Auf Google+ wurde die Frage von Zornhau
auf soziale Interaktion erweitert.
Worauf ich das schrieb (ausführlicher ergänzt, extra fürs B! XD):
Wie bekommt man die im Rollenspiel realistisch hin?
Soziale Interaktion kommt man dann realistisch hin wenn man die Rollen direkt verkörpert und entsprechend der eigenen Rolle sowie der Rolle des anderen interagiert. [Im Grunde Impro-Theater]
Diese Form der Interaktion findet sich einerseits in sehr freien Rollenspielen die in dem Kontext allenfalls Regeln setzten mit denen der Charakter beschrieben ist und die Spieler ein eventuell vorhandenes System in der Interaktion ignorieren.
Andererseits dürfte man dieser Form im Larp begegnen wenn dieses sehr Regelfrei ist und eine direkte, ungestörte bzw. ungelenkte Interaktion ermöglicht. Beispiel bei "Du kannst was du kannst" Szenarien.
Bringt man Regeln hinsichtlich der sozialen Interaktion ein, entfernt man sich von der Realität. Da die sozialen Interaktionen nicht hinreichend erfasst sind um sie entsprechend zu beschreiben.
Das heißt man kann beispielsweise versuchen die Kräfteeinwirkungen bei einem Crash-Test-Dummy zu erfassen um damit realistische Autounfälle innerhalb von Verfolgungszenen abzubilden.
Man hat allerdings keine Datenbasis um den, in der Diskussion angesprochenen, Verführungsvorgang abzubilden. Sofern man überhaupt unterstellen kann das es beispielsweise möglich ist eine andere Person, durch entsprechendes Können zu verführen oder von einer neuen Ansicht zu überzeugen.
Wobei das herangehen die Problematik hat das der Standpunkt zur Funktionsweise von sozialer Interaktion abweichen kann, die Datenlagen bei den Teilnehmern unvollständig ist oder nicht reproduzierbar.
Das heißt bei einem "Du kannst was du kannst"-Larp kann es durchaus stark unterschiedliche Meinungen dazu geben ob einer der Beteiligten in der Lage ist eine Autoritätsperson darzustellen respektive entsprechend der Machtposition / des Hintergrunds realistisch handelt. Ein Beispiel wären Vampire-Gruppen die diskutieren welcher der Spieler die Gravitas für einen Elder besitzt. Wo ich mir mitunter denke "Ihr seit fast alle mindestens ein Jahrzehnt jünger als ich, eventuell ein paar gehaltsklassen unter mir, realistisch hat - für mich - keiner von euch Gravitas."
Hinsichtlich der Datenlage habe ich bei dem New Orleans run von End of the Line mitgespielt. Das ganze spielte in einem Untergrund-Techno-Club mit harten Drogen. Meine persönliche Erfahrungen dahingehend besteht daraus anderen zugeschaut zu haben wie sie (Gras) kiffen und dem ansehen von "Requiem for a Dream". Das heißt mir fehlt die Datenlage um so eine soziale Interaktion mit Drogen Süchtigen oder die Auswirkung von Drogen, realistisch auszuspielen.
Daneben kann ein Umstand auch mitunter nicht reproduzierbar sein. Beispielsweise Traumata in Hinsicht auf die Erfahrung von Gewalteinwirkung oder Stress. Dahingehend kann ich auf verschiedene Anekdoten zurück greifen:
1) Leiter hoch geklettert. Ein Verwandter packte die Leiter. Schüttelte sie etwas. Ich hatte Panik.
2) Autounfall. Bei dem ich aus dem Wagen geschnitten wurde und 11 Tage Krankenhausaufenthalt hatte.
3) 90+ km/h auf der Landstraße. Hinter einer Kuppe kamen Fahrzeuge entgegen. Bremsweg zu kurz. Über die Grasnabe ausgewichen. Geschleudert. Kein Unfall
Seit dem Ereignis aus 1) habe ich Höhenangst. War zuvor ein Wunschberuf "Berg-Kletterer" starb dieser nach dem Erlebnis. Ich habe nicht immer Angst wenn es hoch geht, aber oft.
