[01.05.08] Sightseeing

clownseuche

Scott Jordan
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11. Juli 2009
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Scott schlenderte die nächtlichen Straßen unweit des Café des Trois entlang, die Hände in die Taschen seiner braunen Cargohose gestopft, die Sporttasche und den Rucksack geschultert. Er stellte fest, dass es auch hier die üblichen Zeichen der Großstadt zu sehen gab, ganz genau so, wie er es aus Montreal und Quebéc kannte. Etliche Sprayer hatten an der großen Mauer, an der er grade vorbei ging, ein riesiges Graffiti gesprüht. Es war so groß, dass er von seiner Position aus nicht einmal erkennen konnte, ob es sich bei den bunten Farben um ein Wort oder ein echtes Bild handelte. Hin und wieder kamen ihm Passanten entgegen, wahrscheinlich Leute, die bis spät in die Nacht in zweifelhaften Bars und Diskotheken abgehangen, sich sinnlos betrunken und mit Drogen vollgeballert hatten. Er schüttelte den Kopf und kickte eine einsame Coladose mit einem satten Geräusch über den Gehweg. Die Dose beschrieb einen weiten, eiernden Bogen und blieb ein paar Meter vor einem heruntergekommen aussehenden Kiosk liegen.

Scott wollte ursprünglich ein Taxi nehmen und ins 'El Privilegio' fahren, wie der Barghul ihm empfohlen hatte. Aber er hatte sich dann doch dazu entschieden zumindest ein oder zwei Stunden durch die Nacht zu streifen um den Kopf frei zu kriegen. Das Problem an der Sache war nur, dass er erst recht ins Grübeln verfiel, wenn er sich erst einmal in Gang gesetzt hatte und kein wirkliches Ziel hatte. In manchen Nächten war er in Kanadas Dörfern stundenlang die Nebenstraßen entlangmarschiert, in Gedanken überall, nur nicht da wo sich sein Körper befand. Noch immer betrachtete er seine neue Existenz mit gemischten Gefühlen. Es gab Tage, pardon, es gab Nächte in denen er sich besser fühlte als je zuvor. Nächte in denen er seinem Erzeuger danken wollte, dass er ihm diese Gaben, diese neue Sicht auf die Dinge ermöglicht hatte. Er genoss sein Dasein meistens. Die Jagd, die Nähe zu den Tieren, seine Kraft. Doch manchmal verfluchte er was er war.

Er konnte sich noch gut daran erinnern wie es war, als er seine erste Blutraserei erlebte. Im Endeffekt erlebte er die Raserei selbst nicht aktiv mit, aber jede Person mit ein wenig Verstand konnte eins und eins zusammenzählen - oder besser - jeder konnte danach die Körperteile zählen und sich vorstellen, was Scott mit dem Mädchen gemacht haben musste. Bei dem Gedanken daran stellte sich der Streifen Fell zwischen seinen Schulterblättern kitzelnd auf. Scott musste unwillkürlich grinsen. Es hätte ihn wesentlich schlimmer treffen können. Sein Erzeuger hatte mehrere Tiermerkmale und manche wirkten eher lustig als erschreckend. Der kleine Stummelschwanz an seinem Steißbein zum Beispiel.

Scott steuerte den Kiosk an und beschloss, dass er einen Stadtplan kaufen musste, wenn er nicht die ganze Nacht ziellos umher irren und seinen Gedanken nachhängen wollte.

