starren Blick dalag, als wäre es friedlich eingeschlafen. Langsam schlossen sich die Wunden an ihrem Körper, als das frisch gewonnene Leben durch den Körper floss. Sie beugte sich herab, streckte eine Hand aus. Finger berührten das Gesicht des Mannes, schlossen die toten Augen. Er hatte seine Bestimmung erfüllt.
 
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