An das Ereignis aus 2) erinnere ich mich effektiv nicht. Das heißt ich weiß welche Musik ich spielte. Ich weiß das ich den blutigen Airbag sah und erst dachte "Was macht das rotgesprenkelte Papier da?". Ich weiß das ich im Krankenwagen lag und panisch war weil ich Angst hatte jemanden ermordet zu haben. Der eigentliche Unfall fehlt vollständig. Die Kreuzung konnte ich danach problemlos passieren.
Nachdem Ereignis aus 3) bin ich zitternd an den Strassenrand gefahren und musste weinen. Nach etwa einer halben Stunde hatte ich mich beruhigt und fuhr weiter.
Allgemein habe ich keine Probleme mit Auto fahren, im Gegenteil. Ich mag es. Wenn man das jetzt abbilden mag stehe ich vor dem Problem das ich in allen drei Situationen stark unterschiedlich auf ein traumatisches Erlebnis reagierte. Sowie das es andere Möglichkeiten gibt wie sich ein Traumata abzeichnen kann. Ein realistisches Darstellen ist dementsprechend nicht bzw. kaum möglich.
Ähnliches gilt auch für direktere Interaktions Themen wie beispielsweise Politik.
Wenn man, ähnlich wie z.B. House of Cards, Spaß mit amerikanischer Politik haben mag, sollte man eher darauf verzichten es realistisch zu machen. Sondern eher wie nun beispielsweise in der Serie. Ansonsten hat man dort Filibusterei und Bürokratiekram den man in der Regel nicht mag.
Das gleiche gilt für Interaktionen als Arzt - macht als realistischer Arzt kaum Spaß - oder als Anwalt - macht auch eher Spaß wenn man es Better Call Saul mäßig macht [oder was auch immer die eigene Lieblingsserie ist].
Will man das eigentlich? Warum denn?
Mir ist bisher nicht der Wunsch untergekommen soziale Interaktionen realistisch, in dem von dir beschriebenen simulationistischen Ansatz, abzubilden.
Was ich eher beobachte ist:
) Der Wunsch soziale Interaktion spielerisch interessant zu machen um Handlungen jenseits des Kampfes relevanz zu geben. Beispiel: Song of Ice and Fire RPG.
) Der Wunsch einen dramaturgischen Schwerpunkt zu setzen, der eine bestimmte Setzung erfüllt. Beispielsweise Menschlichkeit bei Vampire [sorgt für einen internen Konflikt], der Wahnsinn bei Cthulhu [sorgt für Gefahr, Horror]
) Der Wunsch sich in bestimmte Situationen hineinzuversetzen um sich bestimmten sozialen Interaktionen an zu nähren. Das wiederum geht nicht wenn man es realistisch versucht da der Hintergrund für das neue Erlebnis fehlt. Wenn ich z.B. einen Charakter spielen möchte der ein Sprachgenie ist - und kA Probleme hat weil andere es nicht sind -, müsste ich bei einem realistischen Ansatz Sprachen erarbeiten oder derart viel Material ranschaufeln das der eigentliche Konflikt untergeht und auch das Gefühl ein Sprachgenie zu spielen.
Das funktioniert alles nicht mit einer realistischen Simulation.
Will man das nicht? Warum nicht?
Es ist in der Regel nicht erwünscht weil es doch sehr offensichtlich ist das das jeweilige Ziel und die jeweilige Vorgehensweise, mit entsprechender Datenlage, nicht mit einem Realismus-Anspruch, wie von Zornhau beschrieben, einhergehen. Man kann es mitunter (subjektiv) plausibel halten. Aber nicht realistisch.
Selbst wenn man in einen Schloss spielt, mit super aufwändigen Kostümen und sorgfältig gestalteten und recherchierten Charakteren funktioniert es nicht wirklich als Realismus. Es mag plausibel erscheinen, ist aber m.E. letztlich nicht realistisch.
Zumal man dort, allein schon aus gesunden Menschenverstand heraus, Meta-Techniken schafft. Damit es im Rahmen dessen macht wo am Ende keiner angefressen ist weil, jenseits des Spiels, Sachen passiert sind die nicht okay sind.