"Nabend.", grüßte Scott und rieb sich lächelnd die Hände. "Tja, also, ich vermute fast ich bin hier falsch, aber haben Sie eigentlich auch sowas wie 'nen Stadtplan?", er deutete nach hinten, wo auf mehreren Regalböden scheinbar hunderte Hochglanzmagazine auf die gierige männliche Kundschaft warteten. Ein feistes, glänzendes Gesicht tauchte im Halbdunkel der kleinen Öffnung auf. "'Nen Stadtplan?", der Dicke hustete bellend und warf einen Blick nach hinten. "Du willst mich doch verarschen, oder was? Steht hier irgendwo 'Souvenirs' oder 'Touristentreffpunkt' neben den Weibern im Fenster?", er lachte. "Hömma, ich hab hier Bier, Schnaps, Männermagazine, anspruchsvolle Litertaur...", dabei deutete er auf ein kleines Taschenbuch mit dem Titel 'Long Dong McFist und das total versaute Ferienlager - ein Roman in drei Bänden', "und du willst einen verdammten Stadtplan."

Scott lächelte breit. "Ich kaufe auch noch eins ihrer hocherotischen Magazine wenn sie wollen.", dabei lehnte er sich vor und stützte sich mit den Ellenbogen auf die schmierige Theke des Kiosks. "Hören Sie, ich bin neu in der Stadt, wohne zufällig um die Ecke und trinke enorm viel. Meistens werde ich erst wach, wenn die Sonne untergegangen ist und alle Läden dicht haben. Ihr Kiosk ist meiner Wohnung am nächsten. Das könnte eine tolle 'Käufer-Verkäufer-Beziehung' werden. Bitte, gucken Sie doch mal nach so 'nem Stadtplan. Muss auch nich' unbedingt die aktuellste Auflage sein. Und leg halt noch eine Ausgabe von 'Toxy Lady' dazu, okay?", Scott schob einen 10 Euro Schein über die Theke und musste sich zusammenreißen um nicht laut los zu lachen. Die Situation war so albern. Er wollte ja schließlich keine Waffen von dem Mann kaufen. Er wollte nur einen Stadtplan, verdammt.

Der fette Kioskbesitzer zog geräuschvoll die Nase hoch, griff sich den Schein und watschelte in der beengten Bude umher. Nachdem er fluchend mehrere Kartons durchstöbert hatte, kam er lachend zurück und knallte einen vergammelten Stadtplan zusammen mit einem Pornomagazin auf die Theke. Dabei machte er ein Gesicht, als hätte er etwas ganz besonderes getan. "Vielen herzlichen Dank.", sagte Scott und warf dem Dicken eine Kusshand zu, während er sich umdrehte und beim Gehen hinter sich noch die Worte "Schwule Sau!" hören konnte, gefolgt von einem wütenden Knallen des Ladenfensters. Scott kicherte und warf die Zeitschrift in den nächsten Papierkorb bevor er die Karte auffaltete. Sie war an einigen Stellen aneinandergepappt, so dass er einen Teil des Plans beim Auffalten abriss. "Shit.", murmelte er und studierte die Karte. Sein Finger wanderte einen Moment ziellos umher und blieb am Wort 'Stadtpark' hängen. Das hörte sich doch nett an. Vielleicht würde er dort ein redseliges Käuzchen finden, dass ihm einen interessanten Ort zeigte.

Er schlenderte los und war nach wenigen Minuten bereits angekommen. Als er den Fuß auf den ersten Streifen Grün gesetzt hatte, wollte er schon loszwitschern, besann sich dann jedoch eines besseren. Hier in der Stadt konnte er nicht einfach wilde Tiere zu sich rufen. Das ging in der Pampa vielleicht, aber nicht hier. Also nahm er sich vor, zunächst tiefer in den Park vorzudringen.
 
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Leise Stimmen drangen an sein Ohr, selbst hier, abseits der Wege, eigentlich nichts Ungewöhnliches.
Und doch, die Tonlage, das laute Flüstern, seltsam kehlige Laute die sich hinzugesellten. All dies war auffällig genug um einen zweiten Blick zu riskieren.

Scott hatte außerdem Glück.
Zwischen sich und den Männern, zwei wenn man nach den bisher zu vernehmenden Stimmen ging, befand sich ein recht dichtes Gebüsch. Dicht gewachsener Weißdorn, hinter dem er sich problemlos verbergen konnte, wenn er nur ruhig blieb und sich klein genug machte.
Der Wind stand ebenfalls günstig, eine leichte Brise strich dem Gangrel um die Nase, die beiden würden ihn also auch nicht riechen können. Wenn etwas derart günstig begann wäre es beinahe eine Sünde die Chance nicht entsprechend zu nutzen.

Langsame tastete sich Scott Jordan vor, bis er durch eine kleine Öffnung im Strauch einen Blick auf die seltsamen Männer erhaschen konnte. Er erblickte in der Tat zwei Personen. Der eine war recht muskulös, hatte längere blonde Haare und trug recht verschlissen Kleidung. Sein schwarzes Shirt trug den bestechenden Aufdruck ‚Dead Girls do it better’ und zeigte darunter eine zombiartige Frau mit einem großen Messer.
Der andere Mann war auffallend groß, schwarzhaarig und hatte einen nicht zu übersehenden Haltungsschaden. Trotz seines durchtrainierten Körpers schien seine Wirbelsäule etwas verkrümmt, nein verdreht zu sein? Näheres ließ sich nicht sagen, der schwere Ledermantel den er trug verdeckte die restliche Figur.

Was sprachen sei nur?
Die kehligen Worte die sie ausstießen schienen einer fremden Sprache zu entstammen.
Irgendetwas Nordisches vielleicht? Finnisch? Scott war sich nicht sicher. Es hatte Ähnlichkeit mit den Garousprachen die er in Kanada ab und an gehört hatte, um es aber genauer sagen zu können müsste er näher ran und das hieße das günstige Versteck aufgeben.

Was zur Hölle trieben diese beiden dort?
 
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Scott kniff die Augen zusammen und lauschte angestrengt, während er leise hinter dem Weißdornbusch hockte und so vorsichtig wie möglich den Rucksack und die Sporttasche ablegte. Das würde ihn bei seiner Verfolgung nur behindern und er musste zugeben, dass er sich aufs Schleichen nicht so wahnsinnig gut verstand. Aber er musste wenigstens versuchen mehr über die beiden Kerle herauszufinden. Die Sprache und die Art zu reden war zu außergewöhnlich. Er wartete einige Sekunden, bis die beiden auf dem Weg einige Meter weiter entfernt waren und setzte sich langsam und vorsichtig, wie eine Katze beim anpirschen, in Bewegung. Er folgte den Männern nicht direkt, viel mehr versuchte Scott im Schutz mehrerer Büsche und dicken Baumstämmen den Weg abzukürzen, um früh genug hinter dem nächsten Busch zu sein, so dass er die beiden genauer und länger sehen konnte. Ausserdem hoffte er mehr von der Sprache aufzuschnappen.

Er versuchte ihren Weg abzuschätzen und hoffte, dass sie ihn nicht sehen würden. Er hoffte aber auch, dass seine Taschen noch da wären, wenn er zurück käme. Sicherlich bestand die Gefahr, dass es sich hier um Werwölfe handeln könnte, die Sprache war jedenfalls irgendwie ähnlich mit der die er kurz gehört hatte, aber er hatte nicht viel Kontakt mit Werwölfen gehabt. Auch als Gangrel ist man nicht automatisch auf 'Du und Du' mit den Pelzklauen. Das hatte ihm sein Erzeuger lang und breit erklärt. Wenn man Glück hat lassen sie einen gehen, aber auch nur wenn sie grade einen guten Tag haben. Besser sich erst gar nicht von ihnen kriegen zu lassen.
 
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Als sich die beiden Männer tiefer in die abgelegeneren Gebiete des Parks bewegten, erkannte Scott das zumindest einer der beiden ganz offensichtlich zu verkrüppelt war um ein Garou zu sein. Die Sprache mochte vielleicht in die richtige Richtung gehen, aber die seltsam verdrehte Wirbelsäule, der irre Blick und der eindeutig nicht gesunde Gesichtsausdruck sprachen eindeutig dagegen. Sabber lief ihm aus dem hängenden Mundwinkel und auch die Nase schien irgendwie, nicht falsch aber doch... irgendwie nicht richtig.
Genauer ließ es sich nicht sagen, das lange fettige Haar und die schlechte Beleuchtung hier draußen ließen exaktere Aussagen einfach nicht zu. Wenigstens hatten sie wieder angehalten.
Der andere Mann hingegen war das genaue Gegenteil. Auch er wirkte ungepflegt, keine Frage. Aber bei ihm schien es fast Absicht zu sein. Ähnlich eines Punks schienen die Sachen zwar abgetragen und schmuddelig, aber dennoch sorgsam ausgewählt. Alles passte einfach zu gut zusammen. Ein weiterer Punkt der auffiel war, das der Blonde scheinbar eine Menge von Selbstverteidigung und ähnlichem verstand. Seine Körpersprache ließ wenig Zweifel offen.

Der große, seltsam gebrechliche Mann war es der nach dem kurzen Stellungswechsel das Wort ergriff. Ertsaunlicherweise sprach er deutsch.

"Echt Martin, dein Akkzent ist voll zum kotzen! Echt man versteht nicht die Hälfte von dem was du sagst!"

Der Angesprochene schnaufte verächtlich.

"Scheisse, pass dich mal der Gegend an Idiot! Du kannst nicht überall damit rechnen das jeder dein beklopptes Gegrunze versteht. Sei froh das ich überhaupt mit dir rede. Besteh ich darauf das du bulgarisch oder serbisch mit mir redest? Nope! Also erspar mir das Gewimmer und hör endlich zu was ich dir zu sagen habe. Ich habe neue Befehle, also merk dir was ich sage, ja? Ihr müsste den Ball fürs Erste unbedingt noch flach halten, ich..."

Unverhofft gingen die beiden plötzlich doch weiter und knickten so ungünstig ab, das Scott einen Umweg in Kauf nehmen musste wenn er an den beiden dran bleiben wollte. Leider war dadurch erstmal auch nicht mehr zu verstehen was gesagt wurde.
 
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Scott ballte die rechte Hand zu einer Faust und knurrte leise als die Männer abbogen und die Nacht die letzten Wortfetzen verschluckte. Er hockte sich auf die Zehenspitzen, reckte ein Stück den Hals und versuchte schnell einen Weg auszumachen, der die meiste Deckung versprach. Er musste jetzt an ihnen dran bleiben, denn das was er grade gehört hatte, hatte ihn nur noch neugieriger gemacht als er ohnehin schon gewesen war. Dass die beiden nun plötzlich Deutsch sprachen verwirrte ihn beinahe. So schlecht war sein Deutsch nicht, dass er die ersten Sätze so sehr mißverstanden haben könnte. Neue Befehle, Ball flach halten... das klang zu verdächtig. Dazu noch die Optik der zwei Typen.

Scott wich einen Meter zurück und flitzte aus dem Unterholz auf die andere Seite des Weges, schlich im Schatten einer großen Kastanie einige Meter am Weg entlang und warf hin und wieder einen suchenden Blick in die Äste der umliegenden Bäume. Es könnte nicht schaden einen kleinen Freund um Hilfe zu bitten, falls der junge Gangrel sein Ziel aus den Augen verlieren würde.

Als er sich grade hinter der riesigen Wurzel eines irgendwie tot wirkenden Baumes versteckte, legte er seine Handflächen dicht aneinander, bildete einen kleinen Hohlraum und bließ Luft in den Schlitz zwischen seinen senkrecht stehenden Daumen. Der Trick dabei war, die Lippen vibrieren zu lassen um den richtigen Kauztremolo zu treffen. Scotts Kauztremolo war unwiderstehlich.

Als Scott dem Weg in einiger Entferung folgte und er wieder einen Bogen der Straße dazu nutzte, sich wie vorhin hinter einem Busch zu verstecken an dem die beiden bald entlang kommen mussten, wartete er auf eine Antwort auf seinen Ruf. Wenn der gerufene Kauz kommen würde, würde Scott versuchen ihm zu vermitteln, dass er den großen, schwarzhaarigen in der Luft verfolgen und im Auge behalten musste, denn der würde ihn dahin führen, wo es lecker Fresschen gibt.
 
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Es kam auch tatsächlich ein Kauz geflogen. Bedächtig setzte er sich auf einen nahen Ast und betrachtete die anscheinend sehr dumme Person die nach ihm gerufen hatte. Viel war aus dem Veständnis des Vogels nicht herauszulesen, aber er hielt sowohl den Aufenthalt im Park selbst

{...böse Schatten... viel Angst...alle Tiere fliehen weg...du folgen...ich folgen...böse Schatten...}
,

wie auch die Nähe zu den beiden seltsamen zweibeinigen Tieren vor sich für äußerst riskant.

{Nein!...Verdorben...Böse....viel Böse...viel viel Böse...Körper nicht Körper...Totmacher...redet wie Tier...Nein!
...Weg!}

Ganz besonders dann wenn man nicht einmal in der Lage war zu fliegen. Überzeugt davon, den netten umständlich sprechenden Dummkopf niemals wiederzusehen, flog der Kautz davon. Nicht parallel zum Boden wie es üblich wäre, sondern steil nach oben in Höhen die besonders für Nachtjäger wie den Kautz eher ungewöhnlich sind. Weit weg von allem das ihm schaden könnte...

Trotzdem hatte Scott Glück im Unglück. Mittlerweile waren die beiden Männer vor ihm nämlich wieder stehen geblieben. Einer, der Blonde mit dem Namen Martin, nahm grade einen tiefen Schluck aus einem reichlich verzierten silbernen Flachmann und grinste auf eine herablassende wie selbstgefällige Art, die man ihm erst einmal nachmachen musste.
Der seltsam kranke Schwarzhaarige ihm gegenüber schien sich indess zu verwandeln. Er wuchs stöhend auf eine Größe von weit mehr als drei Metern an, sicher wäre er sogar noch größer geworden, wenn seine körperzieherförmige Wirbelsäule ihn nicht in eine gebückte Haltung gezwungen hätte, so aber schien er eher einem buckligen Riesen zu gleichen. Grünlich schleimiger Geifer troff aus seinem hervortretendem Maul. Schwarzgrau verfaulte Reißer wuchsen kreuz und quer darin und vervollkommneten das widerwärtige Aussehen des anwachsenden Ungeheuers. Fettiges graues Haar überwucherte den mittlerweile vollkommen nackten Körper.

Martin steckte sich eine selbstgedrehte Zigarette an und grinste verächtlich.

"Und ihr Viehcher haltet euch echt für die Krönung der Schöpfung? Lutscher oder Fellkopp, ihr seid alle Scheiße!! Egal! Vergiß nicht, für den Kopf von Sarah Schmidt zahle ich dir zehntausend Scheine, die muss dran glauben. Alles weitere regeln wir am Wochende, also reißt euch zusammen und verderbt mir nicht alles!"
 
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Scott war verwirrt, als die Gedanken des Vogels in seinen Geist eindrangen und dort wilde Flügelschläge entfachten. Es war ein Gefühl, als flögen hunderte Federn gleichzeitig durch seinen Kopf, angefüllt mit ein paar Informationen die Scott verstehen konnte. Als er diese Fähigkeit das erste Mal eingesetzt hatte, hatte er das Gefühl gehabt sich stundenlang übergeben zu müssen. Mittlerweile hatte er das seltsame Gefühl, das irgendwie immer anders war, akzeptiert.

Was der Kauz ihm mitteilte machte ihn aufmerksam. Schatten, Angst, Flucht. Keine guten Nachrichten. Dass die beiden vor ihm nicht ganz sauber waren, dessen war sich Scott schon sicher, seit er den großen Typen von vorne gesehen hatte. Sein Gesicht sah definitiv nicht normal aus. Was konnte das sein? Ein heimischer Vampir vielleicht? Von welchem Clan? Er kannte kaum Vampire anderer Clans, geschweige denn könnte er einen Vampir nur nach dem Aussehen gleich einem Clan zuordnen. Okay, bei einem Nosferatu würde ihm das sicher noch gelingen, auch bei seinen Clansgeschwistern, aber darüber hinaus? Blieb noch die Werwolf-Theorie, der Sprache wegen. Aber er hatte Werwölfe als stolze, mächtige Kreaturen in Erinnerung. Der Kerl im Mantel sah aus, als wäre er grade aus der Irrenanstalt ausgebrochen und hätte danach einen Schlaganfall gehabt. Scotts Finger schlossen sich enger um die Wurzel des Baums, als er sich ein Stück vor beugte, während der Kauz wie wild von Totmacher, Körper, nicht Körper und wieder Flucht plapperte, bevor er wie eine Rakete in den Nachthimmel schoss. Dieses Verhalten war absolut abnormal. Scott verfolgte einen Moment den Abflug des Vogels, als er den Kerl mit dem Mantel stöhnen hörte.

Scott kauerte sich noch mehr zusammen und beobachtete, wie der Kerl anfing sich zu verwandeln. Mit jedem Meter, den er wuchs, wurden Scotts Augen größer und in seinem Inneren begann es wild zu prickeln und ihm wurde aus der Körpermitte heraus verdammt heiß. Er spürte, dass er jetzt gewaltig aufpassen musste, nicht entdeckt zu werden. Kein Zweifel, dass was sich da vor ihm tat, war eine Verwandlung in einen riesigen Werwolf. Aber was für eine hässliche Fresse! Scott kniff die Augen zusammen und verlagerte das Gewicht auf sein Sprungbein, nur für den Fall dass er sehr schnell laufen müsste.

Scott hörte genau zu als der Blonde erzählte, dass er ein Kopfgeld auf eine gewisse Sarah Schmidt zahlen würde. Scott wiederholte den Namen mehrmals im Geiste, damit er ihn nicht vergaß. Möglicherweise würde er diese Information noch brauchen. Lutscher oder Fellkopp... scheinbar war der Blonde weder Vampir, noch Werwolf. Ja, Hölle, was denn dann? Nur ein Mensch? Am Wochenende würden sich die beiden wieder treffen, auch das merkte sich Scott. Jedoch wusste er nicht wo sie sich treffen würden. Scott dachte angestrengt nach, was er jetzt tun sollte. Vorerst wartete er. Falls sich die beiden jetzt trennen würden, würde er einem von beiden folgen. Wahrscheinlich dem blonden Kerl. Der Werwolf würde ihn sicher in Kürze abgehängt haben.
 
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Kaum hatte Scott den Gedanken zu Ende gedacht, da sprang die nun vollends verwandelte Karikatur eines Werwolfes mit einem gewaltigen Satz in die Nacht und war kurz darauf verschwunden. Der Blonde blieb zurück ohne seinem Kumpel auch nur noch eines einzigen Blickes zu würdigen.
Stattdessen rauchte beinahe friedlich seine Zigarette zu Ende und flüsterte dabei einige unverständliche aber hasserfüllte Worte. Was Sekunden zuvor noch an eine Szene aus einem kranken Horrorfilm erinnert hatte, schien jetzt so harmlos wie die Videoaufnahme eines Bahnsteiges um Mitternacht.

Minuten vergingen in dieser noch immer irgendwie pervers anmutenden Ruhe. Erst als Martin die Zigarette endlich bis zum allerletzten Millimeter zu Ende gequalmt und dann mit einem weiteren tiefen Zug aus dem Flachmann auch noch den Tabakgeschmack hinuntergespült hatte, erhob er sich langsam.
Als er so sorgsam wie unnötig seine abgetragene Hose abklopfte trat wieder dieser eigentümlich selbstverliebte Ausdruck auf sein Gesicht. Abfällig grinsend sah er sich um, es wirkte fast als verachte er die Erde selbst.
Dann geschah etwas erschreckend seltsames, für den Bruchteil einer Sekunde fror der Blick des Blonden direkt in Scotts Pupillen fest bevor sie weiterwanderten, als wäre nichts gewesen. Hatte der Mistkerl ihn etwa grade entdeckt?
Wenn ja warum reagierte er dann nicht?
Wenn nicht, warum hatte er ihm dann direkt in die Augen gesehen?
Oder bildete sich der Gangrel das alles nur ein?

Der hochgewachsene Blonde stapfte mit gemächlichen Schritten auf den öffentlichen Weg zurück und pfiff dabei eine seltsam bekannte Melody. Es war dieses Lied aus der amerikanischen Liebesschnulze 'Ghost', "Unchain Melody" von den Righteous Brothers. Gecovert auch von Elvis Presley, Roy Orbison und sogar der berühmten irishen Rockband U2. Ob Scott den Titel kannt oder nicht war unerheblich denn der sichtlich gut gelaunte Martin wechselte vom Pfeifton zum leise gesungenen Text. Anscheinend bewegte ihn dieses Lied, denn die Stimme dieses äußerst arrogant wirkenden Fremden klang plötzlich leicht brüchig. Wenigstens konnte er singen.

"Oh, my love, my darling
I’ ve hungered for your touch
A long, lonely time
And time goes by so slowly
And time can do so much
Are you still mine?
I need your love,
I need your love,
God spit your love to me.
Bloody rivers flow to the sea, to the Sea.
To the open arm of the sea.
Dying rivers sigh, wait for me wait
For me bitch. I’ll be killing you, wait for me."


Out of Character
Für solche die es sich wirklich antun wollen: YouTube - Unchained Melody - Righteous Brothers Sagt nicht ich hätte euch nicht gewarnt! :D
 
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Das war alles höchst merkwürdig. Ehrlich gesagt, für Scott machte das Ganze kaum Sinn. Sicher, er verstand schon worum es hier ging, aber das wars. Er wusste weder wer Sarah Schmidt war, er wusste nicht ob dieser Werschrat alleine war - wahrscheinlich nicht, ihr müsst den Ball flach halten - und er wusste nicht, was er von diesem blonden Kerl halten sollte. Sein Verhalten war irgendwie abartig und ekelhaft. Scott überlegte kurz ob er losstürmen und dem Typ mal zeigen sollte wie sich lange Klauen im Kopf so anfühlen, er entschloss sich dann aber dagegen. Es hatte keinen Sinn einen Kampf zu beginnen in einer Stadt in der man sich nicht einmal sicher sein konnte wer der Typ war. Könnte ja auch die rechte Hand des Sheriffs sein, oder was auch immer.

Scott beobachtet den Kerl noch eine Weile als dieser aufstand und sich bereit machte zu gehen. Als sich ihre Blicke trafen, hätte Scott vor Schreck beinahe laut aufgequietscht, so plötzlich kam dieser Sekundenbruchteil in dem Scott sich sicher war, er hatte ihn gesehen. Aber dann ging er einfach, als sei nichts gewesen. Hatte er ihn gesehen? Scott hatte eigentlich vor gehabt den Blonden weiter zu verfolgen, aber nachdem er sich jetzt nicht mehr sicher sein konnte ob er ihn gesehen hatte, entschloss er sich dagegen.

Das waren auf jeden Fall interessante Informationen. Er bereute es nicht, erst einen Abstecher in den Stadtpark gemacht zu haben. Er wartete noch ein paar Minuten und verließ dann sein Versteck. Er schlenderte, wie ein Spaziergänger bei Nacht, den Weg zurück in Richtung des ersten Busches. Er hatte noch seine Sachen hier, hoffentlich waren sie noch da.
 
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